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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter August 2017

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Mag. Michael Achleitner LL.M.

Dr. Iris Mutz

Mag. Martin Mutz LL.M.

Streitiges Recht

8 Ob 33/17m – Der Kündigungsgrund des uneidlichen Verhaltens setzt eine Störung des friedlichen Zusammenlebens voraus, dass durch längere Zeit fortgesetzt wird oder aber in einem Einzelfall ein besonders schweres Ausmaß erreicht hat

Voraussetzung für eine Kündigung wegen unleidlichem Verhaltens ist eine Störung des friedlichen Zusammenlebens, die durch längere Zeit fortgesetzt wird oder sich in häufigen Wiederholungen äußert und überdies ihrer Art nach das bei den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls erfahrungsgemäß geduldete Ausmaß übersteigt (RIS-Justiz RS0070303; RS0067678). Auch einmalige Vorfälle können den Kündigungsgrund verwirklichen, wenn sie ausreichend schwerwiegend sind. Das Gleiche gilt für mehrere, an sich geringfügige Vorfälle (RIS-Justiz RS0070303). Dem Mieter ist dabei auch das Verhalten anderer Personen, die in seinem Einvernehmen den Mietgegenstand benützen, zuzurechnen. Dadurch werden die wichtigen Interessen des Vermieters, in seinem Haus für Ruhe und Ordnung sorgen zu können geschützt (RIS-Justiz RS0067596).

1 Ob 69/17d – Der Einwand, dass ein verfahrensgegenständliches Bestandverhältnis bereits durch eine zu einem früheren Termin ausgesprochene Kündigung wirksam beendet sei, ist nur dann von Bedeutung, wenn sich darauf bereits im Verfahren erster Instanz berufen wurde

Die „Streitsache“ ist durch das Vorbringen der Parteien in erster Instanz für das Gericht der bindend (Lovrek aaO Rz 58) abgegrenzte Streitgegenstand (4 Ob 79/99t = SZ 72/78 mwN; 1 Ob 25/13b; 3 Ob 243/13a; 7 Ob 154/13t = SZ 2013/93). Für die Entscheidung des Gerichts ist daher lediglich das Parteivorbringen, wie es sich aufgrund von (zulässigen) Änderungen und Ergänzungen zum Schluss der Verhandlung darstellt, und die Sachlage wie sie in diesem Zeitpunkt feststeht, zu Grunde zu legen (RIS-Justiz RS0036947 [T1]). In einem Rechtsmittelverfahren kann die angefochtene Entscheidung nur aufgrund dieser Sachlage und der Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erlassung überprüft werden (3 Ob 342/55 = SZ 28/176 mwN ua; RIS-Justiz RS0043329). Aus diesen Gründen ist der materiell-rechtliche Einwand, dass das Bestandverhältnis bereits durch eine zu einem bestimmten (früheren) Termin ausgesprochen und dadurch aufgrund wirksamer Kündigung nicht mehr aufrecht sei (und daher nicht noch einmal gekündigt werden könnte) nur dann von Bedeutung, wenn sich die  Parteien darauf bereits im Verfahren erster Instanz berufen haben. Erfolgt dieser Einwand erst nach Schluss der Verhandlung erster Instanz und Zustellung des Urteils des Berufungsgerichts verstößt ein entsprechender Einwand gegen das Neuerungsverbot (§ 504 ZPO).

5 Ob 182/16z – Bei einer einheitlichen Streitgenossenschaft (hier Miteigentümer einer Liegenschaft) kann sich ein Urteil zwangsläufig nur auf alle Streitgenossen beziehen. Dieses kann von jedem der Streitgenossen (gesondert) bekämpft werden und nehmen die anderen Streitgenossen an den Rechtsmittelverfahren im Rahmen des erhobenen Rechtsmittels dann wieder an dem Verfahren teil

