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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Dezember 2022

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

 

 


Streitiges Recht

4 Ob 129/22g – Die Judikatur zu behördlichen Schließungen im Rahmen von Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 bei der Geschäftsraummiete führt nicht auch zu einer Mietzinsbefreiung für Wohnungsmieter

Zu den in § 1104 ABGB ausdrücklich genannten Elementarereignissen gehört die „Seuche“ und somit auch COVID-19. Die aus dem Elementarereignis resultierenden hoheitlichen Eingriffe (Betretungsverbote für bestimmte Geschäftslokale) hatten zur Folge, dass diese Objekte „gar nicht gebraucht oder benutzt werden“ konnten (RS0133812). Eine gänzliche oder teilweise Unbrauchbarkeit kann zu einer – gänzlichen oder teilweisen – Mietzinsminderung gemäß §§ 1104 f ABGB führen. Dies war bei der Wohnraummiete nicht der Fall, da die Wohnungen verwendet werden konnten. Mit einer sonstigen pandemiebedingten finanziellen Notlage hat dies nichts zu tun.

Der Gesetzgeber hatte im 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz – 2. COVID-19-JuBG, Art 37, § 1 einen zeitlich limitierten Kündigungs- und Räumungsschutz geschaffen, der Zahlungsrückstände als Folge der COVID-19-Pandemie im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 berücksichtigt. Diese Sonderregelung wurde vom Gesetzgeber für spätere Mietzinsperioden jedoch nicht mehr erlassen.

Außerstreitiges Recht

5 Ob 27/22i – Einwendungen gegen die Höhe des von der Bauvereinigung angebotenen Fixpreises können wegen offenkundiger Unangemessenheit binnen sechs Monaten nach schriftlichem Angebot gemäß § 15e Abs 1 WGG gerichtlich geltend gemacht werden

Die Antragsteller begehrten die Feststellung der offenkundigen Unangemessenheit der den Antragstellern von der Antragsgegnerin gemäß den §§ 15b ff WGG für die nachträgliche Übertragung des Wohnungseigentums an den von ihnen gemieteten Objekten (Wohnung und Kfz-Abstellplatz) jeweils angebotenen Fixpreise und die Festsetzung der Preise durch das Gericht.

Eine Bauvereinigung kann ihre Baulichkeiten, Wohnungen und Geschäftsräume unter den Voraussetzungen des § 15b WGG nachträglich in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) übertragen. Für diese nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum kann unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des § 23 WGG, insbesondere dessen Abs 4c, ein Fixpreis vereinbart werden.

Die Regelung, wie dieser Fixpreis zu ermitteln ist, ist eine gebarungsrechtliche Bestimmung, die dem öffentlich-rechtlichen Teil des WGG angehört. Der Kaufinteressent hat keine Möglichkeit, die Einhaltung dieser öffentlich-rechtlichen Preisbildungsbestimmungen des § 23 Abs 4c WGG zu kontrollieren. Rechtliche Bedeutung bekommt die intern auf dieser Grundlage anzustellende Rechnung erst dann, wenn der angebotene Fixpreis offenkundig unangemessen ist (5 Ob 35/22s5 Ob 54/16a5 Ob 203/11f). Einwendungen gegen die Höhe des von der Bauvereinigung angebotenen Fixpreises können nämlich nur wegen offenkundiger Unangemessenheit binnen sechs Monaten nach schriftlichem Angebot gemäß § 15e Abs 1 WGG gerichtlich geltend gemacht werden (§ 18 Abs 3a WGG; 5 Ob 54/16a). Die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Preisbildungsbestimmungen (§ 23 Abs 4c WGG) ist daher nicht Gegenstand der Überprüfung (Rudnigger in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht – Update [2020] § 18 WGG Rz 7).

Wann ein Fixpreis offenkundig unangemessen ist, regelt § 18 Abs 3b WGG. Danach ist ein Fixpreis nach § 15d WGG in jedem Fall der Preisermittlung dann offenkundig unangemessen, wenn er – unter Berücksichtigung der zu übernehmenden Verbindlichkeiten – den ortsüblichen Preis für frei finanzierte gleichartige Objekte übersteigt (5 Ob 35/22s5 Ob 9/19p5 Ob 54/16a5 Ob 203/11fRS0124635).

