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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter November 2023

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

 

 


Streitiges Recht

5 Ob 147/23p – Änderungen an dem Wohnungseigentumsgegenstand ohne Zustimmung

Nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats verpflichtet schon die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Mit- und Wohnungseigentümer den änderungswilligen Wohnungseigentümer, die Zustimmung aller Miteigentümer oder die Genehmigung des Außerstreitrichters einzuholen. Tut er das nicht, nimmt er also Änderungen im Sinn des § 16 Abs 2 WEG ohne vorherige Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer und ohne Genehmigung des Außerstreitrichters vor, handelt er in unerlaubter Eigenmacht und kann im streitigen Rechtsweg petitorisch mit Klage nach § 523 ABGB zur Beseitigung der Änderung und Wiederherstellung des früheren Zustands sowie gegebenenfalls auf Unterlassung künftiger Änderungen verhalten werden (RS0083156; RS0005944).

Das Klagerecht nach § 523 ABGB gegen jeden unberechtigten Eingriff in das Eigentumsrecht (RS0012040) richtet sich zwar grundsätzlich gegen den unmittelbaren Störer, sie kann aber auch gegen denjenigen erhoben werden, der den unerlaubten Zustand aufrecht hält (vgl 1 Ob 35/89 mwN; RS0012131 [T8]; RS0012129). Daher ist nicht entscheidend, ob die in Anspruch genommene Partei, von deren Eigentum die Störung ausgeht, die beanstandeten Baumaßnahmen selbst gesetzt hat. Als Eigentümer kommt ihm eine umfassende rechtliche Befugnis zu, mit der auch eine entsprechende Verantwortung bzw ein entsprechendes Risiko einhergeht (dazu ausführlich 6 Ob 70/14h). Selbst wenn die nunmehrigen Eigentümer somit nur den von ihrem Rechtsvorgänger (zB Verkäufer) geschaffenen unerlaubten Zustand (Terrasse) aufrecht halten und haben sie dafür schon deshalb einzustehen.

Für die Negatorienklage genügt die objektive Rechtswidrigkeit. Verschulden des Störers ist ebenso wenig erforderlich wie eine Störungsabsicht oder die Absicht der Rechtsanmaßung (RS0012169). Weitere materiell-rechtliche Voraussetzung für eine darauf gestützte Unterlassungsklage ist das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses und der Wiederholungsgefahr (RS0012064)

Außerstreitiges Recht

5 Ob 211/22y – Auswirkung der   fehlenden Durchsetzbarkeit einer Befristungsvereinbarung auf den Lauf der Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 Satz 3 MRG

Die Verlängerung der Präklusionsfrist soll dem Mieter die Möglichkeit bieten, auch erst nach endgültiger Beendigung des Mietverhältnisses oder Umwandlung in einen unbefristeten Mietvertrag einen allfälligen Rückforderungsanspruch wegen Mietzinsüberschreitung gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG geltend machen zu können. Erst ab diesem Zeitpunkt steht er nicht mehr unter dem Druck, bei Geltendmachung dieses Anspruchs eine Verlängerung des Mietverhältnisses zu gefährden. Gewährt man die Fristverlängerung nur bei Befristungsvereinbarungen, die objektiv den Gültigkeitserfordernissen des § 29 Abs 1 Z 3 MRG entsprechen, wird dieser Zweck in der Praxis allerdings vielfach verfehlt und der intendierte Mieterschutz in weiten Bereichen ohne sachliche Rechtfertigung verwehrt. Der Mieter, der sich im Glauben bzw Vertrauen auf die Gültigkeit einer – objektiv unzulässigen – Befristung an den vereinbarten Endtermin hält und die Vereinbarung eines unzulässig hohen Mietzinses erst nach Vertragsbeendigung (nach Ablauf von drei Jahren ab Mietzinsvereinbarung) im Verfahren nach den §§ 16, 37 Abs 1 Z 8 MRG überprüfen lassen will, hätte diesen Anspruch verloren. Das Recht der Überprüfung eines gesetzwidrigen Mietzinses würde durch eine gesetzwidrige Befristung unterlaufen.

Im Hinblick auf den eindeutigen Zweck dieser Bestimmung ist die Fristverlängerung des § 16 Abs 8 Satz 3 MRG daher auch dann anzuwenden, wenn die Befristungsvereinbarung mangels eines der Gültigkeitserfordernisse gemäß § 29 Abs 1 Z 3 MRG nicht durchsetzbar ist. Der Bedeutungsgehalt des in Klammer gesetzten Verweises auf § 29 Abs 1 Z 3 MRG ist demnach auf den Zweck der verkürzten Beschreibung eines Zeitmietvertrags teleologisch zu reduzieren.

