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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter August 2020

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

 

 


AUSSERSTREITIGES RECHT

5 Ob 2/20k – Auftrag an den Vermieter Erhaltungsarbeiten durchzuführen

Die Antragsteller beantragten der Vermieterin Erhaltungsarbeiten, nämlich den Wiedereinbau von Fenstern samt Fensterstöcken und die Wiederherstellung des Daches aufzutragen. Von der Vermieterin waren die Außenfenster samt Fensterbänken entfernt und durch provisorische Holzbretterfensterbänke samt Holzverschalung ersetzt worden. Das Dach war ebenfalls entfernt worden. Als Abdichtungsebene diente das vierte Obergeschoß.
Voraussetzung für die Qualifikation als Erhaltungsarbeit – auch im Rahmen der dynamischen Erhaltung – ist nach der Rechtsprechung ein Mangel im Sinn einer Reparaturbedürftigkeit, einer Einschränkung der Funktionsfähigkeit oder Brauchbarkeit oder zumindest einer Schadensgeneigtheit (RS0114109 [T8]; RS0069944 [T11]). Allgemein sind Schäden an Außenfenstern ebenso als ernste Schäden des Hauses zu qualifizieren (RS0069857) wie die Gefährdung der Dachkonstruktion etwa durch (drohende) Durchnässung des Mauerwerks (RS0069886). Die errichteten Provisorien werden nach den Feststellungen in diesem Fall je nach Witterungseinfluss und Wartung nur eine Lebensdauer von ca zwei Jahren (ab ihrer Errichtung Oktober/November 2018) haben.
Die ständige Rechtsprechung stellt regelmäßig darauf ab, ob wirtschaftliche und technische Gegebenheiten und Möglichkeiten (im Sinn der Generalklausel des § 3 Abs 1 erster Satz MRG) bestehen, den Schaden, wenn nicht auf Dauer, so doch für einen relevanten Zeitraum zu beseitigen (RS0114109 [T15]; 5 Ob 148/12v = immolex 2013/20 [Pfiel]; 5 Ob 92/13k = immolex 2013/87 [Prader]; 5 Ob 60/14f). In der Entscheidung 5 Ob 143/14m (immolex 2015/59 [Cerha] = wobl 2015/41 [Vonkilch]) verlangte der Senat, die aufgetragene Erhaltungsarbeit müsse dazu führen, dass das neuerliche Auftreten der Schadensgeneigtheit oder Reparaturbedürftigkeit für eine erhebliche und nicht nur geringe Dauer ausgeschlossen werden kann. Er forderte dort den jedenfalls mehrjährigen Bestand einer derartigen Maßnahme, der hier – aufgrund der festgestellten maximal zwei Jahre währenden Wirksamkeit der Provisorien – nicht erreicht ist.

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5 Ob 26/20i – Zustimmung zur Verlegung des Eingangs

Die begehrte Verlegung des Hauseingangs muss im Hinblick auf die damit verbundene Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft zusätzlich zu den in § 16 Abs 2 Z 1 WEG geforderten negativen Voraussetzungen kumulativ auch die Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 2 WEG erfüllen: Die geplanten Maßnahmen müssen also entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen (RS0083233). Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen einer dieser zusätzlichen Voraussetzungen trägt der änderungswillige Wohnungseigentümer (5 Ob 169/18s = immolex 2019/48 [Gottardis]).
Bei der Beurteilung der Verkehrsüblichkeit einer Änderung kommt es nicht auf eine allgemeine, generalisierende Betrachtung einer vom Standort abstrahierten Baupraxis an, sondern darauf, ob die konkret beabsichtigte Änderung in ihrer geplanten Ausgestaltung unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Hauses, des Umfelds, des Ausmaßes des Eingriffs in die Bausubstanz sowie des Ausmaßes der Inanspruchnahme oder Umgestaltung allgemeiner Teile verkehrsüblich ist (RS0126244; 5 Ob 169/18s mwN). Für das wichtige Interesse des Wohnungseigentümers an einer Änderung am Objekt kommt es darauf an, ob die beabsichtigte Änderung dazu dient, dem Wohnungseigentümer eine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objekts zu ermöglichen (RS0083341 [T18]; RS0083345 [T16]). Zweckmäßigkeitserwägungen und eine Steigerung des Verkehrswerts des Objekts genügen hingegen für die Annahme eines wichtigen Interesses in der Regel nicht (RS0083341 [T2, T4]; RS0083345 [T1]; RS0110977; 5 Ob 169/18s mwN).
In diesem Fall hatten die Antragsteller die Verkehrsüblichkeit der Verlegung des Hauseingangs nicht einmal behauptet. Als wichtiges Interesse iSd § 16 Abs 2 Z 2 WEG machten die Antragsteller stark wuchernde Bepflanzung geltend, wodurch der Zugang eng sei. Der neue Eingang bezwecke die Verkürzung von Distanzen und damit die Schaffung eines altersgerechten Zugangs. Die Beurteilung des Rekursgerichts, daraus lasse sich noch kein wichtiges Interesse iSd § 16 Abs 2 Z 2 WEG ableiten, entspricht der ständigen Judikatur des Fachsenats (vgl RS0083341). Die im Zulassungsantrag genannten Aspekte der Schaffung von Barrierefreiheit und der Herstellung eines funktionstüchtigen WC-Ablaufs waren nicht Gegenstand von Prozessvorbringen im Verfahren erster Instanz. Dass Parteienaussagen der Antragsteller zu diesem Thema Prozessvorbringen zum wichtigen Interesse nicht ersetzen können, entspricht der ständigen Rechtsprechung (RS0043157).

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Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, August 2020

WMWP Rechtsanwälte GmbH