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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Mai 2019

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

Streitiges Recht

5 Ob 199/18k – Für die Auslegung des Wohnungseigentumsvertrag ist ausschließlich der objektive Wortlaut maßgeblich

Der Kläger und die Beklagte sind (neben anderen nicht am Verfahren beteiligten Personen) Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft. In der Tiefgarage des auf dieser Liegenschaft errichteten Hauses befinden sich 7 KFZ-Abstellplätze. Die Stellplätze wurden gemäß Grundrissplan bezeichnet und auch entsprechend in der Natur ausgewiesen. Auch das Nutzwertgutachten beruhte auf diesem ursprünglichen Lageplan. Die Stellplätze waren jeweils Wohnungen zugeordnet und wurden gemäß ihrer Zuordnung auch in den Kaufverträgen berücksichtigt. Im Zuge der Abverkäufe erwarb der Kläger eine der Wohnungen samt Stellplatz. Im Einvernehmen wurde dieser Stellplatz dann aber mit anderen Wohnungseigentümern der Liegenschaft getauscht. Die neuen Nummerierungen wurden auch in den später abgeschlossenen Kaufverträgen und in dem Lageplan berücksichtigt. Die Beschriftung der Stellplätze in der Natur entsprach aber nicht dem geänderten Plan, sondern dem ursprünglichen Lageplan. Den davon betroffenen Wohnungseigentümern war bewusst, dass die Nummerierung vor Übergabe der Stellplätze im Zug der Verkaufsverhandlungen geändert worden war und nutzten jeweils die ihnen nach den getroffenen Vereinbarungen zugeordneten Stellplätze. Bei der Wohnungseigentumsbegründung wurde die geänderte Nummerierung der Stellplätze jedoch vermutlich aus einem Versehen nicht berücksichtigt. Dass die neue Stellplatznummerierung im Nutzwertgutachten nicht berücksichtigt war, fiel niemandem auf. Die Nutzung der Stellplätze durch die Wohnungseigentümer entspricht dadurch den Vereinbarungen zwischen den jeweiligen Wohnungseigentümern und dem Wohnungseigentumsorganisator, nicht aber dem Grundbuchstand.

In seiner Klage begehrte der Kläger dem beklagten Mit- und Wohnungseigentümer die Einwilligung zur Ausweisung von Zubehör-Wohnungseigentum und zur Berichtigung von Fehlbezeichnungen von Stellplätzen und deren grundbücherliche Durchführung, da andernfalls der Verkauf des von der klagenden Partei genutzten Stellplatzes nicht möglich sei.

Der Wohnungseigentumsvertrag ist eine Vereinbarung über die Veränderung der dinglichen Rechtsposition, die zumindest das Recht auf ausschließliche Nutzung bestimmter Gebäudeteile und der alleinigen Verfügung darüber umfassen muss (RIS-Justiz RS0082712 [T5, T13]). Da der Wohnungseigentumsvertrag den sicheren Nachweis des Parteiwillens und den Inhalt der Vereinbarung dokumentieren soll, welcher nicht nur für die Parteien des Vertrages, sondern auch künftige Wohnungseigentümer und Dritte von Bedeutung ist, soll der jeweilige Parteiwille keine Berücksichtigung finden. Bei der Auslegung zur Ermittlung des Inhalts des Wohnungseigentumsvertrags nach den §§ 914 f ABGB ist daher die objektive Betrachtung ausschlaggeben, bei der dem förmlich Erklärten der aus der Perspektive eines redlichen Dritten maßgebende Erklärungsgehalt beizumessen ist. Für den Inhalt der vom Formgebot des § 3 Abs 1 Z 1 WEG erfassten Abreden des Wohnungseigentumsvertrags ist daher stets der einer objektiven Auslegung zugängliche Wortlaut maßgeblich (vgl 5 Ob 224/15z, 5 Ob 277/04b [Widmung]; RIS-Justiz RS0108891 [Gesellschaftsverträge]; 5 Ob 181/02g = RS0117166 [Vereinbarung nach § 32 WEG]; Kalss in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.04 § 886 Rz 5; Riedler in Schwimann/Kodek [Hrsg], ABGB-Praxiskommentar4 § 886 ABGB Rz 11). Die sachenrechtliche Zuordnung eines Wohnungseigentumsobjekts erfolgt durch die Einverleibung des Wohnungseigentums im Grundbuch (vgl RIS-Justiz RS0111616). Die jeweilige in dem (die Eintragungsgrundlage bildenden) Wohnungseigentumsvertrag festgelegte Widmung gibt den Ausschlag dafür, was zu einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt gehört und dementsprechend vom jeweiligen Wohnungseigentümer ausschließlich genutzt werden darf (vgl RIS-Justiz RS0118149). Dabei muss das Wohnungseigentumsobjekt in objektivierbarer Weise bezeichnet sein.

