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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Oktober 2018

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

Streitiges Recht

4 Ob 123/18v – Die Pflicht des Bestandgebers, den Bestandgegenstand nach § 1096 ABGB in brauchbarem Stand zu übergeben und zu erhalten, ist außerhalb zwingender Normen des MRG abdingbar

Auf das Bestandverhältnis war das MRG nicht anwendbar. Die Mieterin hatte das Bestandobjekt in Kenntnis des Umstands übernommen, dass zur Herstellung eines brauchbaren Zustands noch Investitionen notwendig sind. Sie hatte sich dazu verpflichtete, die erforderlichen Sanierungsarbeiten selbst durchzuführen, im Gegenzug räumte der Vermieter Mietzinsfreiheit für die ersten zwei Monate ein. Im Mietvertrag wurde auch vereinbart, dass die Mieterin die während der Bestanddauer notwendig werdenden Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten auf ihre eigenen Kosten und ohne Ersatzanspruch gegenüber dem Vermieter erbringt. Nach gesicherter Rechtsprechung ist die Pflicht des Bestandgebers, den Bestandgegenstand nach § 1096 ABGB in brauchbarem Stand zu übergeben und zu erhalten, außerhalb zwingender Normen des MRG abdingbar (3 Ob 47/13b; RIS-Justiz RS0021233, RS0124826, RS0020947). Auch die Bestimmung des § 1097 ABGB ist abdingbar; deshalb kann außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG auch vereinbart werden, dass der Bestandnehmer die Sache auf seine Kosten brauchbar zu machen hat (RIS-Justiz RS0020459). Eine solche Vereinbarung kann wegen Verletzung besonderer gesetzlicher Bestimmungen (§ 879 ABGB) allenfalls als unwirksam angefochten werden (RIS-Justiz RS0124826). Das Berufungsgericht hat im Anlassfall eine Sittenwidrigkeit der Vereinbarung verneint, weil die Mieterin im Hinblick auf den fünfzehnjährigen Kündigungsverzicht des Vermieters eine langjährige Nutzungsmöglichkeit des Bestandobjekts (und damit auch der von ihr getätigten Investitionen) zukommt. Diese Rechtsansicht hält sich im Rahmen der Rechtsprechung, die unter anderem darauf abstellt, ob dem Mieter die Möglichkeit geboten wird, die Aufwendungen zeitlich und umfänglich entsprechend zu nützen (10 Ob 52/14s, RIS-Justiz RS0024045).

 

5 Ob 41/18t – Den Mit- und Wohnungseigentümern steht bei einer Widmungsänderung ein Unterlassungsanspruch zu

Im August 1997 schlossen die Rechtsvorgänger des Erst- und der Zweitbeklagten und die zu diesem Zeitpunkt bereits als Miteigentümer eingetragenen Wohnungseigentumsbewerber einen Wohnungseigentumsvertrag. Darin wurde vereinbart, dass hinsichtlich der nach dem Nutzwertgutachten auf das Geschäftslokal Top Nr 1 entfallenden Anteile vorläufig kein Wohnungseigentum begründet werde, weil diese Anteile je zur Hälfte auf die Rechtsvorgänger des Erst- und der Zweitbeklagten entfielen und die Begründung von Wohnungseigentum für diese zwei juristischen Personen rechtlich nicht möglich war. Die Kläger begehrten, die Beklagten zu verpflichten, es zu unterlassen, im Geschäftslokal Top Nr 1 ein Prostitutionslokal zu betreiben oder durch einen oder mehrere Dritte betreiben zu lassen. Weiters begehrten sie, die Beklagten zu verpflichten, die an der Fassade des Hauses und den Fenstern angebrachte Aufschriften, Leuchtschriften und Lichterketten zu beseitigen. Der Betrieb des Prostitutionslokals bewirke eine Änderung der Widmung des Geschäftslokals Top Nr 1 und eine Änderung des äußeren Erscheinungsbilds des Hauses. Diese Änderungen beeinträchtigten schutzwürdige Interessen der Kläger und hätten daher der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedurft. Diese sei aber nicht erteilt worden.

 

Die Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB kann von jedem Miteigentümer (Wohnungseigentümer) nicht nur gegen Dritte, sondern auch gegen andere Miteigentümer (Wohnungseigentümer) erhoben werden (5 Ob 65/17w; RIS-Justiz RS0012137, RS0012112, RS0012114, RS0013417, RS0013428). Für die Beseitigung einer behaupteter maßen eigenmächtig vorgenommenen Änderung macht es dabei keinen Unterschied, ob der Beklagte als Wohnungseigentümer oder als schlichter Miteigentümer in Anspruch genommen wird (5 Ob 73/14t; 5 Ob 7/13k; 5 Ob 40/12m).

