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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Dezember 2021

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

 

 


Streitiges Recht

1 Ob 147/ 21f – Zur Fälligkeit von Betriebskostenforderungen gegenüber dem Mieter

Die Fälligkeit einer Forderung eines Gläubigers im Rahmen der Jahrespauschalverrechnung, die Grundlage der späteren Betriebskostenschuld des Mieters ist, gegenüber dem Vermieter hat keinen unmittelbaren Einfluss auf das Entstehen der Betriebskosten-(nach-)forderung des Vermieters gegenüber dem Mieter, da sich der (positive oder negative) Saldo frühestens mit Ablauf des Abrechnungsjahres ermitteln lässt. Bei der Jahrespauschalverrechnung beginnt die einjährige Präklusivfrist nach § 21 Abs 3 Satz 4 MRG und ist bei dieser Verrechnungsart für die Abgrenzung zwischen Insolvenz- und Masseforderungen mangels Bezugnahme auf den Zeitpunkt des Entstehens der Ansprüche gegenüber dem Mieter nicht relevant.

3 Ob 109 /21g – Anspruch auf Mietzinsminderung wegen Verunreinigung eines PKW-Stellplatzes und vor der Wohnungstüre mit Kot und Urin von Tieren

Das grobe Verschulden bei gänzlicher Nichtzahlung der Miete aufgrund von Verunreinigungen durch Kot und Urin von Tieren im Bereich des gemieteten PKW-Abstellplatzes und vor der Wohnungstüre der beklagten Mieterin, wurde bejaht. Es muss auch für einen juristische Laien klar sein, dass solche Beeinträchtigungen jedenfalls keine 100%ige Mietzinsminderung rechtfertigen.

5 Ob 135/21w – Vereinbarung der Wohnungseigentümer über allgemeine Teile der Liegenschaft

Die Parteien sind Miteigentümer einer Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum. Die Beklagte ist Wohnungseigentümerin der Wohnung Top G9, einer Dachgeschosswohnung, zu der ein Stiegenaufgang führt. Der Bauträger hatte dort – wie auch in sieben anderen Dachgeschossobjekten – eine Geländertür vorgesehen, die auch in der Bau- und Ausstattungsbeschreibung aufschien. Gemäß des Wohnungseigentumsvertrags dürfen alle faktisch allein nutzbaren und zugänglichen Zugangsbereiche ab der ersten verschließbaren Tür von den jeweiligen Wohnungseigentümern allein benützt werden.

Die Kläger begehrten, dass die Beklagte es zu unterlassen habe, allgemeine Teile des Hauses, insbesondere den Stiegenaufgang zur vierten Etage, in dem sich ihr Wohnungseigentumsobjekt befindet, durch Absperrung eigenmächtig und ausschließlich in Anspruch zu nehmen, Einbaukästen neben der Eingangstür im Stiegenhaus unmittelbar vor bzw neben der Eingangstür anzubringen und den ursprünglichen Zustand durch Entfernung der Absperrung und der Einbaukästen wieder herzustellen.

Gemäß § 17 Abs 1 WEG 2002 können sämtliche Wohnungseigentümer schriftlich eine Vereinbarung über die Benützung der verfügbaren allgemeinen Teile der Liegenschaft treffen. Eine Benützungsvereinbarung, die die Miteigentümer bindet, kann auch in gleichlautenden Kauf- und Wohnungseigentumsverträgen getroffen werden. Die in derartigen Summenverträgen getätigte Zusage an die Wohnungseigentumsbewerber ist als einstimmige Benutzungsvereinbarung wirksam und innerhalb der allgemeinen Grenzen des § 38 WEG 2002 zulässig (5 Ob 205/14d; vgl auch RIS-Justiz RS0013201). Die entsprechende Vereinbarung in dem verfahrensgegenständlichen Wohnungseigentumsvertrag war als solche schriftliche Benutzungsvereinbarung in diesem Sinn zu werten.

Nach den Feststellungen rastet die Geländertür ein, was das Kriterium der Verschließbarkeit erfüllt. Dafür spricht vor allem das Argument, dass in dem verfahrensgegenständlichen Wohnungseigentumsvertrag gesondert von Portalen und Eingangstüren die Rede ist, sodass völlig unklar bliebe, welche andere „verschließbare Tür“ dieser Vertragspunkt sonst meinen hätte sollen. Nach der gebotenen objektiven Auslegung des Wohnungseigentumsvertrags war davon auszugehen, die Nutzung der hinter der (durch Einrasten) verschließbaren Geländertür gelegenen Fläche sei nur für den Wohnungseigentümer der jeweiligen Dachgeschosswohnung zulässig, liegt daher nahe. Von einem notwendig allgemeinen Teil, der die Verfügbarkeit für Zwecke einer Benützungsregelung ausschließen würde (vgl RS0105691RS0013206) war nicht auszugehen, weil die Geländertür nach den Feststellungen nicht etwa Fluchtweg für Eigentümer oder Mieter aus den unteren Stockwerken ist, sondern ein Fluchtweg nur von oben nach unten verläuft, weshalb sich – folgerichtig – die Geländertür nur dadurch öffnen lässt, dass man den Knauf von innen (also vom Bereich hinter der Tür) nach unten drückt. Eine Öffnung der Tür von der von der Allgemeinheit zu nutzenden Seite aus ist nur möglich, wenn man über die Tür greift.

 

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Dezember 2021

WMWP Rechtsanwälte GmbH