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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter August 2024

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

 

Streitiges Recht

3 Ob 72/24w – Schweigen als Zustimmung

Schweigen kann (nur) dann ausnahmsweise als Zustimmung gewertet werden, wenn wegen einer Sonderrechtsbeziehung (zB vorvertragliches Schuldverhältnis) eine Pflicht zum Widerspruch besteht, wenn es nach den bisherigen Gepflogenheiten der Geschäftspartner in diesem Sinn zu verstehen ist oder wenn das Geschäft dem Schweigenden ausschließlich Vorteile bringt (RS0013991 [T20]).

Nach den Feststellungen war für die Vertragsparteien bereits im Juni 2009 klar, dass es der Klägerin (aus nicht von ihr zu vertretenden Gründen) nicht möglich sein werde, die behördlichen Bewilligungen bis zu dem (durch den dritten Nachtrag zum Bestandvertrag neuerlich hinausgeschobenen) Termin am 31. Juli 2009 zu erwirken, weshalb sie am 16. Juni 2009 übereinkamen, dass „der Bestandvertrag mit der Klägerin hinsichtlich der Bestandsdauer entsprechend anzupassen ist“. In der Folge suchte der von der Klägerin beauftragte Architekt für diese „um eine Verlängerung der Frist zur Vorlage der behördlichen Bewilligungen“ an, woraufhin ihm (sowie dem Geschäftsführer der Klägerin) mitgeteilt wurde, dass dem Ansuchen auf Fristerstreckung zugestimmt worden sei und die Vorlage der behördlichen Bewilligungen bis zum 31. Oktober 2010 zu erfolgen habe.

Das Schweigen der Klägerin auf diese Mitteilung war, aufgrund der besonderen Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls, als schlüssige Zustimmung zu werten. Dabei war zu berücksichtigen, dass für die Klägerin damals offenkundig völlig klar war, dass die Bestandgeber auch nach Juli 2009 weiterhin an einer auflösenden Bedingung (Nichterlangung der behördlichen Bewilligungen bis zu einem bestimmten, noch nicht neu definierten Termin) festhalten wollten. Andernfalls hätte für sie nämlich nicht die geringste Veranlassung bestanden, bei den Beklagten um eine „Fristerstreckung“ anzusuchen. Nachdem die Bestandgeber daraufhin der Fristerstreckung zustimmten und gleichzeitig den neuen Termin mit 31. Oktober 2010 bekannt gaben, wäre nach Treu und Glauben zu erwarten gewesen, dass die Klägerin, sofern sie mit diesem Termin nicht einverstanden gewesen wäre, ausdrücklich widersprochen hätte. Ihr Schweigen konnte daher in dieser Konstellation von einem redlichen Erklärungsempfänger nur als Zustimmung gedeutet werden.

4 Ob 15/24w – Pandemiebedingter Entfall der Bestandzahlungspflicht

Nach gefestigter Rechtsprechung können Betretungsverbote aus Anlass der COVID-19-Pandemie zur gänzlichen Unbenutzbarkeit des Bestandobjekts iSd § 1104 ABGB und zum vollständigen Entfall der Zahlungspflicht des Bestandnehmers führen (vgl RS0133812, RS0021054 [T12]), wobei es diesfalls irrelevant ist, ob man das konkrete Bestandverhältnis als Geschäftsraummiete oder als Pacht qualifiziert (vgl 6 Ob 72/23s).

