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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Juli 2020

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

 

STREITIGES RECHT

1 Ob 40/20v – Zur Verjährung des Rückforderungsanspruchs aus zu viel bezahlten Betriebskosten
Gemäß § 1478 Satz 2 ABGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem das Recht „zuerst hätte ausgeübt werden können“, seiner Geltendmachung also kein rechtliches Hindernis (insbesondere nicht mangelnde Fälligkeit) entgegensteht (RS0034343) und objektiv die Möglichkeit bestand, den Anspruch einzuklagen (RS0034343 [T3, T4]). Dies gilt grundsätzlich für alle Verjährungsfristen (RS0034248 [T7, T12]).
Ein Anspruch auf Rückzahlung zu viel (voraus-)bezahlter Betriebskosten kann nicht vor der Abrechnung der in der jeweiligen Abrechnungsperiode angefallenen Betriebskosten entstehen (5 Ob 101/91; 5 Ob 2122/96m; 3 Ob 249/04w; vgl Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Kommentar zum Österreichischen Wohnrecht³ [2013] § 21 MRG Rz 47; Egglmeier-Schmolke/Schinnagl in GeKo Wohnrecht I § 21 MRG Rz 89; Reßler in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht³ [2018] § 21 MRG Rz 56; vgl auch Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 § 21 MRG Rz 17 f). Erst mit der Abrechnung macht der Vermieter die ihm entstandenen (im Anwendungsbereich des § 21 MRG: fällig gewordenen; vgl RS0112095) Betriebskosten gegenüber dem Mieter geltend (vgl RS0070049; 5 Ob 131/99x mwN; 3 Ob 249/04w). Die Betriebskostenabrechnung liefert diesem die erstmalige Grundlage für die Beurteilung, welche – nach dem Gesetz bzw (außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG) dem Vertrag – von ihm zu tragenden Bewirtschaftungskosten dem Vermieter tatsächlich entstanden und vom Mieter anteilig endgültig zu tragen sind. Erst dann kann der Mieter auch beurteilen, in welchem Umfang seine Akontozahlungen seine nun feststehende wahre Verbindlichkeit allenfalls übersteigen. Die Fälligkeit des – erst mit Abrechnung entstandenen – Rückforderungsanspruchs tritt gemäß § 21 Abs 3 vorletzter Satz MRG (für die in dessen Anwendungsbereich fallenden Mietverhältnisse) mit dem auf die Abrechnung zweitfolgenden Zinstermin ein, weshalb vor diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist nicht zu laufen beginnt (vgl 5 Ob 2122/96m).
Außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG ist für die Fälligkeit von Betriebskostenrückforderungen auf die Parteienvereinbarung abzustellen (zu deren Maßgeblichkeit vgl RS0123383). Hier hatten die Parteien vereinbart, dass die Klägerin neben der monatlichen Miete auch die anteiligen (im Mietvertrag aufgezählten) Betriebskosten trägt, worauf von dieser „Vorschusszahlungen“ zu leisten seien, deren Höhe vom Vermieter bekanntgegeben wird, wobei bereits im Vertrag ein bestimmtes monatliches Betriebskostenakonto pro Quadratmeter Mietfläche vereinbart wurde. Die Beklagte verpflichtete sich zu einer jährlichen Betriebskostenabrechnung bis 30. Juni des Folgejahres. Die laufenden Teilzahlungen werden vereinbarungsgemäß nur unter Vorbehalt einer nachträglichen Korrektur geleistet, ein allfälliger Rückzahlungsanspruch ergibt sich erstmals aus der Abrechnung, mit der die Beklagte die tatsächlich angefallenen Betriebskosten bekannt gibt. Die Betriebskostenabrechnung ist daher auch im vorliegenden Fall Voraussetzung für die Ermittlung – und damit die Fälligkeit – eines Rückforderungsanspruchs (vgl auch allgemein RS0017592 zur Fälligkeit sich erst aus einer Abrechnung ergebender [Entgelt-]Ansprüche), weshalb die Verjährungsfrist nicht vorher zu laufen beginnen kann.

