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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter September 2019

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

Streitiges Recht

1 Ob 103/19g – Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund erheblich nachteiligen Gebrauchs

Der Einbau des Badezimmers durch den beklagten Mieter erfolgte 1980 mit (mündlicher) Genehmigung des damaligen Alleineigentümers. Die durchgeführten Baumaßnahmen entsprachen den damals geltenden Vorschriften der Bauordnung. Der Einbau des Bades und WC wurde Jahre später baubehördlich bewilligt, wobei in dem vom damaligen Wohnungseigentümer der Baubehörde vorgelegten Einreichplan die Raumaufteilung (Badezimmer/Schlafkoje) spiegelverkehrt eingezeichnet war. Die Situierung des Badezimmers im Einreichplan entspricht nicht dem tatsächlichen Bestand (spiegelverkehrte Ausführung), was auf einem Irrtum des vormaligen Wohnungseigentümers beruhte. Die spiegelverkehrte Ausführung stellt eine geringfügige Änderung dar, die im Sinn eines einfachen Planwechsels in Form einer Bauanzeige angezeigt werden kann. Die damit verbundenen Kosten belaufen sich auf ca € 1.200,00 inklusive USt. Seit der Errichtung des Badezimmers gab es keine Feuchtigkeitsschäden im Bestandobjekt oder im Haus. Der Vermieter begehrte die Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund erheblich nachteiligen Gebrauchs (§ 30 Abs 2 Z 3 1. Fall MRG).

Ein erheblich nachteiliger Gebrauch vom Mietgegenstand im Sinn des § 30 Abs 2 Z 3 1. Fall MRG (wie des gleichlautenden Vertragsaufhebungsgrundes nach § 1118 1. Fall ABGB) liegt unter anderem vor, wenn durch das nachteilige Verhalten des Mieters wichtige wirtschaftliche oder persönliche Interessen des Vermieters oder der anderen Mieter geschädigt oder gefährdet werden (RIS-Justiz RS0020940 [T11]; vgl RS0021031; RS0070348). Den Vermietern, die das Bestandobjekt erst im Jahr 2012 erwarben, konnte durch den bislang von dem Mieter noch nicht vorgenommenen Planwechsel, der nach dem Mietvertrag „alle behördlichen Vorschriften … zu beachten“ hat, weder eine Verwaltungsstrafe konkret drohen, noch ist die Verhängung einer Verwaltungsstrafe von der Behörde bereits angedroht worden. Durch den Badezimmereinbau seien keine wichtigen Interessen von ihnen betroffen. Der Einbau des Bades und WC sei behördlich genehmigt und entspreche damit dem Baukonsens, die Vertrauenswürdigkeit des beklagten Mieters gegenüber den klagenden Wohnungseigentümern sei nicht erschüttert und der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 1. Fall MRG daher nicht verwirklicht.

4 Ob 66/19p – Voraussetzungen für eine Mietzinsminderung

Nach § 1096 Abs 1 zweiter Satz ABGB wird der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts von der Entrichtung des Mietzinses befreit, wenn das Bestandobjekt bei der Übergabe derart mangelhaft ist oder es während der Bestandzeit ohne Beitrag des Übernehmers derart mangelhaft wird, dass es zum bedungenen Gebrauch nicht taugt. Der Anspruch besteht ab Beginn der Unbrauchbarkeit bzw. Gebrauchsbeeinträchtigung bis zu deren Behebung. Das Ausmaß der Zinsminderung richtet sich dabei nach Grad und Dauer der Beeinträchtigung, wobei der Vertragszweck im Vordergrund steht. Keine Mietzinsminderung steht allerdings dann zu, wenn die Gebrauchsbeeinträchtigung vom Bestandnehmer zu vertreten ist, soweit er den Mangel selbst verursacht hat; in diesem Fall ist sein Anteil an der Gebrauchsminderung entsprechend zu berücksichtigen (8 Ob 34/17h mwN). Ein Bestandnehmer, der Zweifel an der Bestandzinsschuld hat, kann gezahlte Bestandzinse nur dann zurückfordern, wenn er dazu einen Vorbehalt erklärt hat (RS0033612).

5 Ob 16/19t – Zur Verjährung von Schadenersatzansprüchen bei Behebungszusagen und der Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft aus den von den Wohnungseigentümern abgeschlossenen Verträge

Die Eigentümergemeinschaft ist an sich nur zur Geltendmachung von Ansprüchen aus „eigenen“, also von ihr selbst abgeschlossenen Verträgen aktivlegitimiert; das gilt sowohl für Erfüllungsansprüche als auch für Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche (vgl RIS-Justiz RS0108157). Die klageweise Geltendmachung von Schadenersatz wegen Nichterfüllung oder mangelhafter Erfüllung der von den jeweiligen Wohnungseigentümern (bzw. ihren Rechtsvorgängern) abgeschlossenen Verträge durch die Eigentümergemeinschaft erfordert daher iSd § 18 Abs 2 Satz 1 WEG eine wirksame Abtretung dieser Ansprüche vom Wohnungseigentümer an die Eigentümergemeinschaft (RS0128567). Die Abtretung als kausales Verfügungsgeschäft ist nur dann wirksam, wenn sie auf einem gültigen Grundgeschäft (Verpflichtungsgeschäft, Titel) beruht. Die Unwirksamkeit der Abtretung und den daraus folgenden Mangel der Gläubigerstellung des Klägers kann der Beklagte als Schuldner der abgetretenen Forderung dem Kläger gegenüber einwenden (RS0032510). Der Kläger hat den Beweis für einen gültigen Rechtsgrund zu erbringen, sobald der Beklagte die Wirksamkeit der Abtretung wegen Fehlens eines tauglichen Titels bestreitet (RS0032510 [T3]). Als Titel für eine Abtretung nach § 18 Abs 2 WEG genügt allerdings bereits das gemeinschaftliche Interesse der Wohnungseigentümer an der Schadensbehebung (6 Ob 115/18g = RS0128567 [T2]). Es handelt sich dabei um einen Sonderfall des Auftrags, dessen Grundlage im Verhältnis zwischen den Wohnungseigentümern liegt; einer besonderen Anführung des – sich schon aus der gesetzlichen Ausgestaltung des Wohnungseigentumsrechts ergebenden – Auftrags in der Abtretungserklärung bedarf es daher nicht (6 Ob 115/18g).