Das Geschäftslokal Top Nr 1 steht als allgemeiner Teil der Liegenschaft im schlichten Miteigentum aller Miteigentümer, wurde aber im Rahmen einer Benützungsvereinbarung dem Erst- und der Zweitbeklagten zur alleinigen Nutzung übertragen. Eine solche Benützungsvereinbarung bewirkt die Umgestaltung allgemeiner Gebrauchsbefugnisse eines Miteigentümers in Sondernutzungsrechte an bestimmten Sachteilen (RIS-Justiz RS0029352). Einem Miteigentümer, dem der physische Besitz eines Teils der Liegenschaft zur alleinigen Nutzung überlassen wurde, kommt die ausschließliche rechtliche Verfügungsgewalt über diesen Teil zu (5 Ob 73/14t; 8 Ob 130/13w; 5 Ob 40/12m). Diesem alleinigen Nutzungs- und Verfügungsrecht eines Miteigentümers steht § 828 ABGB, wonach kein Teilhaber einer gemeinsamen Sache bei Uneinigkeit der Miteigentümer Veränderungen vornehmen darf, nur dann entgegen, wenn eine Widmungsänderung oder ein Eingriff in die Substanz in die Rechtssphäre der übrigen Teilhaber vorliegt und deren wichtige Interessen berühren (5 Ob 23/16t; 5 Ob 73/14t; 8 Ob 130/13w; 5 Ob 7/13k; 5 Ob 40/12m; RIS-Justiz RS0013205; RS0013604). Widmungsänderungen sind, auch wenn sie die einzelnen Teilhabern zur Sondernutzung zugewiesenen Teile des Gemeinschaftsguts betreffen, als Veränderung in der Rechtssphäre der Anderen und Interessenberührung zu werten und daher ohne Zustimmung aller übrigen Mit- und Wohnungseigentümer (ohne Einstimmigkeit) unzulässig (5 Ob 174/02b = RIS-Justiz RS0013205 [T4]; zu Substanzveränderungen insbesondere durch Baumaßnahmen 5 Ob 7/13k; 8 Ob 130/13w; RIS-Justiz RS0013205 [T3, T8]). Die Notwendigkeit der Zustimmung aller übrigen Mit- und Wohnungseigentümer besteht aber erst dann, wenn der Miteigentümer tatsächlich eine (Widmungs-)Änderung seines Objekts vornimmt. Nur dann steht den anderen Mit- und Wohnungseigentümern ein Unterlassungsanspruch zu. Das Änderungsrecht des § 16 Abs 2 WEG betrifft nur Wohnungseigentümer, nicht aber auch schlichte Miteigentümer in sogenannten Mischhäusern (5 Ob 84/14k; RIS-Justiz RS0083174). Aufgrund der in dem Wohnungseigentumsvertrag getroffenen Vereinbarung, dass der Erst- und die Zweitbeklagte gleich Wohnungseigentümern (bzw Eigentümerpartnern) zur Nutzung des ihnen zugeordneten (wohnungseigentumstauglichen) Objekts berechtigt sind, war auf die Rechtsprechung zur Widmungsänderung iSd § 16 Abs 2 WEG zurückzugreifen. Nach dieser Rechtsprechung kann die Änderung eines in einem Geschäftslokal betriebenen Unternehmensgegenstands und seiner Betriebsform eine Widmungsänderung sein. Dabei ist die Widmung des betreffenden Objekts der beabsichtigten oder bereits tatsächlich erfolgten Verwendung gegenüberzustellen (5 Ob 160/17s; 5 Ob 117/16s; RIS-Justiz RS0101800 [T8]). Die Widmung richtet sich nach der (allenfalls konkludenten) privatrechtlichen Einigung der Mit- und Wohnungseigentümer (5 Ob 160/17s; RIS-Justiz RS0120725 [T1, T4]; RS0119528 [T4, T6]). Besteht keine spezifische Geschäftsraumwidmung, war also kein bestimmter Geschäftsbetrieb im Wohnungseigentumsobjekt Grundlage des Wohnungseigentumsvertrags, dann haben sich die Mit- und Wohnungseigentümer schon bei der Begründung des Wohnungseigentums grundsätzlich mit jeder Art der Verwendung des Geschäftslokals einverstanden erklärt (5 Ob 105/16a). Es kann im Verlauf der Zeit zwar zu Widmungsänderungen kommen, die ebenfalls eine – grundsätzlich auch konkludent mögliche – Willenseinigung aller Mit- und Wohnungseigentümer erfordert (5 Ob 160/17s; 5 Ob 105/16a; RIS-Justiz RS0120725 [T9], RS0114928 [T2, T3]). Im Wohnungseigentumsvertrag und der diesem zugrunde gelegten Nutzwertfestsetzung (Sachbeschluss des Außerstreitgerichts und Nutzwertgutachten) wurde Top Nr 1 – unspezifisch – als „Geschäftslokal“ gewidmet. Bis zum Ankauf des Hauses durch die Rechtsvorgänger des Erst- und der Zweitbeklagten 1991 wurden die Räumlichkeiten im Objekt als Bordell genutzt. Danach stand es leer oder wurde unter anderem an Tischler, einen Jugendclub, an den Betreiber eines Flüchtlingsprojekts und an ein Bauunternehmen vermietet. Vor diesem Hintergrund ist die Beurteilung der Vorinstanzen, der Betrieb eines Prostitutionslokals sei durch die bestehende – unspezifische – Geschäftsraumwidmung gedeckt und zulässig, jedenfalls vertretbar. Dass betreffend diese Widmung eine spätere (konkludente) Änderung (Einschränkung) erfolgt sei, konnte den getroffenen Feststellungen nicht entnommen werden. Die Verkehrsüblichkeit spielt als Auslegungskriterium für der Ermittlung des Inhalts einer privatrechtlichen Einigung der Mit- und Wohnungseigentümer über die Widmung eines Objekts zwar grundsätzlich auch bei der Beurteilung, ob eine vorgenommene oder beabsichtigte Änderung der Nutzung eines Objekts eine zustimmungs- bzw genehmigungspflichtige Widmungsänderung bewirkt, eine Rolle; im hier vorliegenden Fall einer unspezifischen Geschäftsraumwidmung tritt diese allerdings in den Hintergrund (vgl 5 Ob 105/16a = RIS-Justiz RS0119528 [T7]).