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2 Ob 134/19y – Ein als wichtig und bedeutsam bezeichneter Umstand kann nur dann als Kündigungsgrund gewertet werden, wenn er den anderen im § 30 Abs 2 MRG aufgezählten Fällen an Bedeutung nahekommt
Ein vereinbarter Grund, der den Vermieter nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG zur Aufkündigung eines Mietvertrags berechtigt, muss für den Vermieter objektiv wichtig und bedeutsam sein und den sonst in § 30 Abs 2 MRG angeführten Gründen an Bedeutung nahekommen (4 Ob 133/18i; RS0070752, RS0070705), da die vom Gesetzgeber gewollten und im Gesetz verankerten Grundprinzipien der Kündigungsbeschränkungen zum Schutz des Mieters nicht durch vertragliche Vereinbarung unterlaufen werden dürfen (6 Ob 628/94; vgl 7 Ob 204/14x; RS0070712).
Die klagende Partei hatte ihr besonderes Bedürfnis am vereinbarten Kündigungsgrund lediglich damit begründet, dass es ihr freistehe, die Haltung von Tieren zu untersagen und einen Verstoß dagegen als Kündigungsgrund zu vereinbaren.
Das Halten von Tieren in einer Wohnung stellt an sich noch keinen Kündigungsgrund dar. Wenn durch die Tierhaltung Mitbewohner belästigt werden und ihnen das Zusammenleben verleidet wird, kann ohnehin der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 MRG verwirklicht sein (RS0068040); ebenso bei unsauberer Tierhaltung (RS0068076 [T1]).
Ohne zusätzliches besonderes wichtiges Interesse der klagenden Partei an dem Tierhaltungsverbot im Einzelfall kommt der vertraglich vereinbarte Kündigungsgrund der bloßen Verletzung dieses Verbots den anderen in § 30 Abs 2 MRG angeführten Fällen an Bedeutung auch nicht „nahe“. Ein solches Interesse hatte die klagende Partei nicht dargelegt. Sie konnte ihre Aufkündigung im vorliegenden Fall daher nicht erfolgreich auf § 30 Abs 2 Z 13 MRG stützen.

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3 Ob 32/20g – Zur rechtlichen Einordnung von Wohnverhältnissen zwischen Familienangehörigen
Ein dem Familienverhältnis entspringender tatsächlicher Wohnzustand ist nicht nur dann anzunehmen, wenn eine Verpflichtung besteht, anderen Familienangehörigen Wohnung zu geben; vielmehr gibt es zahlreiche aus dem natürlichen Zusammengehörigkeitsgefühl unter Familienangehörigen entspringende tatsächliche Benützungsgewährungen, die rechtlich nicht geregelt, gegen den Willen des Gewährenden nicht rechtlich durchsetzbar und jederzeit widerrufbar sind (RIS-Justiz RS0020503). Lassen die konkreten Umstände des Falls auf ein aus dem natürlichen Zusammengehörigkeitsgefühl unter Familienangehörigen entstandenes Wohnverhältnis schließen, so ist es – anders als im Fall eines Prekariums zwischen nicht miteinander verwandten Personen (vgl RS0019200; RS0020518 [T2, T3]) – Sache des Benützers der Wohnung, konkrete Umstände darzulegen und zu beweisen, die einen unzweifelhaften Schluss auf das Vorliegen eines Rechtstitels zur Wohnungsbenützung zulassen (RS0020500 [T3]).

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5 Ob 23/20y – Klage auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft vs Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens
Gemäß § 81 Abs 1 EheG sind im Fall der Ehescheidung das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse aufzuteilen. Ein Haus, das Ehegatten während ihrer aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft in der Absicht errichteten, es als Ehewohnung zu verwenden, das sie aber bis zur Aufhebung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft tatsächlich noch nicht zu Wohnzwecken in Benützung nahmen, unterliegt zwar nicht als Ehewohnung, wohl aber als eheliche Ersparnis der eherechtlichen Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG (RS0057426).
Gemeinsam während aufrechter Ehe erworbene Anwartschaftsrechte fallen als eheliche Ersparnis grundsätzlich in das aufzuteilende Vermögen und können daher Gegenstand eines zukünftigen Aufteilungsverfahrens sein (vgl 5 Ob 29/98w); auch Schulden, die zur Anschaffung von der Aufteilung unterliegenden Gegenständen eingegangen wurden, sind im Aufteilungsverfahren zu berücksichtigen (RS0057635 [T1, T5]).
Das Scheidungsverfahren zwischen den Streitteilen war nach wie vor anhängig. Eine – hier auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft hinsichtlich des Anwartschaftsrechts – gerichtete Teilungsklage ist daher grundsätzlich möglich (vgl RS0112736 [T2]). Bei einer auf § 830 ABGB (analog: dazu Sailer in KBB5 § 825 ABGB Rz 7) gestützten Teilungsklage ist die Vermögensmasse den früheren Miteigentümern im Verhältnis ihrer jeweiligen Anteilsgrößen zuzuordnen. Demgegenüber erfolgt die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens im außerstreitigen Verfahren gemäß §§ 81 ff EheG nach Billigkeit; dabei ist auch zu berücksichtigen, mit welchen Anteilen die vormaligen Ehegatten zur Ansammlung des aufzuteilenden Vermögens beigetragen haben (RS0112736 [T4]). Da bei diesen möglichen unterschiedlichen Ergebnissen auch ein Nachteil eines Miteigentümers liegen kann, kann ein Teilungshindernis vorliegen (4 Ob 251/99m; vgl auch 5 Ob 217/05f).

