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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Februar 2018

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

Streitiges Recht

7 Ob 192/17m – Zur Abgrenzung zwischen Miete und Bittleihe

Die Bittleihe oder das Prekarium iSd § 974 ABGB ist eine besondere Form der Leihe. Der Verleiher räumt dem Gebrauchsberechtigten ein jederzeit widerrufbares Nutzungsrecht ein. Es begründet keinen Rechtsanspruch. Die Gebrauchsüberlassung muss in Wesentlichen unentgeltlich erfolgen. Dabei wird ein „Anerkennungszins“ des Gebrauchsberechtigten toleriert, wenn dieser  gegenüber dem Nutzungswert nicht ins Gewicht fällt. Als Grenze wird oftmals circa 10% des ortsüblichen Entgelts (Hauptmietzins zzgl Betriebskosten) angenommen. Diese Grenze ist jedoch nicht starr zu verstehen, sondern ist vielmehr entscheidend „dass ein für die überlassene Sache geleisteter „Anerkennungszins“ gegenüber dem Nutzungswert praktisch nicht ins Gewicht fällt“ (RIS-Justiz RS0020541). Dabei sind lediglich die Aufwendungen, die nicht Gebrauchskosten darstellen, maßgeblich, wie zB Reparaturkosten, Grundsteuer, Versicherungen. Als Gebrauchskosten, werden Aufwendungen wie zB Grundkosten, Hausverwaltung, Hausbetreuung, Warmwasser, und somit nicht als Entgelt gewertet. In diesem Fall ergab sich ausgehend vom Nettobetrag ein Verhältnis von 11,77%. In diesem Fall wurde noch das Vorliegen eines Prekariums angenommen.
2 Ob 196/16m – Konkludente Mietzinsvereinbarung

Der Vermieter musste aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls davon ausgehen, dass die jahrelangen Mietzinszahlungen der Mieterin in Höhe eines mit einer Mitmieterin der Mieterin als Zustimmung zu den entsprechenden Mietzinsvorschreibungen verstehen durfte und dadurch eine konkludente Vereinbarung über den Mietzins zustande kam.

Die konkludente Zustimmung der Mieterin zu der in dem Vergleich mit der Mitmieterin vereinbarten Wertsicherungsvereinbarung wurde hingegen verneint, da die Wertsicherung von der Vermieterin erst zu einem Zeitpunkt vorgeschrieben wurde, in dem die Mieterin den Hauptmietzins wegen einer Mietzinsreduktion vermindert entrichtete. Unter diesen Umständen wurde für die Annahme einer weiteren konkludenten Zustimmung kein Raum gesehen.

5 Ob 196/17k – Die Bewilligung der Streitanmerkung gem § 27 Abs 2 WEG 2002 ist ein Grundbuchsverfahren

Das Verfahren zur Bewilligung einer Streitanmerkung ist ein Grundbuchsverfahren, auch wenn der Antrag auf Bewilligung dieser Anmerkung im Zuge eines Rechtsstreits beim Prozessgericht gestellt wird (RIS-Justiz RS0060516, RS0060701). Dies betrifft auch die Klagsanmerkung gemäß § 27 Abs 2 WEG 2002, wonach der Eigentümergemeinschaft ein Vorzugspfandrecht an dem Miteigentumsanteil eines Eigentümers eines Anteils für Forderungen der Eigentümergemeinschaft aus Betriebs- und Verwaltungskosten eingeräumt wird, für welche diese zur ungeteilten Hand haften.

Außerstreitiges Recht

5 Ob 107/17x – Besteht Wohnungseigentum, sind die dem Wohnungseigentum zugrunde liegenden Nutzwerte auch für die Aufteilung nach § 16 Abs 3 WGG maßgeblich

Nach der grundbücherlichen Einverleibung von Wohnungseigentum hat die Bauvereinigung kein Rechtsschutzbedürfnis an der Festsetzung der Nutzwerte iSd § 16 Abs 4 WGG, wonach der Nutzwert auf Antrag der Bauvereinigung vom Gericht festzusetzen ist.

