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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter April 2021

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

 

 


STREITIGES RECHT

5 Ob 87/20k – Überbindung von Rechten und Pflichten aus einer einvernehmlichen Sachwidmung; hier: Teilungsverzicht einer im Miteigentum stehenden Liegenschaft

Nach den maßgeblichen Feststellungen verfügt das Nachbargrundstück mit der darauf errichteten Wohnungseigentumsanlage nur über wenig Grünanlagen, weshalb die Mehrheit der seinerzeitigen Wohnungseigentümer schon vor Jahrzehnten die nun streitgegenständliche Liegenschaft kauften und in ihr Miteigentum übernahmen. Seither dient diese den Bewohnern der Wohnungseigentumsanlage als Garten- und Erholungsfläche. Die Abrechnung der Bewirtschaftungskosten für die Liegenschaft erfolgte in Entsprechung eines einstimmigen Beschlusses der Miteigentümer nach Maßgabe der Miteigentumsanteile an der Nachbarliegenschaft. Jene Eigentümer, die Miteigentumsanteile an beiden Liegenschaften hatten, haben diese in der Vergangenheit in der Regel von Vornherein gemeinsam veräußert. Wurde das übersehen, wirkte die Verwalterin der beiden Liegenschaften darauf hin, dass auch die Miteigentumsanteile an der streitgegenständlichen Liegenschaft ins Eigentum der neuen Wohnungseigentümer der Nachbarliegenschaft übergehen. Die Klägerin, die ihre Miteigentumsanteile im Jahr 2018 im Insolvenzverfahren einer Wohnungseigentümerin erwarb, ist die einzige Miteigentümerin, die nicht zugleich Mit- und Wohnungseigentümerin der Nachbarliegenschaft ist.

Aus der jahrzehntelangen Widmung einer Liegenschaft als Grün- und Erholungsfläche für die Bewohner der Nachbarliegenschaft wurde ein zwischen den Miteigentümern (zumindest konkludent) vereinbarter, von den Beklagten als „Benützungsregelung“ bezeichneter Teilungsverzicht abgeleitet. Dieser sei der Klägerin auch überbunden worden.

Die Teilhaber einer Gemeinschaft können verbindlich eine Vereinbarung über die Fortsetzung der Gemeinschaft eingehen (RS0013344 [T4]) und damit auf die Geltendmachung des Teilungsanspruchs verzichten (5 Ob 99/20z). Eine Fortsetzungsvereinbarung iSd § 831 ABGB kann nicht nur ausdrücklich getroffen werden, sondern auch stillschweigend durch schlüssige Handlung iSd § 863 Abs 1 ABGB zustande kommen (5 Ob 99/20zRS0013344 [T3], RS0013372 [T1]). Eine solche rechtsgeschäftliche Beschränkung des Teilungsanspruchs braucht also nicht ausdrücklich vereinbart zu sein, sie kann auch in einer einvernehmlichen Sachwidmung liegen (RS0013370; vgl auch RS0047405RS0013349RS0013358). Die Sachwidmung ist von einer Benützungsvereinbarung zu unterscheiden, die nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht als schlüssige Fortsetzungsvereinbarung iSd § 831 ABGB zu beurteilen ist (RS0013368). Eine Benützungsvereinbarung bewirkt die Umgestaltung allgemeiner Gebrauchsbefugnisse eines Miteigentümers in Sondernutzungsrechte an bestimmten Sachteilen (RS0029352).

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wirkt eine Fortsetzungsvereinbarung samt Teilungsverzicht nur obligatorisch und geht damit auf den Singularsukzessor nur durch ausdrückliche Überbindung oder nachträgliche Unterwerfung über (5 Ob 79/06p mwN; RS0013366RS0013344). Die Klägerin erklärte im Kaufvertrag, in „alle aus dem Rechtsverhältnis zur Miteigentümergemeinschaft (und den von derselben gefassten Beschlüssen) resultierenden Pflichten einzutreten“ und die Übertragung der Miteigentumsanteile erfolgte „nach Maßgabe des bisherigen Besitzstandes, so wie der Verkäufer diese Rechte besessen und benützt hat oder doch zu besitzen oder benützen berechtigt war“. Derartige Klauseln, die eine Übertragung sämtlicher Rechte und Pflichten des Veräußerers auf den Erwerber vorsehen, wurden von der Rechtsprechung als für eine Überbindung von obligatorischen Rechten als ausreichend angesehen (vgl RS0011871RS0013619RS0017051), soweit es sich – wie etwa im hier zu beurteilenden Fall einer Zweckwidmung – um solche Rechte und Pflichten handelt, die unmittelbar mit der Nutzung der veräußerten Liegenschaft oder des veräußerten Liegenschaftsanteils zusammenhängen (4 Ob 236/15g = RS0013619 [T3]). Die für deren Überbindung erforderliche Kenntnis von der Sachwidmung wurde aus dem Gutachten, auf das im Kaufvertrag zur Beschreibung des Kaufgegenstands verwiesen wird und das diesem Kaufvertrag auch angeschlossen ist, abgeleitet. Als gesetzlicher Vertreter der Schuldnerin hinsichtlich des Insolvenzvermögens (RS0106041), bei einer Gesellschaft geht die Verfügungsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen von deren Vertretern auf den Insolvenzverwalter über (RS0118043RS0059995). Der Insolvenzverwalter konnte den Teilungsverzicht daher auch wirksam überbinden.