Der klagende Alleineigentümer einer Liegenschaft begehrte gegenüber den beklagten Parteien als grundbücherliche Miteigentümer der Nachbarliegenschaft die Feststellung, dass die Grundstücksgrenze entlang des in der Natur bestehenden Zauns verläuft und diese verpflichtet werden in die Vermarkung der beschriebenen Grenze einzuwilligen. In das Verfahren brachten sich nur der Zweit– und Fünftbeklagte durch Erstattung einer Klagebeantwortung ein. Wenn sich ein Urteil zwangsläufig auf alle Streitgenossen erstreckt und eine unterschiedliche Beurteilung für oder gegen die einzelnen Streitgenossen unmöglich ist, ist eine „einheitliche Streitpartei“ gegeben (RIS-Justiz RS0035496 [T5]). Aus der Natur des Anspruchs – der Feststellung eines Grenzverlaufs und die daraus abgeleitete Verpflichtung zur Zustimmung zur Vermarkung – folgt, dass dieser gegen alle Miteigentümer der angrenzenden Liegenschaft zu erheben ist und zwangsläufig eine einheitliche Entscheidung ergehen muss. Bei einer notwendigen Streitgenossenschaft hat die von einem Streitgenossen gegen den Willen des anderen Streitgenossen vorgenommene Prozesshandlung keine rechtliche Wirkung (RIS-Justiz RS0035701 [T9]). Beantragt daher auch nur einer von mehreren Beklagten die Abweisung des Klagebegehrens, dann darf kein Anerkenntnis– oder Versäumungsurteil gegen einzelne Streitgenossen gefällt werden (RIS-Justiz RS0035701 [T1, T2]). Dieses Urteil erwächst aber nur dann gegenüber allen Streitgenossen in Rechtskraft, wenn es von keinem von ihnen angefochten wurde oder mehr angefochten werden kann. Die Frist dafür läuft dabei gegen jeden notwendigen Streitgenossen gesondert (10 Ob 47/11a, 9 Ob 36/05t, vgl RIS-Justiz RS0120144) und wird mit der Zustellung an den jeweiligen Streitgenossen in Gang gesetzt und endet für jeden mit Ablauf der dadurch ausgelösten Frist (10 Ob 47/11a). Solange entweder der Gegner oder noch ein einheitlicher Streitgenossen ein Rechtsmittel einlegen könnte, erwächst die Entscheidung nicht in Rechtskraft. Erhebt jedoch einer der Streitgenossen ein Rechtsmittel, so wirkt dieses auch zu Gunsten der anderen Streitgenossen, die (noch) kein Rechtsmittel eingebracht haben. Diese nehmen dann im Rahmen des von dem Streitgenossen (rechtzeitig) erhobenen Rechtsmittels an dem Rechtsmittelverfahren (wieder) teil und können auch in höherer Instanz selbstständig ein Rechtsmittel einbringen (9 Ob 36/05t).

5 Ob 152/16p – Vor der Begründung von Wohnungseigentum zwischen den Miteigentümern getroffene Benutzungsordnungen betreffend allgemeine Teile der Liegenschaft können auf die Zeit nach der Wohnungseigentumsbegründung nachwirken

Durch die Begründung von Wohnungseigentum wird dem Wohnungseigentümer ein ausschließliches Nutzungsrecht an seinem Wohnungseigentumsobjekt verschafft (§ 16 Abs 1 WEG). Durch die Zuweisung der Wohnungseigentumsobjekte an die einzelnen Miteigentümer in ihr Wohnungseigentum wird daher eine (bestehende) Benutzungsordnung hinsichtlich des Wohnungseigentumsobjekts (und des diesem zugeordneten Zubehör–Wohnungseigentum) festgelegt. Nur in diesem Rahmen regelt die Vereinbarung des Wohnungseigentums eine bereits bestehende Benützungsregelung neu (3 Ob 170/14t). Für allgemeine Teile der Liegenschaft gilt dies nicht. Zwischen den Miteigentümern (und späteren Wohnungseigentümern) getroffene Vereinbarungen über die Nutzung von Liegenschaftsteilen, die nach der Begründung von Wohnungseigentum als allgemeine Teile der Liegenschaft im Sinne des §2 Abs 4 WEG zu qualifizieren sind, werden durch die Wohnungseigentumsbegründung nicht automatisch aufgehoben (vgl 5 Ob 205/14d). In wie weit eine vor der Begründung von Wohnungseigentum von den Miteigentümern getroffene Benutzungsregelung noch Bestand hat, ist durch die Auslegung der jeweiligen (rechtsgeschäftlichen) Erklärungen zu ermitteln. Dabei ist auch zu prüfen, ob eine Benützungsvereinbarung (oder von Wohnungseigentumsorganisatoren vereinbarte Nutzungsvorbehalte) über allgemeine Teile der Liegenschaft unwirksam sind, da sie geeignet sind, die dem Wohnungseigentumswerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder unbillig zu beschränken (RIS-Justiz RS0013567 [T4]).

