vienna@actlegal-wmwp.com   VIENNA +43 (1) 5125955
klagenfurt@actlegal-wmwp.com   KLU +43 (463) 591638

Single Blog Title

This is a single blog caption

Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Dezember 2019

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

 

STREITIGES RECHT

3 Ob 108/19g – Laufende Versuche des Mieters sein Benützungsrecht auf nicht in Bestand genommene Räume oder Gegenstände auszudehnen kann unleidliches Verhalten darstellen

Der Beklagte ist Mieter drei zusammengelegter Wohnungen. Eine der Wohnungen ist (außer durch den Wohnungsverband) über einen vom Stiegenhaus durch eine verschließbare Tür abgetrennten Vorraum erreichbar. Von diesem Vorraum aus gelangt man auch in die benachbarte Wohnung Top 16. Der Sicherungskasten für die Stromversorgung des Vorraums und des im Vorraum befindlichen, der Wohnung Top 16 zugeordneten WCs befindet sich in der Top 16.

Der Beklagte schloss mit der Vorvoreigentümerin der Liegenschaft zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt einen (weiteren) Mietvertrag, wonach diese ihm „unwiderruflich“ auf unbestimmte Dauer das Bestandobjekt Top 16 sowie der gemeinsam mit Top 15 vermietete Vorraum samt WC vermietete. Die damalige Mieterin der Wohnung Top 16 setzte eine handschriftliche Erklärung auf, wonach sie ihre Mietrechte an der Wohnung Top 16 für den Fall ihres Todes, wie auch für den Fall, dass sie ihre Wohnung nicht mehr benötige, unwiderruflich an den Beklagten oder seine Rechtsnachfolger in den Mietrechten an Top 14 und 15 abtritt. Kurz nach dem Tod der Mieterin beging der beklagte Mieter die Wohnung unter Verwendung einer der beiden Wohnungsschlüssel, die ihm die vormalige Mieterin übergeben hatte und verschloss die Tür zum gemeinsamen Vorraum mit einem Vorhangschloss. Kurz danach ließ er das zuvor von der Vermieterin ausgetauschte Schloss zum Vorraum von einem Schlosser wieder zurücktauschen und außerdem die Tür zur Top 16 öffnen, um wieder den Strom für den von ihm mit gemieteten Vorraum und zum WC einschalten zu können. Danach ließ er das (neuerlich von der Vermieterin gewechselte) Schloss zum Vorraum nochmals von einem Schlosser austauschen.

Die Vermieterin kündigte dem Mieter aufgrund dieses Verhaltens die Wohnungen Top 13 bis 15 gemäß „§ 30 Abs 2 Z 3 MRG“ auf. Der beklagte Mieter habe „einen nachteiligen Gebrauch gemacht“. Er habe sich rechtsgrundlos in den alleinigen Besitz des Vorraums zu Top 15 und 16 sowie in den Besitz der Top 16 gesetzt. Zu diesem Zweck habe er Schlösser ausgetauscht, die im Eigentum der Klägerin stünden; diese Schlösser seien verschwunden.

Unleidliches Verhalten iSd § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG liegt nach der Rechtsprechung dann vor, wenn das friedliche Zusammenleben durch längere Zeit oder durch häufige Wiederholungen gestört wird (RIS-Justiz RS0067678). Unleidliches Verhalten kann insbesondere auch in laufenden Versuchen des Mieters liegen, sein Benützungsrecht auf nicht in Bestand genommene Räume oder Gegenstände auszudehnen (RS0070417).

Das Begehen („in Besitz nehmen“) der Wohnung Top 16 unter Verwendung eines ihm von der verstorbenen Mieterin zur Verfügung gestellten Schlüssels stellte für sich allein noch keine unzulässige Ausdehnung des Benützungsrechts des Beklagten dar. Eine solche lag damals im Anbringen eines Vorhangschlosses an der Tür zum Vorraum, aufgrund dessen – bis zu seiner Entfernung durch die Klägerin drei Tage später – nur noch er und seine Familie Zugang (auch) zur Top 16 hatten.