Gemäß § 16 Abs 1 WGG erfolgt die Aufteilung sämtlicher Kosten eines Hauses nach dem Verhältnis der Nutzfläche des Miet- oder sonstigen Nutzungsgegenstands zur Nutzfläche aller in Bestand oder sonstiger Nutzung gegebener oder dazu geeigneter Wohnungen, Wohnräume und sonstigen Räumlichkeiten des Hauses. Nach § 16 Abs 3 WGG kann die Bauvereinigung von dieser Regelung abweichend auch im Verhältnis des Nutzwerts iSd § 2 Abs 8 WEG 2002 des Miet- und Nutzungsgegenstands zur Summe der Nutzwerte aller Miet- oder sonstigen Nutzungsgegenstände die Aufteilung der Kosten festlegen (5 Ob 135/14k = RIS-Justiz RS0115312 [T8]). In der Wahl der Methoden ist die Bauvereinigung grundsätzlich frei, wenn dem nicht eine Vereinbarung mit allen Mietern oder Nutzungsberechtigten entgegen steht (5 Ob 245/15p).

Zweck der Möglichkeit die Aufteilung auch nach Nutzwerten vorzunehmen und damit der Angleichung der der Aufteilung nach WEG und WGG war, dass der Gesetzgeber einen Gleichklang mit dem Förderungsrecht der Länder und der Aufteilung nach dem WEG 1975 und WGG zur effizienteren Bewirtschaftung von „gemischten Objekten“ ermöglichen wollte.

Nach Ansicht des OGH ist die Anordnung des § 16 Abs 4 WGG aber dahingehend teleologisch auf den Fall zu reduzieren, dass noch kein Wohnungseigentum an der Liegenschaft begründet ist. Besteht bereits Wohnungseigentum, sind die dem Wohnungseigentum zugrunde liegenden Nutzwerte auch für die Aufteilung nach § 16 Abs 3 WGG maßgeblich, ohne dass es der Bestätigung der Nutzwerte durch eine eigene gerichtliche Nutzwertfestsetzung nach § 16 Abs 4 WGG bedarf.

5 Ob 13/17y – Ersetzung der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer zu der Installation einer Niedertemperatur-Fußbodenheizung

Der Antragsteller begehrte die Ersetzung der Zustimmung der Antragsgegner zur der von ihm bereits durchgeführten Installation einer Niedertemperatur-Fußbodenheizung in der Küche seiner Wohnung samt Subwärmezähler sowie die Installation eines Gesamtwärmezählers in der Heizanlage der Liegenschaft.

Da es sich bei dem Haus in dem die Wohnung gelegen war um einen Altbau aus den 70iger Jahren mit einem einheitlichen zentralen Heizungssystem handelte, in dem der Verbrauch über Verdunstungsmesser abgerechnet wurde, wurde die Verkehrsüblichkeit einer solchen Umrüstung verneint. Die Genehmigung der Umrüstung einer einzelnen Wohnung hat weitreichende Konsequenzen für die Verteilung der Verbrauchskosten. Eine Wärmemengenmessung im Weg der zuvor vorhandenen Verdunstungszähler wäre technisch nicht mehr möglich, es müsste eine Wärmemengenmessung nach dem Durchflussystem mittels Wärmemengenzähler für flüssige Wärmeträger installiert werden. Dies hätte auch der in dem Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vereinbarten Aufteilung der Kosten für den Betrieb der Zentralheizung der zentralen Wärmeaufbereitungsanlage widersprochen. Auch wurde kein wichtiges Interesse des Antragstellers an der Umrüstung zugestanden. Das wichtige Interesse ist danach zu beurteilen, „ob die beabsichtigte Änderung dazu dient, dem Wohnungseigentümer eine dem heutige üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objekts zu ermöglichen“ (5 Ob 157/15x = immolex 2016/15 [Räth]). Eine bloße positive Beeinflussung des subjektiven Wärmeempfindens der Bewohner kann ein wichtiges Interesse nicht zwingend begründen. Die Verkehrsüblichkeit als auch das wichtige Interesse ist nicht nach dem in Ö-Normen ersichtlichen Stand der Technik, sondern nach der Beschaffenheit des betreffenden Hauses und seines Umfelds sowie der Ermöglichung einer dem üblichen Standard entsprechenden Nutzung des Objekts zu beurteilen (5 Ob 157/15x).

5 Ob 154/17h – Vermietung allgemeiner Teile einer Liegenschaft an Dritte ist eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung

Der Mieter einer im Wohnungseigentum stehenden Wohnung mit Gartenzugang, welcher in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zum Vermieter stand, initiierte einen Umflaufbeschluss mit dem ihm die Eigentümergemeinschaft ein Teilstück der Gartenfläche auf unbestimmte Zeit mit einer viermonatigen jederzeitigen Kündigungsfrist vermietete. 78,55% der Miteigentümer waren mit der Vermietung einverstanden. Einer der Miteigentümer bekämpfte den Beschluss.

