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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Juli 2017

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Mag. Michael Achleitner LL.M.

Dr. Iris Mutz

Mag. Martin Mutz LL.M.

Streitiges Recht

1 Ob 59/17h – Die Möglichkeit des Unterbestandgebers durch Auflösung des Hauptmietverhältnisses eine Abschlagszahlung zu erhalten, kann die Auflösung des Unterbestandverhältnisses nicht rechtfertigen

Hauptmieter und Untermieter einer Geschäftsräumlichkeit sind zwei Rechtsanwälte. Das Untermietverhältnis war unbefristet abgeschlossen worden. Seit der Emeritierung des Hauptmieters wurde der gesamte Hauptmietzins der dem Hauptmieter vorgeschrieben wurde von dem Untermieter samt Betriebskosten und Umsatzsteuer, sowie die Strom- und Gaskosten bezahlt.

Der Hauptmieter und Untervermieter kündigte das Untermietverhältnis schließlich mit der Begründung ein wichtiges Interesse an der Aufkündigung iSd §30 Abs 2 Z12 MRG zu haben gerichtlich auf. Der Liegenschaftseigentümer habe ihm für die Aufgabe seines Mietrechtes bei gänzlicher Bestandfreiheit eine Abschlagszahlung angeboten. Dieses Angebot wolle er annehmen.

30 Abs 2 Z 12 MRG bietet dem Untervermieter im Vergleich zu einem Hauptmietverhältnis weitere Möglichkeiten das Mietverhältnis vorzeitig zu beenden, wenn die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden: wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann. Diese Kündigungsmöglichkeiten können auch bei Geschäftsraumuntermieten (analog) angewendet werden (6 Ob 79/01p mwN; 10 Ob 44/11k = immolex 2011/87, 269 [Cerha]; 7 Ob 149/12f = immolex 2013/34, 115 [Ruckenbauer]). „Wichtige Interessen“ des Untervermieters, die den Untervermieter zu einer vorzeitigen Beendigung des Untermietverhältnisses berechtigen, „sind alle Momente, die für den Untervermieter vom Standpunkt seiner Familieninteressen oder seiner geschäftlichen Bedürfnisse von maßgeblicher Bedeutung sind“ (RIS-Justiz RS0070689; Würth/Zingher/Kovanyi aaO §30 MRG Rz58). Die „wichtigen Interessen“ müssen den im Gesetz angeführten Beispielen an Gewicht gleichkommen und vom Untervermieter schon in der Kündigung individualisiert werden (RIS-Justiz RS0070682; Würth/Zingher/Kovanyi aaO). Wirtschaftliche Belange des Untervermieters sind nicht per se ausgeschlossen, sondern können ein „wichtiges Interesse“ begründen (6 Ob 79/01p; 6 Ob 151/16y), wenn ihre Bedeutung für den Untervermieter den im Gesetz genannten Beispielen (Eigenbedarf; Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung der Wohngemeinschaft) entsprechen (3 Ob 163/15i; RIS-Justiz RS0070682). Der Untervermieter hatte in dem Verfahren erster Instanz lediglich vorgebracht, dass die Abschlagszahlung Grund für die Kündigung des Untermietverhältnisses sei. Da der Untervermieter die Räumlichkeiten nicht für wirtschaftliche Belange oder sonst für Familieninteressen benötigte, sondern diese gegen eine Abschlagszahlung zurückstellen wollte, wurde dies als kein ausreichendes „wichtiges Interesse“ befunden, dass eine Kündigung nach §30 Abs 2 Z12 MRG rechtfertigt. Dies auch deshalb, weil der Untermieter den auf das Bestandsobjekt entfallenden Hauptmietzins und die Betriebskosten zur Gänze bezahlt und dem Untervermieter mit der Aufrechterhaltung des Hauptmietverhältnisses kein wirtschaftlicher Nachteil droht, sondern es ihm allein um die ihm für den Fall der Rückgabe des Objekts in Aussicht gestellte Zahlung geht. Als Untervermieter treffen diesen Schutzpflichten zu Gunsten seines Vertragspartners, dem Untermieter (6 Ob 79/01p). Die bloße Möglichkeit, für die Aufgabe der Mietrechte einen finanziellen Vorteil zu erlangen, kann die Auflösung des Unterbestandsverhältnisses nicht rechtfertigen. Anders wurde in einem Fall befunden, in dem der Untermietzins wesentlich niedriger als der angemessene Teil des Hauptmietzinses war und eine Erhöhung nicht erreicht werden konnte (RIS-Justiz RS0070699). Auch hat die geplante Expansion eines Unternehmens durch den Untervermieter und der damit zusammenhängenden Bedarf an den untervermieteten Räumlichkeiten ein „wichtiges Interesse“ begründen können (2 Ob 38/03g, 10 Ob 44/11k).