Hier war der objektive Erklärungswert des für die Begründung des Wohnungseigentums wesentlichen Vertragspunkts, der Einräumung der ausschließlichen Nutzung und alleinigen Verfügung über bestimmte wohnungseigentumstaugliche Objekte, klar. Es gelten daher die schriftlichen Erklärungen als Vertragsinhalt ohne Rücksicht auf das Gewollte. Allein das mögliche Interesse einzelner betroffener Wohnungseigentümer an einem bestimmten anderen Stellplatz rechtfertigt es nicht, anderen Wohnungseigentümern aufgrund der Treuepflicht die Pflicht zur Mitwirkung an der Änderung des Wohnungseigentumsvertrags aufzuerlegen. Diese sind vielmehr auf die Möglichkeit und Notwendigkeit der rechtsgeschäftlichen Übertragung der jeweiligen KFZ-Abstellplätze zwischen den betroffenen Wohnungseigentümern zu verweisen. Ein Zwang zum Vertragsabschluss eines Mit- und Wohnungseigentümers ist nur dann anzunehmen, wenn ein konkret drohender Schaden von der Gemeinschaft abgewendet wird und die Nachteile für den Betroffenen so gering sind, dass seine Verweigerungshaltung nur noch mit Schikane erklärt werden kann (6 Ob 211/17y = RIS-Justiz RS0118131 [T3]). Das ist hier mangels eines der Gemeinschaft konkret drohenden Schadens nicht der Fall.

5 Ob 207/18d – Ansprüche nach § 37 Abs 4 WEG sind zessionsfähig

Die Klägerin hatte ihre Miteigentumsanteile nicht unmittelbar von der Wohnungseigentumsorganisatorin, sondern von einer nicht an dem Verfahren beteiligten Gesellschaft erworben. Ein Gutachten eines für den Hochbau zuständigen Ziviltechnikers oder eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Hochbauwesen im Sinne des § 37 Abs 4 WEG lag nicht vor. Bereits vor Abschluss des zwischen der nicht an dem Verfahren beteiligten Gesellschaft und der beklagten Partei geschlossenen Vertrags war der Keller im Haus schadhaft. Die Klägerin begehrt den Ersatz der auf sie anteilig entfallenden Kosten für die Sanierung des Kellers sowie die Feststellung, dass die beklagte Gesamtrechtsnachfolgerin der Wohnungseigentumsorganisatorin ihr gegenüber anteilig für zukünftige Kosten im Zusammenhang mit der Sanierung des Kellers hafte. Ihre Rechtsvorgängerin habe ihr die aus dem Kaufvertrag mit der Wohnungseigentumsorganisatorin zustehenden Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche abgetreten.

Nach § 37 Abs 4 WEG haben die Wohnungseigentumsorganisatoren dem Wohnungseigentumsbewerber vor oder mit der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums an Teilen eines Hauses, dessen Baubewilligung zum Zeitpunkt der Zusage älter als 20 Jahre ist, ein Gutachten eines für den Hochbau zuständigen Ziviltechnikers oder eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Hochbauwesen über den Bauzustand der allgemeinen Teile des Hauses, insbesondere über in absehbarer Zeit notwendig werdende Erhaltungsarbeiten, zu übergeben. Das Gutachten darf zum Zeitpunkt der Zusage nicht älter als ein Jahr sein und ist in den Kaufvertrag über den Liegenschaftsanteil, an dem Wohnungseigentum erworben werden soll, einzubeziehen; mit seiner Einbeziehung gilt der darin beschriebene Bauzustand als bedungene Eigenschaft (§ 922 Abs 1 ABGB). Wird in den Kaufvertrag kein solches Gutachten einbezogen, so gilt ein Erhaltungszustand des Hauses als vereinbart, der in den nächsten zehn Jahren keine größeren Erhaltungsarbeiten erfordert. Diese Regelung kann zufolge § 37 Abs 6 WEG 2002 nicht vertraglich abbedungen werden.