5 Ob 26/17k – Ein Rechtsmangel liegt dann vor, wenn der Veräußerer dem Erwerber nicht die Rechtsposition verschafft, die er ihm nach dem Vertrag hätte verschaffen müssen

Die klagende Partei hatte von der beklagten Partei einen Dachboden erworben um diesen ausbauen und nutzen zu können. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass dieser nicht frei von jedweden Besitz- und Nutzungsrechten Dritter ist und ein Ausbau und dessen Nutzung sowie Verwertung nicht möglich war. Eine Vertragsauslegung ergab, dass Vertragsgegenstand die aus den ausdrücklich genannten Benutzungsvereinbarungen abgeleiteten, exklusiven Rechte des Verkäufers an dem Dachboden waren, die zum Erwerb des unbelasteten Wohnungseigentums an den ausgebauten Wohnungseigentumsobjekten des Dachbodens durch den Käufer führen sollte. Beide Vertragsparteien waren davon ausgegangen, dass die mit den anderen Wohnungseigentümern getroffene Benützungsregelung wirksam und durchsetzbar ist und keiner der übrigen Wohnungseigentümer einen Einwand gegen den Dachbodenausbau hätte.

Eine Leistung ist dann als im Sinne des §922 ABGB mangelhaft zu qualifizieren, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem geschuldeten Vertragsinhalt zurückbleibt, der durch die gewöhnlich vorausgesetzten oder die ausdrücklich oder stillschweigend zugesicherten Eigenschaften bestimmt wird (RIS-Justiz RS0018547 [T5]). Ob eine Eigenschaft als zugesichert anzusehen ist, hängt nicht davon ab, was der Erklärende wollte, sondern was der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben aus der Erklärung des Vertragspartners erschließen durfte. Seine berechtigten Erwartungen sind an der Verkehrsauffassung zu messen (RIS-Justiz RS0018547 [T6]). Ein Rechtsmangel liegt dann vor, wenn der Veräußerer dem Erwerber nicht die Rechtsposition verschafft, die er ihm nach dem Vertrag hätte verschaffen müssen (10 Ob 21/08y = ecolex 2009, 673 [Wilhelm]; P. Bydlinski in KBB4 §932 ABGB Rz 3). Da der Veräußerer in diesem Fall der Erwerberin die geschuldete Rechtsposition nicht vermittelt hatte, lag ein Rechtsmangel vor. Der Umstand, dass der Erwerber allenfalls die Möglichkeit hätte die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer mit gerichtlicher Hilfe nach den (strengen) Kriterien des §16 Abs 2 WEG zu erstreiten, wurde nicht als ausreichendes Substitut angesehen. Gemäß § 38 Abs 1 Z1 WEG sind von Wohnungseigentumsorganisatoren vereinbarter Mietverträge oder Nutzungsvorbehalte über Teile der Liegenschaft weiters unwirksam, wenn diesbezügliche Vereinbarungen oder Vorbehalte geeignet sind, die dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs– oder Verfügungsrechte aufzuheben oder unbillig zu beschränken. Da der Verkäufer im Zeitpunkt des Abschlusses der Benützungsvereinbarungen Mehrheitseigentümer war, war er als Wohnungseigentumsorganisator zu behandeln. Ein von der Käuferin in dem Kaufvertrag abgegebener Gewährleistungsverzicht wurde in diesem Zusammenhang als nicht rechtswirksam befunden, da ein Gewährleistungsverzicht nicht die ausdrücklich zugesicherten Eigenschaften und somit den Parteiwillen – hier die exklusive Rechtsstellung am Dachgeschoss frei von jeglichen Lasten – umfassen konnte.