Für die Beurteilung der vertragsgemäßen Nutzungsmöglichkeit kommt es auf das konkrete Bestandobjekt und nicht auf das übrige geschäftliche Umfeld an (3 Ob 184/21m [Rz 21]). Dass andere Einzelhandelsgeschäfte im Fachmarktzentrum der Klägerin „Click & Collect“ anboten, mag für die – hier ohnedies bejahte – objektive Eignung sprechen, kann aber die Argumente der Vorinstanzen zur subjektiven Unzumutbarkeit für die Beklagte und deren Geschäft nicht widerlegen: Das in diesem Fall betroffene Bestandsobjekt wurde als „Outletstore“ betrieben. Als solches war es aber nie an das „E-Shop-“, das „Click & Reserve“- und das (erst später implementierte) „Click & Collect“-System der Beklagten angeschlossen, führte teilweise andere und beschädigte Ware und verrechnete jedenfalls andere Preise. Daher hätte man nach den Feststellungen für dieses Geschäftslokal ein eigenes „Click & Collect“-System implementieren und für jedes Paar Schuhe eine eigene Kennzeichnung vergeben müssen, was „kostenintensiv“ und nicht zuletzt aufgrund der reduzierten Preise „unwirtschaftlich“ gewesen wäre. Darüber hinaus hätte die Beklagte erst ein System implementieren und sodann die Ware dieser Filiale einzeln einspeisen müssen. In Zusammenschau mit dem festgestellten internen Zeit- und dem externen Kostenaufwand für die Einführung des allgemeinen „Click & Collect“-Systems bei der Beklagten ist die Wertung des Berufungsgerichts, dass damit für diese Filiale ein nachhaltiges Verlustgeschäft und sohin eine Unzumutbarkeit nachgewiesen worden sei, keineswegs unvertretbar.

4 Ob 41/24 v – Pandemiebedingte Mietzinsreduktion

Kommt es aufgrund einer pandemiebedingten (teilweisen) Unbenutzbarkeit des Objekts zu einer Reduktion oder zum Entfall des Untermietzinses, wird auch im Hauptmietverhältnis der vereinbarungskonforme Zweck pandemiebedingt nicht gewährleistet (vgl 9 Ob 98/22k Rz 26).

Die Untermieterin hatte im Zuge der Pandemie ihren Betrieb auf „Click & Collect“ modifiziert. Da die Untermieterin den Mietzins der beklagten Mieterin auch während der Lockdowns zur Gänze gezahlt hat, wurde in diesem Fall eine Mietzinsreduktion verneint.

4 Ob 145/23m – Auch wenn größere Erhaltungsarbeiten im Sinn des § 37 Abs 4 WEG 2002 aus der Rücklage finanziert werden können, kann der Wohnungseigentumsbewerber, der kein Gutachten über den Bauzustand der allgemeinen Teile des Hauses, insbesondere über in absehbarer Zeit (ungefähr zehn Jahre) notwendig werdende Erhaltungsarbeiten erhalten hat, den Wohnungseigentumsorganisator auf Zahlung des seiner Wohnung zugeordneten Anteils an den Sanierungskosten in Anspruch nehmen

Der Kläger und seine Frau kauften 2009 insgesamt 410/7160 Liegenschaftsanteile, die mit zwei der neu errichteten Dachgeschosswohnungen verbunden waren. Sie erhielten anlässlich des Kaufs kein Gutachten gemäß § 37 Abs 4 WEG 2002 über den Bauzustand der allgemeinen Teile des Hauses, insbesondere über in absehbarer Zeit notwendig werdende Erhaltungsarbeiten.

2017 zeigten sich Feuchtigkeitsschäden in einigen (der älteren) Wohnungen, die an Balkone angrenzen. Laut einem von der Beklagten eingeholten Gutachten waren diese auf eine Überschreitung der technischen Lebensdauer von Komponenten der Fußbodenaufbauten der Balkone sowie fehlerhafte Anschlüsse des Balkonaufbaus an den Balkontüren zurückzuführen. Für die Sanierungskosten entnahm die Beklagte EUR 130.000,00 aus der Rücklage. Außerdem schrieb sie den Wohnungseigentümern Sonderzahlungen vor, von denen insgesamt EUR 4.216,79 auf die Eheleute entfielen.

Der Kläger begehrt (zuletzt) EUR 11.200,33. Mangels Übergabe eines Gutachtens gemäß § 37 Abs 4 WEG 2002 gelte ein Zustand als vereinbart, der bis 23. 12. 2019 keine größeren Erhaltungsarbeiten erfordere. Der Klagebetrag sei der auf seine Wohnungen entfallende Anteil für die dennoch erforderliche Balkonsanierung.