Gemäß § 1489 ABGB verjähren Schadenersatzansprüche in drei Jahren ab dem Zeitpunkt, zu dem der Eintritt des Schadens und die Person des Ersatzpflichtigen dem Geschädigten soweit bekannt wurden, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg eingebracht werden kann (RS0034524; RS0050338). Im Werkvertragsrecht vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, dass der Schaden, der darin liegt, dass der Werkbesteller infolge des schuldhaften Verzugs des Unternehmers mit der Verbesserung der Werkmängel oder infolge der Verweigerung der Verbesserung die Kosten für die Verbesserung des Werks selbst zu tragen hat, nicht schon mit der Lieferung der mangelhaften Sache, sondern erst in dem Zeitpunkt entstanden ist, in dem klargestellt wurde, dass es zur Verbesserung des Werks durch den Unternehmer nicht mehr kommen wird (RS0022078). Die Verjährung des Schadenersatzanspruchs beginnt demnach erst dann zu laufen, wenn dem Besteller erkennbar ist, dass eine erfolgte Verbesserung misslungen ist, oder wenn feststeht, dass der Werkunternehmer die Verbesserung endgültig verweigert (RS0022078 [T3, T5], RS0021755 [T10]). Gleiches gilt auch für den Kaufvertrag (3 Ob 162/12p; RS0022078 [T6]). Auf die Kenntnis des Mangels wird nur dann abgestellt, wenn dem Schädiger keine Verbesserungsgelegenheit eingeräumt wurde (vgl 5 Ob 230/14f; RS0088996). An dieser Rechtsprechung hat der Oberste Gerichtshof ungeachtet der in der Lehre erhobenen Kritik festgehalten (3 Ob 162/12p; 8 Ob 16/11b; 6 Ob 34/00v mwN). Maßgeblich ist, ob der Besteller erkennen musste, dass eine erfolgte Verbesserung misslungen ist, oder feststeht, dass der Werkunternehmer die Verbesserung endgültig verweigert. Auch ohne ausdrückliche Verbesserungszusage ist für den Verjährungsbeginn der Zeitpunkt relevant, zudem der Werkunternehmer die geforderte (und ermöglichte) Verbesserung endgültig abgelehnt hat. Aus dem Umstand, dass die Vertreterin der Beklagten trotz Verneinung einer eigenen Verantwortung wiederholt an der Ursachenforschung und Mängelbehebungsversuchen mitwirkte, konnten die Wohnungseigentümer schließen, dass die Beklagte die Verbesserung – im Sinn der dargestellten Rechtsprechung – noch nicht endgültig abgelehnt hat. Die Maßnahmen, an denen die Vertreterin der Beklagten mitwirkte, betrafen zwar nur einzelne Wohnungseigentumsobjekte, doch waren diese Folge einer Verbesserungsaufforderung aller (damaligen) Wohnungseigentümer, sie sollten dem Kenntnisgewinn für alle betroffenen Objekte dienen.

5 Ob 13/19a – Gegenforderungen, für die der streitige Rechtsweg nicht zulässig ist, können im streitigen Verfahren nicht aufrechnungsweise eingewendet werden

Gegenforderungen, für die der streitige Rechtsweg nicht zulässig ist, können im streitigen Verfahren nicht aufrechnungsweise eingewendet werden (RIS-Justiz RS0033861 [T11; T16]). Gegenstand des Verfahrens war der vom Kläger gegenüber dem Beklagten geltend gemachte Anspruch auf anteilige Rückzahlung eines Darlehens, das die Rechtsvorgänger des Klägers dem Rechtsvorgänger des Beklagten gewährt hatten. Der Beklagte wendete eine Gegenforderung aus der Leistung einer Ausgleichszahlung im Rahmen der Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft gemäß § 830 ABGB ein. Über dieses Begehren hat jedoch der Exekutionsrichter in der Zwangsvollstreckung gemäß § 351 EO zu befinden. Gegenforderungen, die nicht selbstständig im streitigen Prozessweg, sondern in anderen Verfahren – wie hier im Exekutionsverfahren – geltend zu machen seien, könnten im streitigen Verfahren nicht eingewendet werden.

5 Ob 21/19b – Zur (analogen) Anwendung des § 364a ABGB für Schäden zwischen Wohnungseigentümern

Die Beklagte ließ einen in ihrem Wohnungseigentumsobjekt zugeordneten Zugangsbereich liegenden Bodenabfluss, der bis dahin unmittelbar vor der Eingangstür gelegen war, zu einer Stützmauer hin versetzen. Während Starkregenfällen einige Zeit später konnten die Wassermassen von diesem Bodenabfluss nicht abfließen. Die Ursache dafür lag vermutlich darin, dass vom Starkregen angespültes Laub und Zweige den Bodenabfluss bedeckten. Das im Eingangsbereich vor der Doppelhaushälfte der – zu diesem Zeitpunkt ortsabwesenden – Beklagten aufgestaute Wasser drang durch die Eingangstür in die Doppelhaushälfte der Beklagten ein und breitete sich von dort auf die Doppelhaushälfte der Kläger aus. Gegenstand des Verfahrens war der Ersatz der den Klägern durch diesen Wasserübertritt an ihrer Doppelhaushälfte entstandenen Schäden.

Die analoge Anwendung des § 364a ABGB setzt voraus, dass die Immission von der schadenverursachenden Anlage ausgeht und für deren Betrieb typisch ist (RS0010670 [T1, T5]). Mit solcherart „betriebstypischen“ Schäden sind adäquat verursachte Folgen gemeint (RS0010670 [T4]; RS0010668 [T18]). Der verschuldensunabhängige Ausgleichsanspruch kommt Weiters nur bei solchen Schädigungen in Frage, die in irgendeiner Weise mit der Verfügungsmacht des Grundeigentümers zusammenhängen, sei es, dass dieser die Liegenschaft in einen Schaden hervorrufenden Zustand versetzt oder in einem solchen belässt, sei es, dass er auf seiner Liegenschaft eine schadenstiftende Tätigkeit verrichtet oder deren Verrichtung durch Dritte duldet (RS0010448). Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass § 364 Abs 2 ABGB auch im Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern ein- und desselben Hauses anwendbar ist, solange ein Wohnungseigentümer im Rahmen der Ausübung seines ausschließlichen Benützungsrechts an einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt Störungen verursacht (RS0010614 [T1]). Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch kann also auch zwischen Wohnungseigentümern ein- und desselben Hauses für eine von einem Wohnungseigentumsobjekt ausgehende Störung bestehen (RS0010603 [T1]). Dass das emittierende und das beeinträchtigte Wohnungseigentumsobjekt Teil derselben Liegenschaft sind, steht der (analogen) Anwendung des § 364a ABGB also nicht im Weg.

