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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Mai 2023

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

 

 


Streitiges Recht

2 Ob 13/23k – Nachteiliger Gebrauch aufgrund unsachgemäßen Einbaus einer Duschtasse?

Ein erheblich nachteiliger Gebrauch vom Mietgegenstand iSd § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG und des gleichlautenden Vertragsaufhebungsgrundes nach § 1118 erster Fall ABGB liegt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht (RS0020940 [T6]; RS0067832; RS0068076; RS0102020; RS0067939), oder wenn durch das nachteilige Verhalten des Mieters wichtige wirtschaftliche oder persönliche Interessen des Vermieters oder der anderen Mieter gefährdet werden (RS0020940 [T11]; RS0021031; RS0070348).

§ 30 Abs 2 Z 3 MRG und § 1118 erster Fall ABGB sollen die Möglichkeit für die Auflösung des Bestandverhältnisses bieten, weil das für sein Weiterbestehen erforderliche Vertrauen weggefallen ist. Grundlage für einen Auflösungsanspruch ist ein vertragswidriges Verhalten. Der Mieter muss sich also so verhalten haben, dass er nicht mehr vertrauenswürdig ist (RS0020867). Ein Verschulden des Mieters ist nicht erforderlich; es genügt, dass sich der Mieter des nachteiligen Verhaltens bewusst war oder bewusst sein musste, wobei der Maßstab eines durchschnittlichen Mieters zugrunde zu legen ist (RS0020981; RS0067957 [T5]; RS0070243 [T1]; RS0070433 [T1, T5]; RS0020867).

Die bloß fehlende Einarbeitung eines Dichtbandes zwischen Boden und Wand im Duschbereich durch einen nur für Heizungs- und Luft-, nicht aber für Kalt- und Warmwasserinstallationen befugten Gewerbsmann stellte, bei sonst fachgerechter Ausführung der – zuvor gar nicht vorhandenen – Feuchtigkeitsisolierung und (daher) fehlender Gefährdung der Substanz des Hauses, keinen erheblich nachteiligen Gebrauch dar. Dass der vom Beklagten mit den Arbeiten beauftragte – auch Installateure beschäftigende und seit dreißig Jahren vergleichbare Arbeiten ausführende – Gewerbsmann, über keine einschlägige Gewerbeberechtigung verfügt, war dem Beklagten, der von einem Installateur-Gewerbe ausging, nicht bewusst und hätte ihm nach im konkreten Fall auch nicht auffallen müssen. Weiters hat die vom Beklagten unterlassene Bauanzeige bzw Einholung einer Baubewilligung sowie der allfällige Verstoß gegen bautechnische Normen (nur) im Zusammenhang mit der Verwendung des Dichtbandes zu keiner schwerwiegenden Beeinträchtigung der Interessen der Klägerin geführt, weil schon der Zustand vor den Arbeiten bei Anmietung nicht dem Baukonsens entsprochen hat und der Zustand der Wohnung überdies verbessert worden ist.

3 Ob 198/22x – Überlassung eines als Hauptwohnsitz genutzten Hauses in einer Kleingartensiedlung

Die Klägerin errichtete auf der Parzelle ein Kleingartenhaus, das sie als Hauptwohnsitz nutzt. In den letzten Jahren organisierte sie ihre Reisen und Urlaube in der Form, dass sie ihr Kleingartenhaus auf einer Internetplattform inserierte und zum Tausch anbot. Sie führte seit 2008 schon über 30 Mal einen solchen Haustausch durch.

Die Klägerin begehrt sodann die Feststellung, dass sie berechtigt sei, das Haus auf der von ihr in Unterpacht genommenen Parzelle Dritten über die genannte Ferienwohnungstauschplattform für registrierte Mitglieder als Gäste zur Nutzung – hilfsweise: während ihrer gleichzeitigen Anwesenheit – zur Verfügung zu stellen, sofern sie im Gegenzug kein gesondertes Entgelt beziehe und das Ausmaß der Zurverfügungstellung des Objekts im Einzelnen den Umfang von vier Wochen am Stück und insgesamt den Umfang von zweieinhalb Monaten pro Jahr nicht überschreite.