 

6 Ob 101/18y – Erforderlichkeit eines Gutachtens über den Bauzustand bei Einräumung von Wohnungseigentum an einem mehr als 20 Jahre alten Haus

Die Kläger erwarben von dem Beklagten im Jahr 2009 eine Wohnung in einem 1910 errichteten Haus. In der Eigentümerversammlung vom 21. 5. 2013 stellte sich heraus, dass in dem Haus möglicherweise zahlreiche Erhaltungsarbeiten mit Gesamtkosten von ca EUR 555.000,– durchzuführen sein werden. Den Klägern wurde anlässlich des Kaufs der Wohnung kein Gutachten über den Zustand des Hauses gemäß § 37 Abs 4 WEG übergeben. Der alterstypische Zustand des Hauses war den Klägern bekannt. Sie wussten jedoch nicht, dass Erhaltungsarbeiten anstehen, die erhebliche Kosten verursachen.

 

Gemäß § 37 Abs 4 WEG haben die Wohnungseigentumsorganisatoren vor oder mit der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum an Teilen eines Hauses, dessen Baubewilligung zum Zeitpunkt der Zusage älter als 20 Jahre ist, dem Wohnungseigentumsbewerber ein Gutachten über den Bauzustand der allgemeinen Teile des Hauses, insbesondere über in absehbarer Zeit (ungefähr zehn Jahre) notwendig werdende Erhaltungsarbeiten, zu übergeben. Das Gutachten darf zum Zeitpunkt der Zusage nicht älter als ein Jahr sein und ist in den Kaufvertrag über den Liegenschaftsanteil, an dem Wohnungseigentum erworben werden soll, einzubeziehen. Mit dieser Einbeziehung gilt der im Vertrag beschriebene Bauzustand als bedungene Eigenschaft im Sinne des § 922 Abs 1 ABGB; damit haftet der Wohnungseigentums-organisator bzw Verkäufer für den beschriebenen Bauzustand. Erfolgt keine Einbeziehung eines solchen Gutachtens in den Kaufvertrag, gilt ein Erhaltungszustand des Hauses als vereinbart, der in den nächsten zehn Jahren keine größeren Erhaltungsarbeiten erfordert (Feil/Friedl/Bayer, WEG § 37 Rz 22 mwN). Die Regelung des § 37 Abs 4 WEG ist vertraglich nicht abdingbar (§ 37 Abs 6 WEG).

 

5 Ob 115/18z – Liegt keine abweichende Vereinbarung vor, geht gemäß § 14 Abs 1 Z 1 WEG 2002 der Anteil eines Wohnungseigentumspartners nach dessen Tod unmittelbar unter Ausschluss des Erbwegs ins Eigentum des überlebenden Partners über, wenn dieser nicht innerhalb einer vom Verlassenschaftsgericht festzusetzenden angemessenen Frist entweder verzichtet oder sich mit den Erben auf den Übergang an eine andere Person einigt

Zwei Wohnungseigentumspartner waren Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum an einer Wohnung und einem Pkw-Abstellplatz. Zunächst verstarb der eine Wohnungseigentumspartner ohne eine letztwillige Verfügung zu hinterlassen. In dem Verlassenschaftsverfahren gab der einzige bekannte gesetzliche Erbe als Ehegatte weder eine Erbantrittserklärung noch eine Erklärung darüber ab, ob er den Eigentumsanteil seiner verstorbenen Gattin übernimmt oder darauf verzichtet. Das Verlassenschaftsgericht setzte keine Frist im Sinn des § 14 Abs 1 Z 2 WEG 2002. Das Verlassenschaftsverfahren wurde weder durch Einantwortung noch auf andere Weise beendet. Dann verstarb der andere Wohnungseigentumspartner ebenfalls ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung. Seine gesetzlichen Erben entschlugen sich des Erbrechts. Auch diese Verlassenschaft wurde bislang weder eingeantwortet noch auf andere Weise beendet. Für die Eigentumswohnung hafteten „Wohnungsvergütungsbeträge“ (Beiträge für Wohnbauförderung, Heizung, Instandhaltung, Verwaltung und Betriebskosten) unberichtigt aus. Die Klägerin begehrt – gestützt auf den Grundbuchstand, das grundbuchsrechtliche Publizitätsprinzip und die ihr bewilligte Klageanmerkung – von beiden Verlassenschaften die Zahlung dieser Wohnungsvergütungen zur ungeteilten Hand.

 

Liegt – wie hier – keine abweichende Vereinbarung vor, geht gemäß § 14 Abs 1 Z 1 WEG 2002 der Anteil eines Wohnungseigentumspartners nach dessen Tod unmittelbar unter Ausschluss des Erbwegs ins Eigentum des überlebenden Partners über, wenn dieser nicht (Z 2 leg cit) innerhalb einer vom Verlassenschaftsgericht festzusetzenden angemessenen Frist entweder verzichtet oder sich mit den Erben auf den Übergang an eine andere Person einigt. Nach der Rechtsprechung (5 Ob 65/06d; 5 Ob 97/11t; vgl auch RIS-Justiz RS0082946) und Lehre (Höllwerth in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 14 WEG Rz 14; Würth in Rummel3 § 14 WEG Rz 5; Feil/Friedl in Feil/Friedl/Bayer, WEG § 14 Rz 6) erfolgt der Übergang in das Eigentum des Partners außerbücherlich, es handelt sich dabei um ein wohnungseigentumsrechtliches Institut sui generis (ErlRV 989 BlgNR 21. GP 48; Kletečka, Die Eigentümerpartnerschaft nach dem WEG 2002, immolex 2002, 174; AichbergerBeig, Die Ehewohnung im Todesfall, EF-Z 2011, 44 [46]; Höllwerth in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 14 WEG Rz 7; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II23 § 14 WEG Rz 4; Mondel in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht2 § 14 WEG Rz 4). Geht der Anteil über, fällt er nicht in den Nachlass (Höllwerth in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 14 WEG Rz 11; Mondel in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht2 § 14 WEG Rz 4). Der Oberste Gerichtshof sprach ebenso bereits ausdrücklich aus (5 Ob 97/11t; vgl auch 2 Ob 204/17h; RIS-Justiz RS0082946), dass bis zum Ende der vom Verlassenschaftsgericht zu setzenden Frist der Eigentumsübergang durch Zuwachs auflösend bedingt ist. Diese Auffassung wird auch in der Lehre geteilt (Höllwerth in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 14 WEG Rz 16; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II23 § 14 WEG Rz 10; Mondel in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht2 § 14 WEG Rz 5).