Die Abtretung (Zession) ist ein formloser Konsensualvertrag, dessen Zustandekommen die Erklärung der Forderungsübertragung durch den Altgläubiger und deren Annahme durch den Neugläubiger erfordert (vgl RIS-Justiz RS0032570; Lukas in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.02 § 1392 Rz 2). Allgemein anerkannt ist, dass auch Gestaltungsrechte, wie etwa das Gewährleistungsrecht, übertragen werden können, und zwar auch für sich allein, wenn am Erhalt des Rechtes bzw dessen Übertragung und Ausübung durch den Erwerber ein gerechtfertigtes Interesse besteht (RIS-Justiz RS0032642; Neumayr in KBB5 § 1393 ABGB Rz 8; Ertl in Rummel, ABGB³ § 1393 Rz 5; Heidinger in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1393 Rz 19). Nach dem Zweck des § 37 Abs 4 WEG beginnt die dreijährige Gewährleistungsfrist erst zu dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem sich – innerhalb von zehn Jahren – für den Erwerber die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens bzw die Erforderlichkeit von „größeren“ Erhaltungsarbeiten zweifelsfrei manifestiert (6 Ob 56/16b = RIS-Justiz RS0130867; Kulka aaO 378; Vonkilch aaO § 37 Rz 46a; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht²³ § 37 WEG Rz 16).

5 Ob 208/18a – Voraussetzung für die Erstreckung der Eintragung des Wohnungseigentums auf das Zubehörobjekt nach § 5 Abs 3 WEG 2002 idF der Wohnrechtsnovelle 2015 (BGBl I Nr 100/2014)

Voraussetzung für die Erstreckung der Eintragung des Wohnungseigentums auf das Zubehörobjekt (hier: Garten) ist dessen eindeutige Zuordnung zum Hauptobjekt durch eine eindeutige Darstellung im Titel für die Wohnungseigentumsbegründung oder in der Urkunde für die Nutzwertermittlung oder -festsetzung. Pauschale Hinweise auf die Art des Zubehörs ohne weitere Individualisierung genügen nicht, die Objekte sind vielmehr in irgendeiner Form planlich oder sonst zu spezifizieren, somit gemäß dem sachenrechtlichen Spezialitätsgrundsatz eindeutig zu umschreiben (5 Ob 162/16h (wobl 2017/76 [Hausmann] = EvBl 2017/147 [Höllwerth]; 5 Ob 4/17z (immolex 2018/28 [zust Stadlmann]).

In diesem Fall wurden nach den Feststellungen die Planunterlagen weder im Wohnungseigentumsvertrag noch im Nutzwertfestsetzungsbeschluss erwähnt. Auch darüber hinaus konnte eine Zuordnung des Zubehörobjekts zum Hauptobjekt aus den der Vereinbarung zugrunde liegenden Urkunden nicht ausreichend deutlich ermittelt werden. Der bloße Hinweis auf das Flächenausmaß eines zugeordneten Hausgartens ist jedenfalls dann nicht als ausreichend im Sinn des § 5 Abs 3 WEG 2002 zu werten, wenn sich die Situierung dieses Hausgartens nicht eindeutig aus den der Vereinbarung zugrunde liegenden Urkunden nachvollziehen lässt. Der bloße Hinweis auf ein Gesamtausmaß des Hausgartens im Nutzwertfestsetzungsbeschluss in einer Anlage mit einer Vielzahl von Hausgärten und Allgemeinflächen reicht nicht aus, um dem vom Gesetzgeber ausdrücklich verlangten Gebot der Individualisierung und Spezifizierung zu genügen.

6 Ob 199/18k – Die wirtschaftliche Abbruchreife ist gegeben, wenn der voraussichtliche Erhaltungsauf­wand der nächsten 10 Jahre für das Miethaus durch die zu erzielenden Mietzinse unter Berücksichtigung einer Mietzinsanhebung gemäß §§ 18, 19 MRG nicht gedeckt werden kann

Nach § 30 Abs 2 Z 14 MRG kann der Vermieter aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen, wenn die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwands zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird.

