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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Jänner 2024

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

 

 


Streitiges Recht

2 Ob 180/23v – Zum Vorliegen einer gröblich benachteiligenden Mietvertragsklausel

Die Rechtsvorgängerinnen der Streitteile schlossen 2012 einen auf 16 Jahre befristeten Mietvertrag ab. Da die Mieterin erst nach Ablauf von fünf Jahren den vollen Mietzins zu entrichten hatte und erhebliche Investitionen in das als Edelrohbau übergebene Mietobjekt tätigte, war beiden Vertragsparteien ein erhöhter Bestandschutz wichtig: in dem Mietvertrag wurde vorgesehen, dass der Mieter das Mietverhältnis (nur dann) vorzeitig aufzulösen berechtigt ist, „wenn der Mietgegenstand ohne Verschulden auf Seiten des Mieters […] länger als drei Monate zum bedungenen Gebrauch untauglich wird“, und schlossen eine Teilkündigung oder Teilauflösung des Vertrags aus.

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) bzw Vertragsformblätter iSd § 879 Abs 3 ABGB liegen nach der Rechtsprechung dann nicht vor, wenn die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt wurden (RS0123499 [T2]). Von einer individuellen Vereinbarung kann in Abgrenzung von einem Formularvertrag nur gesprochen werden, wenn der Geschäftspartner auch hinsichtlich des Vertragsinhalts eine Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener berechtigter Interessen hat; wenn und soweit es ihm also möglich war, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Sein Vertragspartner muss daher zu einer Abänderung des von ihm verwendeten Textes erkennbar bereit gewesen sein (2 Ob 76/22v Rz 4 mwN). Bei einer individuellen Aushandlung des Vertragstextes liegt die von § 879 Abs 3 ABGB vorausgesetzte Ungleichgewichtslage („verdünnte Willensfreiheit“), wie sie der Verwendung bei AGB typischerweise zu eigen ist, gerade nicht vor (4 Ob 103/22h Rz 8 mwN).

Da dem gegenständlichen Vertragsabschluss monatelange Verhandlungen, der anwaltlich vertretenen Vertragsparteien, in mehreren Runden voraus gegangen waren, in deren Rahmen der von der Vermieterin erstellte Erstentwurf des Mietvertrags intensiv überarbeitet wurde, wobei es auch zu Änderungen einzelner Punkte auf Wunsch der Mieterin kam, die jedoch hinsichtlich der strittigen, näher besprochenen Klausel keine Änderungswünsche hatte, lag hier kein Fall des § 879 Abs 3 ABGB (gröblich benachteiligende Vertragsbestimmung) vor.

5 Ob 99/23fd – Gemäß § 37 Abs 4 dritter Satz WEG gilt eine Eigenschaft (Beschaffenheit des Objekts) als zugesichert, die keine größeren Erhaltungsarbeiten innerhalb von zehn Jahren erfordert. Die Verjährungsfrist des § 933 ABGB wird für jede davon erfasste (größere) Erhaltungsarbeit mit deren objektiver Erkennbarkeit innerhalb von zehn Jahren gesondert in Gang gesetzt

Gemäß § 37 Abs 4 WEG haben die Wohnungseigentumsorganisatoren vor oder mit der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum an Teilen eines Hauses, dessen Baubewilligung zum Zeitpunkt der Zusage älter als 20 Jahre ist, dem Wohnungseigentumsbewerber ein Gutachten eines für den Hochbau zuständigen Ziviltechnikers oder eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Hochbauwesen über den Bauzustand der allgemeinen Teile des Hauses, insbesondere über in absehbarer Zeit (ungefähr zehn Jahre) notwendig werdende Erhaltungsarbeiten, zu übergeben. Das Gutachten darf zum Zeitpunkt der Zusage nicht älter als ein Jahr sein und ist in den Kaufvertrag über den Liegenschaftsanteil, an dem Wohnungseigentum erworben werden soll, einzubeziehen. Mit dieser Einbeziehung gilt der im Vertrag beschriebene Bauzustand als bedungene Eigenschaft im Sinn des § 922 Abs 1 ABGB; damit haftet der Wohnungseigentumsorganisator bzw Verkäufer für den beschriebenen Bauzustand. Erfolgt keine Einbeziehung eines solchen Gutachtens in den Kaufvertrag, gilt ein Erhaltungszustand des Hauses als vereinbart, der in den nächsten zehn Jahren keine größeren Erhaltungsarbeiten erfordert. Die Regelung des § 37 Abs 4 WEG ist vertraglich nicht abdingbar (§ 37 Abs 6 WEG).