Nur im Fall eines Verzichts oder einer entsprechenden Vereinbarung – also des Eintretens dieser Bedingung – käme es mit sachenrechtlicher ex tunc-Wirkung dazu, dass das Eigentum am halben Mindestanteil als zu keinem Zeitpunkt auf den überlebenden Partner übergegangen gelten würde (so auch Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II23 § 14 WEG Rz 10).

Ungeachtet des Umstands, dass § 14 Abs 1 Z 4 WEG 2002 dem überlebenden Partner am Anteil des Verstorbenen nur die Rechte eines Verwalters nach § 837 ABGB zuerkennt, ist für die Dauer des Schwebezustands bis zur Abgabe einer Verzichtserklärung des § 14 Abs 1 Z 1 WEG 2002 von einer Rechtsstellung des Überlebenden als auflösend bedingter Eigentümer unabhängig vom Grundbuchstand auszugehen, sodass bis zum Bedingungseintritt der Anteil am Mindestanteil nicht in die Verlassenschaft fällt.

Die Rechtsstellung des Anteilserwerbers aufgrund Akkreszenz im Sinn des § 14 Abs 1 WEG 2002 ist der des Erstehers im Zwangsversteigerungsverfahren vergleichbar. Da die eingeklagten Aufwendungen hier erst nach dem Zeitpunkt des Todes des ersten Wohnungseigentumspartners fällig geworden sind, ist eine Haftung von dessen Verlassenschaft aus denselben Erwägungen zu verneinen.

Die weitere Zulassungsfrage, ob der Tod des ursprünglich Überlebenden Einfluss auf den Schwebezustand für die Abgabe der Erklärung nach § 14 Abs 1 Z 1 WEG 2002 haben könne, war somit nicht entscheidungsrelevant. Unabhängig davon, ob man für die Frage der Passivlegitimation der Verlassenschaft des zuerst gestorbenen Wohnungseigentumspartners auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz abstellt oder aber im Sinn des § 234 ZPO (Irrelevanztheorie) diesbezüglich den Zeitpunkt der Streitanhängigkeit heranzieht (vgl RIS-Justiz RS0109183), hatte zu beiden Zeitpunkten die Verlassenschaft des zuerst verstorbenen Wohnungseigentumspartners ihr Eigentumsrecht am Mindestanteil bereits aufgrund Akkreszenz nach § 14 Abs 1 WEG 2002 – wenn auch auflösend bedingt – an die Verlassenschaft des später verstorbenen Wohnungseigentumspartner verloren.

 

5 Ob 45/18f – Voraussetzungen für die Zivil- oder Realteilung einer Liegenschaft

Der Kläger ist zu 3/8-Anteilen, der Beklagte zu 5/8-Anteilen Eigentümer einer Liegenschaft bestehend aus zwei Grundstücken. Im Grundbuch ist im A2-Blatt dieser Liegenschaft hinsichtlich der 5/8-Anteile des Beklagten ein Veräußerungs- und Belastungsverbot gemäß § 6 Abs 1 des (Vorarlberger) Gesetzes über die Förderung bäuerlicher Siedlung (Bäuerliches Siedlungsgesetz) eingetragen. Die Grundstücke stehen in Eigennutzung durch den Beklagten, der Vollerwerbslandwirt und hauptberuflich in seinem Landwirtschaftsbetrieb tätig ist. Er erwirtschaftet den Lebensunterhalt für sich und seine Familie aus der landwirtschaftlichen Arbeit und ihren Erträgen. Er rechnet damit, dass er die landwirtschaftliche Fläche für seinen Betrieb noch bis zu seiner Pension in sieben Jahren benötigt.

Die Gesamtfläche des einen Grundstücks beträgt 429 m², wobei 301 m² als Baufläche Wohngebiet und 128 m² als Freifläche Landwirtschaftsgebiet gewidmet sind. Die gegebene Breite des Grundstücks lässt unter Einhaltung der gesetzlich erforderlichen Bauabstände gemäß Vorarlberger Baugesetz keine eigenständige Bebauung für ein Wohngebäude zu. Die Gesamtfläche des anderen Grundstücks beträgt 13.567 m², wobei 12.843 m² als Freifläche Landwirtschaftsgebiet und 724 m² als forstwirtschaftlich genutzte Fläche (Wald) gewidmet sind. Beide Grundstücke sind wirtschaftlich selbständige Einheiten. Die jeweiligen Verkehrswerte der beiden Grundstücke und der Gesamtwert der Liegenschaft ändern sich bei einer Teilung oder Trennung dieser beiden Grundstücke nicht. Es ist allerdings nicht möglich, zwei gleichartige Liegenschaftsteile zu bilden. Der Kläger begehrte die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch Zivilteilung, in eventu durch Realteilung.

 

Der Anspruch eines Teilhabers einer Eigentumsgemeinschaft auf Aufhebung dieser Gemeinschaft nach § 830 zweiter Satz ABGB ist ein schuldrechtlicher, der wegen seines unbedingten Charakters in der Regel keiner Begründung aus der Interessenslage des Klägers bedarf (5 Ob 62/16b; RIS-Justiz RS0013246; RS0013247; RS0013249).

