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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Jänner 2018

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

Streitiges Recht

5 Ob 171/17h – Der Eigentümer von schlichten Miteigentumsanteilen, der Teile davon als Wohnungseigentumsobjekte verkauft, wird dadurch nicht zum Wohnungseigentumsorganisator iSd § 2 Abs 6 WEG 2002

Für den früheren Wohnungseigentumsorganisator wurden nach Änderung des Wohnungseigentumsvertrages und Neuparifizierung im Grundbuch Anteile an der Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum an „Garage mit fünf KFZ-Abstellplätzen“ eingetragen. Die KFZ-Abstellplätze befinden sich wie die restlichen KFZ-Abstellplätze des Hauses, die den einzelnen Wohnungseigentumsobjekten als Zubehör zugeordnet waren, in der Tiefgarage des Wohnungseigentumsobjekts. Die einzelnen Stellplätze waren unter einander nicht räumlich abgegrenzt. In weiterer Folge wurden die Anteile der Wohnungseigentumsorganisatorin nach deren Insolvenz samt Wohnungseigentum an den Stellplätzen von der hier verkaufenden Partei ersteigert. Zwei der Stellplätze verkaufte sie an die hier klagende Partei. Die Einverleibung des Mit- und Wohnungseigentums an der „Garage samt Stellplätzen“ scheiterte jedoch mangels Wohnungseigentumstauglichkeit iSd § 1 Abs 1 WEG.

Daraufhin begehrte der Käufer der beiden Stellplätze, welcher im Grundbuch bereits als Miteigentümer verbunden mit Wohnungseigentum an einer Wohnung eingetragen war, die Einwilligung der übrigen Miteigentümer in die Einverleibung des Eigentums am Mindestanteil, der sich für die beiden Stellplätze ergab und des Wohnungseigentums an diesen Objekten. Dabei stützte er sich auf Vertrag und § 43 WEG 2002 (Klage des Wohnungseigentumsbewerbers auf Einverleibung des Eigentumsrechts).

Mit einem Begehren nach § 43 Abs 1 WEG 2002 kann ein Wohnungseigentumsbewerber den Liegenschaftseigentümer auf die Einwilligung in die Einverleibung seines Eigentums am Mindestanteil und die Begründung von Wohnungseigentum an allen dafür gewidmeten wohnungseigentumstauglichen Objekten klagen, wenn dieser mit der Stellung der Anträge oder der Errichtung der Urkunden (§ 37 Abs 2 Z2 WEG 2002) säumig ist. Nur der Eigentümer einer Liegenschaft an der Wohnungseigentum begründet werden soll – der die entsprechenden Schritte zur Wohnungseigentumsbegründung setzt und billigt, ist Wohnungseigentumsorganisator (RIS-Justiz RS01018166 [T2, T3]; 5 Ob 37/13x mwN). Der bloße Erwerber von Liegenschaftsanteilen von einem früheren Alleineigentümer – auch wenn dieser Wohnungseigentumsorganisator war – vermag jedoch nicht zu bewirken, dass damit die Rechte und Pflichten des Wohnungseigentumsorganisators über gehen (RIS-Justiz RS0083143; 5 Ob 92/15p; 1 Ob 11/12t).

In diesem Fall organisierte die Verkäuferin nicht die (erstmalige) Begründung von Wohnungseigentum an der Liegenschaft, sondern verkaufte Teile eines nach dem Grundbuchstand existierenden Wohnungseigentumsobjekts. Mangels Eigenschaft des Käufers als Wohnungseigentumsbewerbers war eine Klage gestützt auf §43 Abs 1 WEG zurückzuweisen.