Die wirtschaftliche Abbruchreife definiert § 30 Abs 2 Z 14 MRG. Maßgeblich ist, ob die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwands zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit noch auf Dauer sichergestellt werden kann. Sowohl die Literatur (Würth in Rummel³ [2003] § 30 MRG Rz 46; Hausmann in Hausmann/Vonkilch3 [2013] § 30 MRG Rz 105, 191; Würth/Zingher/Kovanyi/Etzersdorfer, Miet- und Wohnrecht23 § 30 MRG Rz 61; Lovrek in GeKo Wohnrecht I [2017] § 30 MRG Rz 185; Illedits in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht³ [2018] § 30 MRG Rz 190) als auch die Entscheidung 3 Ob 242/12b (vgl auch LGZ Wien MietSlg 42.353 [1990], 57.382 [2005]; LGZ Graz MietSlg 54.356 [2002]) stellen dabei auf einen Zeitraum von zehn Jahren ab (ohne Bezugnahme auf einen konkreten Zeitraum 6 Ob 181/10a unter Hinweis auf zu § 19 Abs 2 Z 4 MG idF BGBl 409/1974 ergangene Rechtsprechung [RIS-Justiz RS0068292]).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hatten in diesem Fall sämtliche Berechnungen für den Zeitraum von zehn Jahren Deckungslücken ergeben, sodass tatsächlich wirtschaftliche Abbruchreife vor lag. Grundsätzlich steht die Pflicht des Vermieters zur Erhaltung des Mietgegenstands einer Kündigung wegen wirtschaftlicher Abbruchreife entgegen. Diese Verpflichtung besteht jedoch nur dann, wenn die dafür notwendigen Maßnahmen nicht unwirtschaftlich sind. Für das Verhältnis zwischen Erhaltungspflicht und Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 14 MRG bedeutet dies, dass bis zur Grenze der Unwirtschaftlichkeit der Anspruch des Mieters auf Erhaltung des Mietgegenstands gegenüber dem Vermieter besteht und ab Erreichen dieser Grenze der Vermieter zur Kündigung berechtigt ist. Das Verschulden des Vermieters am Eintritt der Abbruchreife ist unbeachtlich. Die Voraussetzungen der Abbruchreife sind lediglich objektiv zu prüfen (RIS-Justiz RS0068280 [T2]). Der verdrängte Mieter kann in einem solchen Fall aber berechtigt sein, bei Verschulden des Vermieters, Schadenersatz zu fordern (8 Ob 267/69, SZ 43/17).

Wird eine Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 9, 11, 14 bis 16 MRG begehrt und erhebt der Mieter gegen diese Einwendungen, ist die Fällung eines Zwischenurteils über das Vorliegen des Kündigungsgrundes – unabhängig davon, ob schon die Kündigung Ersatzangebote enthält oder sich der Vermieter diese vorbehält – zwingend. Eines Antrags des Mieters bedarf es nicht.

1 Ob 3/19a – Keine Hemmung der Verjährungsfrist des § 46 Abs 2 MRG (Erhöhung des Hauptmietzinses) durch einen Prozess, in dem die Eintrittsberechtigung strittig ist

Der beklagte Mieter war nach dem Ableben seines Vaters und bisherigen Mieters in den Mietvertrag mit der klagenden Vermieterin eingetreten. Die von der Vermieterin gegen die Verlassenschaft nach dem Vater erhobene Aufkündigung wurde rechtskräftig als rechtsunwirksam aufgehoben (6 Ob 197/17i). Auch die auf titellose Benützung gestützte Räumungsklage der Klägerin gegen den Beklagten blieb erfolglos (1 Ob 220/17k). Die Vermieterin teilte dem Beklagten daraufhin in einem Schreiben eine Anhebung des Hauptmietzinses nach § 46 Abs 2 MRG rückwirkend mit und forderte von ihm einen Nachzahlungsbetrag. Der beklagte Mieter zahlte den geforderten Betrag (unter Vorbehalt der späteren Rückforderung) abzüglich der von ihm als verjährt betrachteten Forderung.

Die Vermieterin brachte aufgrund dieser nicht bezahlten Forderung eine auf § 1118 ABGB gestützte Räumungsklage ein. Die Forderung sei entgegen der Rechtsansicht des Beklagten noch nicht verjährt. Die Mieterstellung des Beklagten sei erst durch die Entscheidung(en) des Obersten Gerichtshofs rechtskräftig festgestellt worden. Eine frühere Geltendmachung der Anhebung sei ihr daher nicht möglich gewesen.

