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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Juni 2022

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

 

 


Außerstreitiges Recht

5 Ob 128/21s – Zulässigkeit der gerichtlichen Festsetzung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels 

Die Antragstellerin ist Wohnungseigentümerin einer Liegenschaft. Die ursprünglich geplanten und in die Wohnungseigentumsbegründung einbezogenen Wohnungseigentumsobjekte der Antragstellerin wurden jedoch noch nicht errichtet. Die Antragstellerin begehrte die gerichtliche (Neu-)Festsetzung des Aufteilungsschlüssels der Liegenschaft dergestalt, dass die Wohnungseigentumsobjekte der Antragstellerin von der Beitragspflicht für einzelne Aufwendungen zur Gänze befreit werden.

Die Aufwendungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage sind von den Wohnungseigentümern grundsätzlich nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile bei Ende der Abrechnungsperiode zu tragen (§ 32 Abs 1 Satz 1 WEG). Sämtliche Wohnungseigentümer können allerdings einen von dieser Regelung abweichenden Aufteilungsschlüssel festlegen (§ 32 Abs 2 WEG). Hier hatten die Wohnungseigentümer eine abweichende Regelung getroffen.

Nach § 32 Abs 5 WEG kann das Gericht den Aufteilungsschlüssel bei einer wesentlichen Änderung der Nutzungsmöglichkeit seit einer Vereinbarung nach § 32 Abs 2 WEG oder bei erheblich unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten auf Antrag eines Wohnungseigentümers nach billigem Ermessen neu festsetzen. Besteht eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer über einen vom Gesetz abweichenden Verteilungsschlüssel, ist demnach eine wesentliche Änderung der Nutzungsmöglichkeiten seit der Vereinbarung zwingende gesetzliche Voraussetzung für eine gerichtliche (Neu-)Festsetzung (RIS-Justiz RS0082997 [T1]; RS0109170 [T11]). Bei der gerichtlichen Festsetzung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels nach § 32 Abs 5 WEG kommt es aber nicht auf die subjektive (tatsächliche) Nutzung, sondern auf die objektive Nutzungsmöglichkeit an (RS0083193RS0083101RS0083087) und kann dabei nicht auf vorübergehende Gegebenheiten abgestellt werden (5 Ob 107/16w5 Ob 12/10s5 Ob 220/04w). Eine gerichtliche (Neu-)Festsetzung des Verteilungsschlüssels setzt hier daher eine wesentliche Änderung der Nutzungsmöglichkeiten seit der Aufteilungsvereinbarung voraus, die im gegebenen Zusammenhang nur darin liegen könnte, dass die Nichterrichtung der Wohnungseigentumsobjekte mittlerweile endgültig feststeht. Nur dann, wenn definitiv feststeht, dass die Ausführung unmöglich ist oder die Errichtungsabsicht aufgegeben wurde (5 Ob 107/16w) ist die Festsetzung eines von § 32 Abs 1 WEG 2002 abweichenden Schlüssels für die Aufteilung der Liegenschaftsaufwendungen zulässig. Unterblieb der Dachbodenausbau daher ausschließlich aus subjektiven beim Antragsteller (und seinen Rechtsvorgängern) gelegenen Gründen, obwohl objektiv eine der Nutzwertfestsetzung und Wohnungseigentumsbegründung entsprechende Herstellung und folglich Nutzung des Objekts möglich gewesen wäre, kommt die Festsetzung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels nicht in Frage (5 Ob 12/10s).

5 Ob 161/21v – Zur Zulässigkeit der Überwälzbarkeit von fiktiven Mietkosten für ein Hausbetreuungszentrum und die Kosten einer Internetverbindung auf die Mieter

Auf Betriebskosten, öffentliche Abgaben und Kosten des Betriebs von Gemeinschaftsanlagen finden die Bestimmungen der §§ 21, 23 und 24 MRG (mit Ausnahme der Verwaltungskosten nach § 21 Abs 1 Z 7 iVm § 22 MRG und der Verteilungsgrundsätze des § 24 Abs 1 MRG) voll Anwendung (§ 20 Abs 1 Z 1 lit a und b, Z 2 WGG; 5 Ob 138/17f).

