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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Februar 2020

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

 

STREITIGES RECHT

1 Ob 201/19f – Bei Veräußerung eines Miteigentumsanteils sind die verbleibenden Miteigentümer an eine bisherige Gebrauchsregelung nur dann gebunden, wenn sie im Wege der Vertragsübernahme dem Eintritt des neuen Miteigentümers ausdrücklich oder stillschweigend zustimmen

(RS0013600). Die Rechte und Pflichten aus einer Vereinbarung über die Benützungsregelung gehen daher nicht auf die Rechtsnachfolger der Miteigentümer über; vielmehr bedarf es einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung (RS0013598 [T4]).
Dass der Beklagte bei Veräußerung seiner Miteigentumsanteile sich die weitere Nutzung „im Sinne der bisherigen Benützungsvereinbarung“ vorbehielt, vermag als bloß einseitige Erklärung die übrigen Miteigentümer nicht zu binden. Die zwischen dem Beklagten und seiner Einzelrechtsnachfolgerin, der Käuferin seiner Anteile, getroffene Vereinbarung betrifft bloß das Innenverhältnis zwischen den Parteien des Kaufvertrags, vermag aber keine Rechtswirkungen gegenüber den anderen, an diesem Vertragsschluss nicht beteiligten Miteigentümern der Liegenschaft zu entfalten.


AUSSERSTREITIGES RECHT

5 Ob 157/19b – Zum Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 5 MRG

Der Antragsteller begehrt die Feststellung des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses sowie das Ausmaß von dessen Überschreitung durch die tatsächlichen Vorschreibungen. In dem Verfahren war strittig, ob das Mietverhältnis dem Anwendungsbereich des MRG unterliegt.
Gemäß § 1 Abs 2 Z 5 MRG sind vom Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes Mietgegenstände in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten ausgenommen, wobei Räume, die nachträglich durch einen Ausbau des Dachbodens neu geschaffen wurden oder werden, nicht zählen (Ein- und Zweifamilienhäuser). Unter selbständiger Wohnung ist jeder selbständige und in sich baulich abgeschlossene Teil eines Gebäudes zu verstehen, der geeignet ist, der Befriedigung eines individuellen Wohnbedürfnisses von Menschen zu dienen (RIS-Justiz RS0069338). Die Annahme von Wohnräumen ist dabei nur dann gerechtfertigt, wenn diese aufgrund ihrer bautechnischen und rechtlichen Gegebenheiten für die Verwendung zur Unterkunft und Haushaltsführung geeignet sind (RS0069440). Die Beurteilung hat nach der Verkehrsauffassung zu erfolgen (RS0079853). Entscheidend ist dabei der tatsächliche Zustand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags (RS0112564). Eine unbrauchbare dritte Wohnung schadet dann nicht, wenn sie nicht nur vorübergehend (dh durch Sanierungsmaßnahmen behebbar), sondern endgültig nicht vermietbar ist (RS0069338 [T2]; RS0112565; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 MRG § 1 Rz 66; Böhm/Prader in GeKo Wohnrecht I § 1 MRG Rz 223 FN 628: vorübergehende Unvermietbarkeit ist zu wenig). Nach allgemeiner Auffassung dürfen neben den zwei selbständigen Wohnungen (oder Geschäftsräumlichkeiten) überhaupt keine der Vermietung zugängliche – oder sogar tatsächlich vermietete – Räume im Haus vorhanden sein (RS0069389; Würth in Rummel, ABGB3 § 1 MRG Rz 16b mwN; Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 1 MRG Rz 52 mwN; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 1 MRG Rz 78; Böhm/Prader aaO § 1 MRG Rz 223). Maßgeblich ist die selbständige Vermietbarkeit getrennt zugänglicher Räume, soweit es sich dabei nicht um üblicherweise vorhandene Nebenräume handelt (vgl 2 Ob 169/10g mwN = RS0069389 [T14]). Der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 5 MRG kommt daher schon bei Vorhandensein bloß eines weiteren Raumes, der einer selbständigen Vermietbarkeit zugänglich ist, nicht mehr zum Tragen. Abzustellen ist dabei auf den objektiven baulichen Zustand im Zeitpunkt der Vermietung nach Maßgabe der Verkehrsauffassung. Auf die tatsächliche Benützung bzw Widmung durch den Vermieter kommt es hingegen nicht an. Soweit von „tatsächlichem Zustand“ die Rede ist, ist nicht die tatsächliche Verwendung gemeint, sondern der objektive bauliche Zustand, also die objektive Verwendbarkeit nach den tatsächlichen baulichen Gegebenheiten (3 Ob 247/18x). Das Mietrechtsgesetz erfasst nach seinem § 1 Abs 1 Geschäftsräumlichkeiten aller Art, wie insbesondere Geschäftsräume, Magazine, Werkstätten, Arbeitsräume, Amts- oder Kanzleiräume. Bereits das Vorhandensein eines weiteren zu solchen Zwecken verwendbaren Raumes hindert damit den Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs 2 Z 5 MRG, wenn er selbständig vermietbar ist.
Nach den Feststellungen befinden sich bei dem klagegegenständlichen Objekt im Souterrain drei Raumgruppen, deren Gliederung unzweifelhaft auf die bis in die sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zu Wohnzwecken erfolgte Nutzung (Vermietung von drei Wohnungen) zurückgeht. Die östliche Raumgruppe besteht aus drei Räumen, die über eine an der Nordfront des Hauses gelegene Nebenraumtür (separat) zugänglich sind. Zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses wurden zwei dieser Räume zur Lagerung alter Möbel verwendet. Bereits daraus folgt die grundsätzliche Eignung dieser Räume zu Lagerzwecken (als Magazin), sodass aus der festgestellten Mauerfeuchtigkeit keineswegs auf eine endgültige Unvermietbarkeit zu solchen Zwecken geschlossen werden kann. Bereits dieser Umstand steht der Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestands nach § 1 Abs 2 Z 5 MRG entgegen.

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Februar 2020

WMWP Rechtsanwälte GmbH