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Erste höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Zulässigkeit von qualifizierten Nachrangdarlehen

Bei einem qualifizierten Nachrangdarlehen erklärt der Darlehensgeber zusammengefasst, dass er mit seinen Ansprüchen aus dem Darlehen hinter die Ansprüche aller übrigen Gläubiger zurücktritt (Nachrang) und dass wegen seiner Forderung kein Insolvenzverfahren zu eröffnet werden braucht bzw. eine Befriedigung erst nach Beseitigung eines negativen Eigenkapitals zu erfolgen hat (Qualifikation). Qualifizierte Nachrangdarlehen erfreuen sich nicht zuletzt deshalb großer Beliebtheit, da die Entgegennahme von Kapital in Form von Nachrangdarlehen nicht als konzessionspflichtiges Einlagengeschäft gilt. Qualifizierte Nachrangdarlehen werden regelmäßig bei Crowdfunding-Kampagnen eingesetzt. Immer öfter treten bei diesen Kampagnen auch Privatpersonen als Kapitalgeber auf, die gegenüber dem Kapital aufnehmenden Unternehmer im Regelfall als Verbraucher im Sinne des KSchG zu qualifizieren sind.

In der Entscheidung vom 24.8.2017,4 Ob 110/17 f, hat sich der Oberste Gerichtshof zum ersten Mal mit der Zulässigkeit von qualifizierten Nachrangdarlehen von Verbrauchern auseinandergesetzt. Der Oberste Gerichtshof hat dabei klargestellt, dass eine qualifizierte Nachrangklausel einen Teil der Hauptpflicht des Darlehensnehmers darstellt und es sich dabei um ein „für den Vertragstypus konstitutives Merkmal“ handelt, mit dem der Befriedigungsrang der Darlehensforderung festgelegt wird. Entgegen der von den Vorinstanzen vertretenen Ansicht kann die Vereinbarung eines qualifizierten Nachrang daher nicht der Inhaltskontrolle gemäß § 879 Abs 3 ABGB unterworfen werden (dies würde erfordern, dass es sich dabei um eine Vertragsbestimmung handelt, die gerade nicht eine der Hauptleistungspflichten regelt – diese Argumentation der Vorinstanzen wurde von dem Obersten Gerichtshof nicht aufgegriffen).

Diese Entscheidung ist zu begrüßen, da sie sowohl auf der Kapitalgeber- wie auch auf der Kapitalnehmerseite für Rechtssicherheit sorgt und den in den letzten Jahren eingetretenen Entwicklungen im Bereich der alternativen Unternehmensfinanzierung Rechnung trägt. Daher ist es nur zutreffend, dass der Oberste Gerichtshof das qualifizierte Nachrangdarlehen als eigenen Vertragstypus akzeptiert. Hätte sich der Oberste Gerichtshof der Argumentation der Vorinstanzen angeschlossen – die im Ergebnis zu einer Nichtigkeit der qualifizierten Nachrangklausel geführt hätte – hätte dies schwerwiegende Konsequenzen für alle Unternehmen gehabt, die bisher Kapital über nachrangige Darlehen aufgesammelt haben.