 

5 Ob 14/17w – Die Nutzungsbefugnis eines Wohnungseigentümers an seinem Wohnungseigentum richtet sich nach der Widmung und nicht nach der Parifizierung oder dem Nutzwertgutachten. Diese müssen sich nicht decken

Von der beklagten Partei war eine Dachgeschosswohnung die gemäß Nutzwertliste und Nutzflächenaufstellung samt Parifizierungsplänen eine Größe von 69,413 m² zuzüglich Balkon und Kellerabteil hat, erworben worden. In der Planungsphase des Hauses wurde auf Wunsch der späteren Eigentümer und nunmehrigen Rechtsvorgänger der beklagten Partei ein über dieser Wohnung gelegener Abstellraum im Dachboden durch Errichtung einer Wendeltreppe bereits zugänglich gemacht und so konzipiert, dass man ihn auch als Rückzugsraum nutzen kann. Dieser Raum wurde weder parifiziert, noch in die Nutzwertaufteilung aufgenommen oder in dem Wohnungseigentumsvertrag berücksichtigt. Auch bei einer Nutzwertneufestsetzung einige Jahre später wurde er nicht als Teil der Wohnung ausgewiesen. Von anderen Teilen des Hauses ist dieser Dachbodenraum nicht zugänglich. Von einem anderen Miteigentümer des Hauses wurde schließlich gefordert, dass die beklagte Partei diesen Dachbodenraum nicht mehr nutzen dürfe, der Deckendurchbruch von der Wohnung zum Dachbodenraum verschlossen werden und alle Einbauten (Heizkörper) entfernt werden müssen, da eine eigenmächtige Änderung durch die beklagte Partei bzw. deren Rechtsvorgänger erfolgt sei, weil der Raum über der Wohnung weder nach der Nutzflächenaufstellung noch den Parifizierungsplänen Bestandteil der Wohnung sei, sondern Allgemeinfläche.

Gegen einen Wohnungseigentümer, der eigenmächtig Änderungen vornimmt, die §16 Abs 2 Z1 oder 2 (Änderungen unter Inanspruchnahme von allgemeinen Flächen) WEG zu unterstellt sind, kann nach ständiger Rechtsprechung jeder der übrigen Wohnungseigentümer im streitigen Rechtswegs mit Unterlassungs– oder Beseitigungsklage nach §523 ABGB vorgehen (RIS-Justiz RS0005944 [T1]; RS0083156 [T15]). Dieser Forderung folgte der OGH in diesem Fall nicht. Die Benutzung eines Wohnungseigentumsobjekt kommt dem Wohnungseigentümer zu (§16 Abs 1 WEG 2002). Der Rechtstitel für die einem Wohnungseigentümer zustehende Nutzungsbefugnis ist nicht in der Nutzwertfestsetzung bzw. der Nutzwertberechnung begründet, sondern in der Widmung, die Grundlage des Wohnungseigentumsvertrages ist. Sie gibt den Ausschlag dafür, was zu einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt gehört und dementsprechend von dem jeweiligen Wohnungseigentümer ausschließlich genutzt werden darf. Im Regelfall ist dabei auf die privatrechtliche Einigung (den Widmungsakt) der Wohnungseigentümer (im Allgemeinen dem Wohnungseigentumsvertrag) abzustellen (RIS-Justiz RS0114928; RS0120725). Die Festsetzung/Berechnung der Nutzwerte hat lediglich die Widmung nachzuvollziehen (RIS-Justiz RS0118149, 5 Ob 113/07i = wobl 2008/18 [Call]). Es ist grundsätzlich die Entscheidung der Miteigentümer, ob sie an einem wohnungseigentumstauglichen Objekt Wohnungseigentum begründen oder dieses in der allgemeinen Fläche belassen wollen (vgl Wührt/Zingher/Kovanyi, Miet– und Wohnrecht23 §3 WEG Rz 30). Die wohnungseigentumstauglichen und nicht als allgemeine Teile gewidmeten Objekte sind dann im Rahmen der Nutzwertfestsetzung zu erfassen (vgl 5 Ob 311/03a wobl 2004/74 mwN). Da an allgemeinen Teilen kein Wohnungseigentum begründet werden kann, werden diese Teile von der Nutzwertfestsetzung nicht erfasst (5 Ob 113/07i mwN). Der Inhalt der Widmung ist nach allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§914f ABGB) zu ermitteln (f5 Ob 224/15z). Dabei ist auch auf die dem Wohnungseigentumsvertrag zu Grunde liegende Parifizierung abzustellen. Dieser kommt besondere Bedeutung und Aussagekraft zu, da die Widmung die Nutzwertfestsetzung nachhaltig beeinflusst (5 Ob 277/04b; 5 Ob 224/15z). Der Rechtsakt der Widmung kann aber auch im Stadium der Vorbereitung einer Wohnungseigentumsbegründung durch den Wohnungseigentumsorganisator gesetzt werden (5 Ob 290/07v). Weil der Zugang zu dem über der Wohnung gelegene Dachbodenraum bereits in der Errichtungsphase des Hauses geschaffen worden war und dieser Raum nicht über andere Teile des Hauses zugänglich war, sollte die „originäre“  Nutzung dieses Raumes dem Eigentümer der Wohnung zu kommen. Auch wenn in dem nachfolgenden Wohnungseigentumsvertrag nicht ausdrücklich auf diesen Raum Bezug genommen wurde, konnte der privatrechtlichen Einigung der Wohnungseigentümer keine von der im Vorbereitungsstadium durch den Wohnungseigentumsorganisator vorgenommenen Widmung abweichende Willensbildung unterstellt werden. Bei Abschluss des Wohnungseigentumsvertrags war eine Widmung als Allgemeinfläche ohne Baumaßnahmen, um den Raum von allgemeinen Flächen aus zugänglich zu machen, nicht möglich. Damit durften die übrigen Mit– und Wohnungseigentümer der Liegenschaft bei Abschluss des Vertrages betreffend diesen Dachbodenraum nicht von Flächen ausgehen, die der Widmung nach einer allgemeinen Benützung dienen sollte.