Der Anspruch eines Miteigentümers auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft und Teilung wird durch ein Veräußerungs- und Belastungsverbot, das auf einem Liegenschaftsanteil eines anderen Miteigentümers einverleibt ist, nicht berührt (RIS-Justiz RS0010778; RIS-Justiz RS0010783; vgl auch RS0012561 [fideikommissarische Substitution]). Dies gilt gleichermaßen auch für ein Veräußerungs- und Belastungsverbot gemäß § 6 Abs 1 des (Vorarlberger) Gesetzes über die Förderung bäuerlicher Siedlung (Bäuerliches Siedlungsgesetz). Nur ein auf der ganzen Liegenschaft zu Gunsten derselben Berechtigten einverleibtes Veräußerungsverbot ist ein Hindernis für die Bewilligung der Exekution nach § 352 EO zur Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft (RIS-Justiz RS0010778 [T2]; RS0010783 [T3]).

Dem unbedingten Aufhebungsanspruch sind nur durch die Teilungshindernisse der Unzeit und des Nachteils der übrigen Schranken gesetzt (5 Ob 62/16b; RIS-Justiz RS0013246 [T10]; RS0013249 [T4]). Unzeit ist ein objektiver außerhalb der Beteiligten bestehender und für alle Beteiligten in gleicher Weise wirkender Umstand, der die Teilung zwar nicht verhindert, aber zur gegebenen Zeit unzweckmäßig und für beide Teile schädigend macht (RIS-Justiz RS0013287 [T9, T12]). Der Nachteil der Übrigen bildet hingegen ein selbständiges Teilungshindernis, kraft dessen auch subjektiv einen Teilhaber betreffende Umstände berücksichtigt werden können (RIS-Justiz RS0013324). In beiden Fällen ist Voraussetzung der Anerkennung als Teilungshindernis, dass es sich um bloß vorübergehende Umstände handelt, die in Bälde wegfallen werden oder beseitigt werden können (RIS-Justiz RS0013287 [T13]; RS0013321). Es muss sich also um Nachteile handeln, die sich bei einem Aufschub der Teilung für eine absehbare Zeit vermeiden lassen (RIS-Justiz RS0013329). Dauernde oder nicht zu beseitigende Nachteile, die durch die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft unter allen Umständen eintreten müssen, die sohin nicht durch vorübergehende Umstände bedingt sind, können dem Teilungsbegehren nicht mit Erfolg entgegengesetzt werden (RIS-Justiz RS0013336). Teilungshindernisse müssen also vorübergehender Natur sein; es muss zu erwarten sein, dass sie in absehbarer Zeit wegfallen werden (RIS-Justiz RS0013336 [T6]). Der bis zu seiner möglichen Pensionierung im September 2024 andauernde Bedarf des Beklagten an der Landwirtschaftsfläche stellt keinen solchen bloß vorübergehenden Ausnahmezustand dar. Ein Aufschub von – bezogen auf den Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung – über 7 Jahren ist dem teilungswilligen Kläger nicht zumutbar (vgl RIS-Justiz RS0037920; RS0013246 [T2]).

Eine Zivilteilung kommt nur dann in Betracht, wenn eine Realteilung (Naturalteilung) nicht möglich ist. Ein Klagebegehren auf Zivilteilung ist daher abzuweisen, wenn eine Realteilung möglich ist (RIS-Justiz RS0013236). Realteilung ist regelmäßig dann möglich und tunlich, wenn die Sache (physisch und im Rechtssinn) geteilt werden kann, ohne dass es im Verhältnis der Summe der Einzelwerte zum Wert der ungeteilten Sache zu einer wesentlichen Wertminderung käme und die Sache zwischen den Teilhabern so aufgeteilt werden kann, dass die entstehenden Teile den Anteilen etwa gleichwertig und diese annähernd gleich beschaffen sind, ohne dass ein unverhältnismäßiger Wertausgleich notwendig wird (RIS-Justiz RS0013831 [T10]; RS0013856 [T11]; vgl auch RS0013829; RS0013854). Im Falle der Realteilung muss die gemeinsame Sache demnach nicht nur in annähernd gleichwertige, sondern auch gleichartige Teile zerlegt werden können (RIS-Justiz RS0013851 [T1]; RS0013854 [T6]). Durch eine Realteilung in der vom Beklagten vorgeschlagenen Form würden Teile mit einer völlig unterschiedlichen Beschaffenheit entstehen. Dieser Umstand und die festgestellte Unmöglichkeit, überhaupt zwei gleichartige Liegenschaftsteile zu bilden, stand daher einer Realteilung gegen den Willen des Klägers entgegen.

 

5 Ob 84/18s – Kein Gegenstand in einem Prozess über die Klage der Wohnungseigentümer auf Unterlassung oder Beseitigung rechtswidriger Änderungen sind bagatellhafte Umgestaltungen

Die Kläger sind Miteigentümer einer Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum an einer Wohnung samt Zubehör Kellerabteil und Garten. Die Beklagten sind ebenfalls Miteigentümer dieser Liegenschaft mit Wohnungseigentum an einer Wohnung samt Kellerabteil sowie Garten als Zubehör. Die Beklagten erwarben ihre Anteile vor den Klägern direkt von der Bauträgerin und Wohnungseigentumsorganisatorin. Die Idee der Bauträgerin war, das Umfeld so zu lassen wie es ursprünglich war, allerdings sollten die Wohnungseigentümer ihre zugehörigen Gärten bis zu einem gewissen Grad unter „gegenseitige Rücksichtnahme“ individuell gestalten können. Gleich nach Kauf ihrer Wohnung begannen die Beklagten mit Errichtung einer Steinmauer in ihrem Garten, dies mit Zustimmung der Bauträgerin. In weiterer Folge verlängerten die Beklagten diese Steinmauer weiter in Richtung des Gartens der Kläger und errichteten etwas später unter anderem einen Zaun. Die Kläger begehrten von den Beklagten die Beseitigung der von ihnen vorgenommenen Veränderungen und die Wiederherstellung des früheren Zustands und Unterlassung derartiger Änderungen.