Außerstreitiges Recht

5 Ob 95/17g – Eine Duldungspflicht aus einer vertraglichen Vereinbarung ist im streitigen Verfahren geltend zu machen

Eine Duldungspflicht aus einer vertraglichen Vereinbarung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht Gegenstand des wohnungsrechtlichen Außerstreitverfahrens nach § 52 Abs 1 Z2 WEG (betreffend der Duldung von Änderungen und Erhaltungsarbeiten einschließlich der Entschädigung eines dadurch beeinträchtigten Wohnungseigentümers (§ 16 Abs. 2 und 3 WEG)), sondern ist im streitigen Verfahren geltend zu machen (5 Ob 208/11s, 5 Ob 10/11y mwN; RIS-Justiz RS0005948 [T22]). In einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z2 WEG sind vertragliche Ansprüche unbeachtlich (5 Ob 162/10z, 5 Ob 208/11s, 5 Ob 10/11y mwN; RIS-Justiz RS005948 [T21]). Dies kann nicht dadurch umgangen werden, dass die Einhaltung und Umsetzung der Vereinbarung als „wichtiges Interesse“ iSd § 16 Abs 2 WEG   Berücksichtigung finden soll (vgl 5 Ob 162/10z).

5 Ob 169/17i – Für Betriebskosten, öffentliche Abgaben und Kosten des Betriebes von Gemeinschaftsanlagen nach dem WGG gelangen die Bestimmungen der §§21, 23 und 24 MRG zur Anwendung

Eine gemeinnützige Bauvereinigung und Vermieterin von Wohnungen in einer von ihr errichteten Wohnhausanlage beauftragte die Überprüfung der Dichtheit der vorhandenen Gasverteilungsleitungen (Steigleitungen) und Verbrauchsleitungen in den einzelnen Bestandobjekten und der Waschküche. Die dafür angefallen Kosten verrechnete sie als Betriebskosten.

§ 14 Abs 1 Z 7 WGG verweist inhaltlich auf § 21 MRG (5 Ob 1/95) – wonach auf Betriebskosten, öffentliche Abgaben und Kosten des Betriebes von Gemeinschaftsanlagen auch nach dem WGG die Bestimmungen der §§21, 23 und 24 MRG zur Anwendung gelangen. Der § 21 MRG stellte einen Katalog der auf die Gesamtliegenschaft bezogenen Aufwendungen des Vermieters dar, die als Betriebskosten an die Mieter des Hauses überwälzt werden dürfen. Diese Aufzählung ist taxativ. Eine darüber hinaus gehende weitere Auslegung zu Lasten der Mieter ist nicht zulässig (RIS-Justiz RS0069690 [T1]). Im Katalog des § 21 Abs 1 MRG sind die Kosten für eine Dichtheitsprüfung von Gasleitungen nicht enthalten. Da eine Erweiterung des Betriebskostenkataloges durch Auslegung zu Lasten der Mieter nicht zulässig ist, war die Erfassung der Dichtheitsprüfung als Betriebskosten nicht möglich. In dieser Hinsicht ist das Kostendeckungsprinzip des WGG durchbrochen.

5 Ob 173/17b – Voraussetzung für eine dem Vermieter aufzutragende Erhaltungsarbeit ist, dass eine Reparaturbedürftigkeit vorliegt

Der Mieter begehrte der Vermieterin Erhaltungsarbeiten an der Eingangstüre zum Mietobjekt aufzutragen, um das dritte Schloss an der Türe sperrbar und eine dem Stand der Technik entsprechende Einbruchssicherung herzustellen.

Voraussetzung für eine Erhaltungsarbeit ist, dass eine Reparaturbedürftigkeit vorliegt. Es muss eine Einschränkung der Funktionsfähigkeit, der Brauchbarkeit, ein bestehender Mangel oder eine Schadensgeneigtheit vorhanden sein (RIS-Justiz RS0116998 [T3]; RS0069944 [T8]; Würth/ Zingher/ Kovanyi Miet- und Wohnrecht23 § 3 MRG Rz 7). Eine Verpflichtung des Vermieters zu einer permanenten Modernisierung besteht nicht (5 Ob 106/08m; Würth/ Zingher/ Kovanyi aaO; T.Hausmann in Hausmann/ Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3 § 3 MRG Rz 9). Da hier keine Reparaturbedürftigkeit vorlag, war dem Vermieter die geforderte Erhaltungsarbeit nicht aufzutragen.

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Januar 2018

WMWP Rechtsanwälte GmbH