In diesem Fall übersteigt der von der Antragsgegnerin für die nachträgliche Übertragung des Wohnungseigentums an der Wohnung angebotene Fixpreis – auch unter Berücksichtigung der zu übernehmenden Verbindlichkeiten – den ortsüblichen Preis für frei finanzierte gleichartige Objekte nicht. Die Antragsteller leiten die Unangemessenheit des angebotenen Fixpreises in diesem Fall vielmehr aus der Nichteinhaltung einer angeblichen, die Kaufpreisbildung (im Wesentlichen) nach dem Kostendeckungsprinzip gebietenden Weisung der Hauptversammlung der Genossenschaft an ihren Vorstand ab. Diese Weisung sei eine die Antragsteller begünstigende und daher rechtsverbindliche (vgl RS0083301) Preiszusage. Die Überprüfung, ob der angebotene Fixpreis den auf einer privatrechtlichen Vereinbarung beruhenden Vorgaben entspricht, ist vom Verfahrensgegenstand des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens nach § 22 Abs 1 Z 6a WGG nicht umfasst. In diesem Verfahren ist nur die in § 18 Abs 3b WGG gesetzlich klar definierte offenkundige Unangemessenheit des Fixpreises zu prüfen. Den Antragstellern wird in diesem Verfahren also ausschließlich die Möglichkeit eröffnet, den angebotenen Fixpreis auf die Einhaltung dieser gesetzlich zwingenden Obergrenze überprüfen zu lassen. Eine behauptete Preisvereinbarung oder Vereinbarung über die Art der Preisbildung ist im Verfahren nach § 22 Abs 1 Z 6a WGG hingegen unbeachtlich. Die Einhaltung der aus einem solchen Vertrag entspringenden Verpflichtung wäre ausschließlich im streitigen Rechtsweg durchzusetzen (vgl RS0131218 [§ 22 Abs 1 Z 1 lit b WGG], 5 Ob 245/15p [§ 22 Abs 1 Z 7 WGG]; für Verfahren nach § 37 MRG auch RS0117706 [T1], RS0069665 [T4]).

Eine Bauvereinigung kann nicht nur ihre Baulichkeiten, Wohnungen und Geschäftsräume unter den Voraussetzungen des § 15b WGG nachträglich in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) übertragen. Das gilt vielmehr, auch wenn sie nicht ausdrücklich erwähnt sind, auch für Garagen und Kfz-Abstellplätze; diese können grundsätzlich nachträglich in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) übertragen werden. Auch die Preisbildungsnorm des § 15d WGG nennt zwar nur „Wohnungen oder Geschäftsräume“ ausdrücklich, deren Anwendung ist aber auch für Garagen und Kfz-Abstellplätze zu bejahen (5 Ob 54/16a mwN). Gemäß § 18 Abs 3a Z 2 WGG können Einwendungen gegen die Höhe des Fixpreises (wegen offenkundiger Unangemessenheit) in den Fällen des § 15d WGG nur binnen sechs Monaten nach schriftlichem Angebot gemäß § 15e Abs 1 WGG gerichtlich geltend gemacht werden. Die Gründe, die die analoge Anwendung der Preisbildungsnorm des § 15d WGG auf Garagen und Kfz-Abstellplätze gebieten, nämlich der Gesetzeszweck und die Vermeidung eines Wertungswiderspruchs (vgl 5 Ob 54/16a und die dort zitierte Literatur), gelten für die damit in einem engen Konnex stehenden Bestimmungen des § 18 Abs 3, 3a, 3b WGG (sowie § 22 Abs 1 Z 6a, Abs 2 WGG) gleichermaßen. Ohne analoge Anwendung auch dieser Bestimmungen bliebe das Rechtsfolgensystem erst recht lückenhaft. Die fristgerechte Erhebung von Einwendungen ist neben der Feststellung der offenkundigen Unangemessenheit die erste der zwei materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für die gerichtliche Preisfestsetzung nach § 15d Abs 2 WGG.