Allgemeine, einer abgesonderten Benützung zugängliche, Teile einer Liegenschaft können an eine Person, die nicht Wohnungseigentümer ist, als Teil der ordentlichen Verwaltung gemäß § 28 Abs 1 Z 8 WEG vermietet werden. Der Abschluss von Mietverträgen mit Dritten, die auch Angehörige eines Mieteigentümers sein können, ist grundsätzlich eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung iSd § 833 ABGB (RIS-Justiz RS0013564 [T1], [T9]). Auch nach den Bestimmungen des WEG gilt, dass eine Vermietung zu ortsüblichen Bedingungen an Dritte auch dann, wenn es sich um Angehörige von Mit- und Wohnungseigentümern handelt, unter die ordentlichen Verwaltung fällt (Löcker in Hausmann/ Vonkilch Österreichisches Wohnrecht3 § 28 WEG Rz 90). Ob in diesem Fall von der Vermietung ein allgemeiner Teil der Liegenschaft betroffen war, war aber von dem Erstgericht nicht festgestellt worden.

5 Ob 193/17v – Dem Verwalter einer Liegenschaft steht ein Entgelt für seine Leistungen zu, auch wenn seine Bestellung nachträglich erfolgreich angefochten werden sollte

Der Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft beantragte das von einem anderen Mit- und Wohnungseigentümer als Verwalter für seine Verwaltungstätigkeit verrechnete Entgelt diesem nicht zustünde, weil der Beschluss der Eigentümergemeinschaft über seine (Wieder-)Bestellung nachträglich mit der Wirkung ex tunc als rechtsunwirksam aufgehoben wurde.

Die Bestellung eines Verwalters sowie die Auflösung eines Verwaltungsvertrages sind gemäß § 28 Abs 1 Z 5 WEG 2002 Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung (RIS-Justiz RS0106051 [T5]). Sobald die Kündigung des bisherigen Verwalters ausgesprochen worden ist und ein neuer Verwalter bestellt wurde, muss sich der frühere Verwalter jeder Tätigkeit für das neue Verwaltungsjahr enthalten (RIS-Justiz RS0125809; RS0125756). Die Pflicht des alten Verwalters seine Tätigkeit nach § 1025 ABGB fortzusetzen besteht nur bis zur Bestellung eines neuen Verwalters (RIS-Justiz RS0125756). Da in diesem Fall mit dem Beschluss aus dem Juli 2011 die Kündigung des alten Verwalters ausgesprochen worden war, aber erst mit Wirksamkeit ab 1.1.2012 eine neue Hausverwaltung bestellt worden war, und die Eigentümergemeinschaft mehrheitlich noch vor dem Wirksam werden der Kündigung zum 31.12.2012 beschlossen hatte, dass der alte Verwalter mit der Fortsetzung der Verwaltertätigkeit betraut werden soll, stand dem alten Verwalter das Entgelt nach Ansicht des OGH für seine Leistungen zu: Beschlüsse oder Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung sind zwar auflösend bedingt (RIS-Justiz RS0122765 [T5, T6]), sodass sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung schwebend wirksam und zeitlich eingeschränkt vollziehbar sind (5 Ob 105/07p; Würth/ Zingher/ Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 § 24 Rz 51; Löcker in Hausmann/ Vonklich, aaO § 24 Rz 99). Dies betrifft auch den Beschluss auf die (Wieder-)Bestellung des bisherigen Verwalters. Dadurch, dass der Beschluss auf Wiederbestellung erfolgreich angefochten wurde, wurde dieser mit Wirkung ex tunc beseitigt (RIS-Justiz RS0122765 [T3]; 5 Ob 211/05y ua; Löcker in Hausmann/ Vonkilch aaO § 24 Rz 78; Würth/ Zingher/ Kovanyi aaO § 24 WEG Rz 37), er war aber bis dahin vollziehbar. Die Tätigkeit des (alten) Verwalter erfolgte daher aufgrund eines (schwebend) wirksamen Beschlusses der Eigentümergemeinschaft und eines darauf basierenden Bevollmächtigungsvertrages (vgl dazu Würth/ Zingher/ Kovanyi aaO § 19 WEG Rz 5), der als Dauerschuldverhältnis konzipiert ist (vgl Strasser in Rummel, ABGB³ § 1002 Rz 37). Für Dauerschuldverhältnisse gilt ganz allgemein eine Beschränkung der Rückwirkung von Nichtigkeit, Anfechtung und Rücktritt, sodass diese nicht rückwirkend aufgelöst werden können, wenn sie bereits ins Erfüllungsstadium eingetreten sind (RIS-Justiz RS0018363 [zum Auftragsverhältnis: T7]; vgl auch RS0106756; Rummel in Rummel aaO § 859 Rz 27).

