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Blogserie | Teil 2: Die Restrukturierungsordnung (REO) – der neue Weg zur Entschuldung

In Anschluss an den 1. Teil dieser Blogserie, in dem die Grundelemente und Wesensmerkmale der neuen Restrukturierungsordnung beleuchtet werden, befasst sich der 2. Teil mit dem Restrukturierungsplan, dem Restrukturierungskonzept und den begleitenden Änderungen in der Insolvenzordnung.

Restrukturierungsplan / -konzept

Mit dem Antrag auf Einleitung des ReO-Verfahrens hat der Schuldner zumindest ein Restrukturierungskonzept vorzulegen, welches einen Grobüberblick über die in Aussicht genommenen Restrukturierungsmaßnahmen sowie eine Auflistung der Vermögenswerte und
Verbindlichkeiten des Schuldners zum Zeitpunkt der Antragstellung einschließlich einer Bewertung der Vermögenswerte zu enthalten hat (§ 8 ReO). Eine Auflistung bzw. Information zu den einbezogenen Gläubigern ist hingegen noch nicht notwendig.

Der Schuldner hat in seinem Einleitungsantrag die Einräumung einer Frist von 60 Tagen zur Vorlage eines Restrukturierungsplans zu beantragen. Wird ein solcher Antrag nicht zugleich mit dem Antrag auf Einleitung des Restrukturierungsverfahrens oder binnen der zum Erlag eines Kostenvorschusses zur Deckung der Entlohnung des Restrukturierungsbeauftragten („ReO-Beauftrager“) bestimmen Frist gestellt, so ist ein ReO-
Beauftragter zu bestellen, der den Schuldner bei der Ausarbeitung des Restrukturierungsplans zu unterstützen hat (§ 8 Abs 2 ReO). Bei fehlendem Erlag des
Kostenvorschusses, wird das ReO-Verfahren eingestellt.

Im Restrukturierungsplan ist die wirtschaftliche Situation des Schuldners (Bewertung des Unternehmens sowie Vergleich mit insolvenzrechtlichen Alternativszenarien), die in Aussicht genommenen Restrukturierungsmaßnahmen, deren Laufzeit sowie die Gründe darzustellen, die bei Annahme des Restrukturierungsplans die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und den Eintritt der Überschuldung verhindern oder eine bereits eingetretene Überschuldung
beseitigen und die Bestandfähigkeit des Unternehmens gewährleisten werden (bedingte Fortbestehensprognose inkl. Vergleich mit Insolvenzszenario, § 27 ReO).

Weiters hat zwingend eine sachlich begründete Auswahl vom Restrukturierungsplan betroffener sowie nicht betroffener Gläubiger zu erfolgen. Die betroffenen Gläubiger sind in bis zu fünf Gläubigerklassen einzuteilen (eine Einteilungspflicht entfällt nur bei KMU, § 29 Abs 3 ReO). Diese werden in § 29 Abs 1 ReO wie folgt gereiht, wobei die Klassen 2 bis 4 gleichrangig sind:

(1) besicherte Gläubiger (mit ihrem besicherten Forderungsteil),
(2) unbesicherte Gläubiger,
(3) Anleihegläubiger (Forderung aufgrund wertpapiermäßiger Verbriefung),
(4) schutzbedürftige Gläubiger (insb. Forderungen unter EUR 10.000,-),
(5) Gläubiger nachrangiger Forderungen.

Der Restrukturierungsplan kann, je nach Auswahl des Schuldners und sachlicher Begründung, Kürzungen von einzelnen Gläubigern, Gläubigerklassen oder allen Gläubigern vorsehen, wobei der Kürzungsbruchteil jeweils anzugeben ist (§ 28 ReO). Eine Änderung von Vertragsbedingungen ohne Zustimmung der Gläubiger ist hingegen nur hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten (Stundung) möglich (§ 21 IO ist nicht anwendbar). Dem Restrukturierungsplan ist eine separate Liste der betroffenen Gläubiger mit Namen, Adressen und E-Mail-Adressen anzuschließen, welche jedoch nicht in dem den betroffenen
Gläubigern übermittelten Restrukturierungsplan aufscheinen soll (§ 27 Abs 3 ReO).

Begleitende Änderungen in der IO

Mit dem Antrag auf Einleitung des ReO-Verfahren kann der Schuldner die gerichtliche Genehmigung von Zwischenfinanzierungen (im Restrukturierungsplan enthaltene, notwendige Finanzierungen zur Fortführung/Erhaltung des Unternehmens während des ReO-Verfahrens und zur Umsetzung des Restrukturierungsplans) sowie vom Schuldner getätigte Transaktionen (zB Altforderungen von Arbeitnehmern, Zahlungen im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb oder Beraterkosten) beantragen (§ 18 ReO).

Zur Sicherung von vom Gericht genehmigten und der im bestätigten Restrukturierungsplan enthaltenen Zwischenfinanzierungen/Transaktionen besteht daher ein Anfechtungsschutz, sofern dem Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht bekannt war
(§§ 36a, 36b IO).

Dieser Beitrag stellt lediglich eine generelle Information dar und kann eine individuelle Rechtsberatung daher nicht ersetzen. WMWP Rechtsanwälte GmbH übernimmt keine Haftung, gleich welcher Art, für Inhalt und Richtigkeit der hierin erfolgten Angaben.

 

 

WMWP Rechtsanwälte GmbH

Wien/Klagenfurt, November 2021