5 Ob 84/22x – Enthebung eines vorläufig bestellten Verwalters

Seit der Bestellung der Antragstellerin zur vorläufigen Verwalterin im Jahr 2012 hatte die Eigentümergemeinschaft in den Jahren 2017 bis 2019 zweimal einen Beschluss über die Bestellung einer anderen Verwalterin fasste, wobei diese beiden Beschlüsse jeweils rechtskräftig als rechtsunwirksam aufgehoben wurden. Die Antragstellerin ist daher noch immer „vorläufige“ Verwalterin im Sinn des § 23 WEG, sie hat aber erklärt, nicht mehr bereit zu sein, die Liegenschaft weiter zu verwalten, und sie hat ihre Verwaltungsaufgaben faktisch bereits im Jahr 2017 an eine Subverwaltung übertragen.

Ein Übergang von der Selbst- zur Fremdverwaltung, sowohl, was die Beendigung der Selbstverwaltung betrifft, als auch die Auswahl der Person des Verwalters, kann von der Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer beschlossen werden (§ 28 Abs 1 Z 5 WEG). Daneben besteht ein Minderheitsrecht jedes Mit- und Wohnungseigentümers, vom Gericht die Entscheidung darüber zu verlangen, dass ein gemeinsamer Verwalter gemäß den §§ 19 ff WEG, oder ein vorläufiger Verwalter gemäß § 23 WEG bestellt wird (§ 30 Abs 1 Z 6 WEG). Für die rechtsgestaltende Entscheidung des Außerstreitrichters darüber, ob auf Antrag eines Mit- und Wohnungseigentümers ein Verwalter zu bestellen ist, reicht es nicht (schon) aus, dass noch kein Verwalter bestellt ist; es bedarf der Behauptung und des Nachweises eines wichtigen Interesses des antragstellenden Wohnungseigentümers (vgl RIS-Justiz RS0083080 [T1] = RS0105715 [T5]). Mit der Bestellung eines Verwalters durch die Eigentümergemeinschaft endet die Vertretungsbefugnis des vorläufigen Verwalters (§ 23 dritter Satz WEG).

Der vorläufige Verwalter nach § 23 WEG hat – grundsätzlich ebenso wie der von der Mehrheit der Wohnungseigentümer bestellte und bevollmächtigte Verwalter nach § 20 Abs 1 WEG – die gemeinschaftsbezogenen Interessen der Wohnungseigentümer zu wahren und Weisungen der Mehrheit zu befolgen, soweit diese nicht gesetzwidrig sind (Schauer in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht Taschenkommentar3 § 23 WEG Rz 6; ähnlich auch E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht – WEG4 § 23 Rz 23; vgl auch Kovanyi/Etzersdorfer in Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II23 § 23 WEG Rz 5). Aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 23 WEG ergibt sich, dass die Bestellung eines „vorläufigen“ Verwalters, die voraussetzt, dass (noch oder derzeit) kein Verwalter für die betreffende Liegenschaft bestellt ist, nicht als dauerhafte Einrichtung gedacht ist. Dennoch kann – wie der hier zu beurteilende Fall zeigt – bei Untätigkeit der Beteiligten der vorläufige Verwalter unter Umständen durchaus langfristig in seiner Funktion bleiben (darauf verwiesen bereits E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht – WEG4 § 23 Rz 21, und Schauer in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht Taschenkommentar3 § 23 WEG Rz 7).

Sieht sich der Verwalter, den das Gericht zum vorläufigen Verwalter gemäß § 23 WEG bestellte, selbst nicht (mehr) in der Lage, seinen Verpflichtungen als Vertreter der betreffenden Eigentümergemeinschaft nachzukommen, so ist es sachgerecht, ihm die Möglichkeit einzuräumen, dies dem Gericht bekanntzugeben und seine Enthebung zu beantragen. Ein weiteres ordnungs- und pflichtgemäßes Tätigwerden für die Eigentümergemeinschaft ist in einem solchen Fall zumindest erschwert oder dem betreffenden Verwalter nicht (mehr) möglich. Den Regelungen des WEG über die Bestellung, den Aufgabenbereich und insbesondere über die Auflösung des Verwaltungsvertrags lässt sich entnehmen, dass eine gerichtliche Bestellung eines vorläufigen Verwalters nach § 23 WEG auch dann beendet werden kann, wenn dieser erklärt, seine Aufgaben nicht (mehr) erfüllen zu können. Ein Aufrechterhalten der Bestellung dieser Person als Vertreter der Eigentümergemeinschaft wäre nämlich nicht im Interesse der Mit- und Wohnungseigentümer sowie dritter Personen, denen nach der Bestimmung des § 23 WEG die Antragslegitimation für die Bestellung zukommt und die in einem solchen Antrag ihr berechtigtes Interesse an einer wirksamen Vertretung der Eigentümergemeinschaft darzutun haben.