 

5 Ob 42/17p – Auch eine zu Wohnzwecken unsaniert erworbene Wohnung muss grundsätzlich unter Zugrundelegung eines allgemein üblichen Wohnverhaltens bewohnbar sein. Nur Mängel und Alterserscheinungen, die nach Bauart und Alter einer Wohnung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, sind hinzunehmen

Der Kläger begehrte die Rückabwicklung eines Kaufvertrags betreffend einer unsaniert erworbenen Eigentumswohnung. Es wurde die Rückzahlung des Kaufpreises und der Ersatz der Nebenkosten verlangt, da die Wohnung von einem nachhaltigen Schimmelbefall und dadurch mit einer „notorischen Gesundheitsgefährdung“ verbunden sei. Der Schimmel in der Wohnung entstand durch Sommerkondensat (warme Luft von Draußen kondensiert an den kälteren Innenwänden). Auf Dauer sei die Schimmelbildung in der Wohnung nur durch „besonders vorsorgliches und kluges Bewohnen“ zu verhindern: die Wohnung so zu beheizen, dass die Wandoberflächen immer wärmer sind als die Außentemperatur. Dies war dem Käufer bei dem Erwerb der Wohnung nicht bekannt gewesen.

Gemäß §922 ABGB ist eine Leistung dann mangelhaft, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten – dem Vertragsinhalt – zurückbleibt (RIS-Justiz RS 0018547). Der Vertragsinhalt wird durch die gewöhnlich vorausgesetzten oder zugesicherten Eigenschaften bestimmt. Ob eine Eigenschaft als zugesichert zu anzusehen ist, hängt nicht davon ab, was der Erklärende wollte, sondern davon, was der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben annehmen durfte. Seine berechtigten Erwartungen sind an der Verkehrsauffassung zu messen (RIS-Justiz RS0114333).