Gemäß § 37 Abs 4 WEG 2002 haben die Wohnungseigentumsorganisatoren vor oder mit der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum an Teilen eines Hauses, dessen Baubewilligung zum Zeitpunkt der Zusage älter als 20 Jahre ist, dem Wohnungseigentumsbewerber ein Gutachten eines für den Hochbau zuständigen Ziviltechnikers oder eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Hochbauwesen über den Bauzustand der allgemeinen Teile des Hauses, insbesondere über in absehbarer Zeit (ungefähr zehn Jahre) notwendig werdende Erhaltungsarbeiten, zu übergeben. Das Gutachten darf zum Zeitpunkt der Zusage nicht älter als ein Jahr sein und ist in den Kaufvertrag über den Liegenschaftsanteil, an dem Wohnungseigentum erworben werden soll, einzubeziehen. Mit dieser Einbeziehung gilt der im Vertrag beschriebene Bauzustand als bedungene Eigenschaft im Sinn des § 922 Abs 1 ABGB; damit haftet der Wohnungseigentumsorganisator bzw Verkäufer für den beschriebenen Bauzustand. Erfolgt keine Einbeziehung eines solchen Gutachtens in den Kaufvertrag, gilt ein Erhaltungszustand des Hauses als vereinbart, der in den nächsten zehn Jahren keine größeren Erhaltungsarbeiten erfordert.

§ 37 Abs 4 Satz 3 WEG 2002 soll den Wohnungseigentumsbewerber vor der nicht ausreichenden Berücksichtigung der anstehenden Kosten für Erhaltungsmaßnahmen bewahren. Es handelt sich dabei um eine gesetzlich typisierte Gewährleistungspflicht (RS0130865), wobei der Normtext aber weder Vorschriften über den spezifischen Inhalt des normierten Anspruchs noch über dessen Geltendmachung enthält. Für den genauen Inhalt des Anspruchs sind daher die Bestimmungen des ABGB über die Gewährleistung ergänzend heranzuziehen (5 Ob 99/23d Rz 23 mwH).

Wurde – wie im vorliegenden Fall – kein Gutachten in den Kaufvertrag einbezogen, gilt ein Erhaltungszustand des Hauses als vereinbart, der in den nächsten zehn Jahren keine größeren Erhaltungsarbeiten erfordert. Zugesicherte Sacheigenschaft ist damit ein Zustand, der keine größeren Erhaltungsarbeiten innerhalb der Zeitspanne von zehn Jahren erforderlich macht. Insoweit ersetzt das Gesetz die vertragliche Vereinbarung über die Zusicherung eines nicht sofort feststellbaren Zustands des Gebäudes (5 Ob 99/23d Rz 25).

Den Wohnungseigentumsorganisator trifft deshalb auch gegenüber einem einzelnen Erwerber die Pflicht, für einen vertragskonformen Zustand der allgemeinen Teile der Liegenschaft in vollem Umfang einzustehen. Er könnte diese Pflicht erfüllen, indem er die allgemeinen Teile der Liegenschaft in vollem Umfang auf seine Kosten saniert. Das Schrifttum lehnt einen solchen Anspruch eines einzelnen Wohnungseigentümers jedoch ab, weil sich damit die Pflicht aller Wohnungseigentümer erübrigen würde, die Erhaltungsmaßnahmen gemäß § 32 WEG 2002 anteilig zu finanzieren – und zwar unabhängig davon, ob diese Wohnungseigentümer ebenfalls vertragliche Ansprüche gegen den Wohnungseigentumsorganisator nach § 37 Abs 4 WEG 2002 auf einen bestimmten Zustand der allgemeinen Teile haben. Der Wohnungseigentumsorganisator ist daher nur zur Tragung jener Kosten verhalten, die anteilig auf seinen vom Schutz des § 37 Abs 4 WEG 2002 erfassten Vertragspartner entfallen (vgl Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht – WEG5 [2017] § 37 WEG Rz 44 mwH). Die herrschende Ansicht billigt dem Käufer daher (nur) den Ersatz der von ihm der Eigentümergemeinschaft zu zahlenden Beträge zu (Kulka, Rechtsfragen bei der Anwendung des § 37 Abs 4 WEG 2002, wobl 2012, 374 [376]).