  • 21 MRG stellt einen Katalog jener vom Vermieter aufgewendeten Kosten auf, die als Betriebskosten auf die Mieter eines Hauses überwälzt werden dürfen. Diese Aufzählung ist taxativ; eine extensive Gesetzesauslegung zu Lasten der Mieter ist unzulässig (5 Ob 138/17fmwN; RIS-Justiz RS0069690RS0067039). § 24 MRG eröffnet dem Vermieter die Möglichkeit, auch Aufwendungen des laufenden Betriebs für Gemeinschaftsanlagen, die nicht notwendigerweise in allen Häusern vorhanden und im allgemeinen Betriebskostenkatalog daher nicht erfasst sind, auf die Mieter zu überwälzen. Auch im Bereich von Gemeinschaftsanlagen iSd § 24 Abs 2 MRG sind (nur) die Kosten des Betriebs selbst überwälzbar. Es können daher die Kosten der Betreuung der funktionierenden Anlagen, also die Kosten der Wartung und Aufsicht, nicht aber die Kosten der Herstellung oder Reparatur verrechnet werden (5 Ob 138/17f).

Nach der Rechtsprechung (5 Ob 270/08d) können nur mit dem Entgelt des Dienstnehmers im Zusammenhang stehende Lasten des Vermieters im Sinn von Lohnnebenkosten überwälzt werden, nicht jedoch sonstige, wenn auch aus dem Dienstverhältnis resultierende gesetzlich auferlegte Verpflichtungen, wie zum Beispiel die in § 20 Abs 1 ASchG normierte Pflicht, Arbeitsstätten entsprechend den Vorschriften dieses Bundesgesetzes sowie den dazu erlassenen Verordnungen und entsprechend den für sie geltenden behördlichen Vorschreibungen einzurichten und zu betreiben. Die durch die Einrichtung eines Hausbetreuungszentrums verursachten Miet-, Energie- und Kommunikationskosten können demnach ebenso wenig als Betriebskosten nach § 23 Abs 2 lit a MRG auf die Mieter überwälzt werden (5 Ob 72/09p), wie  die Anschaffung von Einrichtungsgegenständen, Büromaterial und Bürogeräten (5 Ob 138/17f) und muss dies auch für die hier verfahrensgegenständlichen fiktiven Mietkosten für das Hausbetreuungszentrum und die Kosten der Internetverbindung gelten. In diesem Fall konnte nämlich nicht nachgewiesen werden, dass die Funktion der Internetverbindung über die bloß interne Kommunikation hinausreicht und der Funktion einer für die behördlich vorgeschriebene Fernüberwachung durch den externen Brandschutzbeauftragten notwendigen Telefonverbindung gleicht und deshalb (als Kosten des Betriebs der Brandmeldeanlage) als Betriebskosten zu qualifizieren sind.

5 Ob 6/22a – Zum Umfang der Erhaltungspflicht des Vermieters bei Durchführung von Erhaltungsarbeiten

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre gehören zu den vom Vermieter durchzuführenden Erhaltungsarbeiten auch die notwendigen oder zumindest zweckmäßigen Vor- und Nacharbeiten (für viele 5 Ob 143/14m5 Ob 181/16b je mwN). Die Wiederherstellung von Tapeten, der Malerei oder Verfliesung sind in diesem Sinn als adäquate Folgearbeit zu qualifizieren (RIS-Justiz RS0114553 [T1] = RS0083228 [T3] = RS0083089 [T8]; 5 Ob 143/14m).

Es soll der ursprüngliche Zustand nach Abschluss der Erhaltungsarbeit wiederhergestellt werden (RS0114553 [T4] = RS0083089 [T14]). Bei einer Nacharbeit handelt sich dabei nicht um eine Erhaltungsarbeit selbst, sondern um eine Folge derselben (5 Ob 143/14m).

Dem Vermieter war daher zulässigerweise aufgetragen worden, in den Bereichen der bereits durchgeführten und der noch durchzuführenden Verputzinstandsetzungen auch die Malerei an sämtlichen betroffenen Wand- und Deckenbereichen dem Bestand entsprechend zu erneuern. Dies nur auf punktuelle Bereiche der bestandenen Feuchtigkeitsschäden und Stemmarbeiten zu beschränken, ist nicht zulässig. Dem Wesen einer solchen Nacharbeit entsprechend, ist der Zustand vor dem entstandenen Schaden, der die Sanierung erforderlich gemacht hat, möglichst wiederherzustellen.