4 Ob 76/17f – §1 Abs 5 MRG betreffend Wirtschaftsparks ist auf Liegenschaften mit Bestandverhältnissen die vor dem 1.3.1994 begründet worden sind, nicht anzuwenden

Die klagende Partei entwickelt, produziert und verkauft gepanzerte Rüstungsgeräte. Als Produktionsstätte diente (bis zu Ihrem Auszug im Jahr 2014) eine Industrieliegenschaft mit ca. 50 Wirtschaftsgebäuden und einer Fläche von ca. 128.000 m². Die sich auf der Liegenschaft befindlichen Gebäude wurden zum Teil vor dem zweiten Weltkrieg errichtet, nach Zerstörung ab 1945 wieder aufgebaut oder in den sechziger bis neunziger Jahren neu errichtet. Die Gesamtrechtsvorgängerin der klagenden Partei war Eigentümerin der Liegenschaft. Sie vermietete vor dem Jahr 1993 einen Teil der Liegenschaft. Entsprechende Mietverträge sind noch aufrecht und wurde die klagende Partei aufgrund rechtlicher Konstruktionen in weiterer Folge zum Teil Mieterin und Untervermieterin. Dann wurde die Liegenschaft von der beklagten Partei erworben. Es folgten jahrelange gerichtliche und außergerichtliche Verhandlungen über die Auflösung der Mietverträge bis hin zu einer Vereinbarung, die in dem gegenständlichen Verfahren, bekämpft wurde. Der OGH ist dabei unter anderem zu dem Schluss gekommen, dass in diesem Fall kein Wirtschaftspark im Sinne des §1 Abs 5 MRG vorliegt, der lediglich zu einer Teilanwendung des MRG (§§ 14 und 29 bis 36 MRG) führt, da § 1 Abs 5 MRG nicht auf Liegenschaften mit bestehenden (vor dem 1.3.1994 begründeten) Bestandverhältnissen anwendbar ist. Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, ob alle die Liegenschaft betreffende Mietverträge nach dem 1.3.1994 abgeschlossen wurden.

 

Außerstreitiges Recht

5 Ob 240/16d – Bei der Inanspruchnahme von allgemeinen Teilen einer Liegenschaft mit dem Zweck ein Wohnungseigentumsobjekt zu vergrößern, kommt es bei der Beurteilung des wichtigen Interessen des betroffenen Wohnungseigentümers nicht auf dessen Wunsch nach mehr Lebens- und Wohnqualität an

Die Antragsteller beabsichtigten die Errichtung eines Dachbalkons und einer zusätzlichen Dachgaube durch Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft. Gemäß § 16 Abs. 2 Z 2 WEG müssen die Umbauarbeiten entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder aber einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen (RIS-Justiz RS0083233). Bei der Beurteilung der Verkehrsüblichkeit einer solchen Umbaumaßnahme kommt es darauf an, ob die konkret beabsichtigte Änderung in ihrer geplanten Ausgestaltung unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Hauses, des Umfelds, des Ausmaßes des Eingriffs in die Bausubstanz sowie des Ausmaßes der Inanspruchnahme oder Umgestaltung allgemeiner Teile verkehrsüblich ist (5 Ob 97/12v; RIS-Justiz RS0126244). Bei dem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers kommt es darauf an, ob die beabsichtigte Änderung dazu dient, dem Wohnungseigentümer eine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objektes zu ermöglichen (RIS-Justiz RS0083341 [T 18], RS0083345 [T16]). Dabei hängt die Beurteilung der Verkehrsüblichkeit und des wichtigen Interesses immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Bloße Zweckmäßigkeitserwägungen und der Wunsch nach mehr Lebens – bzw. Wohnqualität alleine reicht für die Annahme eines wichtigen Interesses nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht aus (5 Ob 39/15v; RIS-Justiz RS0083345 [T2, T3, T7]).

