Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Dezember 2023
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Streitiges Recht
2 Ob 159/23f – Haftung des Mieters für Schäden aus Umbau- und Sanierungsarbeiten
Ein Mieter, der – etwa im Zug von Umbau- oder Sanierungsarbeiten (vgl RS0125678) – einen, die Erhaltungspflicht auslösenden Mangel der Bestandsache verschuldet, haftet dem Vermieter nach nach § 1111 ABGB für den dadurch verursachten Schaden (4 Ob 199/13p Punkt 1. mwN). Dabei hat der Mieter im Rahmen des § 1111 ABGB nach § 1313a ABGB für das Verschulden von ihm beauftragter Bauunternehmen einzustehen (RS0111907). Den Bestandnehmer trifft gemäß § 1298 ABGB die Beweislast dafür, dass die Bauschäden ohne sein eigenes Verschulden oder das Verschulden seines Erfüllungsgehilfen eingetreten sind, weil auch bei sorgfältiger Vorgangsweise eine Beschädigung nicht hätte verhindert werden können (RS0125678; vgl auch RS0020652).
Bei der Vertragsübernahme setzt die neue Partei, die in das Vertragsverhältnis zur Gänze eintritt, die Person der alten Partei fort und hat daher auch für deren schuldhafte Verletzung der sich aus dem Vertrag ergebenden Pflichten einzustehen (RS0117578). Daher haftet der eintretende Bestandnehmer auch für die bereits vor dem Eintritt erfolgte Beschädigung des Bestandgegenstands nach § 1111 ABGB (1 Ob 74/09b Punkt 2. mwN).
Außerstreitiges Recht
5 Ob 4/23h – Zum Anspruch auf Rechnungslegung gegenüber dem Verwalter
34 Abs 1 WEG trifft als ausführendes Spezialrecht zu §§ 1012, 830, 837 ABGB (vgl RS0019408) eine sowohl hinsichtlich der Verjährungsfrist als auch der Fälligkeit von den Grundsätzen des allgemeinen Zivilrechts abweichende Regelung (5 Ob 200/18x). Der Anspruch der Wohnungseigentümer auf Rechnungslegung verjährt in drei Jahren ab dem Ende der Abrechnungsfrist.
Gegenstand des Anspruchs auf Rechnungslegung ist eine ordentliche und richtige Abrechnung, wobei die Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit das Vorliegen einer Abrechnung denknotwendig voraussetzt. Wird die Abrechnung nicht gehörig gelegt, so ist der Verwalter daher in einem ersten Schritt zunächst dazu zu verhalten (§ 34 Abs 3 WEG). Durch den entsprechenden Antrag eines Wohnungseigentümers wird die Verjährungsfrist für den Rechnungslegungsanspruch gemäß § 1497 ABGB unterbrochen; diese Bestimmung gilt auch für die Geltendmachung eines Anspruchs im dafür vorgesehenen Außerstreitverfahren (3 Ob 23/10v; 7 Ob 156/10g = RS0126318; vgl auch RS0108773). Die Unterbrechungswirkung der Einleitung eines Außerstreitverfahrens nach § 52 Abs 1 Z 6 WEG iVm §§ 20 Abs 3, 34 WEG erfasst dabei den gesamten Rechnungslegungsanspruch, also auch den Anspruch auf Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung. (Nur) Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Rechtsprechung zur Klage auf Rechnungslegung, wonach diese auch die Verjährung hinsichtlich der aufgrund der Angaben begehrten Leistungen unterbricht; und zwar selbst dann, wenn dieses Rechnungslegungsbegehren nicht in einer Stufenklage (gemäß Art XLII EGZPO) mit einem (unbestimmten) Leistungsbegehren verbunden, sondern gesondert eingebracht wird (RS0034809). Die Verjährung beginnt erst mit der objektiven Möglichkeit der Rechtsausübung (RS0034382 [T1]; RS0034343 [T3]; 5 Ob 200/18z [§ 34 Abs 1 WEG]). Der seinen Rechnungslegungsanspruch ausübende Wohnungseigentümer kann aber (und muss) erst bei Vorliegen einer Abrechnung die inhaltlichen Mängel der Abrechnung konkret nennen (vgl RS0083560 [T1]).