Der Klägerin kann nicht verwehrt werden, Verwandte oder Freunde als Gäste vorübergehend bei sich aufzunehmen oder sie – etwa für den Fall einer urlaubsbedingten Abwesenheit – mit der Betreuung des Gartens zu beauftragen. Dies ergibt sich bereits aus der Zulässigkeit der Nutzung des Pachtgegenstands als Hauptwohnsitz, weil zum Wohnen auch gehört, Gäste empfangen zu dürfen. Überdies normiert § 12 KlGG in seinem Abs 3, dass bestimmte Verhaltensweisen von den, den Kleingarten besuchenden Personen, grundsätzlich dem Kleingärtner selbst als Kündigungsgrund zugerechnet werden, woraus sich ergibt, dass es zulässig ist, im Kleingarten Besuche zu empfangen. Dass (selbstverständlich) insbesondere Familienangehörige und Lebenspartner des Kleingärtners bei der Bewirtschaftung des Kleingartens mitwirken (und auch in einem auf der Parzelle errichteten Haus wohnen) dürfen, lässt sich zwanglos aus dem in § 15 KlGG für den Fall des Todes des Unterpächters normierten Eintrittsrecht des Ehegatten, von Verwandten in gerader Linie oder Wahlkindern des Verstorbenen oder einer (jeder) anderen Person, die an der Bewirtschaftung des Kleingartens in den letzten fünf Jahren maßgeblich mitgewirkt hat, ableiten.

Eine – auf einem auch die Klägerin bindenden Vertrag basierende, also nicht bloß prekaristische – Bereitstellung des Objekts für den Urlaub anderer (fremder) Personen, wie sie die Klägerin in der Vergangenheit regelmäßig praktiziert hat, ist hingegen jedenfalls als „Überlassung“ im Sinn von Punkt 5.1. des Bestandvertrags zu qualifizieren. Dass es sich dabei, wie die Klägerin betont, um keine erwerbsmäßige Nutzung des Kleingartens handle, ist nach dem klaren Wortlaut dieser Vertragsbestimmung ohne Relevanz. Entscheidend ist vielmehr, dass der Kleingarten gemäß § 1 Abs 1 KlGG der nicht erwerbsmäßigen Nutzung (gemeint: durch den Kleingärtner und seine Familie) oder der Erholung dient; diesem Zweck sind auch die Pachtbeschränkungen des § 3 Abs 1 und 3 KlGG und die Kündigungsgründe des § 12 Abs 2 lit d und 3 KlGG geschuldet. Die Konstruktion der Kleingartennutzung über General- und Unterpachtverträge dient der bekannten persönlichen Struktur dieser Siedlungen, die gegen eine Überlassung an fremde Dritte spricht, wie sie die Klägerin praktiziert und weiter beabsichtigt. Der im Feststellungsbegehren näher umschriebene Wohnungstausch über die Plattform widerspricht somit Punkt 5.1. des Bestandvertrags. Dabei kommt es, weil auch die teilweise Überlassung nicht gestattet ist, nicht darauf an, ob die Klägerin gleichzeitig mit den Gästen in ihrem Haus anwesend ist oder nicht.

4 Ob 24/23t – Wann ist der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 2.Fall MRG verwirklicht?

Der Kläger kündigte das Mietverhältnis auf, da die vermietete Wohnung durch Überlassung an einen Untermieter gegen eine im Vergleich zum Hauptmietzins unverhältnismäßig hohe Gegenleistung vermietet worden sei (§ 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG).

Ein den Hauptmietzins um 60 bis 70 % übersteigender Untermietzins wird von der Rechtsprechung regelmäßig als nicht übermäßig qualifiziert (RS0068141 [T16]), während eine Überschreitung um 100 % oder mehr als jedenfalls unverhältnismäßig angesehen wird (RS0068141 [T19]). In diesem Fall konnte unter Berücksichtigung der von der Beklagten in das Bestandobjekt getätigten Investitionen, sowie unter Berücksichtigung auch der Verzinsung der getätigten Investitionen, der Tragung der Energie- und der Internetkosten durch die Beklagte sowie der mitvermieteten Einrichtungsgegenstände und des vereinbarten Mitbenützungsrechts des Untermieters an den nicht untervermieteten Wohnungsteilen von einer Überschreitung des Hauptmietzinses von nicht mehr 20 % ausgegangen werden.