Eine Zahlung des Anteils der Eheleute in die Rücklage (wie vom Berufungsgericht vertreten) wäre im vorliegenden Fall daher nicht ausreichend, um den laut Wohnungsvertrag geschuldeten Zustand herzustellen. Nach den Feststellungen hat sich die Rücklage der Wohnungseigentumsgemeinschaft durch Entnahmen für die im Kaufvertrag nicht avisierten Erhaltungsarbeiten um EUR 130.000 verringert. Dieser Betrag steht daher nicht mehr zur Verfügung, um spätere Erhaltungsarbeiten durchzuführen, die dann auch der Kläger als Mitglied der Wohnungseigentumsgemeinschaft mitzufinanzieren haben wird. Eine Zahlung der Beklagten von nur EUR 6.983,54 in die Rücklage könnte damit den aus dem Kaufvertrag geschuldeten Zustand nicht herstellen. Es verbliebe noch immer eine „Finanzierungslücke“ von EUR 123.016,46 in der Rücklage, mit denen der Kläger nach dem Inhalt des Kaufvertrags nicht rechnen musste.

Dagegen versetzt die Zahlung von EUR 6.983,54 an den Kläger diesen in die Lage, in Zukunft seinen Beitrag zur „Wiederauffüllung“ der Rücklage durch alle Wohnungseigentümer um die entnommenen EUR 130.000 zu leisten. Es kommt nicht darauf an, ob und in welcher Höhe die Eheleute seit ihrem Kauf zur Rücklage beigetragen haben. Mit ihrem Kaufpreis haben die Erwerber auch die im Kaufzeitpunkt vorhandene Rücklage der Wohnungseigentümergemeinschaft „mitbezahlt“.

Der Kläger hat daher Anspruch auf Zahlung des seinem Liegenschaftsanteil entsprechenden Betrags der Sanierungskosten an ihn selbst.

5 Ob 37/24p – Zu den (Akonto-)Beitragszahlungs-Verpflichtungen des Wohnungseigentümers

Gemäß § 2 Abs 5 Satz 2 WEG 2002 bilden alle Wohnungseigentümer zur Verwaltung der Liegenschaft die Eigentümergemeinschaft als juristische Person mit Rechtsfähigkeit in dem durch § 18 Abs 1 und 2 WEG umschriebenen Umfang, diese kann daher Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden kann (5 Ob 28/12x; Painsi in GeKo Wohnrecht II § 18 WEG Rz 34). Die Eigentümergemeinschaft ist daher zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen einen mit seinen Beitragszahlungen säumigen Wohnungseigentümer aktiv legitimiert.

Nach dem unmissverständlichen Gesetzeswortlaut des § 32 Abs 1 WEG sind die Aufwendungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage von den Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen. Maßgeblich für die Aufteilung ist der Grundbuchstand (RS0106059 [T1]). Beitragsschuldner ist immer derjenige Wohnungseigentümer, der zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beitragsschuld im Grundbuch als Eigentümer des entsprechenden Anteils eingetragen ist oder war (RS0013566 [T6]; 5 Ob 158/16w).

Sonderregelungen betreffend die Verjährung der Ansprüche der Eigentümergemeinschaft auf Aufwendungen nach §§ 31, 32 WEG fehlen im Gesetz. Die lange Verjährungszeit (30 Jahre) gemäß § 1479 ABGB ist die Regel (RS0086687 [T6]).

Mit Gegenforderungen ist der Wohnungseigentümer nicht berechtigt aufzurechnen, da in ständiger Rechtsprechung (RS0109647) ein schlüssigen Verzicht der Wohnungseigentümer vorliegt, gegen Akonto-Vorschreibungen zur Abdeckung der in § 32 Abs 1 WEG genannten Ausgaben mit eigenen Ansprüchen gegenüber der Eigentümergemeinschaft aufzurechnen.

8 Ob 57/24a – Familienrechtliche Benützungsgewährungen

Es gibt zahlreiche aus dem natürlichen Zusammengehörigkeitsgefühl unter Familienangehörigen entspringende tatsächliche Benützungsgewährungen von Wohnungen, die nicht rechtlich geregelt sind und gegen den Willen des Gewährenden nicht rechtlich durchsetzbar und jederzeit widerrufbar sind.

Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Rechtstitels zur Wohnungsbenützung – insbesondere in Gestalt eines Bestandvertrages – liegt bei dem jeweiligen Benutzer bzw. der Benutzerin.

Am Vorliegen eines jederzeit widerruflichen, bloß familienrechtlichen Wohnverhältnisses, ändert auch nichts, dass zum Beispiel im Laufe der Jahre diverse Renovierungsarbeiten ohne rechtliche Verpflichtung von dem Benutzer vorgenommen wurden und der Rasen gemäht und gegen Bezahlung Schnee geschaufelt wurde.

Außerstreitiges Recht

5 Ob 46/24m – Eine Berücksichtigung der in § 15h WGG angeordneten befristeten Mietzinsbegrenzung in Form eines Abschlags bei der Wertermittlung ist nicht zu rechtfertigen

Mit der WRN 2002 hat der Gesetzgeber für die nachträgliche Übereignung von Wohnungen und Geschäftsräumen in das Wohnungseigentum des Mieters eine (damals neue) Preisregelung nach § 15d iVm § 23 Abs 4c WGG eingeführt. Die Preisbildungsbestimmung sieht seither vor, dass gegen die Höhe des von der gemeinnützigen Bauvereinigung angebotenen (oder mit dieser vereinbarten) Fixpreises Einwendungen nur wegen „offenkundiger Unangemessenheit“ geltend gemacht werden können (§ 18 Abs 3a WGG). Die Regelungen zur Ermittlung des jeweiligen Fixpreises (Barpreises) sind gebarungsrechtlicher Natur und gehören dem öffentlich-rechtlichen Teil des WGG an (näher dazu 5 Ob 203/11f). Der Kaufinteressent hat keine Möglichkeit, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Preisbildungsbestimmungen des § 23 Abs 4c WGG zu kontrollieren (5 Ob 27/22i; 5 Ob 35/22s; 5 Ob 54/16a).

Ein Fixpreis ist „offenkundig unangemessen“ iSd § 18 Abs 3b WGG, „wenn er den ortsüblichen Preis für frei finanzierte gleichartige Objekte – unter Berücksichtigung der vom Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten zu übernehmenden Verpflichtungen der Bauvereinigung – übersteigt“. Nach der ständigen Rechtsprechung zu § 18 Abs 3b WGG liegt infolge des eindeutigen Gesetzeswortlauts in jedem Fall der Preisermittlung die „offenkundige Unangemessenheit“ des Fixpreises im – wenn auch nur geringfügigen – Übersteigen des ortsüblichen Preises für gleichwertige freifinanzierte Objekte (vgl RS0124635; so auch bereits 5 Ob 120/05s).

Durch die WGG-Novelle 2019, BGBl I 2019/85, wurde die Bestimmung des § 15h WGG eingefügt, die bei nachträglicher Eigentumsübertragung von Wohnungen, die unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichtet wurden, für 15 Jahre eine Begrenzung der Mieterträge regelt. Die Argumente gegen eine Berücksichtigung der befristeten Begrenzung der Mieterträge durch § 15h WGG im Rahmen der gerichtlichen Prüfung der Angemessenheit des Fixpreises nach § 18 Abs 3b WGG sind überzeugend: Für die Prüfung der Unangemessenheit iSd § 18 Abs 3b WGG ist zu fragen, wie hoch der ortsübliche Preis für frei finanzierte gleichartige Objekte ist. Es wäre aber unzulässig, mit dem – als zusätzliches Kriterium der Prüfung vorgesehenen – Begriff „gleichartig“ die Bedeutung der Wortfolge „frei finanzierte“ gleichsam aufzuheben, indem für die Preisbildung nicht mehr die frei finanzierten Objekte herangezogen werden könnten, die das Gesetz ausdrücklich als Maßstab anordnet. Die – unbestritten als Maßnahme zur Verhinderung von Spekulationen angeordnete – vorübergehende Begrenzung der für das Objekt erzielbaren Mietzinse (und damit des Ertragswerts) ist für den diese Wohnung selbst nutzenden Erwerber nicht wirksam, denn wenn er (oder seine Familie) in dieser Zeit das Objekt – wie vom Gesetzgeber intendiert – bewohnt, ist ein bloß hypothetischer Ertrag durch Vermietung und dessen Höhe für den Wert dieser Wohnung letztlich unbedeutend. Der Gesetzgeber des WGG hat den gesetzlichen Anspruch des bisherigen Mieters gegen die Vermieterin auf Eigentumsübertragung mit dieser zeitlich befristeten Begrenzung verknüpft, um eine längerfristige Sozialbindung des gemeinnützig errichteten Wohnraums durch Eigennutzung sicherzustellen (vgl Erläut 140/ME 26. GP 6).