Bei einer unsaniert erworbenen Wohnung kann nach der Verkehrsauffassung erwartet werden, dass Mängel und Alterserscheinungen, die nach Bauart und Alter einer Wohnung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, vom Käufer hinzunehmen sind (7 Ob 156/16s = immolex 2017/9 [Prader] = wobl 2017/10 [Mutz]). Grundsätzlich muss ein Kaufgegenstand aber der Natur des Geschäfts und der geschlossenen Verabredung entsprechend benutzt und verwendet werden können (9 Ob 50/10h). So muss eine zu Wohnzwecken verkaufte Wohnung nach der Verkehrsauffassung grundsätzlich unter Zugrundelegung eines allgemein üblichen Wohnverhaltens bewohnbar sein. Ein Lüften der Wohnung gerade an heißen und schwülen Tagen vermeiden zu müssen und die Raumtemperatur im Sommer durch beheizen so warm zu halten, dass es nicht zu einem Absinken der Oberflächentemperatur der Wände und des Bodens auf eine Temperatur niedriger als die Außentemperatur kommt, ist jedenfalls als unzumutbar anzusehen gewesen. Bei Zugrundelegung eines üblichen Wohnverhaltens war von einer nachhaltigen und ausgedehnten Schimmelbildung auszugehen. Der Kauf einer unsanierten Wohnung rechtfertigt es in diesem Fall nicht im Sinne der Entscheidung zu 7 Ob 1156/16s anzunehmen, dass der Käufer mit einer nachhaltigen Schimmelbildung in der Wohnung auch bei üblichem Bewohnen rechnen muss.

 

7 Ob 56/17m – Die nebenvertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten des Vermieters umfassen auch den Schutz eines Mieters vor Störungen Dritter, insbesondere anderer Mieter des Hauses. Diese Pflichten dürfen aber nicht überspannt werden und finden in dem Schikaneverbot, der Zumutbarkeit und der Möglichkeit die Beeinträchtigung zu beenden ihre Grenze

Der klagende Mieter ersuchte vom beklagten Vermieter Abhilfe betreffend das Aufscheinen des Schriftzuges „GAY“ auf den Fenstern anderer Wohnungen und Geschäftsobjekte des gleichen Wohnhauses. Aufgrund der Gestaltung der Fenster wären seine Mietrechte beeinträchtigt und erfolge eine Störung des bedungenen Gebrauchs der Mietwohnung, da der Eindruck eines (homosexuellen) Bordellbetriebes erweckt werden würde. Der Mieter und sein Sohn seien dem Verdacht ausgesetzt, sie würden einem einschlägigen Gewerbe nachgehen oder zumindest als Freier beteiligt sein.

Der Vermieter ist im Rahmen seiner nebenvertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten dazu verpflichtet, dem Mieter im Gebrauch des Bestandgegenstands in zumutbarer Weise gegen wesentliche Störungen durch Dritte, insbesondere auch durch die im selben Haus wohnenden Mitmieter, zu schützen. Die Wahl der Abhilfemittel bleibt grundsätzlich dem Vermieter überlassen (4 Ob 53/08k, vgl auch RIS-Justiz RS0020975). Dem Mieter ist jener Gebrauch und jene Nutzung zu gewährleisten, der ausdrücklich oder nach dem Zwecke des Vertrages oder nach der Verkehrssitte bedungen sind (RIS-Justiz RS0020926, RS0021054). Zur Beurteilung der Wesentlichkeit einer Einwirkung wird ein objektiver Maßstab angesetzt. Maßgeblich ist nicht das subjektive Empfinden des gestörten Mieters, sondern das eines Durchschnittsmenschen in der gleichen Situation. Die Bewahrungspflicht des Vermieters findet in der Zumutbarkeit und in Fällen, in denen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Beseitigung der Mietrechtsbeeinträchtigung nicht erreichbar erscheint (1 Ob 89/02y mwN = RIS-Justiz RS0020979 [T15]), sowie im Schikaneverbot (krasses Missverhältnis der Interessen) (RIS-Justiz RS0026265) ihre Begrenzung. In diesem Fall wurde eine Beeinträchtigung des Mieters nicht angenommen, weil auf einer Aufschrift an einem Fenster im Erdgeschoss des Hauses Weiters darauf hingewiesen wurde, dass die Aufkleber für Minderheitsrecht und gegen Diskriminierung von Minderheiten und eine pluralistische Gesellschaft stünden. Ein weiterer Aufkleber wies darauf hin, dass sich in dem Haus kein Prostitutionslokal befindet. Objektiv sei dadurch nicht der Eindruck eines (homosexuellen) Bordellbetriebes erweckt worden.