Die Schäden an der Doppelhaushälfte der Kläger sind adäquate Folgen einer typischen Einwirkung, auf die der Kläger nicht durch eine Unterlassungsklage reagieren konnte. Er befand sich also in einer Situation wie derjenige, dem aus anderen Gründen die Unterlassungsklage verwehrt war (vgl 7 Ob 273/08k). Bei der Versetzung eines Abflusses im Außenbereich können Nachbarn nämlich zunächst auf die Gefahrlosigkeit dieser Maßnahme vertrauen und eine Untersagung außer Betracht lassen. Es ist vielmehr demjenigen, der diese Maßnahme setzt und den Nachbarn damit einem erhöhten Risiko aussetzt, zumutbar, dafür Sorge zu tragen, dass dem Nachbarn daraus kein Nachteil erwächst (vgl 5 Ob 82/13i). Ob eine Gefahrensituation für den, der sie herbeiführt, objektiv erkennbar ist, kann dabei nur anhand des Einzelfalls beurteilt werden (RS0010668 [T12]). Dies wurde hier bejaht. Durch das Verlegen des Abflusses hat die Beklagte die bestehenden Abflussverhältnisse verändert und beim schadensbegründenden Vorfall hat sich gerade der „betriebstypische“ Zweck dieser Einrichtung, nämlich die Ableitung des Regenwasseraufkommens, nicht verwirklicht (vgl 5 Ob 82/13i). Der Schaden steht demnach in einem ausreichenden Zusammenhang mit der Sachherrschaft der Beklagten. Weder aus dem Wohnungseigentum in seiner gesetzlichen Ausgestaltung noch aus dem konkreten Wohnungseigentumsvertrag ist abzuleiten, dass der Beklagten rechtlich die geforderte Verfügungsmacht gefehlt hätte, um einen Wassereintritt zu verhindern. Vielmehr enthält der Wohnungseigentumsvertrag in Bezug auf die den jeweiligen Wohnungseigentumsobjekten zugeordneten Sachteile im Wesentlichen die ausschließliche Zuständigkeit der Wohnungseigentümer. Der Wohnungseigentumsvertrag enthält im Übrigen auch keine Regelungen im Zusammenhang mit nachbarrechtlichen Ansprüchen im Allgemeinen und Immissionsschäden wie den eingetretenen im Besonderen, die der Anwendung des gesetzlichen Nachbarrechts und damit einem verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch entgegenstehen könnten (vgl RS0010569; RS0010534 [T1]; RS0010642). Auch aus der allgemeinen Sonderrechtsbeziehung zwischen Wohnungseigentümern (vgl RS0110784) war für die Beklagte im Zusammenhang mit der hier zu beurteilenden unmittelbaren Zuleitung von Regenwasser nichts zu gewinnen.

5 Ob 38/19b – Widmungsänderung und damit verbundene bauliche Maßnahmen

Bei den im Mit- und Wohnungseigentum der Antragsteller stehenden Anteilen an der Liegenschaft handelt es sich um Hotelappartements, bestehen aus einer Garderobe/Gang, einem Raum Wohnen/Schlafen und Dusche/WC. Im Anschluss an den Kauf bauten sie in sämtliche Hotelappartements Küchenzeilen ein. Dafür war die Verlegung von Wasserzu- und -ableitungen aus den jeweiligen Bädern in den Bereich Wohnen/Schlafen und die Installierung von Starkstromleitungen erforderlich. Die Anschlüsse für den Starkstrom wurden im Keller eingerichtet. Für diese Baumaßnahmen holten die Antragsteller keine Zustimmung der anderen Mit- und Wohnungseigentümer ein. Nachdem die Antragsteller keinen Hotelbetrieb mehr betrieben beantragten sie, die Zustimmung der im Antrag als Antragsgegner bezeichneten Wohnungseigentümer zur Änderung der Widmung der im Eigentum der Antragsteller stehenden Geschäftseinheiten von „Geschäftsraum“ in „Wohnraum“ zu ersetzen.

Die Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts zu einer bestimmten Nutzung und das Festhalten an der dadurch definierten Nutzung gehört zu den absolut geschützten Rechten jedes Wohnungseigentümers. Eine Änderung dieses Rechtszustands ist nur nach Maßgabe des § 16 Abs 2 WEG möglich (RIS-Justiz RS0120725 [T5, T8]; RS0119528 [T2]; RS0101800 [T6]). Der Wohnungseigentümer ist zu Änderungen (einschließlich Widmungsänderungen) an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine Kosten berechtigt; dabei gilt Folgendes: Die Änderung darf weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben (§ 16 Abs 2 Z 1 WEG). Werden für eine solche Änderung auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen, so muss die Änderung überdies entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen (§ 16 Abs 2 Z 2 WEG). Widmungsänderungen sind gemäß dessen Einleitungssatz „Änderungen“ iSd § 16 Abs 2 WEG; diese sind daher wie jede andere Änderung zu behandeln (5 Ob 2075/96z; vgl RS0101800). Eine Widmungsänderung als solche ist dabei in der Regel (nur) nach Z 1 des § 16 Abs 2 WEG zu prüfen. Eine Widmungsänderung kann also nur abgewehrt werden, wenn sie mit wesentlichen Interessen anderer Wohnungseigentümer kollidiert (5 Ob 235/17w; 5 Ob 150/16v; RS0101801 [T1]; RS0083309 [T8]). Einer Widmungsänderung steht nicht schon jede Beeinträchtigung von Interessen der Miteigentümer entgegen, sondern nur wesentliche Beeinträchtigungen, die die Interessen der anderen Wohnungseigentümer am Unterbleiben der Änderung so schutzwürdig erscheinen lassen, dass ein Anspruch des Wohnungseigentümers auf Änderungen iSd § 16 Abs 2 WEG zurückzustehen hat (RS0083236; RS0083271). Dabei kommt es auf das vom Einzelfall abhängige konkrete Ausmaß der Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer an, das – bei objektiver Betrachtung – mit der in Zukunft typischerweise zu erwartenden Entwicklung und ihren Begleiterscheinungen verbunden ist (5 Ob 235/17w; 5 Ob 150/16v). Zur Beurteilung der Zulässigkeit einer Widmungsänderung ist die gültige Widmung des betreffenden Objekts der beabsichtigten Verwendung (gemessen an den typischen Auswirkungen einer solchen Änderung) gegenüberzustellen. Maßgeblich dafür ist die (in der Regel im Wohnungseigentumsvertrag getroffene) privatrechtliche Einigung der Wohnungseigentümer (RS0119528 [T4]; RS0120725 [T1]); vor allem spätere Widmungsänderungen können allenfalls konkludent die Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer finden (RS0119528 [T6]; RS0120725 [T4, T9]). Bloß tatsächliche Vorgänge lassen die Widmung unberührt (5 Ob 2075/96z; vgl RS0101800; RS0083260).