4 Ob 224/22b – Zur Nichtigkeit eines Räumungsvergleichs

Die Parteien schlossen im Jahr 2017 „zur Sicherheit“ einen gerichtlichen Räumungsvergleich ab, laut dem die Klägerin dem Beklagten das Bestandobjekt bis spätestens 31. 10. 2022 geräumt übergeben soll. Auch in den Jahren 1997, 2002, 2007 und 2012 hatten die Parteien schon Räumungsvergleiche abgeschlossen.

Ein Mietverhältnis kann auch mit Kündigungsschutz nach § 29 MRG einvernehmlich aufgelöst werden – nach den Umständen des Einzelfalls allenfalls auch konkludent durch Abschluss eines entsprechenden Räumungsvergleichs (vgl RS0113485). Dies war jedoch nach den Feststellungen hier gerade nicht der Fall. Vielmehr schlossen die Parteien des Bestandverhältnisses alle fünf Jahre „zur Sicherheit“ (des Vermieters) Räumungsvergleiche, ohne dass diese eine Beendigung des Mietverhältnisses nach sich gezogen hätten. Mit dieser Vorgangsweise, regelmäßig alle fünf Jahre einen Räumungsvergleich zu schließen, ohne dass dem jeweils ein tatsächlicher Wille auf Beendigung des Bestandverhältnisses zugrunde gelegen wäre, sollten die gesetzlichen Bestimmungen über die Befristung von Bestandverhältnissen und den Kündigungsschutz umgangen werden. Dadurch wurde dem Vermieter im Wesentlichen ein – gesetzlich gerade nicht vorgesehenes – Gestaltungsrecht eingeräumt, das Bestandverhältnis einseitig zu beenden, indem trotz unbefristeten Bestandverhältnisses, durch periodischen Abschluss von Räumungsvergleichen dem Vermieter im Ergebnis ein mit dem gesetzlichen Kündigungsschutz nicht zu vereinbarendes einseitiges Beendigungsrecht verschafft werden sollte.

5 Ob 132/22f – Zum Ausschluss eines Wohnungseigentümers aus der WEG

Ein Wohnungseigentümer ist auf Klage der Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer aus der Gemeinschaft auszuschließen, wenn er seinen Pflichten aus der Gemeinschaft nicht nachkommt, insbesondere die ihm obliegenden Zahlungen auch nicht bis zum Schluss der dem erstinstanzlichen Urteil vorangehenden Verhandlung leistet (§ 36 Abs 1 Z 1 WEG).  Für den Ausschließungstatbestand der Nichterfüllung von Pflichten aus der Gemeinschaft insbesondere durch Nichtleistung der obliegenden Zahlungen genügt der objektive Verzug; Verschulden ist nicht erforderlich (8 Ob 527/77 MietSlg 29.515/29; RIS-Justiz RS0083065). Zahlt der beklagte Wohnungseigentümer bis zum Schluss der Verhandlung, so ist die Klage – im Gegensatz zu § 33 Abs 2 und 3 MRG – auch dann abzuweisen, wenn ihn ein grobes Verschulden am Rückstand trifft.

Die gerichtliche Hinterlegung nach § 1425 ABGB befreit, wenn sie rechtmäßig geschehen und dem Gläubiger bekannt gemacht worden ist, den Schuldner von seiner Verbindlichkeit. Sie ist damit auf die Schuldbefreiung des Erlegers gerichtet (RS0033640 [T3]) und soll dem leistungsbereiten Schuldner, der sich aus wichtigen Gründen nicht von seiner Schuld befreien kann, als Erfüllungssurrogat dienen (RS0033636 [T6]).

5 Ob 220/22x – Vereinbarungen oder Vorbehalte, die geeignet sind, die dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder unbillig zu beschränken, sind rechtsunwirksam

Rechtsfrage in diesem Fall war, ob ein Wohnungseigentumsorganisator zu einem Zeitpunkt, in dem Wohnungseigentum in Vorbereitung, aber noch nicht begründet bzw im Grundbuch angemerkt ist, mit einem Altmieter einer Wohnungseigentumseinheit zu dessen Gunsten Vereinbarungen treffen kann, die nach Begründung von Wohnungseigentum bzw Anmerkung des Wohnungseigentums im Grundbuch nicht § 38 WEG unterliegen.