Die Eigentümergemeinschaft hat gemäß § 23 dritter Satz WEG selbst (ohne Mitwirkung des Gerichts) die Möglichkeit, die Vertretungsbefugnis des vom Gericht bestellten vorläufigen Verwalters jederzeit – und ohne Angabe von Gründen – durch einen Beschluss über die Bestellung eines Verwalters zu beenden. Bleibt die Eigentümergemeinschaft allerdings – wie hier – untätig oder gelingt ihr eine solche Beschlussfassung nicht, dann ist es sachgerecht, dem vorläufigen Verwalter, der seit Jahren (hier über mehr als fünf Jahre) hindurch für die Eigentümergemeinschaft tätig war, die Möglichkeit einzuräumen, seine Enthebung aus dieser Position zu beantragen.

5 Ob 144/22w – Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer zur Errichtung eines Gartenzauns

Der Wohnungseigentümer ist gemäß § 16 Abs 2 WEG zu Änderungen (einschließlich Widmungsänderungen) an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine Kosten berechtigt. Die Änderung darf nach § 16 Abs 2 Z 1 WEG aber weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben.

Nicht jede Veränderung an den zur ausschließlichen Benützung überlassenen Teilen einer gemeinschaftlichen Sache bewirkt schon einen empfindlichen Eingriff in die Rechtssphäre der übrigen Miteigentümer und damit eine Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Interessen iSd § 16 Abs 2 Z 1 WEG (RIS-Justiz RS0083271). Für eine von einem Mit- und Wohnungseigentümer begehrte Änderung gilt vielmehr, dass sie nur abgewehrt werden kann, wenn sie mit wesentlichen Interessen der anderen Mit- und Wohnungseigentümer kollidiert (RS0083236RS0083378).

Die Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses ist ein spezifischer Fall der Interessenbeeinträchtigung (5 Ob 47/06g). Die ständige Rechtsprechung versteht darunter eine Veränderung, die eine Verschlechterung des Erscheinungsbildes bewirkt (RS0043718). Primär ist nach der Rechtsprechung des Fachsenats zwar die straßenseitige Ansicht der Liegenschaft maßgeblich, aber auch optische Aspekte, die eine negative Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes einer Wohnhausanlage bewirken, können den Ausschlag geben (5 Ob 9/17kRS0043718 [T12]). Selbst wenn Veränderungen im Bereich eines Wohnungseigentumsobjekts nur von anderen Wohnungen, insbesondere einer dazugehörigen Terrasse aus wahrnehmbar wären, bilden doch auch solche Veränderungen einen Teil des äußeren Erscheinungsbildes des Wohnanlage (5 Ob 120/89 [Saunakabine]).

In diesem Fall wurde die Abgrenzung des Gartenteils des Antragstellers mittels eines gut 1,50 m hohen Staketenholzzauns als Beeinträchtigung der schutzwürdigen Interessen der widersprechenden Wohnungseigentümer bewertet. Abzustellen ist auf die beabsichtigte Änderung in ihrer konkret geplanten Ausgestaltung (vgl RS012644; 5 Ob 68/21t), somit auf den vom Antragsteller gewählten und zum Gegenstand seines Begehrens gemachten Zaun, der sich nicht nur farblich von der Grünanlage deutlich abhebt, sondern insgesamt einen optischen Fremdkörper im Garten bildet, der den derzeit ungestörten einheitlichen Grünblick von Balkonen, Terrassen und auch den (hier „tortenförmig“ schmal, aber lang) gestalteten Gartenanteilen, beeinträchtigt.