Bei der Beurteilung der in § 16 Abs 2 WEG normierten negativen und positiven Voraussetzungen sind alle in Betracht kommenden Umstände der Interessenbeeinträchtigung und die Änderungen in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen (5 Ob 143/11g; 5 Ob 228/03w; 5 Ob 47/81; RS0109643; RS0083309). Einzelne Maßnahmen sind also nicht für sich, sondern in ihrer Gesamtheit zu beurteilen, sodass eine Einordnung der einzelnen Änderungen in die Kategorien der Z 1 und Z 2 des § 16 Abs 2 WEG und deren gesonderte Beurteilung allein nach den jeweils für die einzelne Kategorie aufgestellten Erfordernissen nicht zielführend ist (5 Ob 47/81 = RS0083309 [T2]). Die gesonderte Beurteilung einzelner Änderungsbegehren ist (nur) zulässig, wenn diese in keinem untrennbaren Zusammenhang stehen. Das trifft zu, wenn die angestrebten Maßnahmen (objektiv) voneinander trennbar sind und der änderungswillige Wohnungseigentümer, der die Ersetzung der Zustimmung zu den einzelnen trennbaren Änderungen begehrt, eindeutig zum Ausdruck bringt, auch an einer Teil-Stattgebung interessiert zu sein (vgl 5 Ob 19/16d; 5 Ob 143/11g; RS0083040). Widmungsänderungen sind wie jede andere Änderung zu behandeln (§ 16 Abs 2 Einleitungssatz WEG). Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer getrennten Beurteilung einzelner Änderungsbegehren gelten daher nicht nur für bauliche Maßnahmen, sondern auch im Verhältnis zwischen einer Widmungsänderung und baulichen Änderungen. Wenn der änderungswillige Wohnungseigentümer nicht allein die Genehmigung der Widmungsänderung, sondern zugleich auch die Genehmigung entsprechender baulicher Änderungen begehrt, sind diese Änderungen daher in ihrer Gesamtheit zu beurteilen, es sei denn zwischen den Änderungsbegehren besteht kein untrennbarer Zusammenhang. Kein untrennbarer Zusammenhang besteht (und deren gesonderte Beurteilung ist zulässig), wenn einerseits die Umwidmung und die baulichen Adaptierungen aus objektiver Sicht faktisch voneinander getrennt werden können, die baulichen Änderungen zur Herstellung der neuen Nutzungsmöglichkeit also nicht zwingend notwendig sind, und andererseits der Antragsteller ausreichend klar zum Ausdruck bringt, dass (auch) er die Änderungsbegehren nicht als untrennbare Einheit ansieht und insbesondere die Widmungsänderung auch unabhängig von den Umbaumaßnahmen anstrebt (vgl 5 Ob 19/16d).

Die in diesem Fall mit der angestrebten Widmungsänderung notwendig verbundene baulichen Änderungen sind daher – ungeachtet einer auf diese beschränkten Antragstellung – in die Beurteilung der Zulässigkeit der Widmungsänderung miteinzubeziehen. Diese Maßnahmen stehen einer Genehmigung nur dann nicht entgegen, wenn (auch) sie die negativen und positiven Voraussetzungen nach § 16 Abs 2 WEG erfüllen. Beeinträchtigen die notwendigen baulichen Maßnahmen schutzwürdige Interessen anderer Wohnungseigentümer, führt dies nach § 16 Abs 2 Z 1 WEG zum Ausschluss des Änderungsrechts. Greifen notwendige bauliche Maßnahmen in allgemeine Teile der Liegenschaft ein oder nehmen solche in Anspruch, ist iSd § 16 Abs 2 Z 2 WEG deren Verkehrsüblichkeit oder ein wichtiges Interesse des Wohnungseigentümers erforderlich. Bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der von den Antragstellern begehrten Widmungsänderung sind die für die neue Nutzungsform objektiv notwendigen und/oder ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer bereits durchgeführten baulichen Änderungen miteinzubeziehen.

5 Ob 72/19b – Bei der Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts ist auf die privatrechtliche Einigung der Wohnungseigentümer abzustellen

Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Frage der Widmung auf die privatrechtliche Einigung der Wohnungseigentümer (in der Regel im Wohnungseigentumsvertrag) abzustellen (RS0120725 [T1]; RS0119528 [T4]). Bei der Ermittlung der konkreten privatrechtlichen Einigung der Mit- und Wohnungseigentümer über die Widmung eines bestimmten Objekts ist eine weitgehend objektive Betrachtung angezeigt (vgl RS0117166). Maßgeblich ist der objektive Erklärungswert der Willensäußerung (5 Ob 100/14p; 5 Ob 224/15z). Der Inhalt der Widmung ist durch Auslegung nach den Bestimmungen der §§ 914 f ABGB zu ermitteln. Grundsätzlich kann die Beschreibung des Wohnungseigentumsobjekts oder die Bezeichnung der betreffenden Räume und der daraus resultierende Verwendungszweck in einem Nutzwertgutachten ein bei der Auslegung zu berücksichtigender Aspekt sein, soweit ein Konnex auf die Einbeziehung dieser Umstände in die Widmungsvereinbarung der Mit- und Wohnungseigentümer indiziert ist (5 Ob 105/16a = immolex 2016/108 [Pfiel] = EvBl 2017/38 [Pesek] = wobl 2017/107 [Vonkilch]; 5 Ob 198/16b = immolex 2017/62 [Räth]). Dort war das Nutzwertgutachten aber jeweils Teil des Wohnungseigentumsvertrags.