5 Ob 69/17h – In einem von einem Mieter angestrengten Verfahren zur Durchsetzung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten betreffend allgemeiner Teile des Hauses gegen den Vermieter, sind Fragen der Verursachung und des Verschuldens grundsätzlich nicht zu prüfen

Der Antragsteller als Mieter einer im Dachgeschoss gelegenen Wohnung begehrte von dem Vermieter die Durchführung von Arbeiten auf der seiner Wohnung zugeordneten Terrasse, um Undichtheiten und damit verbundene Wassereintritte in einer darunter gelegenen Wohnung zu sanieren. Bei dem Terrassenboden handelte es sich um einen allgemeinen Teil des Hauses im Sinne des § 3 Abs 2 Z1 MRG, der der Erhaltungspflicht des Vermieters obliegt, vormals aber von dem Rechtsvorgänger des Mieters unsachgemäß errichtet worden war. In einem Verfahren (gemäß §37 Abs 1 Z2 MRG) zur Durchsetzung der Erhaltungspflicht des Vermieters betreffend allgemeine Teile des Hauses, sind Fragen der Verursachung und des Verschuldens grundsätzlich nicht zu prüfen (RIS-Justiz RS0069992 [T7]). Dies wird damit begründet, dass sich die gemäß den §§3 und 6 MRG durchsetzbare Erhaltungspflicht des Vermieters auf Arbeiten beschränkt, die nicht allein einem Mieter, sondern allen Benützern des Hauses zugutekommen und letztlich sogar im Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung des Hausbestandes liegt (RIS-Justiz RS 0069294 [T1]). Ein allenfalls erforderlicher Interessenausgleich zwischen Verursacher erhaltungspflichtigem Vermieter lässt sich nur über das Schadenersatzrecht (und damit im streitigen Rechtswegs) herstellen (vgl RIS-Justiz RS0069992 [T6]). Eine Grenze bietet lediglich die Möglichkeit des ausnahmsweise zu gewährenden Einwands des Rechtsmissbrauchs, wenn der antragstellende Mieter den zu behebenden Schaden in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise (§ 1295 Abs. 2 ABGB) absichtlich selbst herbei geführt hat, um sodann die Erhaltungspflicht des Vermieters einzufordern. Dies war hier aber nicht der Fall.

5 Ob 91/17v – Die Erhaltung allgemeiner Teile einer Liegenschaft, einschließlich baulicher Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen, gehören zur ordentlichen Verwaltung, die ohne besondere Zustimmung der Wohnungseigentümer von der Hausverwaltung beauftragt werden kann. Voraussetzung für die Erhaltungsarbeit ist eine Reparaturbedürftigkeit Schadensgeeignetheit oder Funktionseinschränkung

Die Hausverwalterin beauftragte ohne vorher die entsprechende Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft einzuholen, Maßnahmen zur Sanierung einer Aufzugsanlage, die in einem TÜV-Bericht beanstandet worden waren. Aufgrund einer Änderung des Wiener Aufzugsgesetzes mussten im Lift Innentüren angebracht werden. Für die damit verbundenen zusätzlichen, sehr zeitaufwändigen Leistungen der Hausverwaltung begehrte diese ein Sonderhonorar. Daraufhin wurde die Auflösung des Verwaltungsvertrages mit der Begründung begehrt, dass gegen die Treue– und Interessenwahrungspflicht verstoßen worden sei. Nach der Rechtsprechung kann das Individualrecht auf Auflösung des Verwaltungsvertrages nur dann begehrt werden, wenn Gründe vorliegen, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung so gewichtig sind, dass die Wahrnehmung der Interessen der Wohnungseigentümer nicht mehr gesichert ist (RIS-Justiz RS0083249). Die Pflichtverletzung muss ein Ausmaß erreicht haben, dass die Vertrauensbasis zerstört (RIS-Justiz RS0083249 [T4]). In diesem Sinne können auch mehrere einzelne Pflichtverletzungen, die für sich alleine betrachtet noch keine grobe Vernachlässigung der Pflichten des Hausverwalters darstellen, bei einer Gesamtbetrachtung die Abberufung rechtfertigen (RIS-Justiz RS0111894). Gemäß §28 Abs 1 Z1 WEG gehört die Erhaltung allgemeiner Teile einer Liegenschaft im Sinne des §3 MRG, einschließlich baulicher Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen, zur ordentlichen Verwaltung. Zweckmäßig und wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten zur Erhaltung bestehender Anlagen gehören auch dann noch zur Erhaltung, wenn es sich um die erstmalige Herstellung eines mängelfreien Zustands handelt, es dabei zu einer vollständigen Erneuerung kommt und/oder dabei Veränderungen vorgenommen werden, die gegenüber dem vorigen Zustand als „Verbesserungen“ anzusehen sind. Voraussetzung ist eine Reparaturbedürftigkeit Schadensgeeignetheit oder Funktionseinschränkung (RIS-Justiz RS0114109 [T5]; 5 Ob 5/17x mwN). Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung kann der Verwalter auch ohne Beschluss der Eigentümergemeinschaft nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen selbstständig setzen (RIS-Justiz RS0083550 [T7]). In diesem Sinne ist die Vorgangsweise der Hausverwalterin, die Liftsanierung ohne vorangegangene Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft durchzuführen, nicht als Pflichtverletzung bewertet worden. Angesichts des Aufwands der Hausverwalterin und der entsprechend erteilten Zustimmung der örtlichen Kontaktpersonen wurde es auch als vertretbar angesehen, dass die Hausverwalterin im Zusammenhang mit der Liftsanierung einmalig ein Baubetreuungshonorar als Abgeltung für den gesamten Projektzeitraum verrechnete.