5 Ob 145/17k – Der Außerstreitrichter hat demgemäß über die Genehmigungsfähigkeit einer Veränderung nach § 16 Abs 2 WEG losgelöst von baurechtlichen Voraussetzungen zu befinden

Das Magistrat hatte dem Antrag stellenden Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft, der Wohnungseigentum an einer Dachgeschosswohnung hatte, eine Baubewilligung für den Umbau und die Erweiterung eines Balkons mit Dachgaupe dieser Dachgeschosswohnung erteilt. Der der Baubewilligung zugrunde liegende Einreichplan stimmte nicht mit der Natur überein. In dem Plan war in Satteldach dargestellt, obwohl sich dort ein Walmdach befand.

Der Antragsteller begehrte von den anderen Mit- und Wohnungseigentümern die Duldung der fachgerechten Errichtung einer Dachgaupe und eines Balkonzubaus bei seiner Dachgeschosswohnung gemäß dem rechtskräftig ergangenen Bescheid des Magistrats. Dem wurde unter anderem eingewandt, dass die Umbaumaßnahmen nicht genehmigungsfähig seien, da der Baubescheid aufgrund des unrichtigen Einreichplans unrichtig sei.

Die Zulässigkeit der Änderung nach baurechtlichen Vorschriften begründet für sich alleine keine Duldungspflicht der anderen Wohnungseigentümer gemäß § 16 Abs 2 WEG, da die Genehmigung der Baubehörde, sofern diese erforderlich ist, eine selbständige Erfolgsvoraussetzung darstellt (RIS-Justiz RS0082982). Der Außerstreitrichter hat demgemäß über die Genehmigungsfähigkeit einer Veränderung nach § 16 Abs 2 WEG losgelöst von baurechtlichen Voraussetzungen zu befinden. Nur dann wenn, sich aus den Vorschriften der jeweiligen Bauordnung Hindernisse ergeben, die von vorneherein bewirken, dass mit einer Bewilligung der Baubehörde keinesfalls gerechnet werden kann, kann dies zu einer Versagung der gerichtlichen Genehmigung führen (RIS-Justiz RS 0118808). In Fällen in denen mit einer Erteilung der Baubewilligung nicht gerechnet werden kann oder zumindest Vorschriften der Bauordnung der beabsichtigten oder schon vorgenommenen Änderung entgegen stehen, kann die Zustimmung des widersprechenden Wohnungseigentümers vom Gericht nicht ersetzt werden (5 Ob 257/11x = immolex 2012/38 [Prader]). Wenn durch die Änderung ein rechtswidriger Zustand (zB evidente Verstöße gegen die Bauordnung) herbeigeführt würde, ist von einer wesentlichen Beeinträchtigung der schutzwürdigen Interessen der übrigen Wohnungseigentümer auszugehen.

An rechtskräftige Bescheide der Verwaltungsbehörden sind Gerichte grundsätzlich gebunden. Dies gilt auch dann, wenn die Verfügungen unvollständig oder fehlerhaft sein sollten. Eine inhaltliche Überprüfung eines Verwaltungsbescheides hat nicht zu erfolgen (RIS-Justiz RS0036981). Bindungswirkung für das Gericht entfaltet aber der Spruch rechtsgestaltender Bescheide der Verwaltungsbehörden, nicht aber die auf einen bestimmten Sachverhalt gestützte rechtliche Beurteilung und die Begründung (RIS-Justiz RS0036948 [T4]; RS0037015 [T6]). Auch wenn die Planunterlagen, welche Grundlage für den Bescheid in diesem Fall unrichtig waren, entzieht sich eine inhaltliche Überprüfung der darauf gestützten Baubewilligung in baurechtlicher Hinsicht dem Zivilgericht aufgrund Rechtskraft des Bewilligungsbescheids. Die Ausführung eines Bauprojekts auf Basis eines rechtskräftigen Genehmigungsbescheids kann nicht als rechtswidrig beurteilt werden. Es liegt hier somit kein Fall vor, in dem mit einer Bewilligung der Baubehörde nicht gerechnet werden kann, sondern wurde die Bewilligung bereits rechtskräftig erteilt. Nach einem vorliegenden Sachverständigengutachten wirkte sich die unrichtige Plandarstellung des Daches sich auch nicht konstruktiv oder optisch auf die vorgesehenen Umbauarbeiten aus.