In diesem Fall enthielt der vereinbarte Wohnungseigentumsvertrag selbst aber keine Bezugnahme auf das Nutzwertgutachten. Der Wohnungseigentumsvertrag war detailliert ausformuliert und letztlich (wie sich aus dem Grundbuchstand ergibt) auch als Grundlage für die Wohnungseigentumsbegründung herangezogen worden. Im Hinblick darauf, dass den Mit- und Wohnungseigentümern auch das Anbringen von Hinweistafeln und Ankündigungseinrichtungen gestattet wurde, für die bei einer reinen Wohnraumnutzung kaum Bedarf zu erkennen ist, war davon auszugehen, dass eine sehr weite und sämtlichen Wohnungseigentümern gleichermaßen eingeräumte gemischte Nutzung der Objekte sowohl zu Wohn- als auch Geschäftszwecken eingeräumt werden sollte. Der Bezeichnung der Objekte im Nutzwertgutachten – die zu einer wesentlichen Einschränkung dieser unspezifischen Nutzungsbefugnisse führen würde – kam daher nicht die unterstellte Bedeutung zu. Die Nutzwertfestsetzung schafft keinen eigenen Rechtsgrund für die Nutzung , sondern hat die Widmung nur nachzuvollziehen (RS0118149). Eine Nutzwertfestsetzung, die von der im Wohnungseigentumsvertrag vereinbarten Nutzung in einer solchen Weise abweicht, dass dies einen Verzicht der Wohnungseigentümer auf ursprünglich eingeräumte Nutzungsbefugnisse zur Folge hätte, wäre bei Auslegung der Widmungserklärung nur dann relevant, wenn es – anders als in diesem Fall – noch weitere Anhaltspunkte dafür gäbe, dass eine derartige Beschränkung ernstlich gewollt war (vgl RS0014190).

7 Ob 101/19g – Das Mietrechtsgesetz (MRG) umfasst nur die „Raummiete“

Die Vermietung erfolgt nach der ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung zur ausschließlichen Nutzung und Benützung der Liegenschaft zu Lagerzwecken für Baumaterialien, Baugeräte und Baumaschinen, wobei auch das auf der Liegenschaft befindliche – für Wohnzwecke ungeeignete – einen flächenmäßigen nur geringen Anteil umfassende Gebäude zu Lagerzwecken mitverwendet werden durfte.

Das Mietrechtsgesetz (MRG) umfasst nur die „Raummiete“ (RS0066883 [T1]; RS0069471 [T2]). Wenn das Gebäude nur einen ganz unbedeutenden Teil der gemieteten Fläche in Anspruch nimmt und ihm keine selbständige Funktion, sondern nur eine Hilfsfunktion zukommt, dann stellt es nur eine Nebensache dar, die am Hauptgegenstand des Mietvertrags, nämlich an einer nicht kündigungsgeschützten Flächenmiete, nichts ändert. Nur wenn umgekehrt die vermietete Grundfläche lediglich die Nebensache ist, die schon bestehenden oder erst zu errichtenden Räumlichkeiten aber die Hauptsache darstellen, liegt Raummiete vor (RS0069482).

In diesem Fall war dem Gebäude nur eine untergeordnete Funktion zuzubilligen und daher von einer Flächenmiete auszugehen.

Außerstreitiges Recht

5 Ob 158/18y – Zum Lagezuschlag/ -abschlag

Für die Berechnung des Richtwertmietzinses nach § 16 Abs 2 MRG sind im Vergleich zur mietrechtlichen Normwohnung entsprechende Zuschläge zum oder Abstriche vom Richtwert für werterhöhende oder wertvermindernde Abweichungen vom Standard der mietrechtlichen Normwohnung nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens vorzunehmen. Einer der in § 16 Abs 2 Z 1 bis 5 MRG taxativ aufgezählten Umstände, die zu Zuschlägen oder Abstrichen vom Richtwert führen können, ist die Lage (Wohnumgebung) des Hauses (Z 3). Ein Lagezuschlag iSd § 16 Abs 2 Z 3 MRG ist (nur) dann zulässig, wenn die Liegenschaft, auf der sich die Wohnung befindet, eine Lage aufweist, die besser ist als die durchschnittliche Lage (§ 2 Abs 3 RichtWG). Zudem müssen die für den Lagezuschlag maßgebenden Umstände dem Mieter in Schriftform bis spätestens bei Zustandekommen des Mietvertrags ausdrücklich bekanntgegeben worden sein (§ 16 Abs 4 MRG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Fachsenats genügt es, wenn die entsprechenden, den Wohnwert eines Hauses beeinflussenden Kriterien schlagwortartig angeführt werden (RIS-Justiz RS0111201 [T2], RS0111820 [T3]). Es reichen beispielsweise Hinweise auf die gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, gute Infrastruktur und/oder Grünruhelage aus (5 Ob 18/17h mwN).

Die Berechnungsmethode für die Höhe eines Lagezuschlags oder Lageabschlags regelt § 16 Abs 3 MRG. Diese Bestimmung enthält genaue Anweisungen über die Ermittlung der Lagezuschläge und Lageabschläge. Zu deren Ermittlung ist nach gesetzlicher Anordnung zunächst der der Lage des Hauses entsprechende Grundkostenanteil je m2 Nutzfläche zu berechnen. Dazu bedarf es der Feststellung der in dieser Gegend üblichen Grundpreise für unbebaute, aber für Wohnbauten geeignete Grundstücke (idS ist § 16 Abs 3 MRG berichtigend auszulegen) und der Umlegung dieser Preise auf die unter Berücksichtigung der Bauvorschriften erzielbaren Wohnnutzflächen. Von der Differenz zwischen dem auf diese Weise errechneten und dem der Richtwertfestsetzung zugrunde gelegten Grundkostenanteil (§ 3 Abs 2 und Abs 5 RichtWG), der aus dem gemäß § 4 Abs 1 RichtWG mit dem Richtwert kundgemachten Prozentanteil rückgerechnet werden kann, bilden 0,33 % den zulässigen Lagezuschlag bzw Lageabstrich (5 Ob 242/18a; RS0114795). Ein Lagezuschlag setzt demnach voraus, dass das lagetypische Grundpreisniveau höher liegt als jenes, das dem jeweiligen Richtwert zugrunde liegt. Nach § 2 Abs 3 RichtWG ist die durchschnittliche Lage nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens zu beurteilen, wobei eine Lage (Wohnumgebung) mit einem überwiegenden Gebäudebestand, der in der Zeit von 1870 bis 1917 errichtet wurde und im Zeitpunkt der Errichtung überwiegend kleine, mangelhaft ausgestattete Wohnungen (Wohnungen der Ausstattungskategorie D) aufgewiesen hat, höchstens als durchschnittlich einzustufen ist. Diese gesetzlich als jedenfalls höchstens durchschnittlich eingestuften Lagen werden in der Regel als „Gründerzeitviertel“ bezeichnet (5 Ob 198/18f). Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang wiederholt klargestellt, dass aus § 2 Abs 3 RichtWG nicht der Schluss zu ziehen ist, jegliche Lage außerhalb dieser Gründerzeitviertel sei bereits überdurchschnittlich. Mit der Anordnung, dass eine Lage in einem Gründerzeitviertel höchstens als durchschnittlich einzustufen ist, wird kein „Begriffsmerkmal der Normwohnung“ gegeben, sondern nur für Wiener Verhältnisse klargestellt, dass Wohnungen in solchen Teilen der Stadt höchstens als durchschnittlich eingestuft werden können. Über andere Lagen wird damit nichts ausgesagt (5 Ob 198/18f mwN; RS0111204).