5 Ob 149/22f – Zustimmung zur Herstellung von Mauerdurchbrüchen und das Einsetzen von (zum Teil öffenbaren) Glaselementen zur Herstellung eines solchen offenen Wohnbereichs

Voraussetzung für die Genehmigung einer vom Mieter geplanten (hier in Form der Mauerdurchbrüche bereits hergestellten) wesentlichen Veränderung ist unter anderem, dass sie der Übung des Verkehrs entspricht und seinem wichtigen Interesse dient (§ 9 Abs 1 Z 2 MRG). Die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass diese beiden Voraussetzungen kumulativ vorhanden sind, trifft nach der Rechtsprechung den Mieter (RIS-Justiz RS0069551 [T2]; 5 Ob 10/21p mwN). Nur bei den nach § 9 Abs 2 Z 1 bis 5 MRG privilegierten Arbeiten wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen unwiderlegbar vermutet.

Zur Übung des Verkehrs ist auf objektive Umstände abzustellen (RS0069695 [T1]), die vom dafür behauptungs- und beweispflichtigen Mieter durch konkrete Tatsachen darzulegen sind, wenn sich die Verkehrsüblichkeit nicht schon aus der allgemeinen Lebenserfahrung ergibt (5 Ob 245/18t mwN). Dabei kommt es nicht auf die vom Mieter mit seinem Veränderungsbegehren angestrebte Ausstattung des Mietgegenstands im Allgemeinen an, sondern darauf, ob die konkret beabsichtigte Änderung in ihrer geplanten Ausgestaltung als solche verkehrsüblich ist (RS0126244).

Es mag zutreffen, dass im modernen Wohnbau eine Integrierung des Ess- in den Wohnbereich vermehrt anzutreffen ist. Für den Altbau kann daraus aber keineswegs abgeleitet werden, dass die Herstellung von Mauerdurchbrüchen und das Einsetzen von (zum Teil öffenbaren) Glaselementen zur Herstellung eines solchen offenen Wohnbereichs allgemein üblich wäre. Mit ihrem Hinweis auf die allgemeine Lebenserfahrung kann die Antragstellerin daher den für eine Bejahung der Verkehrsüblichkeit erforderlichen Tatsachenbeweis nicht ersetzen. Bei der Beurteilung der Verkehrsüblichkeit kommt es nicht auf die subjektiven Interessen des Mieters an, sodass der von der Antragstellerin ins Treffen geführte Wunsch nach mehr Licht und Transparenz nicht zu berücksichtigen ist (vgl RS0069695 [T2]).

5 Ob 159/22a – Verbotene Ablöse

Ungültig und verboten sind gemäß dem hier nach § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG unstrittig anwendbaren § 27 Abs 1 Z 1 MRG Vereinbarungen, wonach der neue Mieter dafür, dass der frühere Mieter den Mietgegenstand aufgibt oder sonst ohne gleichwertige Gegenleistung dem Vermieter, dem früheren Mieter oder einem anderen etwas zu leisten hat; unter dieses Verbot fallen nicht die Verpflichtung zum Ersatz der tatsächlichen Übersiedlungskosten oder zum Rückersatz des Aufwands, den der Vermieter dem bisherigen Mieter nach § 10 MRG zu ersetzen hat. Damit soll verhindert werden, dass der Bestandgegenstand als Vermögenswert gehandelt wird und kein objektiver äquivalenter Leistungsaustausch vorliegt (vgl RIS-Justiz RS0069778RS0069842). Die Leistung des neuen Mieters soll nur dann als unzulässige Ablöse betrachtet werden, wenn dieser noch keine rechtlich gesicherte Position erlangt hat und somit in seiner Willensbildung beschränkt ist (5 Ob 141/17x4 Ob 79/18y5 Ob 237/20v; vgl auch Pesek in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 27 MRG Rz 15). Dies wird in der Regel jedenfalls dann zutreffen, wenn der Ablöseempfänger noch in der Lage ist, einen Konnex zwischen dem Abschluss des Mietvertrags und der verbotenen Leistung herzustellen (vgl 5 Ob 128/18m; Pesek aaO), ohne aber auf diese Variante beschränkt zu sein. Eine „Drucksituation“ des Neumieters kann daher etwa auch dann noch gegeben sein, wenn der Mietgegenstand nach Vertragsabschluss noch nicht tatsächlich übergeben wurde und der Vermieter mit seinem „Rücktritt“ vom Vertrag oder ähnliches droht oder dem Mieter den Vertrag nur gegen gleichzeitige Unterfertigung einer Verzichtserklärung aushändigt (vgl 5 Ob 193/06bPesek aaO).