Dass der Beklagte das Schloss zur Vorraumtür nach dessen ersten Austausch durch die Klägerin wieder durch das alte ersetzen ließ, statt sofort eine Besitzstörungsklage einzubringen, war ebenfalls nicht korrekt. Allerdings ist dem Beklagten zugute zu halten gewesen, dass sich die Klägerin geweigert hatte, ihm mehr als nur einen neuen Schlüssel zur Vorraumtür auszufolgen, obwohl ihm und seiner Familie bis dahin vier Schlüssel zur Verfügung gestanden waren. Die Tür zur Top 16 ließ der Beklagte damals zwar auch öffnen, allerdings nicht zum Zweck der Ausweitung seiner Mietrechte, sondern nur um den von der Klägerin damals abgeschalteten Strom für den von ihm mit gemieteten Vorraum (und das dort gelegene WC) wieder einschalten zu können. Dass das Schloss dabei beschädigt und deshalb ausgetauscht werden musste, kann dem Beklagten nach den Feststellungen nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Der letzte vom Beklagten veranlasste Schlosstausch ist ihm schon deshalb nicht als Ausweitung seiner Mietrechte anzulasten, weil er trotz entsprechender Aufforderung an die Klägerin über keinen einzigen passenden Schlüssel zum Vorraum mehr verfügte. Unabhängig davon, ob die Rechtsansicht des Beklagten, Mieter auch der Top 16 zu sein, vertretbar war (vgl RS0070417 [T9]), reichten bei der gebotenen Gesamtbetrachtung seines Verhaltens die festgestellten Vorgänge insgesamt jedenfalls (gerade noch) nicht aus, um den Kündigungsgrund des unleidlichen Verhaltens zu verwirklichen.

*

5 Ob 89/19y – Ein Verhalten kann den Charakter eines Kündigungsgrundes verlieren, wenn es vom Vermieter provoziert wurde

In der Aufkündigung warf der Kläger dem Beklagten eine Vielzahl an – bis zu 30 Jahren zurückreichenden – Vorfällen und Verhaltensweisen vor, unter anderem die Beschädigung der Gegensprechanlage des Hauses.

Nach einem Wassereintritt am Dach im Sommer wollte der Vermieter die Wohnung des Beklagten besichtigen, um die Reichweite des eingetretenen Schadens zu erkunden. Der Mieter begehrte aufgrund der Kurzfristigkeit einen anderen Termin und ersuchte um Terminvorschläge für den Herbst sowie die Nennung der teilnehmenden Personen. Als im darauffolgenden Frühjahr eine Gegensprechanlage installiert wurde, wurden alle Wohnungen bis auf die des Mieters daran angeschlossen. Der Vermieter hatte nämlich angeordnet, das Sprechgerät in der Wohnung des Beklagten nicht zu montieren, bis dieser eine Besichtigung der Wohnung zulasse. Der Mieter, der als einziger im Haus nicht mit einer Sprechstelle in seiner Wohnung ausgestattet worden war, schraubte deshalb die Abdeckung der Sprechanlage herunter, um eine sogenannte „Arztschaltung“ herzustellen. Beim Öffnen des Tableaus beschädigte er versehentlich die Platine. Dadurch funktionierte die Steuerung nicht mehr. Die Anlage war im ganzen Haus defekt und musste repariert werden.

Ein erheblich nachteiliger Gebrauch iSd § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG liegt dann vor, wenn eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts wichtige Interessen des Vermieters verletzt oder eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgt oder droht (vgl RIS-Justiz RS0068076; RS0067939 ua). Unleidliches Verhalten nach § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG setzt eine Störung des friedlichen Zusammenlebens voraus, die durch längere Zeit fortgesetzt wird oder sich in häufigen Wiederholungen äußert und überdies nach ihrer Art das bei den besonderen Verhältnissen des einzelnen Falls erfahrungsgemäß geduldete Ausmaß übersteigt (5 Ob 76/15h; vgl auch RS0067678; RS0070437). Einmalige Vorfälle bilden den Kündigungsgrund nur, wenn sie schwerwiegend sind, jedoch können mehrere, an sich geringfügige Vorfälle zur Aufkündigung berechtigen, wenn durch die Häufung das dem Vermieter zumutbare Ausmaß überschreiten (vgl RS0070303; RS0070394 ua). Sowohl für das Vorliegen des nachteiligen Gebrauchs, wie auch eines unleidlichen Verhaltens sind die Umstände in ihrer Gesamtheit zu betrachten (zum nachteiligen Gebrauch s RS0020981 [T10]; zum unleidlichen Verhalten etwa RS0070394; RS0070303 [T12; T14]). Ganz grundsätzlich geht es darum, ob ein Verhalten vorliegt, das für den Vermieter die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses wegen des Verlusts des Vertrauens in den Mieter unzumutbar macht (vgl RS0020981 [T14]; RS0014436).