5 Ob 232/16b – Veränderungen an einem Bestandsgegenstand müssen von einem Vermieter dann nicht geduldet werden, wenn sie lediglich die subjektive Komfortverbesserung zum Zwecke haben

Die antragstellenden Mieter begehrten den Vermieter dazu zu verpflichten, dass er die Veränderung des Mietgegenstandes durch Anschluss eines Kaminofens (als zusätzliche Wärmequelle zur bestehenden zentralen Wärmeversorgungsanlage) an den im Wohnzimmer der Wohnung bestehenden Kamin duldet. In dem Verfahren wurde festgestellt, dass die bestehende Wärmeversorgung für die Dachterrassenwohnung nach den einschlägigen Normen aufgrund der bestehenden zentralen Heizungsanlage gegeben war und durch den Betrieb des Zusatzofens auch keine Energieersparnis eintreten würde. Voraussetzung für die Genehmigung einer von einem Mieter geplanten Veränderung an einem Bestandgegenstand ist unter anderem, dass diese Veränderung der Übung des Verkehrs entspricht und einem wichtigen Interesse des Hauptmieters dient (§9 Abs1 Z2 MRG). Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Die entsprechende Behauptungs- und Beweislast trifft den Mieter (RIS-Justiz RS0069551 [T2], RS0069662 [T1], RS0069695 [T5]). Anderes gilt nur für die gemäß §9 Abs 2 MRG privilegierten Arbeiten, bei denen diese Voraussetzungen unwiderleglich angenommen werden. Da die verfahrensgegenständliche Maßnahmen nur die subjektive Komfortverbesserung durch Schaffung eines behaglichen Raumklimas zum Zwecke hatte, diente diese nicht der Anhebung auf den ortsüblichen Standard, sondern der Befriedigung von darüber hinausgehenden Bedürfnissen.

5 Ob 228/16i – Eine von einem Wohnungseigentümer betriebene Änderung seines Objekts kann daher nur dann abgewehrt werden, wenn sie mit wesentlichen Interessen der anderen Wohnungseigentümer kollidiert