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5 Ob 33/20v – Die Eigentumsfreiheitsklage gehört auf den streitigen Rechtsweg
Bei der Beurteilung, ob eine Rechtssache im streitigen oder im außerstreitigen Verfahren zu erledigen ist, kommt es nicht auf die Bezeichnung durch die Parteien, sondern ausschließlich auf den Inhalt des Begehrens und das Vorbringen der Partei an (§ 40a JN). Maßgebend für die Bestimmung der Art des Rechtswegs sind also der Wortlaut des Begehrens und die zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen (RS0005896; RS0013639; RS0005861). Im Zweifel gehören alle in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Sachen auf den Prozessweg (RS0012214).
Entscheidend für die Verweisung auf den außerstreitigen Rechtsweg nach § 838a ABGB ist, ob eine Streitigkeit zwischen den Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten „den Kern des Begehrens“ bildet (5 Ob 106/14w; 5 Ob 200/14v). Weiterhin auf den streitigen Rechtsweg gehören jedoch Ansprüche, die nicht nur auf das Miteigentumsverhältnis gegründet sind, sondern auch auf weitere Rechtsgrundlagen wie die in den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 471 BlgNR 22. GP 33) beispielhaft genannten Besitzstörungs-, Schadenersatz- und Bereicherungs- oder auch nachbarrechtliche Unterlassungsklagen und Klagen nach § 523 ABGB (Sailer in KBB5 § 838a Rz 3).
Das Begehren der Kläger war nach den vorgebrachten anspruchsbegründenden Tatsachen und dem verfolgten Rechtsschutzziel (Unterlassung der Blockade der Einfahrt zur gemeinsamen Liegenschaft) als Eigentumsfreiheitsklage iSd § 523 ABGB anzusehen.
Jeder Eigentümer kann sich dagegen zur Wehr setzen, dass die Nutzung seines Grundstücks durch Handlungen beeinträchtigt wird, die außerhalb der ihm gehörigen Liegenschaft begangen werden, wie etwa durch das Blockieren einer Zufahrt (2 Ob 29/19g mwN; Kietaibl in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 [2011] § 354 ABGB Rz 14). Jeder Mit- und Wohnungseigentümer ist berechtigt, eigenmächtige Eingriffe auch eines anderen Mit- oder Wohnungseigentümers in das gemeinsame Eigentum mit der Eigentumsfreiheitsklage abzuwehren (RS0012137; RS0012112). Solche Klagen gehören nach der Rechtsprechung ungeachtet des § 838a ABGB auf den streitigen Rechtsweg (5 Ob 98/19a mwN; RS0013199 [T2]).