 

Bereits die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Mit- und Wohnungseigentümer verpflichtet den Änderungswilligen, die Zustimmung aller anderen Miteigentümer oder die Genehmigung des Außerstreitrichters einzuholen. Tut er das nicht, nimmt er also Änderungen im Sinn des § 16 Abs 2 WEG ohne vorherige Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer und ohne Genehmigung des Außerstreitrichters vor, handelt er in unerlaubter Eigenmacht und kann im streitigen Rechtsweg petitorisch mit Klage nach § 523 ABGB zur Beseitigung der Änderung und Wiederherstellung des früheren Zustands sowie gegebenenfalls auf Unterlassung künftiger Änderungen verhalten werden (RIS-Justiz RS0083156; RS0005944). Im Prozess über die Klage auf Unterlassung oder Beseitigung rechtswidriger Änderungen ist nach herrschender Rechtsprechung auch des erkennenden Senats (5 Ob 73/14t = immolex 2015/16 [Klein]) die Genehmigungsbedürftigkeit, nicht aber die Genehmigungsfähigkeit der Änderung zu prüfen (RIS-Justiz RS0013665 [T15]; RS0083156 [T6, T14, T20]). Davon nicht erfasst sind lediglich nicht genehmigungsbedürftige Änderungen im Sinn von bagatellhaften Umgestaltungen (vgl RIS-Justiz RS0109247; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II²³ § 16 WEG Rz 12). Eine im Streitverfahren beachtliche, alle Wohnungseigentümer bindende Vereinbarung, die Gartenflächen in bestimmter Form zu belassen und zu gestalten, lag nach Ansicht des Gerichts in diesem Fall nicht vor. Die Einzäunung wurde als keine dauerhafte Substanzveränderung befunden (siehe ua 5 Ob 25/13g = immolex 2013/99 [Prader]). Da die Begründung von Zubehörwohnungseigentum nur an deutlich abgegrenzten Teilen einer Liegenschaft zulässig ist, würde eine völlig offene Gartengestaltung sämtlicher im Zubehörwohnungseigentum stehender Hausgärten ohne jegliche sinnlich wahrnehmbare Abgrenzung dieser Definition des Zubehörwohnungseigentums widersprechen. Ob mit der Errichtung der Steinmauer ursprünglich eine gewisse Substanzveränderung des Hausgartens verbunden war, bedurfte keiner weiteren Erörterung. Da die Beklagten bei der ursprünglichen Errichtung der Steinmauer über eine Zustimmung der Bauträgerin verfügten, die damals Eigentümerin aller anderen Miteigentumsanteile war, bedurften sie insoweit keiner Genehmigung des Außerstreitgerichts. Unter Berücksichtigung dieses Umstands war nicht zu beanstanden, die bloße Verlängerung dieser Steinmauer in Richtung des Gartens der Kläger – in nicht näher festgestelltem Ausmaß – als nicht wesentlich substanzverändernd, somit als bagatellhaft und nicht genehmigungsbedürftig zu werten.

 

4 Ob 133/18i – Die Notwendigkeit einer Auflösungserklärung gegen einen unbedingten Endtermin spricht gegen das Wesen einer Befristungsvereinbarung

In einem nach dem 31.12.1967 ohne die Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichteten Haus wurden von der Mieterin Geschäftsräume angemietet. In dem Mietvertrag wurde vereinbart, dass das Mietverhältnis beginnend mit 1. August 1996 auf die Dauer von drei Jahren abgeschlossen wird, der Mietvertrag von beiden Teilen unter Einhaltung einer halbjährigen Kündigungsfrist zum Ende des Kalendermonats gerichtlich aufgekündigt werden kann und wenn der Mietvertrag zum Ablauf nicht gekündigt wird, sich jeweils auf weitere drei Jahre verlängert.

Im Jänner 2017 teilte die Klägerin der Beklagten schriftlich mit, dass keine weitere Verlängerung des Bestandvertrags stattfindet und dieser zum 31. Juli 2017 endet und kündigte das Mietverhältnis gleichzeitig mit Schriftsatz gerichtlich auf. Die aktuelle Befristung ende mit 31. Juli 2017; die Aufkündigung diene ausschließlich der Verhinderung einer weiteren Verlängerung des Bestandverhältnisses, weshalb ein Kündigungsgrund nach § 30 MRG nicht erforderlich sei. Sie könne sich allerdings auch auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 13 MRG stützen, weil die beabsichtigte Mitteilung von der Nichtverlängerung des Mietvertrags als Kündigungsgrund vereinbart worden sei.

Auf das Mietverhältnis gelangt das Mietrechtsgesetz in der Fassung vor der Wohnrechtsnovelle 2000 § 29 Abs 1 leg cit zur Anwendung. Danach wird ein Mietvertrag über einen – nach dem 31. Dezember 1967 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichteten – Mietgegenstand durch Zeitablauf aufgelöst, wenn schriftlich vereinbart wurde, dass er durch Ablauf der bedungenen Zeit ohne Kündigung erlischt. Nach allgemeinen Grundsätzen endet ein befristeter Vertrag, wenn die Befristung zulässig ist, grundsätzlich automatisch mit dem Ablauf der Zeit, für die er abgeschlossen wurde, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Durch Vereinbarung kann auch ein befristeter Vertrag mit einer vorzeitigen ordentlichen Kündigungsmöglichkeit kombiniert werden. Die ordentliche Kündigung eines befristeten Vertrags ist daher grundsätzlich nur dann zulässig, wenn eine zusätzliche Kündigungsmöglichkeit zu einem früheren Termin wirksam vereinbart wurde.