Die Eigentümer einer im Dachgeschoß gelegenen Wohnung begehrten von den anderen Miteigentümern des Hauses die Duldung der Errichtung einer Liftanlage an der Fassade des Hauses. Gemäß § 16 Abs 2 Z1 WEG dürfen geplante Änderungen an einem Wohnungseigentumsobjekt keine schutzwürdigen Interessen der anderen Wohnungseigentümer beeinträchtigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs steht nicht jede Beeinträchtigung von Interessen von Miteigentümern einer Änderung entgegen, sondern nur eine wesentliche, die die Interessen der Miteigentümer am Unterbleiben der Änderung so schutzwürdig erscheinen lässt, dass das Recht des Wohnungseigentümers auf Durchführung von Änderungen zurückzustehen hat (RIS-Justiz RS0083236). Eine von einem Wohnungseigentümer betriebene Änderung seines Objekts kann daher nur dann abgewehrt werden, wenn sie mit wesentlichen Interessen der anderen Wohnungseigentümer kollidiert (RIS-Justiz RS0101801 [T1], RS0083309 [T8]). Im richterlichen Ermessensspielraum wurde in diesem Fall befunden, dass die geplante Liftanlage keine wesentlichen Interessen der anderen Wohnungseigentümer verletzt: Die bestehende Parkplatz-Ordnung würde nicht entsprechend beeinträchtigt werden und die Möglichkeit eines barrierefreien Zugangs anderer Wohnungseigentumsobjekte würde zwar beschränkt, aber nicht zur Gänze genommen werden.

5 Ob 57/17v – Über Anträge auf Legung, Überprüfung und die Richtigkeit einer Abrechnung nach dem Heizkostenabrechnungsgesetz entscheidet in Gemeinden, in denen eine Schlichtungsstelle eingerichtet ist, zwingend diese bevor das Gericht angerufen werden kann

Über Anträge auf Legung der Abrechnung, Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung und der Aufteilung der gesamten Heiz– und Warmwasserkosten auf die einzelnen Nutzungsobjekte nach dem Heizkostenabrechnungsgesetz entscheidet das Gericht im Verfahren außer Streitsachen (§ 25 HeizKG). In Gemeinden, in denen eine Schlichtungsstelle im Sinne des § 39 Abs 1 MRG besteht, bedarf es als zwingende Verfahrensvoraussetzung der Befassung der Schlichtungsstelle vor der Anrufung der Gerichte für das gerichtliche Verfahren bei sonstiger Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs (RIS-Justiz RS0116912 [T1], RS0070782). Gibt sich eine Partei mit der Entscheidung der Schlichtungsstelle nicht zufrieden kann die Angelegenheit innerhalb von vier Wochen ab Zustellung der Entscheidung bei Gericht anhängig gemacht werden (§ 40 Abs. 1 MRG). Dadurch tritt die Entscheidung der Schlichtungsstelle außer Kraft. Sie tritt jedoch wieder in Kraft, wenn der Antrag auf Entscheidung des Gerichtes zurückgezogen wird oder aber wenn das Gericht nicht rechtzeitig angerufen wird. An die rechtskräftigen Bescheide der Verwaltungsbehörde sind die Gerichte grundsätzlich gebunden (RIS-Justiz RS0070589 [T1]; vgl auch RS0036981). Im Falle einer jederzeit von Amtswegen zulässigen Berichtigung eines Bescheides, bei dem die Behörde Schreib– und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeit in einem Bescheid berichtigt, beginnt die Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen den ursprünglichen Bescheid nur dann von der Erlassung des Berichtigungsbescheids an neu zu laufen, wenn erst in der berichtigten Fassung ein Eingriff in die Rechte der Partei bzw dessen Ausmaß zum Ausdruck kommt (Hengstschläger/ Leeb AVG §62 Rz 73 mwN).

5 Ob 18/17h – Zulässigkeit erhöhten Hauptmietzinses für den Fall der Standardanhebung bei Fortwirkung auch 20 Jahre nach dem Abschluss der Arbeiten und Auswirkungen auf einen Lagezuschlag