 

5 Ob 75/17s – Auch die Decke eines Wohnungseigentumsobjekts die direkt an das dieser Wohnung zugeordnete Zubehör (Keller) angrenzt, stellt als Außenbegrenzung der Wohnung einen allgemeinen Teil der Liegenschaft dar

Der beklagte Wohnungseigentümer einer im Hochparterre eines Hauses gelegenen Wohnung ließ einen Durchbruch in der Decke zwischen dem Hochparterre und dem Souterrain herstellen, um die dort gelegenen Kellerräumlichkeiten, die seinem Wohnungseigentumsobjekt zugeordnet waren, mit einem Stiegenabgang direkt zu verbinden. Die Zustimmung sämtlicher Mit– und Wohnungseigentümer dafür holte er sich nicht ein. Die klagenden anderen Wohnungseigentümer begehrten die Unterlassung der von dem Beklagten in Auftrag gegebenen Baumaßnahmen, die Entfernung des Durchbruchs und die Wiederherstellung eines der geltenden Baubewilligung entsprechenden Zustandes.

Zu den allgemeinen Teile eines Hauses gehört im Sinne des § 16 Abs 2 Z2 WEG die „Außenhaut“ (RIS-Justiz RS0069976; RS0083334), aber auch die zwischen zwei Geschossen eingezogene Decke (RIS-Justiz RS0082890), jedenfalls wenn sie eine Außenbegrenzung des Bestandsobjektes bildet oder ihr sonst eine für das Gebäude tragende Funktion zukommt (vgl 5 Ob 206/16d). Eine Wohnung iSd §2 Abs 2 WEG ist ein baulich abgeschlossener, nach der Verkehrsauffassung selbständiger Teil eines Gebäudes, der nach seiner Art und Größe geeignet ist, der Befriedigung eines individuellen Wohnbedürfnisses von Menschen zu dienen. Zubehör Wohnungseigentum gemäß §2 Abs 3 Satz 1 WEG 2002 ist das mit dem Wohnungseigentum verbundene Recht, andere, mit dem Wohnungseigentumsobjekt baulich nicht verbundene Teile der Liegenschaft, wie Keller– und Dachbodenräume, Hausgärten oder Lagerplätze ausschließlich zu nutzen. Dabei handelt es sich um eine rechtliche Verbindung, die abgesehen von der in §2 Abs 3 Satz 2 umschriebenen Zubehörtauglichkeit auch eine entsprechende Widmung voraussetzt (vgl T.Hausmann in Hausmann/ Vonkilch Österreichisches Wohnrecht³ §2 WEG Rz 25, 5 Ob 218/13i; RIS-Justiz RS0118149). Bei den klagegegenständlichen Kellerräumen handelte es sich um Zubehör – Wohnungseigentum iSd §2 Abs 3 WEG 2002. Die Trenndecke des eigentlichen Wohnungseigentumsobjekt, dem diese Kellerräumlichkeiten rechtlich zugeordnet sind, bildet eine Außenbegrenzung der Wohnung. Die Decke zum Kellergeschoss ist somit Außenbegrenzung des Wohnungseigentumsobjekts. Als Außengrenze ist die Trenndecke nach ganz einheitlicher Auffassung aber schon begrifflich nicht Bestandteil des Wohnungseigentumsobjekts, sondern allgemeiner Teil des Hauses (vgl 5 Ob 206/16d; RIS-Justiz RS0082890). Änderungen allgemeiner Teile des Hauses bedürfen der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer bzw eine diese Zustimmung ersetzende gerichtliche Entscheidung.

 

9 Ob 53/16h – Bei der Beurteilung, ob Lärmemissionen aus einer anderen Mietwohnung eine unzulässige Lärmbeeinträchtigung darstellen, die vom Mieter nicht mehr zu dulden sind, ist darauf abzustellen, ob die Lärmemissionen das gewöhnliche Maß der örtlichen Verhältnisse überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Objekts wesentlich beeinträchtigen

Die langjährige Mieterin eines Reihenhauses fühlte sich aufgrund von baulichen Veränderungen des Nachbarhauses vermehrt durch Lärm belästigt. Sie verlangte von dem Vermieter Maßnahmen um „Ruhe“ wieder herzustellen, da die Lärmbelästigung das ortsübliche Ausmaß bei weitem übersteige, das vor den Umbauarbeiten bestanden habe und die ortsübliche Nutzung wesentlich beeinträchtige.