5 Ob 144/17p – Keine gerichtliche Festsetzung der Nutzwerte gemäß § 16 Abs 4 WGG für den Fall des Bestehens einer schriftlichen Vereinbarung zwischen der gemeinnützigen Bauvereinigung und allen Mietern bzw Nutzungsberechtigten gemäß § 16 Abs 5 WGG

In dem Nutzungsvertrag mit einer gemeinnützigen Bauvereinigung war vereinbart worden: „Die Aufteilung der Gesamtkosten erfolgt grundsätzlich nach dem Verhältnis des Nutzwerts des Nutzungsgegenstandes zum Nutzwert aller in Bestand oder sonstige Nutzung gegebenen oder hierzu geeigneten Wohnungen, Wohnräume und sonstigen Räumlichkeiten der Baulichkeit.“ Gemäß § 16 Abs 5 Z 1 WEG war weiters eine Aufteilung der „Betriebskosten, öffentlichen Abgaben und Kosten der Gemeinschaftsanlagen (Waschküchen, Grünanlagen, Garagen, Kfz-Abstellplätze ua) […] zwischen den Mietern nach dem Verhältnis der Nutzwerte der einzelnen Nutzungsgegenstände zum Nutzwert aller Nutzungsgegenstände“ vereinbart worden. Das Objekt des Antragstellers bestand aus einer Wohnung samt mit vermieteten Garagenstellplatz. Der Antrag stellende Mieter begehrte die Überprüfung der Betriebskostenabrechnung und Festsetzung eines konkreten Verteilungsschlüssels. Der Vermieter habe bei der Aufteilung nach Nutzwerten nur jene der Wohnung und nicht die der Abstellplätze berücksichtigt, welche aber „als sonstige Räumlichkeiten der Baulichkeit“ einbezogen werden müssten. Die Nutzwerte seien gemäß § 16 Abs 4 WGG auf Antrag der Bauvereinigung ausschließlich vom Gericht festzusetzen.

Gemäß § 16 Abs 5 WGG kann von dem Aufteilungsschlüssel der Absätze 1 (nach Nutzwerten) und 3 (nach Nutzwerten iSd § 2 Abs 8 WEG 2002) des § 16 WGG abgewichen werden, wenn (1) eine schriftliche Vereinbarung zwischen der Bauvereinigung und allen Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten besteht oder (2) durch Entscheidung des Gerichts, wenn sich der Anteil durch eine bauliche Veränderung die einer baubehördlichen Bewilligung bedarf oder durch Veränderung der Zuschläge oder Abstriche werterhöhende oder wertvermindernde Unterschiede in der Höhe von mindestens 5% ergeben.

Eine schriftliche Vereinbarung zwischen der gemeinnützigen Bauvereinigung und allen Mietern bzw Nutzungsberechtigten iSd § 16 Abs 5 Z 1 WGG durchbricht den subsidiär geltenden Nutzflächen- als auch den von der gemeinnützigen Bauvereinigung einseitig gewählten Nutzwertschlüssel, von dem nicht mehr einseitig abgegangen werden kann (Würth/ Zingher/ Kovanyi/ Etzersdorfer, Miet- und Wohnrecht23 WGG § 16 Rz 7 mwN; Rudnigger in Illedits/ Reich-Rohrwig, Wohnrecht² § 16 WGG Rz 7). Im Fall einer abweichenden Vereinbarung nach § 16 Abs 5 Z 1 WGG ist aber ein gerichtliches Nutzwertgutachten gemäß § 16 Abs 4 WGG nicht einzuholen. § 16 Abs 4 WGG bezieht sich aufgrund logisch-systematischen Gründen nur auf die einseitige Festsetzung des Verteilungsschlüssels durch die Bauvereinigung abweichend von § 16 Abs 1 oder 3 WGG.