5 Ob 48/23d – Zum Inhalt Rechnungslegungsplicht des Verwalters
Der Verwalter hat gemäß § 20 Abs 3 WEG den Wohnungseigentümern nach den Regelungen des § 34 WEG eine ordentliche und richtige Abrechnung zu legen.
Die vollständige und richtige Abrechnung verlangt in den Fällen, in denen das buchhalterische Buchungsdatum nicht mit dem Datum des tatsächlichen Zahlungsflusses übereinstimmt, die Aufnahme (auch) dieses Zahlungsdatums. Nur damit wird den Wohnungseigentümern ermöglicht, die tatsächlichen Zahlungsflüsse in der betreffenden Abrechnungsperiode konkret zu prüfen.
Der Verwalter hat den Wohnungseigentümern in der jährlichen Abrechnung auch Informationen darüber zu liefern, wie es um die Beitragsleistungen der Gemeinschaftsmitglieder steht. Dies erfordert nach dieser Entscheidung eine Gegenüberstellung der Soll-Einnahmen (Vorschreibungen) mit den tatsächlichen Zahlungseingängen zumindest in der Form, dass bei jedem einzelnen Mitglied der Gemeinschaft oder jedem einzelnen Wohnungseigentumsobjekt ausgewiesen wird, ob das Konto ausgeglichen ist oder ein Rückstand besteht. Mit einer pauschalen, auf die gesamte Wohnungseigentumsanlage bezogenen Angabe zur Feststellung einer Unterdeckung, ist es nach dieser Entscheidung nicht getan. Die Angabe aller Zahlungsdaten betreffend Rücklagenbeiträge auch bei den Objekten und/oder Wohnungseigentümern, die ohnedies zum Ende der Abrechnungsperiode keinen Rückstand aufweisen, würde die Abrechnung insbesondere bei großen Wohnungseigentumsanalgen, aber weitaus unübersichtlicher machen, ohne dadurch ein gerechtfertigtes Informationsbedürfnis der übrigen Wohnungseigentümer zu befriedigen. In Ergänzung der Erwägungen zu 5 Ob 108/93 und 5 Ob 114/14x muss es daher in einem solchen Fall ausreichen, in der Abrechnung auszuweisen, ob das Konto ausgeglichen ist oder ein Rückstand besteht. Einer Auflistung sämtlicher innerhalb der Abrechnungsperiode geleisteter Vorschreibungen und tatsächlicher Zahlungen bedarf es diesfalls hingegen nicht.
Der Ausweis, ob das Konto eines Mitglieds der Gemeinschaft oder eines Wohnungseigentumsobjekts ausgeglichen ist, kann somit auch darin bestehen, dass aus der Abrechnung in ihrer Gesamtheit unmissverständlich hervorgeht, dass – abgesehen von den konkret angeführten Debitsalden einzelner Objekte und/oder Wohnungseigentümer – kein anderes Objekt und/oder kein anderer Wohnungseigentümer einen Rückstand aufweist. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine sehr große Wohnungseigentumsanlage mit einer Vielzahl von Objekten und/oder Wohnungseigentümern handelt.
5 Ob 65/23d – der Lauf der Präklusivfrist des § 16 Abs 8 bzw § 26 Abs 4 MRG wird auch in Gang gesetzt, wenn ein zwar per se wirksam auf drei Jahre befristeter Vertrag abgeschlossen wurde, er jedoch bereits vor Ablauf der Mindestbefristung des davor abgeschlossenen Vertrags beginnt
Gemäß dem Untermietvertrag war das Bestandverhältnis von 1. 11. 2013 bis 31. 10. 2016 befristet. Am 3. 8. 2016 schlossen sie einen weiteren schriftlichen Untermietvertrag ab, mit dem der Antragsteller die Wohnung von 1. 10. 2016 bis zum 31 (!). 9. 2019 in (Unter-)Bestand nahm. Nach Ablauf der zweiten Befristung wohnte er noch bis zum 31. 7. 2020 in der Wohnung und bezahlte den zuletzt vereinbarten Untermietzins weiter. Dazu wurde von den Parteien weder schriftlich noch mündlich eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen. Am 30. 9. 2020 beantragte der Antragsteller bei der Schlichtungsstelle die Überprüfung des ihm vorgeschriebenen Untermietzinses.