In diesem Fall hatte die Antragstellerin lange vor Kündigung des Nutzungsvertrags durch die Antragsgegnerin und Bekanntgabe ihrer Person als Wohnungsnachfolgerin am 31. 10. 2019 bereits am 13. 7. 2019 eine Ablöseanzahlung für das Inventar in Höhe von 2.000 EUR geleistet. Diese Anzahlung und die Leistung der unmittelbar nach Kündigung des Vertrags durch die Antragsgegnerin und Präsentation der Antragstellerin als Nachmieterin gezahlten € 26.000,00 waren als einheitliche Ablösezahlung zu verstehen. Dass diese Ablösevereinbarung vor Erlangung einer rechtlich gesicherten Position durch die Antragstellerin erfolgte, liegt auf der Hand: Nach den Feststellungen war der Antragstellerin an diesem Tag klar, dass die von der Antragsgegnerin geforderte Zahlung Bedingung für die Aufkündigung der Wohnung durch sie und ihre Präsentation als Nachmieterin war. Dies ergibt sich auch aus der am 31. 10. 2019 abgeschlossenen schriftlichen Vereinbarung der Streitteile, wonach die Antragstellerin der Antragsgegnerin bei Kündigung der Wohnung am 31. 10. 2019 € 26.000,00 in bar für die Möbel zu übergeben hat, wobei die Antragstellerin nach der Vereinbarung der Antragsgegnerin schriftlich Bescheid zu geben hatte, dass die vereinbarte Geldsumme bereitsteht. Es war daher von einem Konnex zwischen der Zahlung (auch) des Restbetrags von € 26.000,00 und der Kündigungserklärung (samt Präsentation der Antragstellerin als Nachmieterin) auszugehen.

Zum Zeitpunkt der Zahlung des Restbetrags anlässlich des Termins am 31. 10. 2019, die nach den Feststellungen zehn bis maximal 30 Minuten nach der Unterfertigung des Kündigungsschreibens durch die Antragsgegnerin und die Bekanntgabe der Antragstellerin als Nachmieterin erfolgte, war die Zwangslage für die Antragstellerin noch nicht weggefallen. Gegenüber der GBV war die Rechtsstellung der Antragstellerin aufgrund der bloßen Präsentation ihrer Person noch nicht gesichert. Ein Präsentationsrecht besteht nach ständiger Rechtsprechung (RS0032739) nämlich darin, dass sich der Bestandgeber gegenüber dem Mieter verpflichtet hat, unter gewissen Bedingungen mit dem vom Bestandnehmer vorgeschlagenen geeigneten Dritten einen Vertrag gleichen oder bestimmten anderen Inhalts abzuschließen. Die näheren Bedingungen des der Antragsgegnerin eingeräumten Präsentationsrechts wurden zwar nicht festgestellt; da es sich unstrittig aber eben (nur) um ein Präsentationsrecht handelte, lässt dies nach der nicht korrekturbedürftigen Auffassung der Vorinstanzen jedenfalls nicht den Schluss zu, allein damit hätte die Antragstellerin schon eine gesicherte Rechtsstellung gegenüber der GBV erlangt.

5 Ob 161/22w – Weitergaberecht des Mieters

Die Vereinbarung, wonach das Auswahlrecht des Mieters dadurch eingeschränkt wird, dass der Vermieter den Eintritt der namhaft gemachten Person ablehnen darf, wenn gegen diese als Mieter sachlich begründete Bedenken bestehen, stellt ein beschränktes Weitergaberecht dar. Wie beim unbeschränkten Weitergaberecht geht das Mietrecht bereits durch bloße Erklärung des bisherigen Mieters über.

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Dezember 2022

WMWP Rechtsanwälte GmbH