Die Nichterfassung der Abstellplätze bei der Berechnung der Nutzwerte ergäbe sich hier schon aus der Vertragsauslegung, wonach gemäß allgemeinem Sprachgebrauch von dem Begriff „sonstige Räumlichkeiten der Baulichkeit“ keine Abstellplätze umfasst seien, da es sich dabei nicht um dreidimensional abgrenzbare Räumlichkeit handelt. Die Stellplätze seien daher nicht bei dem Nutzwert zu berücksichtigen.

5 Ob 99/17w – Zur Definition des Begriffs Wärmeabgeber nach § 2 Z 3 HeizKG

Die Antragsteller sind Hauptmieter und Wärmeabnehmer iSd § 2 Z 4 lit b HeizKG von Wohnungen eins Wohnhauses, dass über vier Nutzungsobjekte verfügt. Diese werden durch eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage mit Wärme versorgt und sind mit Vorrichtungen zur Ermittlung der Verbrauchsanteile ausgestattet.

Die Antragsgegnerin ist die Eigentümer in der Liegenschaft und Vermieter. Zudem ist sie Baurechtsberechtigte der Nachbarliegenschaft. Auf dieser Liegenschaft befindet sich ein von einer GmbH & Co KG im eigenen Namen errichtete Wärmeerzeugungsanlage, von der die Wohnungen mit Wärme versorgt werden. Diese GmbH & Co KG hatte sich gegenüber dem Vermieter in einem „Wärmelieferungsvertrag“ dazu verpflichtet, die Wärmeerzeugungsanlage zu errichten und Wärme für die Bewohner des Wohnhauses bereit zu stellen. In weiterer Folge schlossen der Vermieter, die GmbH & Co KG und eine GesmbH eine Vereinbarung, wonach die GesmbH als Wärmeabgeber im Sinne des § 2 Z 3 HeizKG die gelieferte Wärmemenge von der GmbH & Co KG zu den Bedingungen des zwischen dem Vermieter und der GmbH & Co KG abgeschlossenen Rahmenvertrages übernimmt und im eigenen Namen und auf eigene Rechnung die Endverrechnung mit den Wärmeabnehmern mit allen dazu erforderlichen Leistungen entsprechend dem mit den Wärmeabnehmern geschlossenen Einzelwärmelieferungsverträgen durchführt. Ab diesem Zeitpunkt schlossen die Antragsteller mit dem Vermieter inhaltlich identische Mietverträge in denen die Verrechnung der Heizkosten und der Kosten des Warm- und Kaltwassers über die GesmbH aufgrund selbständiger Einzelverträge über die Wärmelieferung vereinbart wurde. Die Mieter schlossen dann weiters mit der GesmbH jeweils „Einzelwärmelieferungsverträge“. Danach hat die GesmbH als Wärmeabgeber iSd § 2 Z 3 HeizKG alle aufgrund des HeizKG entstehenden Verpflichtungen übernommen, insbesondere die Durchführung der Jahresabrechnung und der Rechnungslegung an die Wärmeabnehmer. Danach erfolgten periodenweise Jahresabrechnungen der GesmbH.

Die Antragsteller vertaten in dem Außerstreitverfahren unter anderem die Ansicht, dass die Vermieterin Wärmeabgeberin im Sinne des Heizkostenabrechnungsgesetzes sei und forderten die Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung.

Wärmeabgeber iSd § 2 Abs 3 HeizKG ist derjenige, (i) der eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage im eigenen Namen betreibt und Wärme unmittelbar an die Wärmeabgeber weiter gibt oder (ii) Wärme von dem Erzeuger übernimmt und im eigenen Namen an die Wärmeabgeber weiter gibt. Dabei kann die Rolle des Wärmeabgeber und des Vermieters auch zusammen fallen, wenn zB der Liegenschaftseigentümer mit einer gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage im Haus Wärme an seine Mieter liefert oder aber von einem Fernwärmeunternehmen die Wärme übernimmt und im eigenen Namen an die Mieter weiter leitet. Die Weitergabe der Wärme durch Dritte (= von dem Vermieter verschiedenen Person) setzte neben einer entsprechenden Vertragsgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Beteiligten auch die faktische Weitergabe der Wärme voraus.

In diesem Fall trifft auf den Vermieter nach den Feststellungen keine der Definitionen nach § 2 Z 3 HeizKG zu. Der Vermieter ist daher in diesem Verfahren auf Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung (§ 25 Abs 1 Z 8a HeizKG) nicht passiv legitimiert.

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Februar 2018

WMWP Rechtsanwälte GmbH