37 Abs 4 WEG 2002 ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Notwendigkeit größerer Erhaltungsarbeiten unter Umständen erst mit einer deutlichen Verzögerung hervorkommt. Diese Ratio des Gesetzes erfordert, dass die dreijährige Gewährleistungsfrist erst zu dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem – innerhalb von zehn Jahren – für den Erwerber die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens bzw die Erforderlichkeit von „größeren“ Erhaltungsarbeiten zweifelsfrei erkennbar wird (6 Ob 56/16b; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 37 WEG Rz 46a mwN). Der Gegenansicht, wonach auf den Zeitpunkt der Übergabe abzustellen sei, hat der Oberste Gerichtshof ausdrücklich abgelehnt (6 Ob 56/16b; vgl 5 Ob 207/18d).

Wurde – wie im vorliegenden Fall – kein Gutachten in den Kaufvertrag einbezogen, gilt ein Erhaltungszustand des Hauses als vereinbart, der in den nächsten zehn Jahren keine größeren Erhaltungsarbeiten erfordert. Zugesicherte Sacheigenschaft ist damit ein Zustand, der keine größeren Erhaltungsarbeiten innerhalb der Zeitspanne von zehn Jahren erforderlich macht. Insoweit ersetzt das Gesetz die vertragliche Vereinbarung über die Zusicherung eines nicht sofort feststellbaren Zustands des Gebäudes. Die dreijährige Gewährleistungsfrist beginnt erst zu dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem sich – innerhalb von zehn Jahren – für den Erwerber die Erforderlichkeit von „größeren“ Erhaltungsarbeiten zweifelsfrei manifestiert (6 Ob 56/16b). Dazu ist auf eine objektive Betrachtungsweise abzustellen (Kulka aaO 377).  Der Begriff „größere“ Erhaltungsarbeit in § 37 Abs 4 WEG erfasst – dem Wesen der Gewährleistung entsprechend – nur solche Erhaltungsarbeiten, die bereits im Zeitpunkt des Gefahrenübergangs notwendig waren. Durch die Verwendung des Adjektivs „größere“ wollte der Gesetzgeber eine gewisse Begrenzung der gesetzlich vertypten Einstandspflichten im Sinn einer „Bagatellgrenze“ schaffen: Demnach muss es sich um Erhaltungsarbeiten handeln, die über die laufende Instandhaltung hinausgehen (6 Ob 101/18y). Dem Zweck dieser Regelung entspricht es, dass die Verjährungsfrist des § 933 ABGB für jede davon erfasste (größere) Erhaltungsarbeit mit deren objektiver Erkennbarkeit innerhalb von zehn Jahren gesondert in Gang gesetzt wird, und nicht schon die Manifestation einer bestimmten solchen Erhaltungsarbeit den Fristenlauf auch für zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erkennbare Mängel auslöst.

5 Ob 117/23 a – Weder das WGG noch das MRG oder der einzelne mit einer GBV abgeschlossene Mietvertrag gewähren dem einzelnen Mieter das subjektive Recht, von der GBV die Unterlassung einer Verwaltungsmaßnahme, wie etwa von Erhaltungsarbeiten oder aber die Einleitung eines nach den Bestimmungen des WGG, nur von der GBV als antragsberechtigt einzuleitenden Verfahrens zur Überprüfung dieser Erhaltungsmaßnahmen, auf ihre Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu verlangen

Nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats (5 Ob 237/17i; 5 Ob 18/18k; 5 Ob 184/20z) beruht die Einhebung von EVB gemäß § 14d WGG auf einer eigenverantwortlichen Entscheidung des Vermieters; sie liegt im Interesse einer rechtzeitigen und vorausschauenden Sicherstellung der Finanzierung der Kosten der jeweils erkennbaren und in absehbarer Zeit notwendig werdenden Erhaltungsarbeiten. Die primäre Beurteilung dieser objektiv gegebenen Voraussetzungen soll zunächst dem Vermieter überlassen sein; dieser hat jedoch die Folgen einer (bewussten oder unbewussten) Fehleinschätzung des Erhaltungszustands des Gebäudes insofern gegen sich gelten zu lassen, als er in diesem Fall verpflichtet ist, die eingehobenen EVB zuzüglich einer angemessenen Verzinsung dem Mieter zurückzuerstatten (vgl RS0070577 [T2]; 5 Ob 184/20z). Diese Rückerstattung regelt § 14d Abs 4 WGG: verwendet die GBV die von den Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten entrichteten Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge nicht innerhalb einer Frist von 20 Kalenderjahren zur Finanzierung einer Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeit, so hat die Bauvereinigung unverzüglich die von den Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten entrichteten EVB zuzüglich der gesetzlichen Verzinsung (§ 1000 ABGB) zurückzuerstatten. Zur Rückforderung des nicht verbrauchten EVBs (samt Verzinsung) ist der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte berechtigt, der im Zeitpunkt der Fälligkeit dieses Anspruchs Mieter oder Nutzungsberechtigter der Wohnung oder des sonstigen Mietgegenstands ist.

Die Rechtswidrigkeit der Vorschreibung eines EVB kann sich nur aus der Überschreitung der gesetzlich zulässigen Obergrenze ergeben (5 Ob 237/17i; 5 Ob 10/20m). Eine Angemessenheitsprüfung hat nicht stattzufinden. Eine gerichtliche Kontrolle der Notwendigkeit der Einhebung und Zweckmäßigkeit ihrer Verwendung hat erst aus Anlass der Prüfung eines allfälligen Rückforderungsanspruchs zu erfolgen (vgl auch Prader/Pittl WGG2 § 14d Rz 5; Kulhanek in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht4 § 22 WGG Rz 34). Es besteht daher keine Verpflichtung der GBV zur (technischen und kaufmännischen) Offenlegung der Notwendigkeit und/oder Preisangemessenheit beabsichtigter Arbeiten aus den EVB. Das Gericht kann in einem Verfahren auch nicht prüfen, ob beabsichtigte Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten notwendig oder nützlich sind und ob deren voraussichtliche Kosten die Einhebung eines EVB in der vorgeschriebenen Höhe rechtfertigen (5 Ob 237/17i).