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5 Ob 135/20v – Eine Benützungsregelung nach dem WEG kann nur allgemeine Teile erfassen, die verfügbar sind

Die Parteien sind Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft. Auf der Wohnungseigentumsanlage befindet sich ein asphaltierter Vorplatz, der im Norden unter anderem an die im Wohnungseigentum des Klägers stehende Garage grenzt. Die Beklagte bzw ihr zuzurechnende Personen stellten auf diesem Vorplatz im Bereich unmittelbar vor der Garage des Klägers Fahrzeuge ab. Wenn dort ein Fahrzeug geparkt ist, ist es nicht möglich, von der Grundstückseinfahrt kommend vorwärts in die Garage des Klägers einzufahren. Das Rückwärts-Einfahren ist in diesem Fall mit einem Mittelklasse-PKW (nur) mit einmaligem Reversieren möglich.

Der Kläger begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, auf dem Vorplatz vor der Garage des Klägers (ausgenommen zum kurzen Be- und Entladen) Fahrzeuge abzustellen oder abstellen zu lassen.

Die Beklagte wandte ein, dass dem Rechtsvorgänger der Beklagten im Rahmen einer (damals zulässigen) konkludenten Benützungsregelung das Recht eingeräumt worden sei, sein Fahrzeug am Garagenvorplatz im Bereich der Garage des Klägers abzustellen. Diese Benützungsvereinbarung sei auch nach den Bestimmungen des WEG 2002 rechtswirksam auf die neuen Miteigentümer überbunden worden. Der Garagenvorplatz sei keine notwendige Allgemeinfläche, eine Benützungsvereinbarung für diesen sei daher zulässig.

Eine vertragliche Benützungsregelung kann gemäß § 17 Abs 1 WEG 2002 nur „verfügbare“ allgemeine Teile erfassen und scheidet daher dann aus, wenn die allgemeinen Teile notwendig der allgemeinen Benützung dienen (RS0117862 [T1]; RS0105691 [T4]; vgl RS0013206). „Notwendige allgemeine Teile“ der Liegenschaft sind solche, denen kraft ihrer Beschaffenheit die Eignung fehlt, selbständig und ausschließlich benützt zu werden. Allgemeine Teile müssen dabei nicht von sämtlichen Miteigentümern benützt werden können; es genügt wenn auch nur ein Teil der Miteigentümer auf die Benützung angewiesen ist, um ihre individuellen oder gemeinschaftlichen Nutzungsrechte ausüben zu können (RS0097520 [T3, T8]; RS0117164). Zu den notwendig allgemeinen Teile der Liegenschaft zählen daher insbesondere ausschließliche Zugänge oder Durchgänge zu allgemeinen Teilen der Liegenschaften (RS0117164 [T2]; RS0105691 [T5]; RS0125757 [T4]; RS0097520 [T19]) oder zu einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt (RS0097520 [T21]; vgl RS0013189). Solchen Verkehrsflächen fehlt die rechtliche Verfügbarkeit für eine Benützungsregelung, an diesen können Benützungsregelungen nicht begründet werden (RS0117862 [T2]; RS0105691 [T5]).

Aus einer nach diesen Kriterien unzulässigen Benützungsvereinbarung kann die Beklagte (als Einzelrechtsnachfolgerin im Mit- und Wohnungseigentum) kein wirksames Benützungsrecht ableiten (5 Ob 151/20x).

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5 Ob 216/20f – Widmungsänderung eines Wohnungseigentumsobjekts

Der Kläger bewohnt sein Wohnungseigentumsobjekt selbst. Die beklagte Gesellschaft benutzt ihr Wohnungseigentumsobjekt, welches im selben Haus gelegen ist und zu Wohnzwecken gewidmet wurde, zu touristischen Zwecken, indem sie es regelmäßig an Feriengäste vermietet. Der Kläger begehrt die Unterlassung der widmungswidrigen und mangels Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer eigenmächtigen touristischen Nutzung, die das Wohnungseigentumsrecht des Klägers beeinträchtige.

Die Widmung eines Wohnungseigentums-
objekts bestimmt sich ausschließlich nach der privatrechtlichen Einigung der Wohnungseigentümer, die in der Regel im Wohnungseigentumsvertrag erfolgt (RIS-Justiz RS0120725). Die Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts zu einer bestimmten Nutzung und das Festhalten an der dadurch definierten Nutzung gehört zu den absolut geschützten Rechten jedes Wohnungseigentümers (5 Ob 148/11t5 Ob 200/12sRS0083132 [T8]). Eine Änderung der Widmung von Wohn- auf Geschäftszwecke (und umgekehrt), die eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer mit sich bringen könnte, bedarf der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer oder der Genehmigung durch den Außerstreitrichter in einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG (stRsp RS0083132 [T5, T7]). Eine – hier beanstandete – wiederholte und kurzfristige Vermietung von als Wohnung gewidmeten Wohnungseigentumsobjekten zu touristischen Zwecken kann nach der Rechtsprechung eine derartige genehmigungspflichtige Änderung sein (3 Ob 158/11y5 Ob 59/14hRS0083132 [T7, T9]).