Gemäß §1096 ABGB, der auch im Bereich des WGG anwendbar ist, ist der Bestandgeber verpflichtet, den Bestandnehmer im Gebrauch des Bestandgegenstands in zumutbarer Weise gegen wesentliche Störungen durch Dritte, insbesondere auch durch im selben Haus wohnende Mitmieter, zu schützen (3 Ob 2413/16s ua; vgl RIS-Justiz RS0020999). Die Wahl der Abhilfemittel bleibt dem Bestandgeber überlassen (RIS-Justiz RS0020979 [T3]). Der Bestandgeber hat dem Bestandnehmer jenen Gebrauch und jene Nutzung zu gewährleisten, die ausdrücklich oder nach dem Zweck des Vertrages oder nach der Verkehrssitte bedungen ist. Mangels anderer Vereinbarungen ist eine mittlere (durchschnittliche) Brauchbarkeit anzunehmen (RIS-Justiz RS0020926). Eine Lärmeinwirkung kann eine Störung des bedungenen Gebrauchs darstellen (RIS-Justiz RS0118572; 10 Ob 38/03s mwN; 3 Ob 2413/96s mwN). Bei der Beurteilung, welche Lärmbeeinträchtigung der Mieter noch hinnehmen muss, sind die Grundsätze des §364 Abs 2 ABGB (Nachbarschaftsrecht) analog anzuwenden. Auch Einwirkungen, die sich als eine Änderung gegenüber dem tatsächlichen Zustand zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages darstellen, sind vom Mieter zu dulden, wenn sie das nach §364 Abs 2 ABGB zulässige Maß nicht überschreite (RIS-Justiz RS00110567). Die Einwirkung darf das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß nicht überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Objekts nicht wesentlich beeinträchtigen, wobei diese Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen (vgl RIS-Justiz RS0010587 [T8]). Dabei kommt es nicht auf die besondere Empfindlichkeit der betroffenen Person, sondern auf das Empfinden eines Durchschnittsmenschen an, der sich in der Lage des Gestörten befindet (RIS-Justiz RS0010607; RS0010557 [T4]; 7 Ob 286/03i; 9 Ob 62/09x). Die Ursache der Lärmbeeinträchtigung ist demgemäß nicht maßgeblich. Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, ob der Vermieter gemäß §9 Abs 1 MRG verpflichtet war, Umbauarbeiten eines anderen Mieters zuzustimmen oder über diese Zustimmungspflicht hinaus mit einer Veränderung eines anderen Bestandsobjekts einverstanden war. Der durch §9 Abs 1 MRG gewährleistete Schutz der anderen Mieter geht aber grundsätzlich nicht über jenen des §1096 ABGB hinaus, kann doch der Vermieter gegenüber Dritten (anderen Mietern) nicht zu einer weitergehenden Interessenwahrung verpflichtet sein als gegenüber dem Vertragspartner selbst.

Somit kommt es letztendlich nur darauf an, ob die Einwirkungen, die die Mieterin als Störung ansieht, dass nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreitet und die ortsübliche Benutzung des Objekts wesentlich beeinträchtigt. Ist dies zu bejahen, ist die Ursache dafür nur betreffend der Möglich- und Zumutbarkeit von Abwehrmaßnahmen des Vermieters von Relevanz.

 

Außerstreitiges Recht

5 Ob 146/16f – In einem Rechnungslegungsverfahren betreffend die Jahresabrechnung des Hausverwalters gem §34 WEG kann ein Misswirtschaften des Hausverwalters nicht bekämpft werden