5 Ob 18/22s – Zur Zulässigkeit der Vorschreibung eines angemessenen Hauptmietzinses iSd § 16 Abs 1 Z3 MRG bei einer vom Vermieter sanierten, unter Denkmalschutz stehenden Wohnung

Nach § 16 Abs 1 Z 3 MRG ist eine Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Hauptmietzinses ohne die Beschränkungen des § 16 Abs 2 bis 5 MRG bis zu dem für den Mietgegenstand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag dann zulässig, wenn der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, an dessen Erhaltung aus Gründen des Denkmalschutzes öffentliches Interesse besteht, sofern der Vermieter unbeschadet der Gewährung öffentlicher Mittel zu dessen Erhaltung nach dem 8. Mai 1945 erhebliche Eigenmittel aufgewendet hat.

Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen des Ausnahmetatbestands des § 16 Abs 1 Z 3 MRG in all seinen Facetten trifft den Vermieter (RS0111657). Um die Qualität der aufgewendeten Mittel als „erhebliche Eigenmittel“ in diesem Sinn beurteilen zu können, muss über den jeweils maßgeblichen Verrechnungszeitraum für Mietzinsreserven eine vollständige Abrechnung iSd § 20 Abs 1 MRG gelegt und die Kosten dürfen auch nicht nachträglich als Mietzinspassivum verrechnet werden (5 Ob 119/98f mwN; 5 Ob 227/18w). Kann der Vermieter dies nicht ausreichend nachweisen, ist die Vorschreibung eines angemessenen Hauptmietzinses iSd § 16 Abs 1 Z3 MRG nicht zulässig.

5 Ob 23/22a – Benützungsvereinbarung betreffend einer Gartenfläche

Die Streitteile sind Miteigentümer einer Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum an je einem der drei dort errichteten Reihenhäuser. Die Antragstellerinnen begehrten eine Benützungsregelung betreffend die dem erstgerichtlichen Sachbeschluss angeschlossenen Teilungsplan als „Figur 3“ bezeichneten Allgemeinfläche.

Einer Vereinbarung nach § 17 Abs 1 WEG (Benützungsregelung) können jene allgemeinen Teile der Liegenschaft unterzogen werden, die nicht zwingend allgemeine Teile zu bleiben haben und insofern verfügbar sind (RS0117862). Wege (Flächen, die Allgemeinflächen miteinander verbinden) sind ex lege dann „notwendig“ allgemeine Teile der Liegenschaft, wenn sie die einzigen derartigen Flächen der Liegenschaft sind (RS0117862 [T2]). Die Fläche „Figur 3“, die direkt an Haus 3 angrenzt und nur direkt über den Gartenbereich dieses Hauses zu erreichen ist, ist in diesem Sinn nicht notwendig allgemeiner Teil der Liegenschaft. Der Umstand alleine, dass an dieser Fläche einem Nachbarn ein Servitutsrecht eingeräumt wurde, reicht dafür nicht aus einen „notwendigen Teil der Liegenschaft“ zu begründen, zumal es Sache der nunmehr ausschließlich benützungsberechtigten Wohnungseigentümer sein wird, dem Servitutsberechtigten die Ausübung seiner Rechte zu ermöglichen.

Darin, dass die Wohnungseigentümer des Hauses 3 für die nun zugesprochene ausschließliche Nutzung kein Entgelt zu bezahlen haben, obwohl alle Mit- und Wohnungseigentümer Betriebskosten und Verwalterentgelt mittragen müssen, liegt keine korrekturbedürftige grobe Fehlbeurteilung. Nach Wohnungseigentumsbegründung – hat die damalige (aufgrund Zuschlags außerbücherliche) Eigentümerin des Miteigentumsanteils, mit dem das Wohnungseigentum an Haus 3 verbunden ist, zum Wohl sämtlicher Mit- und Wohnungseigentümer den Ankauf der Fläche „Figur 3“ allein finanzierte, weshalb es der Billigkeit entspricht, diese Fläche auch den Wohnungseigentümern des Hauses 3 zur alleinigen Nutzung zuzuweisen. Der von den Antragsgegnern mit zu bezahlende Betriebskostenanteil für diese Fläche beschränkt sich im Wesentlichen auf die Grundsteuer, zumal die Betriebskosten für die Pflege und Erhaltung der Fläche nicht mehr die Allgemeinheit, sondern ausschließlich die Mit- und Wohnungseigentümer des Hauses 3 treffen. Die anteilig von den Antragsgegnern mitzutragenden Verwalterkosten fallen im Hinblick auf die zur Finanzierung des Ankaufs dieser Fläche durch die Rechtsvorgängerin der Erst- und Zweitantragstellerin aufgewendeten EUR 51.500,00 nicht derart ins Gewicht, dass sie die nunmehr beschlossene Benützungsregelung als unbillig erscheinen ließen.