Gemäß § 38 Abs 1 WEG 2002 sind Vereinbarungen oder Vorbehalte, die geeignet sind, die dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder unbillig zu beschränken, rechtsunwirksam. Dazu zählen insbesondere (Z 1) von Wohnungseigentumsorganisatoren vereinbarte Mietverträge oder Nutzungsvorbehalte über Teile der Liegenschaft, die sich nur als Zubehörobjekte iSd § 2 Abs 3 WEG eignen oder an denen Wohnungseigentum nicht bestehen kann. Dies betrifft insbesondere allgemeine Teile der Liegenschaft nach § 3 Abs 3 WEG 2002. Die Geltendmachung der Rechtsunwirksamkeit von Mietverträgen und Nutzungsvorbehalten nach § 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002 steht jedem Wohnungseigentumsbewerber und auch jedem späteren Wohnungseigentümer zu (RIS-Justiz RS0083427). § 38 Abs 1 WEG kommt – die Bestimmung unterscheidet nicht – auch bei nachträglicher Wohnungseigentumsbegründung an einem bereits bezogenen Gebäude zur Anwendung. § 38 Abs 1 WEG bezieht sich nur auf unbillige Aufhebungen oder Beschränkungen, die ein Wohnungseigentumsbewerber bei Gleichgewicht der Vertragslage nicht auf sich nehmen würde (RS0083371).

Hier diente die Vereinbarung zwischen der 12.-Klägerin und der Beklagten jedenfalls nicht dem – nicht verpönten – Zweck, schon zuvor bestehende Nutzungsrechte der Mieterin an allgemeinen Teilen in entsprechende Rechte nach dem WEG 2002 umzuwandeln. Dass die alleinigen Nutzungsrechte an sie im Stadium der Wohnungseigentumsbegründung eingeräumt wurden, ließ sich dem Sachverhalt eindeutig entnehmen, zumal sie den Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag zum Erwerb ihres Objekts bereits vor Abschluss der Vereinbarung mit der 12.-Klägerin abgeschlossen hatte. Dass diese daher nicht nur als Vermieterin, sondern als Wohnungseigentumsorganisatorin handelte, ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der Beklagten bewusst war, dass sie die Zustimmung weiterer Wohnungseigentumsbewerber einholen werde müssen und dass der Vertreter der 12.-Klägerin sie darauf – wenn auch rechtlich unpräzise – hinwies. Dass die Beschränkungen des § 38 Abs 1 WEG 2002 erst gelten, nachdem eine Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 erfolgte, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen, das nur die Wohnungseigentumsorganisatoren- und -bewerbereigenschaft verlangt. Auf die Anmerkung abzustellen, würde im Übrigen die Umgehung des § 38 Abs 1 WEG 2002 wesentlich erleichtern, was Sinn und Zweck dieser Bestimmung widerspricht.

Dass die Einräumung eines unentgeltlichen Nutzungsrechts an allgemeinen Teilen wie dem Dach und dem Schutzraum hier § 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002 unterliegt, ist keine Fehlbeurteilung. Abgesehen von der Unentgeltlichkeit der Nutzung kann eine unbillige Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer durchaus aus der Widmung des nun als Pellets-Lager verwendeten Kellerraums als Schutzraum und damit allgemeinen Teil abgeleitet werden – dies unabhängig davon, ob die Bgld Schutzraumverordnung LGBl 27/1985 (vgl § 1 leg cit) eine baubehördliche Verpflichtung zu dessen Errichtung vorsieht oder nicht.

7 Ob 8/23m – Beweispflicht des Klägers für das Vorliegen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG

Der Kläger als Vermieter brachte gegen die Beklagte als Mieterin eine Aufkündigung aus dem im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG vereinbarten wichtigen Kündigungsgrund des Verkaufs des klagegegenständlichen Hauses ein, wogegen die Mieterin Einwendungen erhob. Gemäß § 33 Abs 1 MRG, wird die Beweislast für das Vorliegen des Kündigungsgrundes dem Vermieter zugewiesen.

