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Eintragung eines Geschäftszweigs im Firmenbuch gilt als „Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit“ iSd GewO

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in einem aktuellen Erkenntnis (23.11.2016, Ra 2016/04/0098) mit der Wechselbeziehung zwischen Eintragungen in das Firmenbuch und daraus resultierenden Pflichten aus der GewO auseinandergesetzt. Der Entscheidung lag folgender – vereinfacht dargestellter – Sacherhalt zugrunde:

Bei der A-GmbH war als Geschäftszweig in das Firmenbuch der An- und Verkauf von Liegenschaften eingetragen. Eine aufrechte Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Immobilientreuhänder, eingeschränkt auf Immobilienmakler gem § 94 Z 35 GewO“ hat jedoch nicht (mehr) bestanden. Die als Geschäftszweig eingetragene Tätigkeit wurde seit der Zurücklegung der vormals bestehenden Gewerbeberechtigung nicht mehr ausgeübt. Nach der rechtlichen Ansicht der erstinstanzlichen Verwaltungsbehörde sei die Eintragung eines Geschäftszweiges in das Firmenbuch dem Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit an einen größeren Personenkreis gleichzuhalten; da ein derartiges Anbieten gemäß § 1 Abs 4 GewO der tatsächlichen Ausübung eines Gewerbes gleichzuhalten ist, hätte die A-GmbH als Gewerbeinhaber über eine entsprechende Gewerbeberechtigung verfügen müssen. Mangels Vorliegen einer derartigen Gewerbeberechtigung wurde über den Geschäftsführer der A-GmbH eine Strafe aufgrund einer Übertretung der GewO verhängt.

Der Geschäftsführer der A-GmbH hat gegen das Straferkenntnis Revision erhoben, über die der VwGH (soweit es hier interessiert) wie folgt erwogen hat:

  • Das Firmenbuch dient dem Verzeichnis und der Offenlegung von allen Tatsachen, die aufgrund gesetzlicher Vorschrift einzutragen sind. Jedermann ist (nach Maßgabe der technischen und personellen Möglichkeiten) befugt, Einzelfabfragen aus dem Firmenbuch durchzuführen (etwa über die Nutzung der von den Notaren verpflichtend bereitzustellenden Angeboten auf Einsicht).
  • In früheren Entscheidungen wurde von dem VwGH bereits festgehalten, dass sowohl (i) das Anbringen einer – wenn auch nur kleinen – Firmentafel mit entsprechenden Wortlaut an einem Haustor, als auch (ii) das Betreiben einer Homepage ein Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit an einen größeren Personenkreis gemäß § 1 Abs 4 GewO darstellen können.
  • Aufgrund dieser Entscheidungen und den darin erkennbaren Leitgedanken (es kommt nicht darauf an, dass eine Ankündigung an einen größeren Personenkreis gerichtet ist, sondern nur, ob sie für diesen zugänglich ist), stellt auch die Eintragung eines Geschäftszweiges in das Firmenbuch ein „Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit an einen größeren Personenkreis“ dar, dass gemäß § 1 Abs 4 GewO der tatsächlichen Ausübung des Gewerbes gleichzuhalten ist.

Für die Praxis folgt daraus, dass sowohl bei der Gesellschaftsgründung wie auch bei der Durchführung von Corporate Housekeeping Augenmerk darauf gelegt werden sollte, welche Geschäftszweige bei operativ tätigen Gesellschaften in das Firmenbuch eingetragen sind und ob dies den tatsächlichen Verhältnissen entspricht.

Der VwGH hat zwar nicht zu der Frage Stellung genommen, ob womöglich auch die Aufnahme eines bestimmten Unternehmensgegenstandes in den Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft (der sodann aufgrund seiner Aufnahme in die Urkundensammlung öffentlich zugänglich ist) als „Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit an einen größeren Personenkreis“ anzusehen ist – mangels einer klaren Rechtsprechung dazu sollten aber Gründer und ihre Berater bereits bei der Gründung der Gesellschaft eindeutig festlegen, welcher Unternehmensgegenstand verfolgt wird (keine „vorsorgliche“ Aufnahme von mehreren Unternehmensgegenständen, die bspw. erst zu einem späteren Zeitpunkt verfolgt werden und daher noch keine gewerberechtliche Bewilligung vorliegt).