Von der Hausverwalterin wurde im Auftrag der Mieteigentümer einer Liegenschaft eine Hecke entfernt. Entgegen den vereinbarten Erfordernissen für Erhaltungsarbeiten wurde in weiterer Folge von der Hausverwalterin ein 0,65 m hoher Zaun errichtet und etwas später auf Urgenz einiger Miteigentümer ein Sichtschutzzaun direkt hinter diesem Zaun. Die Investition in den ersten, kleineren Zaun war somit letztendlich nutzlos. Es waren Mehrkosten in der Höhe von angefallen, die die Hausverwalterin in der Betriebskostenabrechnung gegenüber den Miteigentümern in Rechnung stellte. Gemäß §20 Abs 3 WEG 2002 ist der Verwalter zu einer ordentlichen und richtigen Abrechnung gegenüber den Wohnungseigentümern verpflichtet. Bei der Überprüfung einer Abrechnung durch das Gericht gem §34 Abs 3 letzter Satz WEG ist die Unrichtigkeit bestimmter Positionen bindend fest zu legen und der Saldo entsprechend richtig zu stellen (5 Ob 11/14z; RIS-Justiz RS0019408 [T22]). Ein Misswirtschaften des Hausverwalters kann auf diesem Wege aber nicht saniert werden (Thunhart aaO 47). In allen Angelegenheit der Verwaltung – sowohl betreffend die ordentliche als auch die außerordentliche Verwaltung – vertritt der Verwalter die Eigentümergemeinschaft gegenüber Dritten (RIS-Justiz RS0013747). Die Vertretungsakte der Hausverwaltung sind, mit Ausnahme von Fällen in denen der Vertragspartner Kenntnis vom Vollmachtsmissbrauch des Hausverwalters hat, auch dann wirksam, wenn der Hausverwalter im Bereich der außerordentlichen Verwaltung pflichtwidrig gegen den Willen der Eigentümer handelt (RIS-Justiz RS0013747 [T8]). Ist eine Leistung im Zusammenhang mit der Verwaltung der Liegenschaft von der Hausverwaltung gegenüber einem Dritten rechtswirksam in Auftrag gegeben worden, sind die dafür angefallenen Kosten Gegenstand der Jahresabrechnung. Bei der Überprüfung der Richtigkeit der Abrechnung im Rechnungslegungsverfahren ist aber nicht zu prüfen, ob ein pflichtwidriges Verhalten des Hausverwalters vorliegt, dass der Rechnung zugrunde liegt. Zu überprüfen ist aber, ob die gesetzte Maßnahme der Verwaltung zuzuordnen ist, da dies Voraussetzung für die materielle Richtigkeit der Abrechnung ist. Der Hausverwalter ist nämlich nur im Rahmen der Verwaltung vertretungsbefugt.

 

5 Ob 4/17z – Im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren tritt der Erwerber von mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteilen durch den Erwerb der Anteile in ein anhängiges Außerstreitverfahren das Wohnungseigentumsobjekt betreffend ein

Die (ursprünglichen) Antragsteller beantragten die Nutzwert-(neu-)festsetzung hinsichtlich Tiefgaragenstellplätzen als Zubehörwohnungseigentum zu den, den Antragstellern gehörenden Wohnungseigentumsobjekten. In einem Nutzwert-(neu-)festsetzungsverfahren kommt allen grundbücherlichen Miteigentümern der Liegenschaft die Pateistellung zu (§52 Abs 2 Z 1 WEG). Dabei ist auf den Grundbuchsstand während des erstinstanzlichen Verfahrens abzustellen (RIS-Justiz RS0083224; RS0083019). Bei einem Eigentumsübergang während des erstinstanzlichen Verfahrens scheidet der frühere Eigentümer (Verkäufer) aus dem Verfahren aus und tritt der neue Eigentümer (Erwerber) in das Verfahren ein (RIS-Justiz RS0083019 [T2]; RS0126080). Durch die Veräußerung seines Miteigentumsanteils, mit welchem das Wohnungseigentum verbunden ist, verliert der Veräußerer die Antragslegitimation und seine materielle und formelle Parteistellung (RIS-Justiz RS0083185; RS0083100; Kodek in Gitschthaler/Höllwerth AußStrG §2 Rz 177; Lovrek, Einige Fragen zur Parteistellung im Verfahren nach §37 MRG, wobl 2012, 279 [283]). In einem solchen Fall ist der Außerstreitrichter von Amts wegen dazu verpflichtet dem Erwerber die Möglichkeit durch Zustellung einer entsprechenden Aufforderung einzuräumen, sich dazu zu äußern, ob er den Antrag des Antragstellers (Veräußerers) aufrecht halten möchte (RIS-Justiz RS0083185; 5 Ob 59/11d). Die Bestimmung des §234 ZPO, wonach der Veräußerer einer in  Streit verfangenen Sache oder Forderung keinen Einfluss auf den Prozess hat und nicht berechtigt ist, ohne Zustimmung des Gegners in das Verfahren als Hauptpartei einzutreten, ist in dem wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nicht anwendbar (RIS-Justiz RS0005786 [T3]).

 

5 Ob 9/17k – Eine unzulässige Änderung eines Wohnungseigentumsobjekts, liegt vor, wenn dadurch die Symmetrie der Wohnhausanlage – das äußere Erscheinungsbild – gestört wird

Die Antragsteller wollten an dem einem Sportplatz zugewandten Teil eines Wohnhauses einen Balkonturm (aus verzinktem Stahl), welcher sich von der Mitte des Wohnhauses über den linken Teil der Fassade erstrecken sollte, errichten. Dabei würden vorhandene Gebäudeteile überragt werden. Auf der Liegenschaft befinden sich insgesamt vier Häuser, die im Wesentlichen einem einheitlichen architektonischen Baukonzept folgen. Bei drei der Wohnhäuser waren nachträglich Balkone symmetrisch auf beiden Gebäudehälften (links und rechts) errichtet worden, die keine Gebäudeteile der Wohnhäuser überragten.