Mit der Frage der maßgeblichen Kriterien für die Prüfung der Durchschnittlichkeit einer Lage (Wohnumgebung) iSd § 16 Abs 4 MRG hat sich der Fachsenat in der Entscheidung 5 Ob 74/17v ausführlich auseinandergesetzt. Er kam zu dem Ergebnis, dass die in § 16 Abs 4 MRG für die Berücksichtigung eines Lagezuschlags geforderte „Überdurchschnittlichkeit“ einer Lage (Wohnumgebung) – entgegen der mietrechtlichen Praxis – nicht schon allein aus dem Grundkostenvergleich nach § 16 Abs 3 MRG abgeleitet werden kann. Es bedarf vielmehr einer Prüfung, ob im konkreten Einzelfall die Lage (Wohnumgebung) der Liegenschaft, auf der sich eine Wohnung befindet, nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und Erfahrung des täglichen Lebens besser als die durchschnittliche Lage (Wohnumgebung) ist. Diese Beurteilung „nach der allgemeinen Verkehrsauffassung“ und der „Erfahrung des täglichen Lebens“ wird von verschiedenen Faktoren, wie etwa die im vorliegenden Fall geprüften Standorteigenschaften, beeinflusst sein. Dabei hat der Vermieter den Nachweis zu erbringen, dass es konkrete Anhaltspunkte (Wohnumgebungsfaktoren) gibt, die die Annahme einer überdurchschnittlichen Lage erlauben. Zur Beurteilung, ob eine konkrete Lage (Wohnumgebung) aufgrund dieser Eigenschaften tatsächlich als „besser als durchschnittlich“ zu qualifizieren ist, bedarf es dann eines wertenden Vergleichs mit anderen Lagen (Wohnumgebungen). Das Gebot der Beurteilung nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens macht es notwendig (und erlaubtes), sich bei dieser Beurteilung von einem gleichsam mathematischen Verständnis des Wortes „durchschnittlich“, als dem Mittelwert aus einer gegebenen Grundgesamtheit (annähernd) entsprechend, zu lösen. Das Gebiet, das dieser vergleichenden Beurteilung zugrunde zu legen ist, also der geographische Bereich, der die zur Beurteilung der (Über-)Durchschnittlichkeit miteinander zu vergleichenden Lagen (Wohnumgebungen) umfasst, bestimmt sich ebenfalls nach der allgemeinen Verkehrsauffassung. Entscheidend ist, welcher Bereich nach der Beurteilung des Wohnungsmarkts ein einigermaßen einheitliches Wohngebiet bildet. Dieses Abgrenzungskriterium muss nicht mit politischen Grenzziehungen übereinstimmen und lässt daher, wie es unbestimmten Gesetzesbegriffen immanent ist, einen gewissen Spielraum bei der Ermittlung der konkreten Lösung. Die Frage, ob Zuschläge zum Richtwertmietzins gerechtfertigt sind, hängt daher – wie im Allgemeinen – auch in dieser Hinsicht grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab. Von diesen Grundsätzen ausgehend ist in Wien als Referenzgebiet für die Beurteilung der Durchschnittlichkeit der Lage eines Hauses nicht regelhaft maximal der jeweilige Gemeindebezirk heranzuziehen, sondern es ist auf jene Teile des Wiener Stadtgebiets abzustellen, die einander nach der Verkehrsauffassung in ihren Bebauungsmerkmalen gleichen und (daher) ein einigermaßen einheitliches Wohngebiet bilden.

Von den zu 5 Ob 74/17v entwickelten Grundsätzen ausgehend ist in Wien als Referenzgebiet für die Beurteilung der Durchschnittlichkeit der Lage auf jene Teile des Wiener Stadtgebiets abzustellen, die einander nach der Verkehrsauffassung in ihren Bebauungsmerkmalen gleichen und ein einigermaßen einheitliches Wohngebiet bilden. Im hier zu beurteilenden Fall des 15. Gemeindebezirks sind das die innerstädtischen Gebiete mit einer mittleren oder dichten mehrgeschossigen Bebauung. Im Vergleich zu den relevanten Lagen Wiens rechtfertigen die festgestellte Erschließung der Wohnumgebung des Hauses Oeverseestraße 35 mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dessen Erreichbarkeit für den Individualverkehr, die dort bestehenden Möglichkeiten der Nahversorgung, die sonstige Infrastruktur und die Lage gegenüber der „Schmelz“ auch nach Auffassung des erkennenden Senats die Annahme einer überdurchschnittlichen Lage iSd § 16 Abs 4 MRG nicht. Bei der Beurteilung der Qualität einer Wohnumgebung ist eine Gesamtschau und Gewichtung der einzelnen Lagecharakteristika nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls geboten. Vorzunehmen ist eine Gesamtschau, weil die Lagequalität nur insgesamt erfasst werden kann. Die Auflistung und Bewertung einzelner Lagefaktoren kann nur ein Kontrollinstrument sein (vgl RS0117881 [T2]; Schinnagl, wobl 2018, 268 [273]). In der gebotenen Gesamtbetrachtung rechtfertigen es die hier festgestellten Lageeigenschaften nicht, die Lage (Wohnumgebung) als überdurchschnittlich zu qualifizieren (vgl 5 Ob 188/18k; siehe zu dieser Entscheidung auch Sammer, immo aktuell 2019, 78 [80]).