Ein (ansonsten einem Kündigungsgrund zu unterstellendes) Verhalten kann den Charakter eines Kündigungsgrundes verlieren, wenn es vom Vermieter provoziert wurde (RS0070421; RS0068031; Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 30 MRG Rz 24; Illedits in Illedits/Reich-Rohrwig Wohnrecht³ § 30 MRG Rz 55 mwN; s auch 8 Ob 35/19h mwN). Beim Beklagten unterblieb die ansonsten bei allen anderen Mietern erfolgte Anbindung an die Gegensprechanlage aufgrund der ausdrücklichen Anordnung des Klägers und hatte den Zweck, eine Besichtigung der Wohnung mit unerlaubten Mitteln zu erzwingen. Dass der Mieter angesichts dessen selbst versucht hat, die Kopplung mit dem Türöffner herzustellen, ist zwar verbotene Selbsthilfe und damit rechtswidrig, allerdings kann bei der Beurteilung der Schwere des Vertrauensverlusts im Verhältnis zum Vermieter nicht unbeachtet bleiben, dass diese Selbsthilfe durch das Verhalten des Vermieters provoziert worden ist. Liegen die zur Begründung der Kündigung herangezogenen Verhaltensweisen zum Teil Jahrzehnte zurück und blieben sie über viele Jahre hinweg überhaupt unbeanstandet, dann wurde – jedenfalls einzeln betrachtet – das Vertrauensverhältnis zum Vermieter nicht zerstört.

*

5 Ob 102/19i – Bindungswirkung des Vorprozesses für den Folgeprozess

Die in einem Vorverfahren gefällte Entscheidung entfaltet dann in einem weiteren Verfahren zwischen denselben Parteien aufgrund ihrer materiellen Rechtskraft Bindungswirkung, wenn der als Hauptfrage entschiedene Anspruch dort eine Vorfrage bildet (RIS-Justiz RS0041251 [T3]; vgl auch RS0127052 [T1]; RS0041567 [T8]; RS0039843 [T21]).

Die Rechtskraftwirkung eines Urteils erstreckt sich grundsätzlich nur auf den Spruch (RS0041357 [T1]). Das Ausmaß der Bindungswirkung wird demnach durch den Urteilsspruch bestimmt. Nur soweit es für die Individualisierung des Anspruchs und dessen Tragweite erforderlich ist, sind auch die Entscheidungsgründe heranzuziehen (RS0043259; vgl auch RS0000234; RS0000300 [T6]; RS0041357 [T3]; RS0112731; RS0127052 [T5]). Ist der Wortlaut des Spruchs völlig klar, bedarf es keiner Bedachtnahme auf die Entscheidungsgründe (vgl 6 Ob 133/02f; RS0000300 [T3, T6, T15, T18]). Soweit eine Bindung des Richters des Folgeprozesses an die Entscheidung des Vorprozesses besteht, ist die Frage, ob diese richtig ist, irrelevant (9 ObA 117/17x; RS0039843 [T26]). Die Bindungswirkung einer Entscheidung schließt die neuerliche inhaltliche Prüfung des rechtskräftig entschiedenen Anspruchs aus (8 Ob 139/15x; vgl auch RS0041175; RS0041251 [T5]; RS0039843 [T10]).