14 Abs 2 WGG sieht – vergleichbar dem Verfahren zur Erhöhung der Hauptmietzinse nach §§ 18 ff MRG – ein Verfahren zur Erhöhung der EVB vor. Reichen die nicht verbrauchten EVB und die künftigen im gesetzlichen Höchstausmaß einzuhebenden EVB auch unter Einrechnung der nicht verbrauchten EVB zuzuführenden sonstigen Einnahmen und Mehrerträge sowie unter Einrechnung der Einnahmen aus der Vermietung und Überlassung von Dach- und Fassadenflächen zu Werbezwecken zur ordnungsgemäßen Erhaltung der Baulichkeit oder von Baulichkeiten, sofern diese hinsichtlich der Berechnung des Entgelts eine wirtschaftliche Einheit bilden, nicht aus, so kann die Bauvereinigung bei Gericht (bei der Gemeinde, § 39 MRG) zur Deckung des Fehlbetrags eine Erhöhung des Betrags nach § 14 Abs 1 Z 5 WGG begehren. […] Das Gericht (die Gemeinde, § 39 MRG) hat darüber zu entscheiden, von wann an und in welchem Umfang dieser Betrag erhöht wird und, unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Lage der Mieter und sonstigen Nutzungsberechtigten, auf welche Zeit der erhöhte Betrag zu entrichten ist; der Zeitraum beträgt grundsätzlich 20 Jahre, ausgenommen die beantragten Arbeiten weisen in einer Gesamtschau eine erheblich kürzere oder längere Bestanddauer auf. Nach § 14 Abs 2 letzter Satz WGG sind schriftliche Vereinbarungen mit allen Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten über die Erhöhung des Betrags nach Abs 1 Z 5 zulässig. Gemäß § 14 Abs 2b WGG sind alle Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten an schriftliche Vereinbarungen über eine angemessene Erhöhung des Betrags nach Abs 1 Z 5 zur anteiligen Deckung der öffentlich geförderten Kosten 1. von Gemeinschaftseinrichtungen zur Erzeugung und Versorgung mit erneuerbarer Energie, 2. von Gemeinschaftseinrichtungen für Ladepunkte für Elektrofahrzeuge, 3. thermisch/energetischen Sanierungsmaßnahmen oder 4. behinderten-, kinder- oder altengerechten Maßnahmen an allgemeinen Teilen der Baulichkeit dann gebunden, wenn – nach Vorlage einer Stellungnahme eines Sachverständigen, etwa der Förderstelle über die Angemessenheit der Kosten der Maßnahmen – mindestens drei Viertel der Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten, berechnet nach der Zahl der im Zeitpunkt der Vereinbarung vermieteten Miet- oder sonstigen Nutzungsgegenstände, zustimmen. Eine Erhöhung gemäß § 14 Abs 2b WGG darf gemäß § 14 Abs 2c WGG unter Berücksichtigung der nicht verbrauchten EVB und der diesen gewidmeten Beträge das zur Deckung der Kosten notwendige Ausmaß nicht übersteigen. Auf Antrag eines Mieters hat das Gericht (die Gemeinde, § 39 MRG) zu entscheiden, ob die Erhöhung den Voraussetzungen gemäß Abs 2b entspricht. Ein Antrag auf Erhöhung des EVB nach § 14 Abs 2 WGG steht nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut aber nur der GBV selbst zu. Weder das MRG noch das WGG sieht einen Individualanspruch des einzelnen Mieters oder Nutzungsberechtigten vor, der auf das Setzen und/oder Unterlassen einer konkreten Verwaltungsmaßnahme durch die Vermieterin gerichtet wäre. Dem einzelnen Mieter steht kein subjektives Recht gegenüber seiner Vermieterin zu, von dieser die Unterlassung bestimmter Erhaltungsmaßnahmen und/oder die Einleitung eines bestimmten gerichtlichen Verfahrens zur Prüfung dieser Erhaltungsmaßnahmen auf ihre Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Finanzierbarkeit zu verlangen. Auch aus dem allgemein dem WGG zugrundeliegenden Vermögensbindungsprinzip besteht kein subjektiver Anspruch des Klägers auf Einflussnahme auf die Verwaltung der GBV in Bezug auf die Unterlassung von Erhaltungsarbeiten oder aber Einleitung von gerichtlichen Verfahren.

Außerstreitiges Recht

5 Ob 50/23y – § 15 c WEG ist nicht (auch nicht analog) auf Ein- und Abstellplätze anzuwenden

In dem Verfahren ging es um die Frage, ob die Bestimmung des § 15c WGG sich nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut neben Wohnungen und Geschäftsräume und allenfalls auf mit ihnen mitvermietete Nebenräume, auch auf Stellplätze bezieht, sodass auch ein Anspruch auf nachträgliche Übertragung von Stellplätzen ins Wohnungseigentum besteht.

Der Gesetzgeber hat bereits bei Beratung über das WEG 2002 die Notwendigkeit einer Novellierung des WGG in Hinblick auf diese Neuregelung erkannt. Indem er den Anwendungsbereich des § 15c WGG dennoch nicht auf Ein- und Abstellplätze erweiterte, hat er eine Rechtsfolge (einen Anspruch der Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten auf Übertragung ins Eigentum) bewusst nicht angeordnet. Für eine analoge Anwendung des § 15c WGG auf nicht mit der Wohnung oder einem Geschäftsraum mitvermietete Ein- und Abstellplätze verbleibt kein Raum.

5 Ob 58/23z – Verpflichtung des Vermieters zur Behebung einer vom Mietgegenstand ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefährdung

Mit der Wohnrechtsnovelle 2006 BGBl I 2006/124 (WRN 2006) wurde die Erhaltungspflicht des Vermieters hinsichtlich der Gesundheitsgefährdung des Mieters ausgeweitet. Der Generalklausel des § 3 Abs 1 MRG wurde hinzugefügt, dass der Vermieter auch dafür zu sorgen hat, dass „erhebliche Gefahren für die Gesundheit der Bewohner beseitigt“ werden. In § 3 Abs 2 Z 2 MRG findet sich nunmehr ein zweiter selbständiger Tatbestand für die Verpflichtung des Vermieters, Erhaltungsarbeiten auch im Mietgegenstand selbst vorzunehmen, nämlich neben der Verpflichtung zur Behebung von ernsten Schäden des Hauses nunmehr auch die Verpflichtung zur Beseitigung einer vom Mietgegenstand ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefährdung (5 Ob 173/10t; RIS-Justiz RS0116302 [T1]).

