vienna@actlegal-wmwp.com   VIENNA +43 (1) 5125955
klagenfurt@actlegal-wmwp.com   KLU +43 (463) 591638

Single Blog Title

This is a single blog caption

Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter Dezember 2018

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

Streitiges Recht

1 Ob 100/18i – Kündigungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauchs vom Mietgegenstand

Der Mieter hatte die Wohnung seniorengerecht ausgestattet. Der klagende Vermieter kündigte das Mietverhältnis wegen erheblich nachteiligen Gebrauch iSd § 1118 ABGB auf, da der beklagte Mieter eigenmächtig und trotz der Untersagung des Vermieters Baumaßnahmen im Bestandobjekt durchgeführt, dabei auch schädigend in die Substanz des Hauses eingegriffen und mehrfach gegen seine Verpflichtungen nach § 9 MRG verstoßen habe. Eine Substanzgefährdung war im Laufe des Verfahrens aber nicht hervorgekommen. Auch eine Beeinträchtigung der übrigen Hausparteien war nicht nachweislich.

Ein erheblich nachteiliger Gebrauch vom Mietgegenstand iSd § 30 Abs 2 Z 3 1. Fall MRG oder des gleichlautenden Vertragsaufhebungsgrundes nach § 1118 1. Fall ABGB liegt dann vor, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht (RIS-Justiz RS0020981; RS0067832 ua) oder wenn durch das nachteilige Verhalten des Mieters wichtige wirtschaftliche oder persönliche Interessen des Vermieters oder der anderen Mieter gefährdet werden (RIS-Justiz RS0070348; RS0021031). Dazu zählt auch jedes andere Verhalten, das die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses wegen des Verlusts des Vertrauens für den Vermieter unzumutbar macht (vgl RIS-Justiz RS0013628 [T2]).

Ein vereinbarungswidriger Gebrauch, insbesondere die Vornahme von baulichen Veränderungen durch den Mieter ohne Zustimmung des Bestandgebers, rechtfertigt die Auflösung des Bestandvertrags gemäß § 1118 ABGB dann, wenn die vom Mieter vorgenommenen Veränderungen für die Bestandsache erheblich nachteilig sind, wobei als nachteilig eine Bauführung verstanden wird, die eine erhebliche Substanzschädigung des Bestandgegenstands zumindest befürchten lässt. Gegen andere Eigenmächtigkeiten des Mieters – also solche, die keine erhebliche Substanzschädigung des Bestandgegenstands befürchten lassen – ist der Vermieter nicht schutzlos, so kann er doch Unterlassung bzw Wiederherstellung des vorherigen Zustands begehren. Bauliche Veränderungen, die eine grundlegende Umgestaltung des Bestandgegenstands bewirkten und den Intentionen des Bestandgebers zuwiderlaufen, können somit nur dann einen erheblich nachteiligen Gebrauch des Bestandgegenstands darstellten, wenn dadurch wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Bestandgebers verletzt werden (6 Ob 589/91 mwN; 7 Ob 199/11g = RIS-Justiz RS0067816 [T4]), vgl auch 3 Ob 65/99a, wonach ohne Zustimmung des Bestandgebers vorgenommene bauliche Veränderungen durch den Mieter die Auflösung des Bestandvertrags für sich noch nicht rechtfertigen, sondern es dazu der erheblichen Nachteiligkeit für die Bestandsache bedarf). „Sachgemäß durchgeführte Vorkehrungen“ zur Verbesserung bzw Modernisierung des Bestandgegenstands (wie sie auch im vorliegenden Fall vorgenommen wurden) erfüllen den Auflösungstatbestand grundsätzlich nicht (vgl RIS-Justiz RS0067816).

1 Ob 134/18i – Bei einer Kündigung wegen unleidlichen Verhaltens ist auf das Gesamtverhalten abzustellen.

Eine Kündigung wegen unleidlichen Verhaltens setzt eine Störung des friedlichen Zusammenlebens voraus, die durch längere Zeit fortgesetzt wird oder sich in häufigen Wiederholungen äußert und überdies nach ihrer Art das bei den besonderen Verhältnissen des einzelnen Falls erfahrungsgemäß geduldete Ausmaß übersteigt (RIS-Justiz RS0070303; vgl auch RS0067678). Das Verhalten darf nicht in Teilfakten zerlegt und für sich allein geprüft werden (RIS-Justiz RS0070321), sondern ist grundsätzlich auf das Gesamtverhalten Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0070303 [T12; T14]; RS0070321). Es können auch einmalige Vorfälle den Kündigungsgrund verwirklichen, wenn sie derart schwerwiegend sind, dass sie das Maß des Zumutbaren überschreiten und objektiv geeignet erscheinen, auch nur einem Hausbewohner das Zusammenleben zu verleiden (RIS-Justiz RS0070303 [T2]).