Gegen eine eigenmächtige Widmungsänderung kann jeder andere Wohnungseigentümer mit Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB vorgehen (stRsp RS0083156 ua). Diese Klage steht nach der Rechtsprechung sowohl gegen den änderungswilligen Wohnungseigentümer (RS00121375 Ob 65/17w mwN) als auch gegen Dritte zur Verfügung, wie gegen den Mieter eines zu Wohnzwecken gewidmeten Wohnungseigentumsobjekts, in dem ein Unternehmen betrieben wird (5 Ob 241/09sRS0083132 [T6]).

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6 Ob 175/20h – Der Anwendungsbereich des § 9 MRG betrifft nur Veränderungen innerhalb des Mietgegenstandes

Die Hausverwaltung hatte festgestellt, dass der Mieter im Lichthof einen Zubau errichtet hatte, in dem er ein Badezimmer eingebaut hatte. Eine Zustimmung der Vermieterin oder der Hausverwaltung zu diesem Zubau lag nicht vor.

Die Vermieterin begehrt vom Mieter die Beseitigung der durchgeführten Baumaßnahmen im Lichthof, dessen Übergabe geräumt von eigenen Fahrnissen an die Vermieterin sowie die künftige Unterlassung der hierdurch angemaßten Verwendung allgemeiner Teile der Liegenschaft. Der Mieter habe durch den eigenmächtig ausgeführten Zubau gegen den Mietvertrag verstoßen und das Eigentum der Vermieterin rechtswidrig in Anspruch genommen.

Das Berufungsgericht bewertete das Klagevorbringen dahingehen, dass es sich um die Beseitigung und Unterlassung einer vom Beklagten vorgenommenen Vergrößerung des (Inneren des) Mietgegenstands unter Inanspruchnahme auch allgemeiner Teile des Hauses handle. Dieser Sachverhalt sei somit schon im Hinblick auf die Verbindung mit dem Inneren des Mietgegenstands § 9 MRG zu unterstellen. Gemäß § 37 Abs 1 Z 6 MRG sei über Anträge, die die Veränderung (Verbesserung) des Mietgegenstands (§ 9 MRG) betreffen, im Außerstreitverfahren zu entscheiden. Davon seien auch die hier geltend gemachten Unterlassungsansprüche des Vermieters erfasst. Eine Behandlung eines Klagebegehrens als Antrag im Verfahren außer Streitsachen (statt der Zurückweisung der Klage) sei nicht möglich, wenn – wie hier – eine Gemeindeschlichtungsstelle bestehe und daher vor der Anrufung der Gemeinde das außerstreitige Verfahren vor Gericht unzulässig sei.

Maßgebend für die Bestimmung der Art des Rechtswegs sind der Wortlaut des Begehrens und die zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen. Dabei ist vor allem der innere Zusammenhang des jeweils geltend gemachten Anspruchs mit einer entweder in die streitige oder in die außerstreitige Gerichtsbarkeit verwiesenen Materie von Bedeutung (RS0013639 [T15, T17, T23]).

Die Vermieterin stützte ihre Begehren unter anderem auf die Beeinträchtigung ihres Eigentums, womit sie eine titellose Benützung eines allgemeinen Teils (RS0069976) der Liegenschaft, die sich in ihrem Eigentum befindet, annahm. Ansprüche, die sich auf titellose Benützung gründen, sind aber grundsätzlich im streitigen Rechtsweg durchzusetzen (vgl nur 8 Ob 47/14s). Nach ständiger Rechtsprechung fallen aber auch jene Fälle, in denen der Hauptmieter beabsichtigt, den Umfang des Mietgegenstands zu verändern, nicht in den Anwendungsbereich des § 9 MRG (RS0069635). Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts reicht bei einer solchen Erweiterung des Mietgegenstands der bloße Umstand, dass diese Erweiterung mit einer Verbindung mit dem Inneren des Mietgegenstands verbunden ist, für eine Subsumtion unter § 9 MRG nicht aus. Die Erweiterung des Mietgegenstands unter Verwendung eines ganzen Lichthofs fällt daher nicht unter § 9 MRG. Da die Vermieterin ihre Ansprüche (auch) auf titellose Benützung ihres Eigentums stützt, sind sie im streitigen Rechtsweg durchzusetzen. Die Frage, ob die von der Vermieterin behauptete Vertragsverletzung für sich allein ausreichte, den streitigen Rechtsweg zu begründen (vgl RS0114143RS0069665 [T6, T8, T10, T11]; RS0005948 [T11]; vgl auch RS00060665 Ob 105/13x) musste daher nicht beantwortet werden. Damit hat das Berufungsgericht zu Unrecht die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs für das Klagebegehren angenommen, sodass seine Entscheidung aufzuheben war.