*

5 Ob 116/19y – Zur Vorschreibung monatlicher Akontozahlungen

Die Festsetzung der monatlichen Akontozahlungen in angemessener Höhe ist eine dem Verwalter nach § 17 Abs 2 Einleitungssatz und Z 2 WEG treffende Pflicht, deren Verletzung die Mehrheit der Miteigentümer berechtigt, dem Verwalter eine entsprechende bindende Weisung zu erteilen oder das Vollmachtsverhältnis zu kündigen. Solange dies nicht geschehen ist, sind die vom Verwalter vorgeschriebenen Akontozahlungen für den einzelnen Miteigentümer bindend (RIS-Justiz RS0083581). Zu den Aufgaben des Verwalters gehört die Sorge für die Bildung einer angemessenen Rücklage und für ausreichende Vorauszahlungen auf die Bewirtschaftungskosten, somit die Festsetzung, Vorschreibung und das Inkasso der Beiträge (RS0083581 [T7]). Akontozahlungen können auch dann noch eingehoben werden, wenn die Aufwendungen, für die sie vorgeschrieben wurden, bereits abgerechnet sind, jedoch Streit darüber besteht, ob die Abrechnung ordnungsgemäß, vollständig oder richtig ist. Solange der Abrechnungssaldo nicht anerkannt oder rechtskräftig festgestellt ist, besteht also weiterhin die Pflicht jedes einzelnen Wohnungseigentümers die im Rahmen der Liegenschaftsverwaltung vorgeschriebenen Akontozahlungen zu leisten (RS0112884). Fragen der Rechtmäßigkeit bzw Richtigkeit einer Vorschreibung können erst nach erfolgter Rechnungslegung in einem wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nach § 52 Abs 1 Z 6 WEG 2002 geklärt werden, all dies ändert nichts an der Fälligkeit der Vorschreibungen (Kothbauer aaO). Die Frage, ob überhaupt und gegebenenfalls in welchem Ausmaß die von der Verwalterin vorgeschriebenen Akonto-Beiträge auch nicht liegenschaftsbezogene Ansprüche enthalten könnten, ist nicht im Streitverfahren über die Berechtigung der Vorschreibungen zu entscheiden, sondern der Prüfung im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren vorbehalten.

*

5 Ob 126/19v – Vorschreibung einer Einmalzahlungen in die Rücklage

Nach ständiger Judikatur (5 Ob 187/12d; 5 Ob 144/15k; 5 Ob 175/16w = immolex 2017/6 [Hagen]) ist ungeachtet des Umstands, dass der primäre Zweck der Rücklage nach dem Gesetzeswortlaut (§ 31 Abs 1 Satz 1 WEG 2002) die Vorsorge für künftige Aufwendungen ist, auch eine Einmalzahlung zur Bevorschussung eines bestimmten Erhaltungsaufwands als Beitrag zur Rücklage anzusehen. Die Kompetenz des Verwalters zur Festsetzung der Höhe dieser Einmalzahlung in die Rücklage besteht solange als ihm die Mehrheit der Wohnungseigentümer durch Beschluss in einer Eigentümerversammlung oder im Umlaufweg keine gegenteilige Weisung erteilt hat (5 Ob 206/15b = immolex 2016/43 [Räth] = ecolex 2016/2010 [Klein]; RS0103218 [T2]; 5 Ob 175/16w). Die vom Verwalter vorgeschriebenen Akontozahlungen sind daher für die Mit- und Wohnungseigentümer bindend (RS0083581).Nach gesicherter Rechtsprechung (5 Ob 161/17p; RIS-Justiz RS0130070 [T1]; jüngst 5 Ob 160/18t) können sowohl Maßnahmen der ordentlichen als auch der außerordentlichen Verwaltung Gegenstand einer Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft sein. Nach Verstreichen der Anfechtungsfrist oder dem rechtskräftigen Scheitern der Anfechtung ist ein Mehrheitsbeschluss über die Durchführung von Erhaltungs- oder Verbesserungs-Arbeiten trotz etwaiger formeller oder inhaltlicher Mängel rechtsgültig und endgültig bestandskräftig (RS0122765 [T4]; RS0118450 [T1]). Nicht nur die Wohnungseigentümer, sondern auch die Verwalterin sind – bis zu einem etwaigen Widerruf im Weg einer neuerlichen Beschlussfassung (vgl RS0131552) – daran gebunden.