1 Ob 136 /18h – Die Wahl des Gewährleistungsbehelfs wegen Mängeln allgemeiner Teile steht grundsätzlich nicht dem einzelnen Wohnungseigentümer allein zu, sondern es ist darüber ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft oder eine substituierende Entscheidung des Außerstreitrichters erforderlich

Der klagende Mit- und Wohnungseigentümer begehrte von der beklagten Bauträgerin zuletzt die Behebung eines Mangels der Entsorgung des Oberflächenwassers in bestimmt bezeichneter Form auf den Terrassen von zwei Eigentumswohnungen. Der Klagevertreter richtete in diesem Zusammenhang ein Schreiben an sämtliche Miteigentümer, in dem er um Zustimmung zur Klageführung unter Beilage einer vorbereiteten Erklärung ersuchte und erwirkte so die Zustimmung von 36 Miteigentümern. Die anderen 26 Miteigentümer (2390/5770 Anteile) gaben keine Zustimmungserklärung ab. Es erfolgte kein Hausanschlag über das Abstimmungsverhalten der Miteigentümer.

Die Wahl des Gewährleistungsbehelfs wegen Mängeln allgemeiner Teile steht grundsätzlich nicht dem einzelnen Wohnungseigentümer allein zu, sondern es ist darüber ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft oder eine substituierende Entscheidung des Außerstreitrichters erforderlich (RIS-Justiz RS0108158 [T26, T27]); (nur) soweit Gemeinschaftsinteressen nicht gefährdet sind, kann der einzelne Mit- und Wohnungseigentümer seine auch allgemeine Teile der gemeinschaftlichen Sache betreffenden Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche allein geltend machen (s RIS-Justiz RS0108158 [T7, T21]). Eingriffe in die Terrassenabdeckung, bei der auch die Feuchtigkeitsisolierung berührt werden kann, sind von vorneherein nicht ungeeignet, die Interessen der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer zu gefährden. Es war auch nicht vorgebracht oder darlegt worden, aufgrund welcher Umstände und Erwägungen eine Beeinträchtigung von Interessen der anderen Miteigentümer nicht zu besorgen ist. Ein schriftlicher Umlaufbeschluss kommt nicht bereits mit dem Erreichen der Mehrheit zustande, sondern ist vielmehr die Bekanntgabe des Ergebnisses erforderlich, um die Entscheidung rechtswirksam werden zu lassen. Die Bindung der Teilnehmer an ihre Erklärung tritt nämlich erst ein, wenn sie allen anderen am Willensbildungsprozess Beteiligten – im Sinn der besonderen Kundmachungsnorm des § 24 Abs 5 WEG – zugegangen ist; bis zu diesem Zeitpunkt kann jeder Mit- und Wohnungseigentümer seine Entscheidung widerrufen (RIS-Justiz RS0106052 [bes T4, T6, T11]; 5 Ob 16/16p mwN uva).

1 Ob 156/18z – Mitmieter bilden in einem Kündigungsprozess eine notwendige Streitgenossenschaft

Mehrere Mitmieter bilden eine Rechtsgemeinschaft bürgerlichen Rechts nach § 825 ABGB und im Kündigungsprozess eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinn des § 14 ZPO, weil sich die Wirkung des zu fällenden Urteils kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses auf sämtliche Streitgenossen erstreckt (RIS-Justiz RS0013160 [T10]; vgl RS0013416 [T6]; RS0020369 [T4]).

4 Ob 152/18h – Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 MRG (wegen unzulässiger Weitergabe) ist bei der Überlassung an eine eintrittsberechtigte Person (iSd § 14 Abs 3 MRG) nicht verwirklicht

Der mittlerweile erwachsene Sohn des beklagten Mieters wohnte von Geburt an in der Wohnung. Nach dem Tod seiner Ehegattin zog der Beklagte im Jahr 1998 aus der Wohnung aus. Der Sohn, mit dem der Beklagte vor seinem Auszug im gemeinsamen Haushalt gelebt und dem sonst keine andere Wohnmöglichkeit zur Verfügung gestanden hatte, war in der Wohnung verblieben. Der Kläger kündigte das Mietverhältnis 18 Jahre später nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG (wegen unzulässiger Weitergabe) auf.

Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 MRG ist gegeben, wenn der Mieter den Mietgegenstand weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder eintrittsberechtigte Personen dringend benötigt. Beim fraglichen Kündigungsgrund geht es aber um die Weitergabe des Mietgegenstands an Dritte, also um den tatsächlichen Vorgang des Verlassens der Wohnung durch den Mieter und deren Übernahme durch einen Dritten; dies führt zu keiner Änderung der Parteien des bestehenden Mietvertrags, es kommt also zu keinem Mieterwechsel. Trotz Überlassung der Wohnung ist der in Rede stehende Kündigungsgrund nicht erfüllt, wenn der Mieter oder eintrittsberechtigte Personen im Sinn des § 14 Abs 3 MRG im Zeitpunkt der Weitergabe (oder offenbar in naher Zeit) am Mietgegenstand einen dringenden Bedarf (ein dringendes Wohnbedürfnis) haben. Die Überlassung des Mietgegenstands an eine eintrittsberechtigte Person verwirklicht den fraglichen Kündigungsgrund somit nicht (RIS-Justiz RS0069472; 3 Ob 129/13m). Auch bei der Geschäftsraummiete verwirklicht die Veräußerung des im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens und die damit verbundene Überlassung der Benützung der Räumlichkeiten den in Rede stehenden Kündigungsgrund (ebenfalls) nicht (1 Ob 116/12h). Im Vollanwendungsbereich des MRG führt die Veräußerung des Unternehmens an einen Dritten zu einem Mieterwechsel im Sinn des § 12a Abs 1 MRG. Der Grund für die Nichtverwirklichung des Kündigungsgrundes liegt in der Schutzwürdigkeit der Betriebserhaltung (RIS-Justiz RS0070576).

5 Ob 110/18i – Die Begründung von Wohnungseigentum als Sonderform der Realteilung

Der Realteilung kommt grundsätzlich der Vorrang vor der Zivilteilung zu (§ 843 ABGB; RIS-Justiz RS0013236). Im Mischhaus (teilweise im Wohnungseigentum und teilweise im schlichten Miteigentum stehend) erfolgt die Realteilung durch zusätzliche Begründung von Wohnungseigentum an den schlichten Miteigentumsanteilen. Dem steht § 35 Abs 2 WEG nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht entgegen, weil bei dieser speziellen Form der Realteilung die Miteigentumsgemeinschaft der Mit- und Wohnungseigentümer nicht beseitigt wird, sondern in anderer Form fortbesteht (5 Ob 68/07x; 5 Ob 12/09i; RIS-Justiz RS0101771 [T7]). Die Realteilung durch gerichtliche Wohnungseigentumsbegründung hat jedem Miteigentümer entsprechend seinem Anteil Wohnungseigentum einzuräumen. Es müssen daher wohnungseigentumsfähige Objekte in ausreichender Zahl vorhanden sein oder ohne unverhältnismäßigen Aufwand geschaffen werden können. Die Miteigentümer müssen auch über ausreichende Mindestanteile verfügen, welche die Zuweisung von Sondernutzungsrechten an konkreten Objekten erlauben (RIS-Justiz RS0101771 [T3]). Gibt es mehr Miteigentümer als (mögliche) Wohnungseigentumsobjekte, ist die Realteilung dennoch möglich, wenn ein Miteigentümer auf ein eigenes Wohnungseigentumsobjekt verzichtet (RIS-Justiz RS0101771 [T2]) oder zwei Miteigentümer eine Wohnungseigentumspartnerschaft gründen wollen (5 Ob 93/10b mwN).

Weder die Realteilungsklage noch die gerichtliche Entscheidung muss eine konkrete Wohnungseigentumsbegründung durch Festsetzung von Nutzwerten für die Wohnungseigentumsobjekte enthalten (RIS-Justiz RS0101774 [T5, T6]; RS0013835 [T3]). Mindestvoraussetzung ist nur, dass an der Liegenschaft Wohnungseigentum zu begründen ist (RIS-Justiz RS0101771 [T12]; RS0101774 [T4]). Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht, wenn ein konkreter Teilungsvorschlag durch Begründung von Wohnungseigentum an schlichten Miteigentumsanteilen mit Festsetzung eines Einzel- und Gesamtnutzwerts vorliegt. Über diesen muss das Gericht verhandeln, ist aber nicht daran gebunden. Folgt es diesem Teilungsvorschlag nicht, ist die Klage nicht abzuweisen, sondern die angemessene Realteilung zu verfügen (5 Ob 151/08d = RIS-Justiz RS0113832 [T8 bis T10]). Eine konkrete Teilung durch Zuordnung bestimmter Wohnungseigentumsobjekte mit entsprechenden Anteilen abweichend vom Teilungsvorschlag ist daher grundsätzlich zulässig. Unverhältnismäßig hohe Umbau- oder Teilungskosten sowie ein unverhältnismäßig hoher Wertausgleich können die Realteilung „untunlich“ machen (5 Ob 4/09p = RIS-Justiz RS0013865 [T9]). Ein unverhältnismäßig hoher Wertausgleich hindert die Realteilung jedoch nicht, wenn die von einer Anteilsverminderung betroffenen Miteigentümer auf eine Ausgleichszahlung verzichten und mit der Verminderung ihrer Anteile einverstanden sind (5 Ob 93/10b = RIS-Justiz RS0013856 [T12] = RS0013854 [T10]).