Streitiges Recht

5 Ob 16/22x – Zur Benützungsvereinbarung betreffend einen KFZ-Stellplatz

Der klagende Mit- und Wohnungseigentümer begehrte, den Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, den ihm zugeordneten Kfz-Stellplatz so zu benutzen, dass der Kläger mit einem Pkw zu dem ihm zugeordneten Parkplatz nicht ungehindert ein- und ausfahren kann.

In einer im August 2002 geschlossenen Benützungsvereinbarung ordneten sämtliche damaligen Miteigentümer die vorhandenen Stellplätze (im Freien und in den Garagen) der Wohnhausanlage jeweils bestimmten Wohnungseigentumsobjekten zu und vereinbarten, dass die Benützung dieser Plätze den jeweiligen Wohnungseigentümern ausschließlich zustehe und jeder Wohnungseigentümer alle Aufwendungen für den von ihm genutzten Kfz-Stellplatz selbst zu tragen habe. Sie hielten ausdrücklich fest, dass es sich dabei um die schriftliche Festlegung der seit Jahren ausgeübten Benützungsregelung der Stellplätze handle. Vor dem Erwerb der Wohnung durch den Kläger wurde der seinem Wohnungseigentumsobjekt zugeordnete Stellplatz nicht regelmäßig zum Abstellen eines Pkw benützt, sondern nur ab und zu waren dort Anhänger und selten vorübergehend Pkw abgestellt. Der Kfz-Stellplatz liegt rechtwinkelig zum angrenzenden Parkplatz des Beklagten und ist nur erreichbar, indem man über den südlichen Teil des Parkplatzes des Beklagten fährt, weil sich zur Straße hin (parallel zum Parkplatz des Klägers) eine mit Begrenzungssteinen eingefasste Grünfläche befindet. Der Beklagte stellt seinen Pkw auf seinem Stellplatz regelmäßig so ab, dass er fast die gesamte Länge seines Platzes ausnützt, wodurch der Kläger nicht auf seinen Stellplatz fahren kann.

Seit dem Inkrafttreten des WEG 2002 mit 1. Juli 2002 sind Benützungsvereinbarungen schriftlich abzuschließen (§ 17 Abs 1 WEG 2002). Vorher konnte eine Benützungsregelung wie jede andere Vereinbarung auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen (RS0013638 [T8]). Das Formerfordernis der Schriftlichkeit verhindert das Zustandekommen schlüssiger Benützungsvereinbarungen und die damit in aller Regel verbundenen Beweisprobleme und Rechtsunsicherheiten (5 Ob 198/16b mwN). Eine vertragliche Benützungsregelung kann gemäß § 17 Abs 1 WEG 2002 nur „verfügbare“ allgemeine Teile erfassen und scheidet daher aus, wenn die allgemeinen Teile notwendig der allgemeinen Benützung dienen (RS0117862 [T1]; RS0105691 [T4]; vgl RS0013206).

Dem Objekt des Beklagten ist die gesamte Fläche seines Stellplatzes (auch der Länge nach) zugeordnet, die er auf eine von ihm selbst gewählte Weise (allenfalls auch durch einen Anhänger oder ein weiteres Fahrzeug) nutzen kann. Eine Einschränkung seines Nutzungsrechts dahin, dass er die Verwendung eines (nicht näher definierten) Teils dieser Fläche (immer oder nur zu bestimmten Zeiten?) unterlassen müsste, geht aus der Benützungsvereinbarung nicht hervor. Die Tatsache, dass eine Zufahrt auf die dem Objekt des Klägers zugeordnete Abstellfläche derzeit nur über einen (hinteren, südlichen) Teil des Parkplatzes des Beklagten und daher nur dann möglich ist, wenn diese Teilfläche von ihm nicht benutzt wird, haben die Miteigentümer in ihrer schriftlichen Vereinbarung nicht berücksichtigt. Für eine ergänzende Auslegung der Vereinbarung in der vom Kläger gewünschten Weise bietet der Wortlaut keinen Anhaltspunkt.