Damit nunmehr ein gesundheitsgefährlicher Mangel in die Erhaltungspflicht des Vermieters fällt, muss es sich um eine „erhebliche“ Gefahr für die Gesundheit der Bewohner handeln. Diese „Erheblichkeitsschwelle“ ist sowohl in der für die Erhaltung der allgemeinen Teile maßgeblichen Generalklausel des § 3 Abs 1 MRG als auch im Tatbestand des § 3 Abs 2 Z 2 MRG genannt und bringt zum Ausdruck, dass nicht jede Bagatellbeeinträchtigung die Erhaltungspflicht des Vermieters auslöst (5 Ob 180/18h; 5 Ob 264/15g; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 MRG § 3 Rz 8; vgl RV 1183 BlgNR 22. GP 35). Ob ein bestimmter Mangel die Erheblichkeitsschwelle überschreitet und damit die Pflichten des Vermieters zur Gefahrenabwehr begründet, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen (5 Ob 264/15g).

In diesem Fall wurde der Austausch einer, eine bestimmte Brandschutzklasse aufweisenden, jedoch sonst gleichwertigen Tür und die Durchführung der damit verbundenen vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Arbeiten als eine von § 3 Abs 1 MRG erfassten Erhaltungspflicht gewertet.

5 Ob 152/23y – Zustimmung zur Verlegung einer Starkstromleitung und Anbringung einer Wallbox

Dem Antragsteller wurde die Zustimmung zur Verlegung einer Starkstromleitung (dreiphasiges Kabel mit 16 Ampere Stromtragefähigkeit) mittels einer – im Detail bezeichneten – Leitungsführung bis zum 2. Stock zur Zählernische neben der Wohnung Top 2 der Antragstellerin und zur Anbringung einer Wallbox an der Wand samt deren Verbindung mit dieser Starkstromleitung und deren Installation und Betrieb, erteilt.

Bei der Wallbox handelte sich um eine einphasige Wallbox mit einer Leistung von 3,680 kW, die dem „Langsamladen“ dient (5 Ob 173/19f) dient und der Privilegierung in § 16 Abs 2 Z 2 WEG idF WEG-Novelle 2022 entspricht. Die Verlegung der Starkstromleitung hingegen war weder im Sinn dieser Entscheidung noch gemäß § 16 Abs 2 Z 2 WEG in seiner ab 1. Jänner 2022 geänderten Fassung privilegiert.

Gemäß § 16 Abs 2 Z 1 WEG darf eine Änderung (die im Fall einer bloß bagatellhaften Umgestaltung eben nicht vorläge) weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben. Für das Vorliegen von Umständen, die schon nach diesen beispielhaft aufgezählten allgemeinen Voraussetzungen einer Änderung entgegenstehen, ist der widersprechende Mit- und Wohnungseigentümer darlegungs- und beweispflichtig (RS0082993). Nach der Rechtsprechung des Fachsenats (RS0083236) steht einer Änderung nicht jede Beeinträchtigung von Interessen der Miteigentümer entgegen, sondern nur eine wesentliche Beeinträchtigung, die die Interessen der anderen Wohnungseigentümer am Unterbleiben der Änderung so schutzwürdig erscheinen lässt, dass der Anspruch des Wohnungseigentümers auf Änderung zurückzustehen hat. Abzustellen ist darauf, ob bei objektiver Betrachtung der Schutzwürdigkeit der Interessen anderer Miteigentümer eine als gewichtig anzusehende unzumutbare Beeinträchtigung vorliegt (RS0083378 [T1]; RS0083240 [T5]).

In diesem Fall wurde keine relevante Beeinträchtigung angenommen: Selbst deutlich sichtbare Leitungen im Kellergeschoss und einige wenige durchbohrte Kellerwände zwecks Leitungsverlegung konnten eine unzumutbare Beeinträchtigung nicht begründen. Diese stellen keinen „erheblichen Eingriff in die Bausubstanz“ dar.

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Jänner 2024

WMWP Rechtsanwälte GmbH