Gemäß §16 Abs 2 WEG 2002 ist ein Wohnungseigentümer grundsätzlich dazu berechtigt Änderungen an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine Kosten durchzuführen. Liegt keine Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer der Liegenschaft vor, müssen weitere Kriterien erfüllt sein, die sicherstellen sollen, dass die schutzwürdigen Interessen der anderen Wohnungseigentümer nicht verletzt werden. So dürfen die Änderungen an einem Wohnungseigentumsobjekt nicht das Haus schädigen und keine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder anderen Sachen zur Folge haben. Insbesondere darf auch nicht das äußere Erscheinungsbild des Hauses beeinträchtigt werden (§16 Abs 2 Z1 WEG 2002). Nur wesentlichen Beeinträchtigungen sind bei einer beidseitigen Interessenabwägung maßgeblich (RIS-Justiz RS0083236). Wenn für die Änderungen darüber hinaus allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen werden, müssen diese Weiters entweder der Übung des redlichen Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen (§16 Abs 2 Z2 WEG). Die Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbilds des Hauses betrifft Veränderungen, die eine Verschlechterung des Erscheinungsbilds bewirkt (RIS-Justiz RS0043718). Dabei ist entscheidend, ob das Haus einem bestimmten architektonischen Konzept folgt oder „äußerlich einfallslos“ ist (Vonkilch in Hausmann/ Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ §16 WEG Rz 30 mwN). Bereits die Einheitlichkeit des äußeren Erscheinungsbilds kann einen schutzwürdigen Wert darstellen (MietSlg 40.641; MietSlg 42.435; MietSlg 42.436). Primär ist die straßenseitige Ansicht einer Liegenschaft ausschlaggebend, optische Aspekte können aber auch eine negative Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds einer Wohnhausanlage bewirken (5 Ob 208/11s). Da in diesem Fall die vier auf der Liegenschaft befindlichen Häuer einem symmetrischen Konzept folgen, wurde der geplante asymmetrische Balkonturm als „auffallender Fremdkörper“ befunden, der in auffallenden Gegensatz zu der sonst von Symmetrie geprägten Bauweise eine negative Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds der Wohnhausanlage bewirkt.

 

5 Ob 43/17k – Ab- und Zuschläge zum Richtwertmietzins orientieren sich an einer Gesamtschau der Ausstattungsdetails (dem konkreten Wohnwert) gemessen an einer Normwohnung

Gemäß §16 MRG wird die zwischen einem Vermieter und einem Mieter getroffene Vereinbarung über den Hauptmietzins für einen Mietgegenstand je nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand auf den angemessenen Betrag beschränkt. Der angemessene Hauptmietzins ist nach dem Richtwertgesetz (RichtWG) unter Berücksichtigung allfälliger Zuschläge oder Abstriche anhand des Vergleichs einer mietrechtlichen Normwohnung nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Erfahrungen des täglichen Lebens zu ermitteln. Dabei ist eine Gesamtschau geboten, und nicht eine gesonderte Bewertung von Ausstattungsdetails durch Zu- und Abschläge sowie deren Zusammenrechnung. Die Auflistung und Bewertung einzelner Fakten ist nur ein Kontrollinstrument (RIS-Justiz RS0117881; 5 Ob 42/15k). Auch orientiert sich das Zu- und Abschlagssystem nicht an Investitionskosten des Vermieters, sondern an werterhöhenden oder –mindernden Abweichungen von der Normwohnung: an dem konkreten Wohnwert für den Mieter (5 Ob 224/13x). Ein Lagezuschlag ist dann zulässig, wenn ein ursprüngliches „Gründerzeitviertel“ iFd §2 Abs 3 2.Halbsatz RichtWG zu einer Wohnumgebung geworden ist (im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages), auf die die Beschränkung des §2 Abs 3 RichtWG betreffend den Lagezuschlag nicht mehr zutrifft (vgl OGH 16.12.2014, 5 Ob 188/14d).

 

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Juli 2017

WMWP Rechtsanwälte GmbH