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6 Ob 232/20s – Unwirksamkeit eines vom Hausverwalter abgeschlossenen Mietvertrages wegen völlig unüblicher Konditionen

Die Kläger begehrten die Räumung und Übergabe des von den Beklagten angemieteten Objekts. Seitens der Hausverwaltung seien im Einvernehmen mit einem anderen Miteigentümer zahlreiche Mietverträge zu völlig unüblichen Konditionen, insbesondere zu extrem niedrigen Mietzinsen, abgeschlossen worden, die schlichtweg untragbar und unverständlich seien. Konkret hätten die beklagten Parteien das Objekt mit einer Nutzfläche von ca 238 m2 zu Wohnzwecken angemietet. Der Mietvertrag sei auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. Als Hauptmietzins sei ein Betrag von 363,36 EUR netto vereinbart worden (1,53 EUR pro m2). Dabei handle es sich um einen Mietzins, der nicht einmal 25 % dessen ausmache, was zum Zeitpunkt der Anmietung für vergleichbare Objekte üblich und erzielbar gewesen sei.

Die Beklagten bestritten und beantragten die Klageabweisung. Beim Bestandobjekt habe es sich ursprünglich um einen unsanierten ehemaligen Gewerbebetrieb (Druckerei) gehandelt, der in weiterer Folge geteilt worden sei. Die Sanierung sei vereinbarungsgemäß auf Kosten der Mieter erfolgt. Aus diesem Grund sei ein geringerer Mietzins vereinbart worden.

Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung ist der Abschluss eines Mietvertrags über eine Wohnung in einem im Miteigentum stehenden Haus mit einem Dritten auf ortsübliche Zeit und zu ortsüblichen Bedingungen eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung (1 Ob 242/98i mwN).

Im vorliegenden Fall war das Bestandobjekt zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags (1 Ob 242/98i; wobl 1998/89) tatsächlich unbrauchbar. Das Bestandobjekt befand sich in einem äußerst sanierungsbedürftigen Zustand und musste erst durch erhebliche Sanierungsmaßnahmen brauchbar gemacht werden. Damit lag aber der vereinbarte Nettohauptmietzins sogar deutlich über dem Doppelten des zulässigen Mietzinses für eine Wohnung der Kategorie D, sodass schon aus dieser Erwägung der Abschluss des Mietvertrags für die übrigen Minderheitseigentümer keineswegs nachteilig war. Die Konditionen des mit den Beklagten geschlossenen Mietvertrags war daher als durchaus üblich zu qualifizieren, sodass der Abschluss des Mietvertrags als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung einzustufen und daher nicht unwirksam ist.

Damit verfügen die Beklagten über einen aufrechten Titel zur Benützung des Bestandobjekts, sodass das Räumungsbegehren spruchgemäß abzuweisen war.

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7 Ob 8/21h – Grobes Verschulden an der nicht rechtzeitigen Bezahlung des Mietzinses

Eine Erkrankung (zB: Alkoholabhängigkeit) schließt nicht schlechthin grobes Verschulden aus (1 Ob 174/14s). Hier äußert sich die psychische Beeinträchtigung des Mieters praktisch insbesondere dadurch, dass er den Klagevertreter mit Telefonanrufen verfolgt, wofür er auch rechtskräftig verurteilt wurde, insoweit offenbar auch Schuldfähigkeit vorlag. Im Übrigen war das Zahlungsverhalten des Mieters, der nach den – bindenden – erstgerichtlichen Feststellungen nicht mehr im Bestandobjekt wohnen will, (ua) dadurch gekennzeichnet, dass „er sich das dadurch ersparte Geld ansparen will, um auf dem privaten Wohnsektor eine Wohnung anmieten zu können, und um eine entsprechende Kaution zur Verfügung zu stellen“. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage ein grobes Verschulden des Mieters annahm, ist der dabei einzuräumende Ermessensspielraum jedenfalls nicht überschritten.

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10Ob49/20h – Ausdehnung der Nutzung eines Wohnungseigentumsobjekts auf die Nachbarliegenschaft

Die Klägerin erwarb von der beklagten Bauträgerin ein Reihenhaus (Wohnungseigentum) samt Garten. In sämtlichen Verträgen und im Nutzwertgutachten war die Grenze zwischen Gartenanteil und einem Grundstück des Landes Niederösterreich entsprechend dem Grundbuchstand richtig dargestellt. Abweichend davon war im Zuge der Bauarbeiten ein Zaun errichtet worden, der eine 42 m2 große Fläche des Grundstücks des Landes Niederösterreichs einschloss. Nach Übergabe des Kaufobjekts im Jahr 2003 nutzte die Klägerin auch diesen Bereich. Errichtet wurden unter anderem ein Grillplatz sowie eine Holzhütte.  Noch vor Unterzeichnung des intabulierungsfähigen Kaufvertrags und Einverleibung des Wohnungseigentums sprach die Klägerin bei der Übergabe des Objekts mit dem Mitarbeiter des Architekten über die innerhalb des Zauns stehenden Bäume. Der Mitarbeiter erklärte dabei, sie solle sich keine Sorgen machen, die Bäume würden auf einem Streifen stehen, der im Bereich der Böschung beginne und dem Land Niederösterreich gehöre.

Die – von der Klägerin nicht beabsichtigte Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands würde über 6.000 EUR kosten. 2017 schloss sie – anwaltlich vertreten – mit dem Land Niederösterreich ein Grundbenutzungsübereinkommen, indem sie sich zur Zahlung eines jährlichen Pauschalbetrags von 105 EUR verpflichtete. Die Klägerin begehrt als Schadenersatz 749,70 EUR Anwaltskosten sowie den Pachtzins für die nächsten 52 Jahre (2017 bis 2069) von 5.460 EUR, insgesamt somit 6.209,70 EUR sA. Die Beklagte habe sie über die Beschränkung ihres Nutzungsrechts nicht aufgeklärt.