Wird ein wirksam befristetes in ein unbefristetes Mietverhältnis umgewandelt, beginnt der Fristenlauf gemäß § 16 Abs 8 MRG frühestens mit der entsprechenden Willenseinigung und damit mit dem Zugang der diesbezüglichen rechtsverbindlichen Erklärungen zu laufen (5 Ob 32/19w). Erst (aber auch bereits) mit dem Abschluss der „Umwandlungsvereinbarung“ fällt nämlich die Drucksituation für den Mieter weg (vgl Scharmer, Anmerkung zu 5 Ob 32/19w, wobl 2020, 328). Im Fall der einseitigen Auflösung des Mietvertrags durch den Vermieter (etwa wegen § 1118 zweiter Fall ABGB) wird das befristete Mietverhältnis iSd § 16 Abs 8 Satz 3 MRG (mit der Konsequenz der Fristauslösung) hingegen bereits mit Zugang der Auflösungserklärung des Vermieters aufgelöst (5 Ob 15/23a; 5 Ob 71/15z). Analog dazu muss bei einem am Gesetzeszweck orientierten Verständnis des Begriffs der „Umwandlung“ auch im Fall eines objektiv unwirksam befristeten Mietverhältnisses der Zugang einer einseitigen, auf Anerkenntnis des Bestehens eines unbefristeten Mietverhältnisses gerichteten Erklärung des Vermieters genügen, um die Sechsmonatsfrist des § 16 Abs 8 Satz 3 MRG auszulösen. Schließlich wird dem Mieter auch damit die Drucksituation genommen.

5 Ob 228/23y – Zur Aufteilung der Betriebs- und Verwaltungskosten nach dem WEG

Eine bindende Festlegung von Verteilungsgrundsätzen erfasst alle davon betroffenen Nutzungsberechtigten, weil die Abrechnung und Verteilung von Aufwendungen nicht gegenüber einzelnen Betroffenen nach unterschiedlichen Grundsätzen vorgenommen werden kann (vgl dazu 5 Ob 58/08b).

Nach§ 16 Abs 1 WGG bestimmt sich der Anteil eines Miet- oder sonstigen Nutzungsgegenstands und damit die Aufteilung sämtlicher Kosten des Hauses nach dem Verhältnis der Nutzfläche des Miet- oder sonstigen Nutzungsgegenstands zur Nutzfläche aller in Bestand oder Nutzung gegebenen oder hierzu geeigneten Wohnungen, Wohnräume und sonstigen Räumlichkeiten des Hauses.

§16 Abs 3 WGG ermöglicht der Bauvereinigung, den Anteil des einzelnen Mieters oder Nutzungsberechtigten an den Gesamtkosten abweichend von der Regelung des Abs 1 auch im Verhältnis des Nutzwerts iSd § 2 Abs 8 WEG 2002 des Miet- oder Nutzungsgegenstands zur Summe der Nutzwerte aller Miet- oder sonstigen Nutzungsgegenstände festzulegen. In diesem Fall ist der Nutzwert auf Antrag der Bauvereinigung durch das Gericht festzusetzen. Es gelten dann die Bestimmungen der §§ 8 bis 10 WEG (§ 16 Abs 4 WGG).

Von einem Aufteilungsschlüssel nach den Abs 1 und 3 des § 16 WGG kann nur unter den Voraussetzungen des § 16 Abs 5 WGG abgegangen werden: Dadurch soll der Mieter und Nutzungsberechtigten vor einseitigen Änderungen eines bereits festgelegten Verteilungsschlüssels (5 Ob 135/14k [Pkt 8.]) geschützt werden. Das Abweichen von einem danach festgelegten Verteilungsschlüssel ist nur durch eine schriftliche Vereinbarung zwischen der Bauvereinigung und allen Mietern und Nutzungsberechtigten (Z 1) oder im Fall der Festlegung eines Nutzwertschlüssels nach § 16 Abs 3 WGG durch Entscheidung des Gerichts zulässig, wenn sich der Anteil durch Vorgänge, die einer baubehördlichen Bewilligung bedürfen, oder durch Veränderung der Zuschläge oder Abstriche für werterhöhende oder wertvermindernde Unterschiede um mindestens 5 % geändert hat (Z 2).

Eine schriftliche Vereinbarung zwischen der gemeinnützigen Bauvereinigung und allen Mietern bzw Nutzungsberechtigten iSd § 16 Abs 5 Z 1 WGG durchbricht sowohl den subsidiär geltenden Nutzflächen- als auch den von der gemeinnützigen Bauvereinigung – einseitig – gewählten Nutzwertschlüssel. Die Bauvereinigung kann daher (auch) von Anfang an einen abweichenden Schlüssel (iSd § 16 Abs 5 Z 1 WGG) bewirken, von diesem jedoch nicht mehr einseitig abgehen. Ohne Vereinbarung mit den Mietern darf sie auch nicht nutzwertrelevante Bestandsobjekte einseitig zu Allgemeinflächen umwidmen und damit den Verteilungsschlüssel verändern (5 Ob 135/14k; Rudnigger aaO Rz 7) (5 OB 144/17p – betrifft die gleichen Verfahrensparteien). Andernfalls hätte es die Bauvereinigung stets in der Hand, etwa durch Umwidmungen, im Ergebnis eine einseitige Abänderung des vereinbarten Verteilungsschlüssels zu bewirken.

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, November 2023

WMWP Rechtsanwälte GmbH