AUSSERSTREITIGES RECHT

5 Ob 44/20m – Zustimmung zur Errichtung von Balkonen
Die Antragsteller begehrten, die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Errichtung von jeweils drei Balkonen an der Hofseite im ersten, zweiten und dritten Obergeschoß des Gebäudes zu ersetzen, und sie zur Duldung dieser baulichen Veränderungen zu verhalten.
Bei Beurteilung der Verkehrsüblichkeit einer Änderung kommt es darauf an, ob die konkret beabsichtigte Änderung in ihrer geplanten Ausgestaltung unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Hauses, des Umfelds, des Ausmaßes des Eingriffs in die Bausubstanz sowie des Ausmaßes der Inanspruchnahme oder Umgestaltung allgemeiner Teile verkehrsüblich ist (RIS-Justiz RS0126244). Für das Vorliegen eines wichtigen Interesses des Wohnungseigentümers an einer Änderung seines Objekts kommt es besonders darauf an, ob die beabsichtigte Änderung dazu dient, dem Wohnungseigentümer eine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objekts zu ermöglichen (RS0083341 [T18]; RS0083345 [T16]). Zweckmäßigkeitserwägungen oder eine Steigerung des Verkehrswerts des Objekts genügen hingegen für die Annahme eines wichtigen Interesses in der Regel nicht (RS0083341 [T2; T4]; RS0083345 [T1]; RS0110977).
Ihr wichtiges Interesse iSd § 16 Abs 2 Z 2 WEG begründeten die Antragsteller im Wesentlichen mit der Verbesserung der Wohnqualität durch die Herstellung von Balkonen, die erst eine zeitgemäße Nutzung der Wohnungseigentumsobjekte ermögliche. Nach der Rechtsprechung reichen jedoch bloße Zweckmäßigkeitserwägungen und eine Steigerung des Wohnwerts einer Wohnung für die Annahme eines wichtigen Interesses in der Regel nicht aus (5 Ob 98/11i mwN; 5 Ob 39/15v). Entscheidend ist vielmehr, ob ein Wohnungseigentümer ohne Änderung sein Objekt nicht mehr dem heute üblichen Standard entsprechend nutzen kann (vgl erneut RS0083341 [T18]; RS0083345 [T16]). Wieso eine Gründerzeitwohnung ohne Balkon kaum mehr nutzbar wäre, war nicht nachvollziehbar.
Die Verkehrsüblichkeit einer Änderung ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung, aber auch nach der Beschaffenheit des betreffenden Hauses und seines konkreten Umfelds zu beurteilen (5 Ob 169/18s mwN). Auf die Situation bei Gründerzeitquartieren im gesamten städtischen Raum kommt es dabei nicht an. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, kommt es gerade nicht auf eine vom Standort abstrahierte Baupraxis an (5 Ob 145/17k). Nach den Feststellungen sind im Hof des „gründerzeitlichen Bebauungsblocks“ zwar Wirtschaftsbalkone an einem Nachbarhaus aus der Errichtungszeit der Gebäude sichtbar; ein großer Teil der vergleichbaren Wohnhäuser in der Umgebung weist aber keine solchen Balkone auf, sodass es keinen Bedenken begegnet, wenn das Rekursgericht ausgehend davon auch die Verkehrsüblichkeit der von den Antragstellern geplanten Änderungen verneinte.

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5 Ob 164/19g – Erweiterungen des Bestandobjekts können zu einer zu berücksichtigenden Erhöhung der relevanten Nutzfläche nach § 17 Abs 2 MRG führen
Die Antragstellerin ist Eigentümerin einer Liegenschaft samt darauf errichteten Reihenhäusern. Die Antragsgegner sind die Hauptmieter. Die Dachböden in der Reihenhausanlage waren ursprünglich roh und unisoliert. Eine Vielzahl von Hauptmietern hat – auf eigene Kosten und Großteils mit Zustimmung der Antragstellerin – bauliche Veränderungen durch Aus- und Umbauten der Reihenhäuser vorgenommen. Rohdachböden wurden isoliert und ausgebaut, Beheizungsmöglichkeiten geschaffen, Zimmer durch Zubauten vergrößert und auf Terrassenflächen Wintergärten errichtet. Nach den Feststellungen waren diese Um- und Ausbauten erst nach dem 1. 1. 2000 erfolgt.
Die Antragstellerin beantragte die Feststellung des richtigen Verteilungsschlüssels für die Reihenhausanlage nach § 17 Abs 1 MRG nach Ausmessung der Nutzflächen der Objekte, da es zu einer Reihe nutzflächenrelevanter Veränderungen der Bestandobjekte gekommen sei.
In diesem Fall unterliegen die Bestandverhältnisse dem Vollanwendungsbereich des MRG. Gemäß § 17 Abs 1 MRG bestimmt sich daher der Anteil eines Mietgegenstands an den Gesamtkosten des Hauses nach dem Verhältnis der Nutzfläche des Mietgegenstands zur Nutzfläche aller vermieteten, vom Vermieter benützten oder trotz ihrer Vermietbarkeit nicht vermieteten Wohnungen oder sonstigen Mietgegenstände des Hauses. Der Verteilungsschlüssel ist hier somit auf Basis der Nutzflächen zu ermitteln.
Gemäß § 17 Abs 2 MRG ist die in Quadratmetern auszudrückende Nutzfläche die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder eines sonstigen Mietgegenstands abzüglich der Wandstärken und der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen). Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind, sowie Treppen, offene Balkone und Terrassen sind bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen. Veränderungen der Nutzfläche aufgrund baulicher Maßnahmen des Mieters oder sonstigen Nutzers im Inneren der Wohnungen oder des sonstigen Mietgegenstands einschließlich der Verglasung von Balkonen bleiben nach dem durch die WRN 1999 eingefügten letzten Satz dieser Bestimmung (die mit 1. 1. 2000 in Kraft getreten ist (Art IX Z 1 und 6 WRN 1999) bis zur Beendigung seines Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses unberücksichtigt.
§ 17 Abs 2 letzter Satz MRG ist dahin einschränkend auszulegen, dass nur diejenigen Änderungen überhaupt als „geringfügig“ im Sinn der Entscheidungen 5 Ob 132/04d und 5 Ob 154/10y angesehen werden können, die der Mieter innerhalb des bereits zuvor nutzflächenrelevanten Objekts vorgenommen hat. Nur derartige Änderungen können daher von dieser Begünstigung umfasst sein. Darunter fallen somit jedenfalls nicht bauliche Veränderungen an zuvor nicht nutzflächenrelevanten, nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeigneten Keller- und Dachbodenräumen. Diese sind – analog dem Zubau an einen Mietgegenstand, der jedenfalls keine Veränderung im Inneren des Mietobjekts ist – unabhängig von ihrem konkreten Umfang als „Erweiterung“ des Bestandobjekts nach oben oder unten sofort zu berücksichtigen, führen daher zu einer Erhöhung der relevanten Nutzfläche nach § 17 Abs 2 MRG. Die Ausnahmebestimmung des § 17 Abs 2 letzter Satz MRG ist auf derartige Veränderungen daher nicht anzuwenden. Die durch Umbauten für Wohnzwecke nutzbar gemachten Flächen waren daher grundsätzlich nutzflächenrelevant.