Das Begehren auf Bezahlung des noch nicht fälligen Pachtzinses wurde mangels Fälligkeit abgewiesen.

Das Ausmaß des Hausgartens als Zubehör (vgl 5 Ob 7/20w mwN) des Wohnungseigentumsobjekts (Reihenhaus) war in den Kauf-(Anwartschafts-)verträgen und dem Nutzwertgutachten samt jeweils angeschlossenen Plänen klar definiert und dargestellt. Die Begründung von (Zubehör-)Wohnungseigentum an einer liegenschaftsfremden Teilfläche wäre rechtlich unzulässig.

Aufgrund der Äußerungen des Mitarbeiters war klargestellt, dass die Böschung und der angrenzende Grundstreifen zur Nachbarliegenschaft gehörten und die Umzäunung daher nicht die Grundstücksgrenze darstellte. Daraus konnte der Käufer zu Lasten des Eigentümers der Nachbarliegenschaft nicht schließen, er dürfe die nicht vom (Zubehör-)Wohnungseigentum erfasste Fläche ohne Entgelt uneingeschränkt nutzen und verbauen (Abflachen der Böschung, Verfliesung, Errichtung einer Holzhütte und eines Grillplatzes).

 

AUSSERSTREITIGES RECHT

5 Ob 10/20m – Zur Einhebung des EVB in Tirol

Die Antragsteller behaupteten, dass das angemessene Entgelt durch die Anhebung und Vorschreibung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages für die Überlassung der genannten Wohnungen überschritten worden sei.

Dem Landesgesetzgeber kommt im Rahmen der landesrechtlich geförderten Wohnhaussanierung eine beschränkte Gesetzgebungskompetenz zur Erlassung von zivilrechtlichen Mietzinsbildungsvorschriften zu, die den Entgeltbestimmungen des WGG vorgehen. Die Bestimmung des § 28 TWFG 1991 ersetzt die ins Landesrecht transformierte bundesgesetzlichen Regelungen des § 38 WSG 1984 und folgt der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung nach Art VII Abs 1 der B-VG-Novelle 1988. Die Änderung des § 14 Abs 1 Z 5 WGG durch das 3. WÄG, BGBl 1994/800, hat § 28 TWFG weder derogiert noch die Ungültigkeit dieser Bestimmung bewirkt. Eine Vereinbarung über die Erhöhung des Hauptmietzinses oder des Betrags zur Bildung einer Rückstellung zur Deckung der Kosten von Vorhaben nach § 2 Abs 8 lit a bis e TWFG an gemeinsamen Teilen und Anlagen des Gebäudes ist zulässig und bindet grundsätzlich alle Mieter, wenn ihr mindestens drei Viertel der Mieter zustimmen.

Eine Vereinbarung über die Kosten förderungsunterstützter Sanierungsmaßnahmen ist durch das Land als Förderungsträger zu prüfen. Eine wirksame Vereinbarung nach § 28 Abs 2 TWFG ist daher erst nach Prüfung des Förderungsbegehrens durch das Land möglich. Da die gemeinnützige Bauvereinigung in diesem Fall die Zustimmungserklärungen der Mieter vor dem Vorliegen der Förderungszusage eingeholt hat, kann sie sich den Antragstellerinnen gegenüber nicht auf eine wirksame Vereinbarung nach dieser Gesetzesstelle berufen.

Der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag darf je Quadratmeter der Nutzfläche und Monat, sofern das Erstbezugsdatum fünf Jahre oder weniger zurückliegt, den Ausgangsbetrag von 0,50 EUR nicht übersteigen. Ab dem sechsten Jahr und für jedes weitere Jahr des Zurückliegens des Erstbezugsdatums erhöht sich dieser Betrag um 12 vH pro Jahr, jeweils gerechnet vom Ausgangsbetrag. Der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag darf jedoch je Quadratmeter der Nutzfläche und Monat 2 EUR nicht übersteigen (§ 14d Abs 2 WGG).

Die Rechtswidrigkeit der Vorschreibung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags kann sich nur aus der Überschreitung der gesetzlich zulässigen Obergrenze ergeben (5 Ob 237/17i (wobl 2018/112 [Schinnagl])). Eine Angemessenheitsprüfung findet nicht statt. Die gerichtliche Kontrolle der Notwendigkeit der Einhebung und Zweckmäßigkeit ihrer Verwendung hat erst aus Anlass der Prüfung eines allfälligen Rückforderungsanspruchs zu erfolgen (siehe auch RS00705775 Ob 18/18kPrader/Pittl, WGG § 14d Rz 5). Die in § 14d Abs 2 WGG idFd Novelle 2016 genannten Obergrenzen stellen ausschließlich auf den Erstbezug ab und gehen stets vom gesetzlichen Ausgangsbetrag von 0,50 EUR pro m² aus. Ab dem 30. Jahr nach dem Erstbezug beträgt der höchstzulässige Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag – ohne eventuelle Erhöhungen gemäß § 14 Abs 2, 2a, 2b, 2c WGG – jedenfalls 2 EUR pro m² (Würth/Zingher/Kovanyi/Etzersdorfer, Miet- und Wohnrecht²³, Ergänzungsband 2016 § 14d WGG Rz 6 f).

