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Fragen & Antworten in Bezug auf das Hinweisgebersystem!

Ihr Experte rund um alle Fragen betreffend der EU Richtlinie Whistleblower

Dr. Roman Hager

Mehr Informationen gibt es hier: https://www.wmwp-compliance.com/

Dr. Roman Hager hat im Interview mit der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ am 10.3.2022 über die Chancen eines Hinweisgebermeldesystems für Unternehmen gesprochen.

https://www.diepresse.com/6109643/whistleblower-richtlinie-mehr-schutz-fuer-hinweisgeber

Wien. Angenommen, in einem Unternehmen würde gegen die neuen Russland-Sanktionen verstoßen. Geschäfte mit Firmen, hinter denen gelistete Personen stehen, würden stillschweigend fortgesetzt. Weil Geld kein Mascherl hat. Und weil die Zuständigen meinen, im Fall des Falles könnten sie immer noch behaupten, sie hätten von all dem nichts geahnt.

Weiters angenommen, andere Leute im selben Unternehmen bekommen das mit und sprechen es an, werden aber abgewimmelt.

An exakt dieses Szenario hat man wahrscheinlich nicht gedacht, als die EU-Whistleblower-Richtlinie (2019/1937) beschlossen wurde. Im Moment ist es jedoch ein sehr realistisches Beispiel für Situationen, in denen Hinweisgeber eine wichtige Rolle spielen können. Oft sind es Mitarbeiter, die Missstände im Betrieb früh bemerken, genauso gut können es Lieferanten oder Kunden sein. Institutionalisierte Kommunikationskanäle, die Unternehmen künftig einrichten müssen, sollen es ermöglichen, solche Missstände vertraulich und ohne Sorge vor Repressalien zu melden. Wobei diesen Hinweisen dann auch verpflichtend nachzugehen ist. „Der Hinweisgeber ist innerhalb von drei Monaten darüber zu informieren, welche Folgemaßnahmen gesetzt wurden“, sagt Roman Hager, Partner bei WMWP Rechtsanwälte, zur „Presse“.

Lieber nicht mehr zuwarten

Noch ist es freilich nicht so weit. Die Whistleblower-Richtlinie wäre bis 17. Dezember vorigen Jahres umzusetzen gewesen, Österreich ist damit im Verzug und bekam deshalb – wie 23 weitere Mitgliedsländer – im Jänner Post aus Brüssel. Der Begutachtungsentwurf für das Umsetzungsgesetz steht zwar nach wie vor aus, sollte jedoch in nächster Zeit vorliegen.

Ist das Gesetz aber erst einmal beschlossen, „wird die Umsetzung eher sportlich werden“, ist Hager überzeugt. Mit langen Übergangsfristen sei dann nicht mehr zu rechnen. Jedenfalls nicht für größere Unternehmen ab 250 Mitarbeitern: „Diese müssen es jedenfalls noch heuer umsetzen.“ Kleineren Firmen kann der innerstaatliche Gesetzgeber eine zweijährige Übergangsfrist einräumen. Und unter einem Schwellenwert von 50 Mitarbeitern ist auch eine gänzliche Ausnahme möglich – ob es diese in Österreich geben wird, ist ebenfalls noch offen.

Und wie gehen die Unternehmen damit um? Manche haben ohnehin schon ein Hinweisgebersystem, andere schieben es immer noch hinaus und wollen abwarten, bis das Gesetz vorliegt. „Ich empfehle das nicht“, sagt Hager. „Das Meldesystem wird oft nur als weitere Belastung für die Unternehmen angesehen. Man sollte sich lieber überlegen, welchen Nutzen es hat.“ Der Anwalt nennt weitere, geläufigere  Beispiele für Missstände, deren rasche Aufdeckung für Unternehmen wichtig ist: Ein bislang unerklärlicher Warenschwund. Verbotene Kickback-Zahlungen, die einzelne Mitarbeiter annehmen. Schlamperei bei der Entsorgung von Problemstoffen, Mängel beim Datenschutz. Oder gar Pflegemissstände in Spitals- oder Heimbetrieben.

Präventiver Effekt

Zum unmittelbaren Schaden und allenfalls drohenden Strafen kann dann ein enormer Reputationsverlust kommen, bei börsenotierten Unternehmen geht es auch um den Börsenwert. Andererseits wirkt Transparenz im Umgang mit festgestellten Missständen tendenziell vertrauensbildend. Und allein die Tatsache, dass es ein Meldesystem gibt, habe einen präventiven Effekt, sagt Hager: „Mitarbeiter werden sich dann gut überlegen, ob sie Kickbacks annehmen. Und die Geschäftsführung wird eher nicht „Bio“ auf Produkte schreiben, die nicht wirklich bio sind.“

Aus Hagers Sicht ist es deshalb auch nicht zielführend, ein solches Meldesyestem aufs absolute Minimum zu beschränken. Die EU-Richtlinie zwingt dazu nur, wenn es um Verstöße gegen Unionsrecht geht – abzuwarten bleibt, ob die innerstaatliche Umsetzung hier genauso restriktiv sein wird. Einmal abgesehen von der Frage der Sinnhaftigkeit aus Unternehmenssicht, wäre diese Einschränkung kaum praktikabel: Es würde zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen und Hinweisgeber wie auch Unternehmen überfordern, müssten sie immer zuerst prüfen, ob ein Missstand (auch) eine EU-Vorschrift verletzt.

Ein Diskriminierungsschutz für Hinweisgeber gilt zudem auch jetzt schon. Dass Arbeitnehmer Missstände melden dürfen, ist auch nach geltendem Recht unbestritten – rechtlich heikel wird es aber bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen sie damit an die Öffentlichkeit gehen dürfen, falls sie Bedenken haben, im Unternehmen nicht ernst genommen oder Repressalien ausgesetzt zu werden. Das führt zu einem weiteren Vorteil eines institutionalisierten, internen Meldesystems: „Es verhindert, dass die Meldung nach außen geht.“

„Intern“ bedeutet im Übrigen nicht, dass die Melde-Hotline nicht zu einem Dienstleister ausgelagert werden darf. Im Gegenteil, vieles spreche sogar für eine Auslagerung, sagt Hager und räumt offen ein, da auch in eigener Sache zu reden. Anwälte können für Firmen die Aufgabe übernehmen, die Hinweise entgegenzunehmen, rechtlich zu prüfen und mit den Unternehmen abzuklären, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen zu setzen sind. Den Vertraulichkeitsschutz für den Hinweisgeber garantiert dann der Dienstleister. Und filtert Meldungen heraus, an denen schlicht nichts dran ist. Womit sich auch die Befürchtung reduzieren sollte, dass Whistleblower-Hotlines Bespitzelung und Vernaderertum fördern könnten.

Hager geht übrigens nicht davon aus, das das zum großen Problem wird – nach Erfahrungen aus anderen Ländern „funktioniert das meist gut“, sagt er. Und zwar unabhängig davon, ob auch anonyme Hinweise möglich sind. Letzteres sieht die Richtlinie nur fakultativ vor, die Einzelstaaten müssen es den Unternehmen nicht zwingend vorschreiben.

Roman Hager ist Partner von WMWP Rechtsanwälte.

Für Fragen zur Umsetzung stehe ich Ihnen gerne unterstützend zur Seite.

Dr. Roman Hager, LL.M.

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