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5 Ob 218/19y – Zur Zustimmung zur Errichtung eines Behinderten-(Treppen-)lifts
Die Antragstellerin begehrte die Genehmigung der Errichtung eines Behindertenlifts (Treppenlift) im allgemeinen Stiegenhaus des Hauses, der auf Kosten der Antragsteller eingebaut und betrieben werden und der Zweitantragstellerin, die unter schwerer Osteoporose leidet und massiv gehbehindert ist, das selbständige Verlassen ihrer im 2. Stock gelegenen Wohnung ermöglichen sollte.
Gemäß § 16 Abs 2 Z 1 WEG darf jegliche Änderung weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses und keine Gefahr für die Sicherheit von Personen des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben. Zusätzlich verlangt § 16 Abs 2 Z 2 WEG für den Fall, dass für eine Änderung auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen werden, sie entweder der Übung des Verkehrs entspricht oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen muss. Eine Abwägung der Interessen des die Änderung beabsichtigenden Wohnungseigentümers gegen die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer an der Unterlassung der Änderung ist dabei nicht vorzunehmen (RS0083188).
Für das Vorliegen eines wichtigen Interesses des Wohnungseigentümers an einer Änderung seines Objekts kommt es besonders darauf an, ob die beabsichtigte Änderung dazu dient, dem Wohnungseigentümer eine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objekts zu ermöglichen (RS0083341 [T18] = RS0083345 [T16]). Hier wurde ein solches wichtiges Interesse festgestellt, weil es der Zweitantragstellerin, die wegen ihrer körperlichen Beeinträchtigungen keine Stufen steigen kann, nicht selbständig möglich ist, das Haus zu verlassen und sie sonst gezwungen wäre, ihre Wohnung aufzugeben. Dass es der Zweitantragstellerin möglich ist, Wohnung und Haus unter Zuhilfenahme eines Krankentransports zu verlassen, kann keine adäquate Erreichbarkeit und damit auch keine adäquate Nutzungsmöglichkeit des Wohnungseigentumsobjekts begründen.
Bei dem von den Antragstellern geplanten Lift wird die Treppenlaufbreite auf kein in sicherheitstechnischer Hinsicht unzulässiges Maß (dazu Pkt 2.4.4. ÖIB-RL 4) eingeengt. Die Nutzungssicherheit ist in jedem Fall gewährleistet. Auch wenn in Einzelfällen der Transport größerer Lasten oder sperriger Güter wegen der durch den Einbau der Transportschiene für den Lift bedingten Einengung des Treppenbereichs um 18 cm in einer Höhe von 45 cm gegenüber dem Ist-Zustand erschwert sein mag, konnte nicht dargelegt werden, inwieweit dadurch schutzwürdige Interessen der Antragsgegner betroffen wären.

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Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Juli 2020

WMWP Rechtsanwälte GmbH