Die Antragsgegnerin hat den nunmehr zulässigen Höchstbetrag nach § 14d Abs 2 WGG vorgeschrieben. Ob sie mit diesem Vorgehen eine vertragliche Vereinbarung, nämlich die zu Punkt I. behandelte Vereinbarung nach § 28 Abs 2 TWFG verletzt hat, ist nicht Gegenstand eines Verfahrens nach § 22 Abs 1 Z 11 WGG, in dem keine Angemessenheitsprüfung erfolgt, sodass auch auf eine solche Vereinbarung kein Bedacht genommen werden kann.

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5 Ob 117/20x – Verbindung zweier Objekte auf unterschiedlichen Liegenschaften

Die Streitteile sind Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft. Der Antragsteller begehrte gestützt auf § 16 Abs 2 WEG 2002 die Ersetzung der Zustimmung zu dem vor etwa zwanzig Jahren von ihm ohne Zustimmung der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer veranlassten Türdurchbruch in der westlichen Außenwand des Objekts Geschäftsraums des Antragstellers. Damit wurde dieser Geschäftsraum mit einem Lagerraum in dem Gebäude auf der im Alleineigentum des Antragstellers stehenden Nachbarliegenschaft verbunden.

Die Wohnungseigentumsbegründung erfolgte noch im zeitlichen Geltungsbereich des WEG 1975. Bereits dieses hat das Wohnungseigentum als das dem Miteigentümer einer Liegenschaft eingeräumte dingliche Recht, ein Wohnungseigentumsobjekt ausschließlich zu nutzen und allein darüber zu verfügen, definiert (§ 1 Abs 1 WEG 1975). Das mit 1. 7. 2002 in Kraft getretene WEG 2002 behielt diese Definition bei (§ 2 Abs 1 WEG 2002). Als dingliches Recht stellt das Wohnungseigentum auf das Miteigentum an einer einzelnen Liegenschaft ab, worunter stets ein gesamter einheitlicher Grundbuchskörper zu verstehen ist (RIS-Justiz RS0082865). Das Wohnungseigentumsobjekt muss sich daher zur Gänze auf ein und derselben Liegenschaft befinden, ein „grenzüberschreitendes Wohnungseigentum“ war nach dem WEG 1975 und ist auch unter dem Regime des WEG 2002 nicht möglich (5 Ob 52/14dRS0060192).

Bauliche Änderungen an Objekten, an denen bereits Wohnungseigentum begründet ist, in Form der Verbindung mit Objekten auf einer Nachbarliegenschaft beseitigen deren Wohnungseigentumstauglichkeit im Sinn des § 2 Abs 2 WEG 2002. Die Selbständigkeit des Geschäftsraums war aufgrund der baulichen Verbindung mit dem anschließenden Lagerraum nicht mehr gegeben.

Eine bauliche Verbindung eines Wohnungseigentumsobjekts mit einem Objekt auf der Nachbarliegenschaft – mag es auch im Eigentum dieses Wohnungseigentümers stehen – nur aufgrund der Eigentümeridentität ist auch dann unzulässig, wenn die Selbständigkeit des Wohnungseigentumsobjekts dadurch verloren geht.

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5 Ob 146/20 m – Zur Rügeobliegenheit des Mieters befristeter Verträge

Die Antragsteller waren vom 1. 1. 2013 bis 30. 11. 2015 Hauptmieter der Wohnung. In dem auf drei Jahre befristeten Mietvertrag war zur Begründung eines Lagezuschlags auf die überdurchschnittliche, zentrumsnahe und verkehrsgünstige Grünlage, den ordnungsgemäßen Erhaltungszustand und das Fehlen der Notwendigkeit zu privilegierten Erhaltungsmaßnahmen im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses hingewiesen worden. Die Antragsteller hatten den ihnen vorgeschriebenen Bruttomietzins während des gesamten Zeitraums der Vertragsdauer bezahlt. Die Antragsteller begehrten nach dem Auslaufen des Mietverhältnisses die Überprüfung der Angemessenheit des vereinbarten Hauptmietzinses. Dabei rügten sie ausdrücklich das Fehlen einer Heizquelle im Baderaum.