Die Weiterführung des Mietverhältnisses durch den Eintrittsberechtigten nach dem Tod des Mieters begründet grundsätzlich den Erhöhungstatbestand nach § 46 Abs 2 MRG (1 Ob 129/14y). Der Vermieter kann die Erhöhung des Hauptmietzinses (nur) innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 4 ABGB rückwirkend geltend machen (RIS-Justiz RS0048293). Der Beginn der Verjährung ist regelmäßig von der objektiven Möglichkeit der Geltendmachung des Rechts abhängig. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Rechtsausübung kein rechtliches Hindernis – zB mangelnde Fälligkeit – mehr entgegensteht und objektiv die Möglichkeit bestand, den Anspruch einzuklagen (RIS-Justiz RS0034343). Soweit das Gesetz keine Ausnahmen macht, hat die Kenntnis des Berechtigten vom Bestehen des Anspruchs oder der Person des Verpflichteten keinen Einfluss auf den Verjährungsbeginn (RIS-Justiz RS0034248 [T7, T9]; vgl auch RS0034302 [T9, T12]). Subjektive Gründe, sind für den Beginn der Verjährung grundsätzlich irrelevant (vgl 2 Ob 74/07g). Der Anhebungsanspruch nach § 46 Abs 2 MRG entstand schon durch den Eintritt in den Mietvertrag (RIS-Justiz RS0048293 [T1]). Die objektive Möglichkeit der Klägerin, den Mietzins nach § 46 Abs 2 MRG ab dem auf den Eintritt folgenden Zinstermin zu erhöhen, war nicht von der Zustellung der (die außerordentliche Revision der Klägerin zurückweisenden) Entscheidung 6 Ob 197/17i abhängig. Ein rechtliches Hindernis für die Geltendmachung der Erhöhung lag daher nicht vor.

Außerstreitiges Recht

5 Ob 156/18d – Zur Mitmieterstellung bei Unternehmensübertragungen

In dem Verfahren ging es um die Mitmieterstellung einer bereits in Konkurs befindlichen Gesellschaft.

Ist ein Objekt an mehrere Personen als Mitmieter in Bestand gegeben, so ist ein solches Mitmietverhältnis oder Gesamtmietverhältnis ein einheitliches, demnach ungeteiltes Mietverhältnis und besteht nicht etwa aus mehreren konkurrierenden Mietverhältnissen (RIS‑Justiz ​RS0101118 [T3, T8]). Die Mitmieter bilden eine Rechtsgemeinschaft iSd ​§§ 825 ff ABGB. Die Vorschriften über die Miteigentumsgemeinschaft sind daher für das Innenverhältnis von Mitmietern untereinander sinngemäß anzuwenden (RIS‑Justiz ​RS0013160 [T5], ​RS0101118 [T10], ​RS0013191 [T3, T5]).

Der Übergang des Unternehmens eines Mitmieters einer Geschäftsräumlichkeit auf einen anderen Mitmieter, der schon bisher Träger der Mietrechte war und nun das Unternehmen in dem von ihm (mit‑)gemieteten Geschäftsräumen weiterführt, fällt nicht in den Anwendungsbereich des ​§ 12a Abs 1 MRG (RIS‑Justiz ​RS0070029). Das Ausscheiden des Unternehmensüberträgers aus seinen Rechten und Pflichten als Mitmieter kommt nur mit Zustimmung der Vermieterin in Betracht (RIS‑Justiz ​RS0070029), wofür es einer zumindest konkludenten Dreiparteieneinigung  bedarf. Der erklärte Wille des Unternehmensüberträgers und des Unternehmensübernehmers war nach den Feststellungen, die Übernahme der jeweiligen Mietverträge bzw ein Ausscheiden der Mitmieterin. Es war daher davon auszugehen, dass beide Mitmieter der Vertragsübernahme durch die übernehmende Gesellschaft (und damit dem Austritt der in Konkurs befindlichen Mitmieterin) zustimmten. Auch die Vermieterin hatte ihre Zustimmung zur Vertragsübernahme durch die übernehmende Gesellschaft bzw zum Vertragsaustritt der in Konkurs befindlichen Mitmieterin (zumindest konkludent) erteilt, da die Übernehmerin seit 15 Jahren „völlig einvernehmlich“ mit der Vermieterin als alleinige Mieterin auftrete und auch so behandelt werde. Der Unternehmensüberträger war daher mit Zustimmung der Vermieterin infolge Übertragung des Geschäftsbetriebs und ihrer Mietrechte aus ihren Rechten und Pflichten als Mitmieterin ausgeschieden.