Gemäß § 29 Abs 1 Z 3 MRG muss in einem solchen Fall die Befristung eines Mietvertrags (seit der WRN 2000 gilt dies nur für Wohnungsmietverträge) schriftlich sowie mit unbedingtem, datumsmäßig feststehendem Endtermin vereinbart werden. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so ist die Befristung nicht durchsetzbar und gilt der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen; der Mietvertrag kann vom Vermieter nur unter sinngemäßer Anwendung der spezialgesetzlichen Kündigungsvorschriften beendet werden (Lovrek in Rummel/Lukas4 § 1115 ABGB Rz 6 und 20; Riss in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 1115 Rz 8). In diesem Fall ist keine einmalige Verlängerung des Mietvertrags um eine festgelegte Dauer bis zu einem datumsmäßig klar bestimmbaren Endtermin vorgesehen, noch der späteste Endtermin (klar) bestimmt worden, zu dem der Mietvertrag jedenfalls endet. Vielmehr verlängert sich der Mietvertrag „jeweils“, also immer wieder auf weitere drei Jahre, wenn er nicht rechtzeitig (vor Ablauf) gekündigt wird. Dabei handelt es sich um eine nach der Entscheidung zu 7 Ob 85/99x für einen unbedingten Endtermin unzulässige Formulierung. Die hier zu beurteilende „Verlängerungsoption“ entspricht daher nicht den Anforderungen an einen unbedingten Endtermin im Sinn des § 29 MRG und ist nach dieser Gesetzesbestimmung daher unwirksam. Darüber hinaus war für die Beendigung des Mietvertrags nach der hier zu beurteilenden Vertragsklausel eine „Kündigung“, also eine einseitige rechtsgestaltende Erklärung erforderlich, die auf die Auflösung des Mietverhältnisses gerichtet ist. Ein derartiges Kündigungserfordernis (zum Endtermin) sei mit einer Befristung nach § 29 MRG nicht in Einklang zu bringen.

Das weitere Argument der Klägerin, dass die Vertragsklausel „wenn der Mietvertrag zum Ablauf nicht gekündigt wird, verlängert er sich jeweils auf weitere drei Jahre“ einen Kündigungsgrund im Sinn des § 30 Abs 2 Z 13 MRG bilde, ist nicht stichhaltig. Bei einem vereinbarten Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG muss die als Kündigungsgrund angegebene Tatsache bestimmt bezeichnet und für den Vermieter objektiv wichtig und bedeutsam sein sowie den wichtigen Kündigungsgründen für den Hauptmieter insgesamt nahekommen (RIS-Justiz RS0070752; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 § 30 MRG Rz 59 f). Bei einer Nichtverlängerungserklärung handelt es sich um keinen objektiv wichtigen und bedeutsamen Grund für die Auflösung eines – in Wahrheit unbefristeten – Mietverhältnisses. Die Unzulässigkeit der Befristungsvereinbarung kann nicht unter Heranziehung des § 30 Abs 2 Z 13 MRG umgangen werden.

Außerstreitiges Recht

5 Ob 179/17k – Zur Abrechnungs- und Herausgabepflicht des Verwalters bei Beendigung eines Verwaltungsvertrags

Bei Beendigung eines Verwaltungsvertrags hat der Verwalter ohne Verzug über die Rücklage Rechnung zu legen und den Überschuss an den neuen Verwalter oder bei Fehlen eines solchen an die Eigentümergemeinschaft herauszugeben (§ 31 Abs 3 WEG). In Bezug auf die in § 31 Abs 3 WEG festgelegte besondere Abrechnungs- und Herausgabepflicht des Verwalters ist die Betrachtung der Rücklage als das der Deckung von Aufwendungen dienende Gesamtvermögen der Eigentümergemeinschaft geboten, weil nur damit gewährleistet ist, dass sämtliche Geldmittel der Eigentümergemeinschaft von der Verpflichtung zur Abrechnung und Herausgabe an die Eigentümergemeinschaft oder den neuen Verwalter umfasst sind (E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, WEG4 § 31 WEG Rz 20). Die Amtswegigkeit ist im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren eingeschränkt (RIS-Justiz RS0083783; RS0029344; RS0070480; RS0069653).

Im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 6 WEG iVm § 31 Abs 3 WEG bezieht sich die Amtswegigkeit demnach nur auf die von der Eigentümergemeinschaft geltend gemachten Abrechnungsmängel. Der Prüfumfang des Gerichts hat sich auf diese zu beschränken. Es bedarf daher eines konkreten Vorbringens, aus welchen Gründen die Abrechnung formell mangelhaft oder inhaltlich unrichtig sein soll (vgl RIS-Justiz RS0083560). Fehlt es an einem ausreichenden Vorbringen in erster Instanz, steht diesem im Rechtsmittelverfahren das im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren geltende Neuerungsverbot (§ 37 Abs 3 Z 14 MRG) entgegen.

5 Ob 37/18d – Wirkung eines konstitutiven Anerkenntnisses

In dem Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit der Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 2 MRG bestritt die Vermieterin die Wirksamkeit des Eintritts der Mieterin in das Hauptmietverhältnis. Mangels Unternehmensveräußerung lägen die Voraussetzungen für einen Mietrechtsübergang nach § 12a MRG nicht vor. Das Erhöhungsbegehren habe sie – zur Vermeidung eines Anspruchsverlusts – aufschiebend bedingt für den Fall gestellt, dass tatsächlich ein Mietrechtsübergang stattgefunden habe.