5 Ob 47/24h – Zur Präklusion des Anhebungsbegehrens n ach § 46a Abs 2 MRG

Gemäß § 46a Abs 2 MRG darf im Fall eines am 1. März 1994 bestehenden Hauptmietvertrags über eine Geschäftsräumlichkeit der Vermieter, sofern der bisherige Hauptmietzins niedriger als der angemessene Hauptmietzins nach § 16 Abs 1 ist, nach dem Tod des Hauptmieters von dessen Rechtsnachfolgern ab dem auf den Todesfall folgenden 1. Jänner die schrittweise Anhebung des bisherigen Hauptmietzinses bis zu dem für die Geschäftsräumlichkeit nach § 16 Abs 1 zulässigen Betrag innerhalb von 15 Jahren in der Weise verlangen, dass der Hauptmietzins für jedes Kalenderjahr nach dem Todestag um jeweils 1/15tel des bis zum angemessenen Hauptmietzinses nach § 16 Abs 1 fehlenden Betrags angehoben wird. Gemäß § 46b MRG hat der Vermieter in allen Fällen, in denen er nach §§ 46 und 46a die Anhebung des Hauptmietzinses verlangen darf, sein Anhebungsbegehren dem Hauptmieter spätestens einen Monat vor dem Zinstermin, zu dem er die Entrichtung des angehobenen Mietzinses fordert, schriftlich bekannt zu geben; im Fall einer schrittweisen Anhebung nach § 46 Abs 2 bis 4 bewirkt ein verspätetes Anhebungsbegehren aber nicht den Verlust des Anhebungsrechts für das gesamte Kalenderjahr. § 12a Abs 2 MRG sieht eine Präklusivfrist für die Mietzinsanhebung nach Veräußerung und Verpachtung eines Unternehmens vor; ist der bisherige Hauptmietzins niedriger als der angemessene Hauptmietzins nach § 16 Abs 1, so darf der Vermieter bis spätestens sechs Monate nach angezeigter Unternehmensveräußerung die Anhebung des Hauptmietzinses bis zu dem nach § 16 Abs 1 zulässigen Betrag, jedoch unter Berücksichtigung der Art der im Gegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit, verlangen. Es ist von der analogen Anwendung der Präklusionsbestimmung des § 12a Abs 2 MRG auf die „Fünfzehntelanhebung“ nach § 46a Abs 2 MRG auszugehen.

Damit löst der Tod des Mieters grundsätzlich das Anhebungsrecht aus. Allerdings kann nach der Rechtsprechung (RS0105708 [T3]; 5 Ob 124/07g) die Mietzinsanhebung nur gegenüber dem Universalsukzessor des verstorbenen Mieters begehrt werden. Die Mietzinsanhebungsmöglichkeit nach § 46a Abs 2 MRG wird daher nur schlagend, wenn es durch den Tod eines Geschäftsraummieters zur Gesamtrechtsnachfolge in dessen Mietrechte kommt (RS0116304). Ein Mietzinsanhebungsbegehren dem Nachlass des Vermieters gegenüber wäre verfehlt (5 Ob 291/05p; Vonkilch aaO § 46a MRG Rz 13; Hawel aaO § 46a MRG Rz 3; Auer/H. Böhm in GeKo Wohnrecht I § 46a MRG Rz 13). Nach Rechtsprechung (5 Ob 234/04d) und Lehre (Vonkilch aaO § 46b MRG Rz 4) beginnt die Präklusivfrist des § 12 Abs 2 MRG erst ab dem Zeitpunkt der Anhebungsmöglichkeit, somit im Fall des § 46a MRG mit Rechtskraft der Einantwortung.