Die (teilweise) Unwirksamkeit einer Vereinbarung über den Untermietzins ist binnen drei Jahren gerichtlich (bei der Gemeinde, § 39 MRG) geltend zu machen. Bei befristeten Untermietverträgen endet diese Frist frühestens sechs Monate nach Auflösung des Mietverhältnisses oder nach seiner Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis; die Verjährungsfrist beträgt in diesem Fall zehn Jahre (§ 26 Abs 4 Satz 3 MRG). Dies soll dem Mieter die Möglichkeit bieten, auch erst nach endgültiger Beendigung des Mietverhältnisses oder Umwandlung in einen unbefristeten Mietvertrag, einen allfälligen Rückforderungsanspruch wegen Mietzinsüberschreitung gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG geltend zu machen. Erst ab diesem Zeitpunkt steht er nicht mehr unter dem Druck, bei Geltendmachung dieses Anspruchs eine Verlängerung des Mietverhältnisses zu gefährden. § 26 Abs 4 3. Satz MRG entspricht der Bestimmung des § 16 Abs 8 MRG und normiert daher ebenfalls eine von Amts wegen wahrzunehmende Präklusivfrist, die nur durch einen materiell begründeten rechtzeitigen Antrag gewahrt wird (5 Ob 73/08h; RS0123975;
Die Befristungsvereinbarung in einem Untermietvertrag muss den allgemeinen Gültigkeitserfordernissen gemäß § 29 Abs 1 Z 3 MRG entsprechen. Sie muss schriftlich errichtet worden und der Endtermin von vornherein durch Datum oder Fristablauf bestimmt sein. Bei Wohnungen darf die ursprünglich vereinbarte oder verlängerte Vertragsdauer drei Jahre nicht unterschreiten. Befristungsvereinbarungen können schriftlich beliebig oft erneuert werden, müssen bei Wohnungen aber jeweils eine Mindestdauer von drei Jahren aufweisen (§ 29 Abs 4 MRG).
Die zwischen den Parteien in diesem Fall geschlossenen beiden aufeinanderfolgenden Untermietverträge haben für sich genommen jeweils eine zulässige und damit gesetzlich durchsetzbare Befristung auf drei Jahre enthalten. Nach dem insoweit eindeutigen Parteiwillen sollte das nachfolgende Vertragsverhältnis mit 1. 10. 2016 und damit vor Ablauf der Befristung des ersten Untermietvertrags beginnen und bis zum 30. 9. 2019 dauern. Damit lag aber ein (stillschweigender) Konsens darüber vor, dass das zunächst mit 31. 10. 2016 befristete Untermietverhältnis vorzeitig (mit 30. 9. 2016) aufgelöst wird. Da Anhaltspunkte dafür fehlen, dass sich der Antragsteller in einer Drucksituation befunden hätte, stehen die Regeln über die Befristung der Annahme einer solchen einvernehmlichen Auflösung des zunächst abgeschlossenen Untermietverhältnisses auch nicht entgegen. Eine Umgehung der Bestimmungen über die Mindestbefristung ist damit nicht verbunden. Die Mindestfrist des § 29 Abs 1 Z 3 lit b MRG wurde im Vertrag vom 3. 8. 2016 entgegen der Ansicht des Rekursgerichts daher auch nicht unterschritten.
Der am 3. 8. 2016 abgeschlossene Untermietvertrag hat eine zulässige und gerichtlich durchsetzbare Befristung enthalten. Nach Ablauf des 30. 9. 2019 wurde der Untermietvertrag weder vertraglich verlängert noch aufgelöst. Nach § 29 Abs 3 lit b MRG wurde der Vertrag damit einmalig auf weitere drei Jahre verlängert. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Sachverhalt wurde er nicht vor dem 31. 7. 2020 aufgelöst.
Der Antrag auf Überprüfung des vorgeschriebenen Untermietzinses erfolgte somit fristgerecht.
Dr. Iris Mutz
Wien/Klagenfurt, Dezember 2023
WMWP Rechtsanwälte GmbH