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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Mai 2017

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Mag. Michael Achleitner LL.M.

Dr. Iris Mutz

Mag. Martin Mutz LL.M.

Streitiges Recht

8 Ob 89/16w – Nur bis zur Übergabe hat ein Mieter die Möglichkeit das Mietobjekt aufgrund seines Zustandes abzulehnen und kann unter Nachfristsetzung von dem Vertrag zurück treten. Danach ist nur mehr die Auflösung des Vertrages möglich, wenn das Objekt nicht dem bedungenen Gebrauch entspricht, unbrauchbar wird oder auf längere Zeit entzogen wird

Die Übergabe eines Bestandsobjekts gilt dann als erfolgt, wenn der Mieter vom Vermieter in die Lage versetzt wurde, die Räumlichkeiten in Gebrauch zu nehmen. Bei versperrten Objekten gehört dazu die Ausfolgung der Schlüssel (Nademleinsky in Schwimman ABGB-TaKom² §1096, Rz 3). Möchte der Mieter das Objekt nicht in dem Zustand, in dem er es vorfindet, übernehmen, muss er dies unverzüglich erklären und den Bestandgegenstand zurückweisen (RIS-Justiz RS00045803; ua Würth in Rummel, ABGB³ §1096 Rz 3; Riss in Kletecka/ Schauer ABGB-ON1.01 §1096 mwN). Nur bis zur Übergabe kann der Mieter ein Mietobjekt ablehnen, wenn es nicht den Vereinbarungen entspricht und nach Setzung einer Nachfrist den Rücktritt vom Vertrag mit der Wirkung ex tunc erklären (Nademleinsky aaO; 6 Ob 301/02m ua). Besteht an einem übernommenen Mietobjekt ein Mangel, ist der Mieter gemäß §1117 ABGB nur dann berechtigt vor dem Ablauf des in dem Vertrag vereinbarten Zeitraums vorzeitig aufzulösen, wenn das Mietobjekt zum bedungenen Gebrauch untauglich ist oder ein beträchtlicher Teil davon durch Zufall auf längere Zeit entzogen oder unbrauchbar wird. An die für eine vorzeitige Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses zu setzenden wichtigen Gründen ist ein strenger Maßstab zu setzen (ua Nademleinsky aaO ABGAB TaKom §1117 Rz5, 10 Ob 68/08k). Kleinere, die Gebrauchsfähigkeit aber nicht beeinträchtigende Mängel im Sinne von Schönheitsfehler können daher keine wichtigen Gründe darstellen, die zur vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses berechtigen, insbesondere wenn dieser Zustand von dem Mieter „entgegenkommender Weise akzeptiert“ wurde. Auch sind funktionierende EDV-Anschlüsse im Mietobjekt ausreichend, sofern nicht vertraglich eine bestimmte besondere Qualität vereinbart worden ist.

4 Ob 39/17i – Sowohl im Falle einer auf Irrtum und Arglist gestützten Vertragsanpassung muss behauptet und bewiesen werden, dass der Vertrag bei Kenntnis der wahren Umstände mit einem anderen Inhalt geschlossen worden wäre

Bei einer unzulässigen Ablöse gemäß § 27 MRG wird ein (identischer) Anspruch auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens verneint (4 Ob 117/15g).  Der Ausschluss der §§ 922ff ABGB (Gewährleistung) umfasst auch §933a ABGB (Schadenersatz) betreffend den Nichterfüllungsschaden (3 Ob 191/13d). Weiters muss bei einer auf Irrtum gestützten Vertragsanpassung der Irrende insbesondere behaupten und beweisen, dass der Vertrag mit dem Vertragspartner auch bei Kenntnis der wahren Umstände mit einem anderen Inhalt abgeschlossen worden wäre (ua 5 Ob 144/98g, 2 Ob 176/10m, 3 Ob 23/13y). Auch bei einer auf Arglist gestützten Vertragsanpassung muss behauptet und beweisen werden, dass der Vertrag bei Kenntnis der wahren Umstände mit einem anderen Inhalt abgeschlossen worden wäre (3 Ob 23/13y).