Das Rekursgericht qualifizierte die Vorschreibung und Annahme des unter Berufung auf das Anhebungsrecht nach § 12a MRG erhöhten Hauptmietzinses als Anerkenntnis des von der Mieterin behaupteten Eintritts in das Mietverhältnis. Die Vermieterin habe ihr Erhöhungsbegehren unbedingt erhoben. Durch ein konstitutives Anerkenntnis wird eine bisherige (zwischen den Parteien des Schuldverhältnisses bestehende) Unsicherheit endgültig beseitigt; es bleibt auch gültig, wenn später eindeutig nachweisbar ist, was im Zeitpunkt des Anerkenntnisses noch strittig oder unsicher war. Das Anerkenntnis entfaltet somit wie ein Vergleich eine Bereinigungswirkung (7 Ob 105/01v; RIS-Justiz RS0110121). Der Revisionsrekurs war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

5 Ob 66/18v – Zur Unbrauchbarkeit einer Wohnung wegen Mängeln der elektrischen Anlage

Der Antragsteller war seit Ende 2014 Mieter der Wohnung. Er beantragte am Anfang März 2015 bei der Schlichtungsstelle die Überprüfung des Hauptmietzinses und Durchführung von Erhaltungsarbeiten unter anderem betreffend Elektroinstallationen mit der Behauptung, diese entsprächen nicht den Vorgaben des § 7a ETV, der Fehlerstrom-Schutzschalter sei gesundheitsgefährdend. Die Sanierung der Elektroinstallation koste zumindest 6.000 EUR. Die Wohnung sei daher in Kategorie D einzustufen, jedenfalls sei ein Abschlag von 35 % bis 40 % im Vergleich zur Normwohnung gerechtfertigt. Der Antragsteller habe die Mängel im Antrag an die Schlichtungsstelle gerügt, eine Sanierung sei erst am Ende November 2015, somit nicht innerhalb angemessener Frist, erfolgt.

Gemäß § 15a Abs 1 Z 1 MRG hat eine Wohnung die Ausstattungskategorie A, wenn sie in brauchbarem Zustand ist, ihre Nutzfläche mindestens 30 m² beträgt, die Wohnung zumindest aus Zimmer, Küche (Kochnische), Vorraum, Klosett und einer dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit (Baderaum oder Badenische) besteht und über eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage oder eine Etagenheizung oder eine gleichwertige stationäre Heizung und über eine Warmwasseraufbereitung verfügt. Gemäß § 15a Abs 2 MRG richtet sich die Ausstattungskategorie nach Abs 1 nach dem Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags. Ist zu diesem Zeitpunkt die Wohnung oder ein Ausstattungsmerkmal nicht brauchbar oder entspricht eine Badegelegenheit nicht dem zeitgemäßen Standard, so ist dies für die Einstufung der Wohnung im Kategoriesystem nur zu berücksichtigen, wenn der Mieter die Unbrauchbarkeit oder das Fehlen des zeitgemäßen Standards dem Vermieter angezeigt und dieser den Mangel nicht in angemessener Frist, höchstens aber binnen dreier Monate ab Zugang der Anzeige, behoben hat. Die (maximal) dreimonatige Frist des § 15a Abs 2 dritter Satz MRG wurde hier nach den Feststellungen spätestens durch Zustellung des inhaltlich konkretisierten Schlichtungsstellenantrags des Antragstellers an den Antragsgegner im März 2015 ausgelöst, der Antragsgegner reagierte darauf aber erstmals im Juli 2015, also als die dreimonatige Frist bereits abgelaufen war. Eine Wohnung ist nur dann in eine höhere Kategorie als D einzustufen, wenn sie sich – bezogen auf den Zeitpunkt der Vermietung – in einem brauchbaren Zustand befindet und dies voraussetzt, dass sie zum sofortigen Bewohnen geeignet ist, also keine gröberen, die Benützung behindernden Mängel aufweist und die vorgesehenen oder ortsüblichen Energieanschlüsse gefahrfrei zu verwenden sind (RIS-Justiz RS0069887). Die Gefährlichkeit einer elektrischen Anlage, insbesondere als Folge des Fehlens einer Schutzleiterinstallation, hindert die Brauchbarkeit einer Wohnung, wenn dieser Mangel nicht mit relativ einfachen Maßnahmen ohne größere Aufwendungen beseitigt werden kann (5 Ob 102/14g = wobl 2017/128 unter Hinweis auf 5 Ob 255/98f; 5 Ob 279/98k; 5 Ob 304/01v; vgl auch RIS-Justiz RS0070135). Voraussetzung der Unbrauchbarkeit einer Wohnung wegen Mängeln der elektrischen Anlage ist auch nach Inkrafttreten des § 7a ETV 2002 eine von dieser Anlage ausgehende Gefährlichkeit. Der Umstand, dass die Anlage im Sinn des § 7a ETV 2002 nicht dem ETG entspricht oder der Vermieter seiner Dokumentationspflicht insoweit nicht nachgekommen ist, lässt diese Gefährlichkeit vermuten. Dem Vermieter steht es offen, im Einzelfall zu beweisen, dass von der Anlage keine Gefährdung ausgeht. Auf das Kriterium der älteren Rechtsprechung, dass die Mängel der Anlage solche sein müssten, die den Energieversorger im Sinn des § 9 Abs 4 ETG verpflichten, die Anlage sofort abzustellen, ist seit Inkrafttreten des § 7a ETV 2002 nicht mehr abzustellen.

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Oktober 2018

WMWP Rechtsanwälte GmbH