In diesem Fall war der Rechtsvorgänger des Antragstellers am 14. 2. 2019 verstorben und hatte der Antragsteller der Erstantragsgegnerin erstmals am 27. 3. 2019 mitgeteilt, dass er als Erbe eingesetzt sei, die Erbschaft antreten und das Lokal übernehmen wolle. Der Einantwortungsbeschluss vom 27. 5. 2019 wurde der Hausverwaltung am 4. 6. 2019 zugestellt. Am 7. 6. 2019 teilte der Antragsteller ihr noch einmal schriftlich mit, in die Mietrechte der Geschäftsräumlichkeiten einzutreten, wobei er den Einantwortungsbeschluss vom 27. 5. 2019 – der nach dem Akteninhalt eine Rechtskraftbestätigung vom gleichen Tag aufweist – neuerlich übermittelte. Die Zustellung eines Anhebungsschreibens vor dem 8. 12. 2020 konnte das Erstgericht nicht feststellen. Die – analog anzuwendende – Präklusivfrist von sechs Monaten des § 12a Abs 2 MRG war aufgrund dieser Feststellungen bei Zustellung des Anhebungsschreibens der Vermieter vom 7. 12. 2020 jedenfalls abgelaufen.

5 Ob 59/24y – Anfechtung von Beschlüssen der WEG

Gemäß § 24 Abs 6 WEG kann jeder Wohnungseigentümer einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft wegen formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder Fehlens der erforderlichen Mehrheit anfechten. Der Anfechtungsgrund der Gesetzwidrigkeit soll aber nicht im Ergebnis auf eine generelle Inhaltskontrolle der Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung hinauslaufen. Der Begriff „Gesetzwidrigkeit“ ist daher nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs einschränkend zu interpretieren. Nur ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des WEG über die Verwaltung und „krasse Verstöße“ gegen die für die Verwaltung stets geforderten Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit machen einen Beschluss gesetzwidrig (RS0120092; 5 Ob 68/23w).

Die Eigentümergemeinschaft kann ihren Willen auch in Form des Umlaufbeschlusses, der der Beschlussfassung in einer Eigentümerversammlung gleichsteht, fassen. Gegenstand und Zweck der Beschlussfassung einen ausreichend bestimmten Beschlussgegenstand bedingen, wobei an die Bestimmtheit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen sind (5 Ob 40/19x; 5 Ob 154/20p). Es reicht aus, wenn daraus das beabsichtigte Vorgehen der Eigentümer so deutlich hervorgeht, dass damit der mit Beschlussfassung verbundene Zweck erreicht ist, ihren Interessenskonflikt zu lösen.

Wenn auch nach § 20 Abs 4 Satz 2 WEG der Verwalter für Erhaltungsarbeiten, die über laufende Instandhaltung hinausgehen, und für größere Verbesserungsarbeiten mindestens drei Angebote einzuholen hat, hat die Frage nach der allenfalls rechtswidrig unterbliebenen Einholung von Vergleichsangeboten keinen Einfluss auf die Rechtswirksamkeit des Mehrheitsbeschlusses (vgl 5 Ob 186/08a; 5 Ob 154/20p). Eine gesetzliche Verpflichtung des Verwalters, die Wohnungseigentümer über die eingeholten Angebote abstimmen zu lassen, besteht nicht. Selbst das Nichteinholen der – im Beschluss im Übrigen ohnedies angekündigten – drei Angebote könnte daher nicht zur Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft führen.  Wenn auch ein wirksamer Umlaufbeschluss Angaben über den wesentlichen Inhalt der geplanten Maßnahme voraussetzt (5 Ob 2/13z), besteht keine darüber hinausgehende Verpflichtung des Initiators des Umlaufbeschlusses, die Entscheidungsgrundlagen aufzubereiten und die Argumente, die für und gegen die Maßnahme sprechen, darzustellen oder zu diskutieren (5 Ob 238/20s).

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, August 2024

WMWP Rechtsanwälte GmbH