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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Oktober 2022

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

 

 


Streitiges Recht

5 Ob 79/22m – Das Wiederkaufsrecht ist als Optionsvertrag (oder mindestens als optionsähnlicher Vertrag) anzusehen und kann gem. § 38 Abs 1 Z 3 WEG unwirksam sein

Sollte es so sein, dass die beklagte Wohnungseigentümerin, neben dem im Kaufvertrag ausgewiesenen Kaufpreis Um- und Ausbaukosten getragen hat, weswegen sie um ein Wohnbauförderungsdarlehen ansuchte, und die Vereinbarung einer „Rückkaufoption“ damit im Zusammenhang steht, weil der Kläger die dafür erforderliche Kostenaufstellung sonst nicht bereitgestellt hätte, wäre ungeachtet des Umstands, dass sich die Streitteile bei Unterfertigung dieser Urkunde bereits als Wohnungseigentümer gegenüberstanden, davon auszugehen, dass der Kläger seine Vormachtstellung als ehemaliger Wohnungseigentumsorganisator ausgenützt hat. Die vom Kläger am 4. 12. 2018 unterfertigte Vereinbarung wäre damit nach § 38 Abs 1 Z 3 WEG unwirksam.

Außerstreitiges Recht

5 Ob 118/22x – Kein Widerspruch gegen zwingende Grundsätze der Nutzwertberechnung im Sinn des § 9 Abs 2 Z 1 WEG, wenn mit einem im Wohnungseigentum stehenden KFZ-Abstellplatz ein dessen Fläche bei weitem übersteigender Gartenanteil – der Widmung entsprechend – als Zubehör rechtlich verbunden ist

Die Antragsteller begehrten die Neufestsetzung der Nutzwerte für die Liegenschaft, weil die Begründung von Zubehör-Wohnungseigentum durch Verbindung des Eigengartens 3 mit dem KFZ-Stellplatz P 8 der Antragsgegnerin im Sinn des § 9 Abs 2 Z 1 WEG gegen zwingende Grundsätze der Nutzwertfestsetzung verstoße.

Ob ein Wohnungseigentumsobjekt, ein Zubehör-Wohnungseigentumsobjekt oder allgemeine Teile vorliegen, entscheidet sich nach der privatrechtlichen Einigung (der Widmung) der Wohnungseigentümer (RS0120725). Zubehör-Wohnungseigentum kann an allen Teilen der Liegenschaft begründet werden, sofern sie nicht wohnungseigentums-tauglich im Sinn des § 2 Abs 2 WEG oder notwendige allgemeine Teile der Liegenschaft sind. Ab Einverleibung des Wohnungseigentums im Grundbuch teilt das Zubehör notwendig das rechtliche Schicksal des Wohnungseigentumsobjekts, mit dem es verbunden ist (vgl Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht²³ § 2 WEG Rz 21). Für das Zubehör-Wohnungseigentum ist auch kein selbständiger Nutzwert festzusetzen; es kann nach § 8 Abs 3 WEG nur bei der Nutzwertfestsetzung für das Wohnungseigentumsobjekt als Zuschlag berücksichtigt werden.

Aus der gesetzlichen Kategorisierung als wohnungseigentumstaugliche Objekte und solche Teile der Liegenschaft, an denen „nur“ Zubehör-Wohnungseigentum begründet werden kann, folgt zunächst, dass Zubehörobjekte ohne Verbindung mit einem Wohnungseigentumsobjekt rechtlich nicht existent sind. Zubehör-Wohnungseigentum entsteht erst durch die eindeutige Zuordnung zum Wohnungseigentumsobjekt und dessen Einverleibung im Grundbuch. Nur insoweit kann von einer Über- und Unterordnung gesprochen werden. Diese bezieht sich aber ausschließlich auf die rechtliche Selbständigkeit, die nur dem Wohnungseigentumsobjekt zukommt. Daraus lässt sich weder ableiten, dass das Zubehör-Wohnungseigentum eine im Vergleich zum Hauptobjekt dienende Funktion aufweisen muss, um als solches tauglich zu sein, noch dass es dazu eines bestimmten Verhältnisses zur Größe des Hauptobjekts bedürfte.

Nach dem insoweit klaren Gesetzeswortlaut sind die Grenzen der Zubehörstauglichkeit grundsätzlich weit gefasst; innerhalb dieser Grenzen bildet der Widmungsakt das bestimmende Moment, ob ein sonst den allgemeinen Teilen zuzuordnender Bestandteil der Liegenschaft Zubehör-Wohnungseigentum werden soll. Die Wertung erfolgt durch den Widmungsakt selbst und bleibt damit den Wohnungseigentümern überlassen. Diesen Überlegungen steht auch der in § 294 ABGB definierte Begriff des Zubehörs („Zugehör“) nicht entgegen. Das Wohnungseigentumsgesetz definiert das Zubehörs-Wohnungseigentum autonom, dieses ist damit nach dem Verständnis dieses Gesetzes auszulegen.

 

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Oktober 2022

WMWP Rechtsanwälte GmbH