Außerstreitiges Recht

5 Ob 9/23 v – Keine Parallelverwaltung nach dem WEG

Eine Parallelverwaltung im Fall eines bestellten Fremdverwalters ist unzulässig (5 Ob 39/22d; 5 Ob 194/16i; 5 Ob 82/12p). Die Bestellung mehrerer Verwalter ist dem Konzept des WEG fremd, das Vertretungsmonopol kommt dem bestellten Verwalter zu (Painsi in GeKo Wohnrecht II § 18 WEG Rz 77 f; Schatzl/Spruzina aaO § 19 WEG Rz 7).

5 Ob 32/22 z – Die Beauftragung von Ziviltechnikern, gutachterlich abzuklären, ob der in natura errichtete Wohnhausbau aufgrund seiner Abweichungen vom Baukonsens, die auf einer Bauführung vor Existenz der Eigentümergemeinschaft beruht, baurechtlich überhaupt bewilligungsfähig ist, ist keine Maßnahme der Verwaltung nach § 18 Abs 1 WEG

Die Eigentümergemeinschaft besitzt nur für den Bereich der Verwaltung Rechtsfähigkeit (§ 18 Abs 1 Satz 1 WEG; RS0108020). Rechtsgeschäfte, die der Verwalter namens der Eigentümergemeinschaft abschließt, die aber nicht der Liegenschaftsverwaltung zugerechnet werden können, begründen einen (unheilbar) nichtigen Akt (H. Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 18 Rz 26 mwN; vgl auch Schauer in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht3 § 18 WEG Rz 3; 5 Ob 181/03h; 5 Ob 226/14t [Pkt 3.3.1]). Verwaltungshandlungen zielen darauf ab, gemeinschaftliche Pflichten zu erfüllen oder gemeinschaftliche Interessen bei der Nutzung und Erhaltung des Gemeinschaftsguts wahrzunehmen (RS0109188 [T12]). Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie gemeinschaftliches Vorgehen erfordern, weil es um Interessen aller geht (RS0109188 [T3]). Zur Verwaltung gehört daher alles, was gemeinschaftliche Interessen bei der Nutzung und Erhaltung des Gemeinschaftsguts beeinträchtigen könnte; eine Verfügung greift demgegenüber in die Substanz der Gemeinschafts- oder Anteilsrechte ein (dazu RS0109188).

Für die Frage, ob der Auftrag zur Einholung der beiden ziviltechnischen Gutachten eine Maßnahme der Verwaltung gemäß § 18 Abs 1 WEG ist, sodass die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft gegeben ist und die Beauftragung in ihrem Namen erfolgen konnte, ist damit der Gegenstand des Bauverfahrens entscheidend. Gutachten betreffend die Frage, ob das Wohnhaus in seiner tatsächlichen Ausführung bewilligungsfähig ist, sind allenfalls der Sach- oder Anteilsverfügung, keinesfalls aber der Verwaltung gemäß § 18 Abs 1 WEG zuzuordnen. Kosten von Verfügungsmaßnahmen fallen mangels Berührung mit der Zuständigkeit der Eigentümergemeinschaft daher nicht in den Regelungsbereich des § 32 WEG (dazu Kothbauer in GeKo Wohnrecht II § 32 WEG Rz 6). Das muss auch für Aufwendungen gelten, die der Beseitigung der ursprünglichen Baukonsenswidrigkeit dienen. Damit zusammenhängende Kosten sind daher auch nicht Gegenstand der Abrechnung nach § 20 Abs 3 iVm § 32 WEG.

Der Verwalter ist gemäß § 20 Abs 1 WEG befugt, im Rahmen der Vertretung der Eigentümergemeinschaft in Angelegenheiten der Verwaltung und damit auch für die Durchsetzung der Ansprüche der Eigentümergemeinschaft einen berufsmäßigen Parteienvertreter zu beauftragen. Die dabei angefallenen Verfahrenskosten, die auch die Kosten der eigenen Rechtsvertretung umfassen, zählen zu den Aufwendungen für die Liegenschaft nach § 32 Abs 1 WEG (vgl RS0115413).