Gemäß § 46c MRG ist in bestimmten Fällen der Standardanhebung einer Wohnung auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 16 Abs 1 MRG (dieser regelt in einem bestimmten Rahmen die Zulässigkeit von freien Mietzinsvereinbarung regelt) nicht vorliegen, trotzdem Vereinbarungen über die Höhe des Hauptmietzinses bis zu dem für die Wohnung ohne die Beschränkungen des § 16 Abs. 2 bis 4 und 6 MRG (Bestimmungen über den höchst zulässigen Hauptmietzins gemessen an einer Normwohnung) nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs– und Erhaltungszustand, angemessenen Betrag für zulässig. Auch wird dem Vermieter die Möglichkeit zur Refinanzierung vorgenommener Standardanhebungen gewährt, welche 20 Jahre nach Abschluss der Arbeiten zur Standardanhebung fortwirken, wenn sie weiterhin von objektivem Nutzen sind. Gemäß §16 Abs 7 MRG verringert sich der höchstzulässige Mietzins bei befristeten Mietverträgen um den einheitlichen Abschlag von 25%, wenn das Mietverhältnis den Mietzinsbildungsvorschriften des §16 Abs 1 bis 6 MRG unterliegt und nach dem 30.6.2000 beginnende oder nach diesem Zeitpunkt verlängerte, bereits zuvor geschlossene Mietverträge, betrifft (§49c Abs 3 MRG). Ein Befristungsabschlag gemäß § 16 Abs 7 MRG ist nach dem Ablauf der zwanzigjährigen Frist des § 46c MRG und dem dadurch bewirkten „ex-lege Rückfall“ in die dann geltenden Mietzinsbildungsvorschriften somit auch dann zu berücksichtigen, wenn der Abschluss des befristeten Mietvertrages noch vor diesem Zeitpunkt erfolgte. Ein Lagezuschlag nach § 16 Abs 4 MRG ist nur dann berechtigt, wenn der Vermieter dem Mieter die den Wohnwert des Hauses beeinflussenden Kriterien wenigstens schlagwortartig schriftlich bekannt gegeben hat. Im Falle des § 46c MRG muss dies jedenfalls dann nicht bereits in dem Mietvertrag erfolgen, wenn die für den Lagezuschlag maßgeblichen Kriterien bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbar waren. In diesem Fall reicht eine schriftliche Bekanntgabe vor Auslaufen der zwanzigjährigen Frist aus.

5 Ob 201/16v – Die Erhaltungspflicht des Vermieters erstreckt sich nur auf mitvermietet Anlagen

Gemäß § 3 Abs. 1 MRG trifft den Vermieter eine Erhaltungspflicht des Mietgegenstandes und des Hauses, in dem dieser gelegen ist. Seit der Wohnrechtsnovelle 2015 (WRN 2015), welche am 1.1.2015 in Kraft getreten ist, betrifft dies auch Mietverträge, die vor dem 1.1.2015 abgeschlossen wurden (49g Abs1 MRG). Unter die Erhaltungspflicht des Vermieters fällt auch die Erhaltung von mitvermieteten Heizthermen, Warmwasserboilern und sonstigen Wärmebereitungsgeräten in den Mietgegenständen des Hauses. Als „mitvermietet“ gelten dabei Wärmebereitungsgeräte, die von dem Vermieter entgeltlich bereitgestellt werden. Die Erhaltungspflicht des Vermieters umfasst dabei auch die allenfalls notwendige Neuherstellung, d.h. den Austausch einer irreparabel defekten Anlage, durch eine gleichwertige neue Anlage. Kommt der Vermieter dieser Erhaltungspflicht nicht nach und nimmt der Mieter die Maßnahme selbst vor, erstreckt sich die Erhaltungspflicht des Vermieters auch auf die neue Anlage, weil das vom Mieter installierte Wärmebereitungsgerät nur das alte, bei Mietbeginn mit übergebene Gerät substituiert hat (Pletzer/Böhm, wobl 2015,179 [182f]; Stabentheiner, Wohnrecht Jahrbuch 2015,7 [14]). Im Fall des anfänglichen Fehlens jeglicher Heizung im Mietgegenstand erlangt der Vermieter zwar Eigentum an der vom Mieter erstmalig eingebauten Heizung, die Heizung ist aber dennoch nicht als „mitvermietet“ anzusehen und der Vermieter daher nicht Erhaltungspflichtig, da sich der Heizungseinbau typischerweise nicht im Mietzins niederschlägt. Das Gleiche müsse für Veränderungen des Wärmebereitungsgerätes durch den Mieter gelten, wenn dadurch eine derartige Verbesserung erfolgt, welche im Verhältnis gesehen keine wesentliche mietzinsrechtliche Folge hat, sich also nicht auf die Mietzinsbildung fortwirkt.

 

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, August 2017

WMWP Rechtsanwälte GmbH