Die in diesem Fall vorhandene Bade- und Duschgelegenheit entspricht schon wegen der beengten Raumverhältnisse nicht dem zeitgemäßen Standard einer im Jahr 2013 vermieteten Wohnung der Ausstattungskategorie B oder gar A. Es entspricht zwar der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass die Unterbringung von WC und Bad (bzw. Dusche) in einem Raum einer solchen Kategorie-Einstufung nicht zwingend entgegensteht. Der entsprechende Raum oder Raumteil muss aber groß genug sein, um das Aus- und Ankleiden bzw. das Abtrocknen zu ermöglichen. Das hat aus hygienischen Gründen verstärkt für einen Raum zu gelten, in dem Bad (bzw. Dusche) und WC untergebracht sind. Was dabei noch toleriert werden kann, um der Badegelegenheit einen zeitgemäßen Standard zuzubilligen, richtet sich nach der Verkehrsauffassung. Eine für das Aus- und Ankleiden sowie das Abtrocknen zur Verfügung stehende Bodenfläche von lediglich 0,53 m²
– bezogen auf das Jahr 2013 – ist jedenfalls zu klein, um das Tatbestandserfordernis des zeitgemäßen Standards zu erfüllen. Mit der Wortwahl „zeitgemäß“ wollte der Gesetzgeber Maß an der sich ständig verbessernden Wohnkultur nehmen (5 Ob 422/97p [0,43 m²]; RS0070103; Lovrek in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht § 15a MRG Rz 48). An dieser Einschätzung (Ausstattungskategorie C) ändert es auch nichts, dass über dem Waschbecken ein größerer Luftraum zum An- und Auskleiden zur Verfügung stehen (angeblich gut ein Quadratmeter) und die Bewegungsfreiheit mit den Armen das An- und Auskleiden ermöglichen mag.

Mit der in § 16 Abs 2 MRG geforderten Orientierung an der allgemeinen Verkehrsauffassung und Erfahrung des täglichen Lebens ist es unvereinbar, alle (auch die winzigsten) Ausstattungsdetails gesondert zu bewerten und die so gewonnenen Zuschläge einfach zusammenzuzählen. Geboten ist vielmehr eine Gesamtschau, weil ja auch der Wert einer Wohnung nur insgesamt erfassbar ist bzw. erlebt wird. Die Auflistung und Bewertung einzelner Fakten kann nur ein Kontrollinstrument sein (RS0117881 [T2]).

In der gebotenen Gesamtschau verringert ein nicht dem zeitgemäßen Standard entsprechendes Bad den insgesamt zu betrachtenden Wert einer Wohnung nach der Verkehrsauffassung in einem solchen Ausmaß, dass dies durch das Vorhandensein anderer Kategorie-Merkmale nur teilweise auszugleichen ist (vgl 5 Ob 162/18m). Eine nicht dem zeitgemäßen Standard entsprechende Badegelegenheit kann, anders als andere fehlende Ausstattungsmerkmale, nicht durch Ausstattungsmerkmale einer höheren Ausstattungskategorie aufgewogen werden (5 Ob 175/13s).

5 Ob 210/18w – Zum Begriff des „Wärmeabnehmers“ nach dem HeizKG

Die Antragsteller begehren als gemeinsam im Grundbuch eingetragene Fruchtgenussberechtigte einer Wohnung die Ausstattung des Gebäudes mit Vorrichtungen zur Erfassung (Messung) der Verbrauchsanteile nach § 6 – § 25 Abs 1 Z 4 HeizKG. In dem wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nach § 25 Abs 1 Z 4 HeizKG sind zufolge § 25 Abs 3 Satz 1 und § 25 Abs 2 Satz 2 HeizKG iVm § 37 Abs 3 Z 2 MRG sämtliche Wärmeabnehmer Parteien. Wärmeabnehmer ist nach der Legaldefinition des § 2 Z 4 lit b HeizKG auch der Nutzer, der sein Benutzungsrecht am Nutzungsobjekt unmittelbar vom Eigentümer oder Fruchtnießer des Gebäudes ableitet.

5 Ob 9/19p – Zum Fixpreis bei nachträglicher Übertragung in das Wohnungseigentum

Gemäß § 15d Abs 1 WGG (idF WRN 2002) kann für die nachträgliche Übertragung von Wohnungen in das Wohnungseigentum und unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des § 23, insbesondere dessen Abs 4c, ein Fixpreis vereinbart werden. Werden gegen die Höhe des angebotenen (vereinbarten) Fixpreises binnen 6 Monaten nach schriftlichem Angebot einer Fixpreisvereinbarung (durch die Bauvereinigung) Einwendungen iSd § 18 Abs 3a WGG erhoben und gemäß § 22 Abs 1 Z 6a WGG die offenkundige Unangemessenheit festgestellt, hat das Gericht den Preis unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des § 23 WGG auf der Grundlage des Verkehrswerts unter Berücksichtigung aller wertbildenden Umstände im Zeitpunkt des Antrags (§ 15e) festzusetzen (§ 15d Abs 2 WGG). Der nach Abs 2 vom Gericht festgesetzte Preis tritt gemäß § 15d Abs 3 WGG an die Stelle des angebotenen (vereinbarten) Fixpreises.

Der Gesetzgeber geht in § 15d Abs 2 WGG von einem zweigeteilten Verfahren aus: Zunächst ist die offenkundige Unangemessenheit festzustellen, als Folge davon kommt es zur gerichtlichen Preisfestsetzung (Würth in Rummel ABGB3 § 15d WGG Rz 5; Würth/Zingher/Kovanyi/Etzersdorfer, Miet- und Wohnrecht23 WGG § 15d Rz 4; vgl auch 5 Ob 54/16a). Wann ein Fixpreis gemäß § 15d WGG offenkundig unangemessen ist, regelt § 18 Abs 3b WGG, der die Unangemessenheit des Fixpreises gemäß §§ 15a und 15d WGG daran knüpft, dass er den ortsüblichen Preis für frei finanzierte gleichartige Objekte – in den Fällen des § 15d WGG unter Berücksichtigung der vom Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten zu übernehmenden Verpflichtungen der Bauvereinigung – übersteigt. Nach dem Gesetzeswortlaut ist schon bei nur geringfügigem Übersteigen des ortsüblichen Preises für gleichwertige frei finanzierte Objekte von offenkundiger Unangemessenheit auszugehen (5 Ob 203/11f = immolex 2012/82 [Limberg]; 5 Ob 54/16a; RS0124635) .