*

5 Ob 142/19x – Ohne besondere Vertragsbeziehung haftet die Wohnungseigentümergemeinschaft ihren Mitgliedern und deren Mietern nur deliktisch

Die klagende Wohnungseigentümerin begehrte die Feststellung der Haftung der beklagten Eigentümergemeinschaft für künftige Schäden aus einer nicht bzw nicht fachgerecht, weil ohne Ursachenforschung erfolgten Sanierung von im Wohnungseigentumsobjekt aufgetretenen Schimmel.

Die Behebung eines ernsten Schadens (im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG) des Hauses oder eines Wohnungseigentumsobjekts ist stets ordentliche Verwaltung und fällt damit in die Zuständigkeit der dafür zahlungspflichtigen Eigentümergemeinschaft (RIS-Justiz RS0112445; 5 Ob 170/11b mwN). Eine die Bausubstanz angreifende Schimmelbildung im Wohnungseigentumsobjekt zählt die Rechtsprechung – anders als oberflächliche Schimmelflecken – zu ernsten Schäden iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG (RS0102183; vgl RS0069886 [T1]). Die Eigentümergemeinschaft haftet in Angelegenheiten der Verwaltung mangels eines vertraglichen Verhältnisses zum einzelnen Wohnungseigentümer für schädigende Handlungen oder Unterlassungen des Hausverwalters nur deliktisch, dies ohne Einschränkung durch § 1315 ABGB (RS0114886; zuletzt ausführlich 5 Ob 37/19f). Diese deliktische Schadenersatzhaftung setzt iSd § 1296 ABGB ein Verschulden des Verwalters, dessen Verhalten der Eigentümergemeinschaft zugerechnet wird, voraus.

Der Hausverwalter beauftragte nach dem erstmaligen Auftreten von Schimmel im Wohnungseigentumsobjekt eine „Fachfirma“ mit der Schimmelbekämpfung. Das Wohnungseigentumsobjekt der Klägerin war zuvor 40 Jahre lang ohne jegliche Schimmelbildung bewohnt worden. Für den Hausverwalter gilt der Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB, Sachverständiger für bautechnische Fragen ist er jedoch nicht (6 Ob 3/14f; 8 Ob 112/18f). Eine schadenersatzrechtliche Haftung der Eigentümergemeinschaft mangels Verschuldens des Verwalters schied in diesem Fall daher aus.

*

8 Ob 47/19y – unleidliches Verhalten, welches zur Kündigung des Mietvertrages berechtigt

Eine Kündigung wegen unleidlichen Verhaltens setzt eine Störung des friedlichen Zusammenlebens voraus, die durch längere Zeit fortgesetzt wird oder sich in häufigen Wiederholungen äußert und überdies nach ihrer Art das bei den besonderen Verhältnissen des einzelnen Falls erfahrungsgemäß geduldete Ausmaß übersteigt (RS0070303).

Dieses wurde hier bejaht: Die Mieterin weckte unter anderem täglich frühmorgens durch Türenschlagen und lautes Schreien mit ihren Kleinkindern Nachbarn auf. Ihr Hund bellte jedes Mal, wenn jemand an der Tür vorbeiging oder er ein Geräusch hörte, 5 bis 10 Minuten lang laut, einmal pro Woche sogar stundenlang. Die Beklagte nahm die Beschwerden der Hausbewohner nicht zum Anlass für eine Verhaltensänderung und zeigte sich während des Gerichtsverfahrens erster Instanz uneinsichtig.

*


AUSSERSTREITIGES RECHT

3 Ob 138/19v – Voraussetzung für die Genehmigung einer vom Mieter geplanten wesentlichen Veränderung iSd § 9 MRG ist unter anderem ein wichtiges Interesse des Mieters, welches über das selbstverständliche Interesse an einer besseren Nutzung der Räumlichkeiten hinausgehen muss

Die Mieter hatten den auf § 9 MRG gestützten Antrag auf Ersetzung der Zustimmung der Antragsgegnerin zum Einbau eines zweiten Badezimmers in der von ihr gemieteten Wohnung gestellt.