5 Ob 25/22 w – Der (schlüssige) Verzicht im Wohnungseigentumsvertrag, mit eigenen Ansprüchen aufzurechnen, erfasst (nur) die Akonto-Vorschreibungen zur Abdeckung der in § 32 Abs 1 WEG genannten Ausgaben

Die klagende Eigentümergemeinschaft begehrte von der Beklagten Rückstände aus laufenden Vorschreibungen und der Nachverrechnung für das Jahr 2020.

Nach § 32 Abs 1 WEG sind die Aufwendungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage von den Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile bei Ende der Abrechnungsperiode zu tragen. Darunter sind alle liegenschafts- und verwaltungsbezogenen Auslagen zu verstehen, die der Eigentümergemeinschaft bei der Bewirtschaftung der Liegenschaft erwachsen (vgl RS0069987 [T22]). Der Verwalter hat für ausreichende Vorauszahlungen auf die Bewirtschaftungskosten, somit die Festsetzung, Vorschreibung und das Inkasso der Beiträge Sorge zu tragen (RS0083581 [T7]).

Die vom Verwalter vorgeschriebenen Akontozahlungen binden die Miteigentümer, solange keine gegenteilige Weisung der Mehrheit der Wohnungseigentümer vorliegt. Der Grund für diese Bindung liegt darin, die Finanzierung der gesamten Wohnungseigentumsanlage zu gewährleisten und im Interesse aller Wohnungseigentümer Liquiditätsengpässe bei der Bestreitung der Liegenschaftsaufwendungen zu vermeiden (5 Ob 144/15k mwN). Der Notwendigkeit, die Liquidität der Eigentümergemeinschaft zur laufenden Bewirtschaftung zu sichern, trägt die ständige Rechtsprechung dadurch Rechnung, dass sie die Aufrechnung gegen Bewirtschaftungskostenvorschreibungen in der Regel nicht zulässt. Aus dem Zweck des Wohnungseigentumsvertrags wird ein schlüssiger Verzicht der Wohnungseigentümer auf eine Aufrechnung mit eigenen Ansprüchen gegen Akonto-Vorschreibungen abgeleitet (RS0109647). Diese Auffassung wird auch in der Literatur geteilt (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II23 § 20 WEG Rz 35 mwN; E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch4 § 32 WEG Rz 62).

Die Verpflichtung des einzelnen Wohnungseigentümers, die ihm vorgeschriebenen Akontozahlungen zu leisten, besteht unabhängig davon, ob der Verwalter seiner Rechnungslegungspflicht nachgekommen ist oder nicht. Fällige Akontozahlungen (§ 32 Abs 9 WEG) können auch dann noch eingehoben werden, wenn die Aufwendungen, für die sie vorgeschrieben wurden, bereits abgerechnet sind oder Streit darüber besteht, ob die Abrechnung ordnungsgemäß, vollständig oder richtig ist (RS0083521RS0112884).

Bewirtschaftungskostenrückstände, die sich aus einer Bewirtschaftungskostenabrechnung eines Jahres ergeben, werden dann fällig, wenn sie durch eine ordnungsgemäße Rechnung nachgewiesen werden (5 Ob 213/00k). Ein solcher Rückstand betrifft eine (rechnerisch) abgeschlossene Periode und dient nicht mehr der Sicherung der laufenden Bewirtschaftung einer Wohnungseigentumsanlage. Dem Wohnungseigentümer steht diesbezüglich das Recht zu, mit eigenen Forderungen gegen den Aufwandersatz für bereits abgerechnete Hausbewirtschaftungskosten aufzurechnen (5 Ob 308/01g = RS0109647 [T6]; vgl auch Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 20 WEG Rz 35 und § 32 WEG Rz 16).

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Juni 2022

WMWP Rechtsanwälte GmbH