5 Ob 34/19i – Zur analogen Anwendung der Präklusionsbestimmung des § 12a Abs 2 MRG auf die Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 2 MRG

Nach ausführlicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zu den (anderen) Anhebungstatbeständen des § 46a Abs 4 und 5 MRG sowie des § 46 MRG und dem Schrifttum ist der Oberste Gerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass die Präklusionsbestimmung des § 12a Abs 2 MRG (bis spätestens sechs Monate nach Anzeige der Unternehmensveräußerung) analog für die „Fünfzehntel-Anhebung“ nach § 46a Abs 2 MRG gilt (vgl RIS-Justiz RS0125427;1 Ob 137/09t ).

5 Ob 50/19t – Nutzungsentgelt und überwälzbare Zinsen für Fremdmittel/ Fixzinsvereinbarungen

  • 14 Abs 1 WGG regelt das angemessene Entgelt für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung oder eines Geschäftsraums. Unter „Angemessenheit“ des vereinbarten Nutzungsentgelts wird die zulässige, rechtmäßige Höhe des Entgelts, verstanden. Nach § 14 Abs 1 Z 2 WGG idF der WRN 1999 (BGBl 1999/147) darf bei der Berechnung des angemessenen Entgelts (unter anderem) die aufgrund des Schuldscheins (der Schuldscheine) vorzunehmende angemessene Verzinsung von Fremdmitteln einschließlich der Darlehen aus öffentlichen Mitteln angerechnet werden. Auch für die Rechtslage vor der Wohnrechtsnovelle 1999 galt, dass die im Zug der Berechnung des Entgelts nach § 14 Abs 1 Z 2 WGG 1979 überwälzbaren Zinsen für Fremdmittel „angemessen“ im Sinn ihrer gesetzlichen Zulässigkeit zu sein hatten (RS0118032). Die Angemessenheit im Sinn der gesetzlichen Zulässigkeit eines Zinssatzes ergibt sich in der Regel aus generellen Normen wie etwa Wohnbauförderungsvorschriften (vgl RS0118034; RS0118036). Fixzinsvereinbarungen zwischen einer Gemeinnützigen Bauvereinigung und ihren Darlehensgebern sind nicht jedenfalls unzulässig und daher unangemessen iSd § 14 Abs 1 Z 2 WGG (5 Ob 87/05p; 5 Ob 22/10m = RS0118032 [T2]; 5 Ob 67/11f). Wenn eine förderungsrechtliche Zinssatzbegrenzung kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung jedoch nicht anwendbar ist, erfolgt die Prüfung der Angemessenheit der Verzinsung des Darlehens durch einen Vergleich mit den am Kapitalmarkt orts- und marktüblichen Konditionen (5 Ob 67/11f; vgl 5 Ob 22/10m = RS0118034 [T2]; RS0125920). Bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Fixzinsvereinbarung ist auf die Gegebenheiten im Abschlusszeitpunkt abzustellen (5 Ob 67/11f; Rosifka, Der wohnungsgemeinnützigkeitsrechtliche Teil der Wohnrechtsnovelle 1999, wobl 1999, 321 ff [328]).

5 Ob 70/19h – Zum gesetzlich zulässigen Hauptmietzins nach Sanierung

Das Gebäude in dem das Mietobjekt gelegen ist, war saniert worden. Gestützt auf § 16 Abs 1 Z 2 MRG wurde dann von dem Vermieter Mietzins vorgeschrieben. Eine Neuschaffung von Mietgegenständen iSd § 16 MRG liegt nach der Rechtsprechung nur dann vor, wenn durch bauliche Maßnahmen Mietgegenstände gewonnen wurden, die bisher überhaupt nicht zur Verfügung standen oder zur Verwendung als Wohnräume oder Geschäftsräume nicht geeignet waren (RS0069647; RS0070741; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3 § 16 MRG Rz 32; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 § 16 MRG Rz 14). In der Rechtsprechung wird das Kriterium der fehlenden Eignung restriktiv im Sinn von „völlig unbenützbar“ oder „für den bestimmungsgemäßen Zweck unbrauchbar“ verstanden (RS0069647 [T7]). Der Tatbestand nach § 16 Abs 1 Z 2 MRG erfordert demgemäß, dass Mietgegenstände durch bauliche Maßnahmen neu gewonnen wurden oder zuvor zur Verwendung als Wohn- oder Geschäftsräume nicht geeignet gewesen sind. Das ist bei einer bloßen Sanierung nicht der Fall.

5 Ob 89/19b – Zur Parteistellung im Nutzwert-(Neu-)Festsetzungsverfahren

Ein Nutzwert-(Neu-)Festsetzungsverfahren berührt die Interessen sämtlicher Mit- und Wohnungseigentümer, denen somit Parteistellung zukommt. Dabei ist auf den Grundbuchstand im Zeitraum des erstinstanzlichen Verfahrens abzustellen (RIS-Justiz RS0083224; RS0083019). Die an die Miteigentümergemeinschaft geknüpfte Parteistellung beginnt mit der Eintragung im Grundbuch und endet mit der Eintragung der Löschung. Bei Eigentumsübergang scheidet der frühere Eigentümer aus dem Verfahren aus und tritt der Erwerber ein (RS0126080; RS0083019 [T2]; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II23 § 52 WEG Rz 70).

5 Ob 93/19s – Zur Aufteilung von Betriebskosten für einen Lift

Die Antragstellerin stellt außer Streit, dass der vorhandene Lift, der von ihr und anderen Mietern aufgrund von Vereinbarungen mit dem Vermieter gegen Zahlung von Betriebskosten benutzt wird, eine Gemeinschaftsanlage ist. In einem solchen Fall sind die Betriebskosten des Lifts nur auf die zur Benützung berechtigten Mieter aufzuteilen, sofern eine objektive Nutzungsmöglichkeit besteht (5 Ob 287/07b mwN).

Das Rekursgericht hielt die von der Antragstellerin gewünschte Beteiligung aller (zum Teil nicht benützungs- oder zahlungswilligen) Mieter an den Liftbetriebskosten ausschließlich nach dem Kriterium der objektiven Nutzungsmöglichkeit und unabhängig von einer tatsächlich getroffenen Vereinbarung für nicht zulässig.

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, September 2019

WMWP Rechtsanwälte GmbH