Voraussetzung für die Genehmigung einer solchen vom Mieter geplanten wesentlichen Veränderung ist unter anderem, dass diese Veränderung der Übung des Verkehrs entspricht und einem wichtigen Interesse des Hauptmieters dient (§ 9 Abs 1 Z 2 MRG). Die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass beide Voraussetzungen kumulativ vorhanden sind, trifft den Mieter (5 Ob 245/18t; RIS-Justiz RS0069551 [T2]; RS0069662 [T1]; RS0069695 [T5]; RS0069725 [T1]). (Nur) Bei den nach § 9 Abs 2 Z 1 bis 5 MRG privilegierten Arbeiten wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen unwiderlegbar vermutet. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist für das Vorliegen eines wichtigen Interesses des Mieters zwar auf dessen subjektives Interesse an der beabsichtigten Änderung abzustellen (RS0069695), aber nicht jeder verständliche oder sogar von achtenswerten Motiven getragene Veränderungswunsch vermag ein wichtiges Interesse zu begründen (5 Ob 139/18d; RS0083341 [T25]). Bloße Zweckmäßigkeitserwägungen oder eine Steigerung des Wohnwerts reichen für die Annahme eines wichtigen Interesses daher in der Regel nicht aus (5 Ob 139/18d; RS0083341 [T4]; RS0110977 [T2]). Analog zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur wohnungseigentumsrechtlichen Parallelbestimmung des § 16 Abs 2 WEG ist der Begriff des „wichtigen Interesses“ vielmehr besonders unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, ob die Änderung dazu dient, überhaupt erst eine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung des Objekts zu ermöglichen (vgl RS0083341 [T18]).

Das Interesse der Antragstellerin, ihren beiden heranwachsenden Töchtern einen separierten Wohn- und Badebereich zu schaffen, war zwar nachvollziehbar, stellte aber kein wichtiges Interesse iSd § 9 Abs 1 Z 2 MRG dar, weil dieses über das selbstverständliche Interesse eines Wohnungsmieters an einer besseren Nutzung der Räumlichkeiten hinausgehen muss.

*

5 Ob 129/19k – Ein Dachbodenausbau durch den Vermieter ist hinzunehmen, wenn dadurch das Mietrecht nicht wesentlich beeinträchtigt wird

Die oberhalb der Wohnung des Antragstellers gelegene ehemalige Waschküche und die angrenzenden Trocknungsräume waren zu einer neuen Wohnung umgebaut worden. Der Antragsteller begehrte gestützt auf § 8 Abs 2 MRG wegen unzumutbarer von den neu errichteten Wohnungen ausgehender Lärmbelästigung die Wiederherstellung durch Verlegung von Trittschalldämmungen sowie die Unterlassung derartiger Störungen.

Ein Mieter hat einen Dachbodenausbau durch den Vermieter hinzunehmen, wenn dadurch sein Mietrecht – im Sinn einer Abwägung der beiderseitigen Interessen (RS0069506) – nicht wesentlich beeinträchtigt wird (RS0107167). Ob diese hier beeinträchtigt waren, war von dem Erstgericht nach Verfahrensergänzung noch festzustellen.

*

5 Ob 138/19h – Unanfechtbarkeit der Bewertung durch das Berufungsgericht nach § 500 Abs 2 ZPO

Der Bewertungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz ist – auch im Verfahren außer Streitsachen – unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof bindend, wenn zwingende Bewertungsvorschriften nicht verletzt wurden, eine offenkundige Unterbewertung oder Überbewertung nicht vorliegt oder eine Bewertung nicht überhaupt hätte unterbleiben müssen (RS0042410 [T28]; RS0042450 [T8]; RS0110735). Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt hier € 10.000,00 nicht. Das Rekursgericht hat den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt, sodass – ohne Abänderung dieses Zulässigkeitsausspruchs nach § 63 Abs 3 AußStrG – der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin jedenfalls unzulässig ist.

Erhebt eine Partei – wie hier – dennoch ein Rechtsmittel, ist dieses, auch wenn es als „außerordentlich“ bezeichnet wird und an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Der Oberste Gerichtshof darf nämlich darüber nur und erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz nach § 63 Abs 3 AußStrG ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RS0109623). Dies gilt auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber im Schriftsatz nicht ausdrücklich den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs nach § 63 Abs 1 AußStrG stellt, weil dieser Mangel grundsätzlich verbesserungsfähig ist (§ 10 Abs 4 AußStrG).

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Dezember 2019

WMWP Rechtsanwälte GmbH