5 Ob 225/22g – Der Schwebezustand des § 30 Abs 2 Z 1 MRG bzw § 1118 zweiter Fall ABGB bei anderen Kündigungsgründen ist nicht gegeben

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut besteht bei einem Räumungs- oder Kündigungsbegehren wegen qualifizierten Mietzinsrückstands nach § 1118 zweiter Fall ABGB oder § 30 Abs 2 Z 1 MRG im Anwendungsbereich des § 33 MRG ein Schwebezustand, in dem sich kein Vertragsteil – insbesondere nicht der Vermieter – unter Berufung auf die erklärte Vertragsaufhebung der Leistung seiner Vertragspflichten entziehen darf (RS0020939). Dass ein derartiger „Schwebezustand“ auch im Fall einer auf erheblich nachteiligen Gebrauch nach § 1118 erster Fall ABGB oder § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG gestützten Auflösungserklärung oder Kündigung bestünde, lässt sich der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (vgl 1 Ob 208/08g) nicht entnehmen und wird auch in der Lehre nicht vertreten.

5 Ob 231/22i – Zur Anerkennung als Hauptmieter

Besteht bei Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln, dass ein Hauptmietvertrag nur zur Untervermietung durch den Hauptmieter und zur Umgehung der einem Hauptmieter nach dem Mietrechtsgesetz zustehenden Rechte geschlossen wurde, so kann der Mieter, mit dem der Untermietvertrag geschlossen wurde, begehren, als Hauptmieter des Mietgegenstands mit den sich aus dem Mietrechtsgesetz ergebenden Rechten und Pflichten anerkannt zu werden. Es ist an dem Antragsgegner, das Fehlen der Umgehungsabsicht zu beweisen (§ 2 Abs 3 MRG).

Materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anerkennung als Hauptmieter nach § 2 Abs 3 MRG ist das Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts (RIS-Justiz RS0069660; RS0069854). Die Umgehungsabsicht muss bei beiden Parteien des formellen Hauptmietvertrags gegeben sein, wobei es genügt, wenn sie die Umgehung wenigstens in Kauf nahmen (RS0069660 [T3]). Wenn auch § 2 Abs 3 MRG eine besondere Absicht der Parteien des formellen Hauptmietvertrags voraussetzt, ist doch dieses subjektive Tatbestandselement schon dann als erfüllt anzusehen, wenn bei Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund besteht, daran zu zweifeln. Der Umgehungstatbestand des § 2 Abs 3 MRG kann daher auch dann vorliegen, wenn letzte Gewissheit über die vom Gesetzgeber verpönte Absicht der Parteien eines formellen Hauptmietvertrags fehlt.

Als derartige festgestellte äußere Umstände, die ein Indiz für die Umgehungsabsicht bieten, ist in der Rechtsprechung insbesondere die Vermietung von mehr als einer Wohnung durch denselben Hauptmieter anerkannt (RS0069733 [T6]).

In diesem Fall war aufgrund der festgestellten äußeren Umstände von einer Umgehungsabsicht beider Antragsgegner (zumindest in Form des bedingten Vorsatzes) auszugehen. Dafür sprach die (befristete) gänzliche Weitervermietung der konkreten Wohnung als auch der Umstand, dass der Erstantragsgegner die Untervermietung der Wohnung ausdrücklich gestattete und der Zweitantragsgegner als Hauptmieter sich dort sogar verpflichtete „für alle Wohnungen“ ein Elektrobuch anzufertigen, woraus das Rekursgericht nachvollziehbar den Schluss zog, der Erstantragsgegner habe mehr als diese eine Wohnung an den Zweitantragsgegner vermietet. Als weiteres relevantes Indiz sprach dafür, dass der vom Zweitantragsgegner zu leistende Hauptmietzins von € 138,60 netto den zulässigen Kategorie-Mietzins von netto 50,42 EUR nicht nur geringfügig, sondern deutlich überstieg und auch der von der Antragstellerin pauschal zu bezahlende Untermietzins von € 600,00 – selbst unter Berücksichtigung eines angemessenen Betrags für Betriebskosten und Inventar – diesen beträchtlich überschritt.

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Mai 2023

WMWP Rechtsanwälte GmbH