8 Ob 7/17p – Dem Mieter steht nur ein aliquotes Mietzinsminderungsrecht und kein (grundsätzliches) Zurückbehaltungsrecht des gesamten Mietzinses zu

Der Mieter hatte ein 1966 errichtetes Wohnhaus in Kenntnis dessen angemietet, dass seit der Errichtung des Hauses an der Elektroinstallation nichts verändert worden war. Es lag ein unwirksamer Fehlerschutz vor. Nach der Rechtsprechung verdrängt das den Mieter durch §1096 ABGB gewährte zwingendes Mietzinsminderungsrecht für seinen Anwendungsbereich das allgemeine Zurückbehaltungsrecht des § 1052 ABGB (RIS-Justiz RS0119040; eins 1 Ob 198/13v). Das in §1052 ABGB normierte Leistungsverweigerungsrecht gilt demnach für alle synallagmatischen Verträge (Verträge, die auf den Austausch gegenseitiger Leistungen beruhen – do ut des), bei denen nicht eine Vorleistung vereinbart oder eine Sonderregelung gesetzlich vorgesehen ist.

Außerstreitiges Recht

5 Ob 206/16d – Ein Verdienstausfall der dem Geschäftsraummieter durch Eingriffe des Vermieters in das Benützungsrecht aufgrund von Arbeiten nach §8 Abs 2 MRG entsteht, kann im Rahmen des § 8 Abs 3 MRG geltend gemacht werden

Die Mieterin musste ihr Geschäftslokal fast zwei Monate schließen, nachdem statische Untersuchungen ergeben hatten, dass die Zwischendecke des Geschäftslokals saniert werden muss. Der Mieterin wurde der dadurch erlittene Verdienstausfall im Rahmen des §8 Abs 3 MRG folgend der bisherigen Rechtsprechung (5 Ob 58/94 = SZ 67/155 = ecolex 1995, 174) zugesprochen. Der Entschädigungsanspruch des §8 Abs 3 MRG unterliegt der kurzen Verjährungsfrist von drei Jahren (5 Ob 269/97p). Die Frist beginnt mit Kenntnis von Schaden und Schädiger zu laufen. Dabei lösen Folgeschäden keinen neuerlichen oder gesonderten Fristenlauf aus, sondern bilden die schon eingetretenen und die aus demselben Schadenereignis voraussehbaren künftigen Schäden verjährungsrechtlich eine Einheit (Einheitstheorie). Der drohenden Verjährung des Ersatzanspruchs für solche Folgeschäden ist mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen (RIS-Justiz RS0087613, RS 0097976). Die kurze Verjährung von Ersatzansprüchen (§ 1489 Satz 1 ABGB) beginnt nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens (Primärschadens) zu laufen (1 Ob 621/95 = SZ 68/238). Nur bei fortgesetzter Schädigung beginnt die Verjährung für den Ersatz des Erstschadens nach herrschender Ansicht mit dessen Kenntnis durch den Geschädigten zu laufen; für jede weitere Schädigung beginnt eine neue Verjährung in dem Zeitpunkt, in welchem sie dem Geschädigten zur Kenntnis gelangt (RIS-Justiz RS0034536). Dem Begehren nach Ausgleich des Verdienstentgangs liegt nach Ansicht des OGH ein laufender Eingriff in das Benutzungsrecht des Mieters aus dem Bestandvertrag (vgl § 1096 Satz 1 ABGB, § 1098 ABGB) aus einem Dauerschuldverhältnis zu Grunde. Auch jener Schaden, der aus der laufenden Beeinträchtigung des Benützungsrechts des Bestandnehmers im Sinne des § 8 Abs 3 MRG resultiert, ist als fortgesetzte Schädigung zu qualifizieren, für die die Verjährung jeweils (täglich) neu zu laufen beginnt.

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Juni 2017

WMWP Rechtsanwälte GmbH