5 Ob 165/18b – Begehren auf Ersatz von Ansprüchen nach § 8 Abs 3 MRG sind – außer im Falle des Ausnahmetatbestands des § 4 Abs 3 WEG – an den Vermieter und nicht an die Eigentümergemeinschaft zu richten

Die Antrag stellenden Mieter einer auf der im Wohnungseigentum stehenden Liegenschaft gelegenen Wohnung begehrten von der Eigentümergemeinschaft gestützt auf § 8 Abs 3 MRG den Betrag von 126.624,99 EUR, der sich im Wesentlichen aus Verdienstentgang, Ersatz der eigenen Arbeitsleistung, der eines Mitarbeiters und Rechtsanwaltskosten zusammensetzte. Der Verwalter der Liegenschaft habe in Vertretung der Eigentümergemeinschaft Erhaltungsarbeiten an der unmittelbar über dem von ihnen angemieteten Objekt gelegenen Dachterrasse durchführen lassen, im Zuge der es zu einer Beschädigung der Terrassenabdichtung gekommen sei. Dies habe zu massiven Wassereintritten in das Bestandobjekt und zur mehrmonatigen Schließung des von ihnen darin betriebenen Unternehmens geführt. Die Haftpflichtversicherung des die Arbeiten ausführenden Unternehmens habe den Verdienstausfall für sechs Wochen ersetzt, weil in diesem Zeitraum eine vollständige Schadensbehebung möglich gewesen wäre. Tatsächlich sei die Reparatur wegen einer verzögerten Beschlussfassung der Wohnungseigentümer aber mehrere Monate hinausgezögert worden, weswegen die Antragsgegnerin den nicht von der Versicherung gedeckten Schaden nach § 8 Abs 3 MRG zu ersetzen habe.

Unter den Voraussetzungen des § 8 Abs 2 MRG hat der Mieter Eingriffe in das Mietrecht, die über ein bloßes Betreten des Mietgegenstands hinausgehen, zu dulden. Er darf selbst keine Abwehrmaßnahmen setzen, sondern muss die Eingriffe in sein Recht hinnehmen, ohne deren Unterlassung begehren zu können (vgl Krejci, HbzMRG 231). Als Ausgleich steht dem Mieter, der nach § 8 Abs 2 MRG einen Eingriff in sein Mietrecht zu dulden hat, nach § 8 Abs 3 MRG eine Entschädigung zu. Danach hat ein Mieter, der Erhaltungs-, Verbesserungs-, Änderungs- und Errichtungsarbeiten gemäß § 8 Abs 2 MRG zulassen muss, gegenüber dem Vermieter – oder im Fall der Durchführung der Arbeiten durch einen anderen Mieter gegen diesen – einen Anspruch auf angemessene Entschädigung für die ihm widerfahrenen wesentlichen Beeinträchtigungen. Dabei handelt es sich um eine von Rechtswidrigkeit und Verschulden losgelöste Eingriffshaftung (RIS-Justiz RS0069533; RS0069520 [T3]; siehe dazu auch Würth in Rummel, ABGB³ § 8 MRG Rz 7; Vonkilch aaO § 8 MRG Rz 42; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht²³ § 8 MRG Rz 12; Böhm/Pletzer in Böhm/Pletzer/Spruzina/
Stabentheiner
, GeKo Wohnrecht § 8 MRG Rz 121 ua), die allein darauf abstellt, ob sich der Mieter den nachteiligen Eingriff in sein Mietrecht gefallen lassen musste (RIS-Justiz RS0069533).