Nach dem Wortlaut des § 15a Abs 2 MRG löst ganz allgemein die „Unbrauchbarkeit“ eine Rügeobliegenheit des Mieters aus und erstreckt diese damit auf offenkundige Mängel gleichermaßen wie solche, die nicht leicht erkennbar sind. Zweck der Rügeobliegenheit ist es, den Vermieter in die Lage zu versetzen, Nachteile, die ihm aus der Nichtbehebung von Mängeln des Mietobjekts drohen, abzuwenden. In Weiterführung des allgemeinen gewährleistungsrechtlichen Grundsatzes – nämlich des Vorrangs der Verbesserung vor der Preisminderung – soll dem Vermieter durch die Rügeobliegenheit die Möglichkeit gegeben werden, eine ihm drohende dauernde Einstufung der vermieteten Wohnung in eine andere (niedrigere) Ausstattungskategorie durch die nachträgliche Instandsetzung unbrauchbarer kategoriebestimmender Ausstattungsmerkmale oder durch die Behebung des Fehlens eines zeitgemäßen Standards einer Badegelegenheit abzuwenden (Illedits/Reich-Rohrwig aaO Rz 11). Dem wird nur entsprochen, wenn die Anzeigeobliegenheit für alle Mängel, die eine Unbrauchbarkeit eines Ausstattungskriteriums bedeuten oder das Fehlen eines zeitgemäßen Standards der Badegelegenheit nach sich ziehen, gilt. Eine Einschränkung der Rügeobliegenheit dahin, dass sie sich nur auf Mängel erstreckt, die für den Vermieter nicht leicht erkennbar wären, ist damit abzulehnen. Lediglich das gänzliche Fehlen eines Ausstattungsmerkmals löst weiterhin keine Rügeobliegenheit aus (Lovrek aaO Rz 24). Eine dem Fehlen eines Ausstattungsmerkmals auch nur nahekommende Unbrauchbarkeit liegt hier aber nicht vor. Die Rügeobliegenheit des Mieters erfasst somit die Unbrauchbarkeit eines Ausstattungsmerkmals und damit auch das Fehlen eines zeitgemäßen Standards der Badegelegenheit.

Nach allgemeinen Regeln trifft den Mieter die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass er den Mangel gerügt hat (Lovrek aaO § 15a MRG Rz 25). Ein an das Gericht (die Schlichtungsstelle) gerichteter Antrag des Mieters auf Überprüfung des Hauptmietzinses, in dem die Unbrauchbarkeit bzw der Mangel des zeitgemäßen Standards der Badegelegenheit geltend gemacht wird, gilt als Mängelrüge (RV 1183 BlgNR 22. GP 41; 5 Ob 175/13sWürth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 § 15a MRG Rz 8; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3 § 15a MRG Rz 6a). Gemäß § 16 Abs 8 MRG sind Mietzinsvereinbarungen insoweit unwirksam, als der vereinbarte Hauptmietzins den gesetzlich zulässigen Höchstbetrag überschreitet. Die Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung ist binnen drei Jahren gerichtlich (oder vor der Schlichtungsstelle) geltend zu machen, wobei bei befristeten Hauptmietverhältnissen diese Frist frühestens sechs Monate nach Auflösung des Mietverhältnisses oder nach seiner Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis endet.

Die Bestimmung des § 15a Abs 2 Satz 3 MRG differenziert nicht zwischen befristeten und unbefristeten Mietverhältnissen, sodass die Rügeobliegenheit in gleicher Weise für beide Arten von Mietverhältnissen gilt. Ihr Verhältnis zu § 16 Abs 8 MRG ist bei unbefristeten Verträgen unproblematisch: Die Präklusionsbestimmung des § 16 Abs 8 MRG beschränkt die Geltendmachung der Unzulässigkeit von (Haupt-)Mietzinsvereinbarungen auf einen dreijährigen Zeitraum. Nach Verstreichen dieser Zeit ist der vereinbarte oder aufgrund gesetzlicher Bestimmungen angehobene Mietzins saniert; die (Teil-)Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung kann vom Mieter nicht mehr geltend gemacht werden (Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 16 MRG Rz 5; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 16 MRG Rz 84).

Zweck der in § 16 Abs 8 MRG für befristete Mietverhältnisse vorgesehenen Verlängerung der Präklusivfrist ist, den Mieter nicht zu einer Mietzinsüberprüfung zu zwingen, solange er sich gegenüber dem Vermieter noch insofern in einer Drucksituation befindet, als er auf dessen Zustimmung zur Verlängerung der Befristung oder zur Umwandlung des befristeten Mietverhältnisses in ein unbefristetes angewiesen ist (vgl 5 Ob 141/17x5 Ob 152/17iSchinnagl in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht TaKomm3 § 16 MRG Rz 40; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch³ aaO § 16 MRG Rz 80 ua). Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist dieser Druck weggefallen (Lovrek aaO § 16 MRG Rz 109). Dem steht der Zweck des § 15a Abs 2 Satz 3 MRG idgF gegenüber, den Vermieter in die Lage zu versetzen, Nachteile, die ihm aus der Nichtbehebung von Mängeln des Mietobjekts drohen, abzuwenden (vgl 5 Ob 61/01h zu § 15a Abs 1 Z 4 idF vor der WRN 2006). Ihm soll die Möglichkeit gegeben werden, die für die gesamte Dauer des Vertrags drohende Einstufung der vermieteten Wohnung in eine andere (niedrigere) Ausstattungskategorie abzuwenden (Schinnagl aaO § 15a Rz 11). Saniert der Vermieter fristgerecht, wahrt er sich den Anspruch des mit der höheren Kategorie verbundenen Hauptmietzinses ab Beginn der Vereinbarung darüber; der Mieter kommt demgegenüber in den Genuss brauchbarer Ausstattungsmerkmale oder einer Badegelegenheit in einem zeitgemäßen Standard. Behebt der Vermieter trotz Rüge nicht fristgerecht, bleibt es demgegenüber bei der niedrigeren Kategorie (T. Hausmann aaO § 15a Rz 7).