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist derjenige nach § 8 Abs 3 MRG ersatzpflichtig, dem die Erhaltungs-, Verbesserungs-, Änderungs- und Errichtungsarbeiten zuzurechnen sind (5 Ob 297/99h; 5 Ob 251/02a; 5 Ob 84/13h ua). Nicht entscheidend ist, wem aus den Arbeiten Vorteile erwachsen, denn es geht bei dem Anspruch auf Entschädigung nach § 8 Abs 3 MRG nicht darum, dem in der Mietrechtsausübung beeinträchtigten Mieter irgendwelche Vorteile herauszugeben, die jemand infolge Eingriffs in das Mietrecht erzielt hat, sondern nur darum, dass der betroffene Mieter die ihm entstandenen Nachteile ausgeglichen erhält (Krejci aaO 244). Zu den anderen Mit- und Wohnungseigentümern der Liegenschaft steht der Mieter eines Wohnungseigentümers in keiner Rechtsbeziehung (2 Ob 249/00g = RIS-Justiz RS0070357 [T1]; Fenyves in Hausmann/Vonkilch aaO § 2 MRG Rz 15 mwN). Auch gegenüber der Eigentümergemeinschaft (§ 18 WEG) stehen ihm keinerlei Rechte zu (Würth in Rummel aaO § 2 MRG Rz 5). Der Mieter eines Wohnungseigentümers hat im Vollanwendungsbereich des MRG daher insofern eine Sonderstellung, als er zwar formal alle Rechte des Hauptmieters hat, sie aber nur soweit ausüben kann, als sie sich unmittelbar gegen den Wohnungseigentümer als seinen Vertragspartner richten (Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 2 MRG Rz 8). Werden Arbeiten, die die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft einschließlich der baulichen Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen und der Behebung ernster Schäden des Hauses in einem Wohnungseigentumsobjekt im Auftrag der Eigentümergemeinschaft vorgenommen, sind sie im Verhältnis eines Wohnungseigentümers zu seinem Mieter diesem zuzuordnen, da sie der Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten aus dem Bestandverhältnis dienen. Begehren auf Ersatz von Ansprüchen nach § 8 Abs 3 MRG sind daher an den Vermieter und nicht an die Eigentümergemeinschaft zu richten (so wohl auch Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 2 MRG Rz 8).

Anderes gilt für Fälle des § 4 WEG: Hier ordnet der Gesetzgeber ausdrücklich eingeschränkt auf Altmietverhältnisse, also für Mietverhältnisse, die noch vor Begründung von Wohnungseigentum eingegangen worden sind – eine gesetzliche Vertragsübernahme des Wohnungseigentümers auf Vermieterseite an. Mit Verbücherung des Wohnungseigentums tritt der Wohnungseigentümer als Alleinvermieter in das Hauptmietrecht mit der Folge ein, dass hinsichtlich sämtlicher Ansprüche aus dem Mietverhältnis auf Vermieterseite grundsätzlich der Wohnungseigentümer (und nicht mehr die Gesamtheit der Miteigentümer) aktiv und passiv legitimiert ist (Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 4 WEG Rz 5 mwN). Das gilt auch für die Ersatzpflicht nach § 8 Abs 3 MRG (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch aaO § 8 MRG Rz 44). Als Ausgleich für diese Schlechterstellung des „Altmieters“ bestimmt § 4 Abs 3 WEG, dass der Mieter Ansprüche, die sich auf allgemeine Teile der Liegenschaft oder auf die Liegenschaft als Gesamtheit beziehen, ungeachtet der Rechtsstellung des Wohnungseigentümers als Vermieter auch gegen die Eigentümergemeinschaft geltend machen kann. Nur in diesem Fall kann sich der Mieter wahlweise an den Wohnungseigentümer als seinen Vermieter oder die Eigentümergemeinschaft (alleine oder gemeinsam mit dem Vermieter) wenden (5 Ob 6/08f). Eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf ein nach § 2 Abs 1 MRG mit dem Wohnungseigentümer begründetes „Neumietverhältnis“ kommt nicht in Betracht (5 Ob 243/05d; zustimmend: Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 4 WEG Rz 16).

5 Ob 225/18a – Als selbständiges Wohnungseigentumsobjekt kommen nur solche Räume (Gebäude) in Betracht, denen die Verkehrsauffassung selbständige wirtschaftliche Bedeutung zuerkennt. Nutzwertfestsetzungen und Grundbuchseintragungen, die gegen diese zwingenden Grundsätze verstoßen, sind nichtig

Grundlage der Nutzwertfestsetzung ist (§§ 9, 52 Abs 1 Z 1 WEG 2002) die der jeweiligen materiellen Rechtslage entsprechende konkrete Widmung, die der Außerstreitrichter von Amts wegen als Vorfrage zu prüfen hat (RIS-Justiz RS0083252). Dies gilt auch für die Neufestsetzung des Nutzwerts. Ausgangspunkt der Nutzwertberechnung müssen die zwingenden einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und die – der Rechtslage entsprechende – Widmung sein, sodass allgemeine Teile von der Nutzwertfestsetzung nicht erfasst werden (5 Ob 29/08p = immolex 2008/148 [Stibi]). Die Begründung von Wohnungseigentum an allgemeinen Teilen der Liegenschaft, also Teilen, die der allgemeinen Benützung dienen und deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Nutzung entgegensteht, ist unwirksam. Darauf beruhende Grundbuchseintragungen sind nichtig. Bis zu einer Rückabwicklung sind die Wohnungseigentümer mangels eines dem Gesetz entsprechenden Mindestanteils entgegen dem Grundbuchsstand rechtlich nicht Wohnungseigentümer, sondern nur schlichte Miteigentümer (RIS-Justiz RS0114510). Bei der Nutzwert-(Neu-)festsetzung kommt es daher auf (1) die konkrete Widmung als Wohnungseigentumsobjekt, Zubehörwohnungseigentum oder allgemeinen Teil an, weil die Nutzwertfestsetzung die vertragliche Einigung und den Widmungsakt nachzuvollziehen hat und (2) die abstrakte Tauglichkeit von Objekten, sodass eine der Rechtslage nicht entsprechende Widmung keine Grundlage der Nutzwertberechnung bilden kann (5 Ob 29/08p = immolex 2008/148 [Stibi]).

5 Ob 227/18w – Die Behauptungslast und Beweislast für das Vorliegen des Ausnahmetatbestands des § 16 Abs 1 Z 3 MRG trifft den Vermieter

  • 16 Abs 1 Z 3 MRG erklärt Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Hauptmietzinses ohne die Beschränkungen des § 16 Abs 2–5 MRG bis zu dem für den Mietgegenstand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag dann für zulässig, wenn der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, an dessen Erhaltung aus Gründen des Denkmalschutzes öffentliches Interesse besteht, sofern der Vermieter unbeschadet der Gewährung öffentlicher Mittel zu dessen Erhaltung nach dem 8. Mai 1945 erhebliche Eigenmittel aufgewendet hat. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Vermieter erhebliche Eigenmittel im Sinne des § 16 Abs 1 Z 3 MRG aufgewendet hat, ist von der Sachlage und Rechtslage im Zeitpunkt der Aufwendung auszugehen. Im Gegensatz zu § 18 MRG sind zukünftige Mietzinseinnahmen nicht zu berücksichtigen. Darüber hinaus kommt es darauf an, ob der Vermieter einmal (rechtmäßig) aufgewendete derartige Eigenmittel in der Folge (noch vor Abschluss der Mietzinsvereinbarung, deren Zulässigkeit gemäß § 16 Abs 1 Z 3 MRG zu untersuchen ist) nicht etwa (rechtmäßig) als Ausgaben in die Mietzinsabrechnung eingesetzt hat. Um die Qualität der aufgewendeten Mittel als „Eigenmittel“ beurteilen zu können, muss über den jeweils maßgeblichen Verrechnungszeitraum für Mietzinsreserven eine vollständige Abrechnung im Sinn des § 20 Abs 1 MRG gelegt und dürfen die Kosten auch nicht nachträglich als Mietzinspassivum verrechnet werden (5 Ob 119/98f mwN). Es ist also auch der Nachweis notwendig, dass es sich tatsächlich um Eigenmittel handelt, der Erhaltungsaufwand des Hauses daher nicht aus Mietzinseinnahmen und der Hauptmietzinsreserve gedeckt wäre. Unter dem Begriff der Eigenmittel im Sinn des § 16 Abs 1 Z 3 MRG sind daher nur solche Geldmittel zu verstehen, die nicht aus verrechnungspflichtigen Mietzinseinnahmen stammen, während im Weg einer Erhöhung der Hauptmietzinse finanzierte oder vorfinanzierte Erhaltungsarbeiten den Belohnungstatbestand des § 16 Abs 1 Z 3 MRG nicht verwirklichen (vgl RIS-Justiz RS0069663; 5 Ob 1022/92 (= wobl 1992/134 )).

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, April 2019

WMWP Rechtsanwälte GmbH