Damit kann die der Fristverlängerung des § 16 Abs 8 MRG zugrunde liegende Erwägung, dass der Mieter nicht zur Einleitung eines förmlichen Verfahrens gezwungen sein soll, solange er sich gegenüber dem Vermieter noch in einer Drucksituation befindet, nicht ohne weiteres auf die Obliegenheit des Mieters zur Rüge übertragen werden. Die Verlängerung der Frist des § 16 Abs 8 MRG bedeutet daher nicht, dass der Mieter bei einem befristeten Mietverhältnis die Rüge gemäß § 15a Abs 2 MRG auch noch innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erheben kann. Bei befristeten Vertragsverhältnissen entspricht der Mieter seiner Rügeobliegenheit nach § 15a Abs 2 MRG nur dann, wenn er sie vor Beendigung des Mietverhältnisses erhebt und die Anzeige so rechtzeitig erfolgt, dass der Mieter den Mangel noch vor Vertragsende beheben kann. Der Grundsatz, ein an das Gericht (die Schlichtungsstelle) gerichteter Antrag des Mieters auf Überprüfung des Hauptmietzinses, in dem die Unbrauchbarkeit bzw der Mangel des zeitgemäßen Standards der Badegelegenheit geltend gemacht wird, sei als Mängelrüge im Sinn des § 15a Abs 2 Satz 3 MRG zu sehen, ist damit auf Fälle beschränkt, in welchen das Mietverhältnis noch nicht beendet ist.

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5 Ob 184/20z – Rückerstattung bis zum 30. 6. 2016 eingehobener und nicht verbrauchter Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge, wenn sie nicht innerhalb von 20 Jahren ab Einhebung verwendet wurden

Gemäß § 39 Abs 33 Satz 2 WGG iVm § 14d Abs 4 WGG idF BGBl I Nr 157/2015 hat die Bauvereinigung alle bis zum 30. 6. 2016 eingehobenen und nicht verbrauchten Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge, auch jene der Grundstufe, unverzüglich zuzüglich der gesetzlichen Verzinsung (§ 1000 ABGB) zurückzuerstatten, wenn sie diese nicht innerhalb einer Frist von 20 Kalenderjahren ab deren Einhebung zur Finanzierung einer Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeit verwendet hat oder verwendet.

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5 Ob 214/20m – Zur Zulässigkeit des vereinbarten Hauptmietzinses

Bei der Beurteilung, ob eine konkrete Lage (Wohnumgebung) aufgrund ihrer Eigenschaften als „besser als durchschnittlich“ zu qualifizieren ist, ist ein wertender Vergleich mit anderen Lagen (Wohnumgebungen) vorzunehmen. In Wien ist als Referenzgebiet für die Beurteilung der Durchschnittlichkeit der Lage eines Hauses nicht regelhaft maximal der jeweilige Gemeindebezirk heranzuziehen, sondern auf jene Teile des Wiener Stadtgebiets abzustellen, die einander nach der Verkehrsauffassung in ihren Bebauungsmerkmalen gleichen und (daher) ein einigermaßen einheitliches Wohngebiet bilden (RS0131812). 

Hier befindet sich das Objekt im dicht verbauten Wohn- und Geschäftsgebiet des 5. Wiener Gemeindebezirks, wo Geschäfte des täglichen Bedarfs in unmittelbarer Umgebung ebenso wie die – auch fußläufige – Anbindung an eine U-Bahn-Linie oder auch Gesundheits- und Bildungseinrichtungen zu erwarten sind. Dass die Liegenschaft mit der zu beurteilenden Wohnung in einer Mittelparzelle zwischen zwei Straßenzügen liegt, sodass die großen Wiener Bahnhöfe und das Zentrum Wiens relativ rasch erreichbar sind, mag eine gute Verkehrsanbindung sicherstellen, bewirkt aber auch die festgestellte erhebliche Lärmimmission durch Straßenlärm von mehr als 75 dB. Das Kaufkraftniveau in diesem als urban, zwischen Arbeiter- und Trendviertel bezeichneten Bereich ist nur durchschnittlich.  Darüber hinaus liegt die Liegenschaft nicht im Zentrum des Bezirks, sondern an dessen Peripherie an einer verkehrsreichen Haupteinfahrtsstraße in das Zentrum von Wien. Wenn das Rekursgericht auf Basis dieser Feststellungen unter Heranziehung eines Referenzgebiets wie in der „Leitentscheidung“ 5 Ob 74/17y zur Auffassung kam, hier sei (noch) nicht von einer überdurchschnittlichen Lage auszugehen, hat es seinen Ermessensspielraum nicht in korrekturbedürftiger Weise überschritten.

Die Beurteilung des zulässigen Mietzinses und damit auch die Berechtigung eines Lagezuschlags ist eine Rechtsfrage, die vom Richter und nicht vom Sachverständigen zu lösen ist (5 Ob 140/20d). Äußerungen des Sachverständigen in dem Gutachten binden die Tatsacheninstanzen in rechtlicher Hinsicht daher nicht. Die von dem Gutachter herausgearbeiteten tatsächlichen Kriterien für die Ermittlung des Lagezuschlags sind vom Richter seiner eigenen rechtlichen Beurteilung zu unterziehen.

 

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, April 2021

WMWP Rechtsanwälte GmbH