Die bisherigen Wohnungseigentümer dürfen ihr Miteigentumsrecht verbunden mit Wohnungseigentum als dem ausschließlichen Nutzungsrecht an einem bestimmten Objekt nicht verlieren. Der Mindestanteil ist der Miteigentumsanteil, der zum Erwerb von Wohnungseigentum an einem Wohnungseigentumsobjekt erforderlich ist. Er entspricht dem Verhältnis des Nutzwerts des Objekts zur Summe der Nutzwerte aller Wohnungseigentumsobjekte der Liegenschaft (§ 2 Abs 9 WEG). Er ist nur eine Zahl, die das Verhältnis sämtlicher Objekte auf der Liegenschaft zueinander ausdrückt. Eine Änderung dieser Zahl, die Nutzwertneufestsetzung, greift nicht in das einem Miteigentümer einer Liegenschaft oder einer Eigentümerpartnerschaft eingeräumte dingliche Recht, ein Wohnungseigentumsobjekt ausschließlich zu nutzen und darüber zu verfügen (§ 2 Abs 1 WEG) ein. Sie bedeutet keine unmittelbare Eigentumsveränderung, insbesondere auch keine Änderung der Anteilsverhältnisse (RIS-Justiz RS0106054), sondern bildet nur die Grundlage für eine nachfolgende Änderung des Mindestanteils und muss allenfalls im Rechtsweg durchgesetzt und verbüchert werden (RIS-Justiz RS0106055).

In den Fällen der erstmaligen Begründung von Wohnungseigentum durch ein Teilungsurteil, das sich bei Vorliegen eines konkreten Teilungsvorschlags nicht nur auf den Ausspruch der grundsätzlichen Begründung von Wohnungseigentum zu beschränken hat, ist es zulässig, die Nutzwerte im Urteil festzusetzen (Würth/Zingher/Kovanyi Miet- und Wohnrecht II23 § 3 WEG Rz 13 f), basierend auf einem Nutzwertgutachten eines Sachverständigen (T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4, § 3 WEG Rz 24). Hinsichtlich der „neuen“ Wohnungseigentumsobjekte findet eine erstmalige Nutzwertfestsetzung statt und keine Änderung der Nutzwerte.

 

5 Ob 123/18a – Die fehlende Zustimmung eines Teilhabers im Fall von Veränderungen tatsächlicher oder rechtlicher Natur, die § 828 ABGB zu unterstellen sind, kann nicht durch einen Beschluss des Außerstreitrichters ersetzt werden

Die Klägerin und die Beklagten sind (bzw waren bei Streitanhängigkeit) jeweils Miteigentümer einer Liegenschaft in Tirol. Mit sämtlichen Miteigentumsanteilen ist Wohnungseigentum verbunden, der Klägerin ist die Wohnung W17 zugeordnet. Weder im Wohnungseigentumsvertrag noch im Parifizierungsbeschluss oder im Baubewilligungsbescheid finden sich Bestimmungen, wonach einzelne Wohnungen als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürfen. Tatsächlich waren aber acht der 17 Wohnungen als Freizeitwohnsitze nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz (TROG) anzusehen. Die Klägerin begehrte die Zustimmung der nunmehrigen Beklagten zur Weiterverwendung ihrer Wohnung W17 als Freizeitwohnsitz durch einen Beschluss des Außerstreitrichters zu ersetzen.

Im Verlauf änderte das Land Tirol die Raumordnung. Das TROG 2011 verlangt für die Anmeldung des Zweitwohnsitzes beim Bürgermeister bei Gebäuden mit mehr als drei im Wohnungseigentum stehenden Wohnungen, für die die Baubewilligung nach dem 21. 9. 1973 erteilt worden ist, einen einstimmigen Beschluss aller Wohnungseigentümer oder an dessen Stelle eine gerichtliche Entscheidung vorzulegen, wonach der Verwendung der betreffenden Wohnung als Freizeitwohnsitz zugestimmt wird. Von dieser Zustimmung kann nur für Gebäude auf Grundstücken, die am 31. 12. 1993 als Sonderflächen für Appartementhäuser gewidmet waren, abgesehen werden. Der Bürgermeister hat aufgrund der Anmeldung mit schriftlichem Bescheid festzustellen, ob der betreffende Wohnsitz als Freizeitwohnsitz verwendet werden darf. Die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz ist festzustellen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen, bei Wohnungseigentumsanlagen mit mehr als drei Wohnungen insbesondere die wohnungseigentumsrechtliche Zustimmung zur Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz, vorliegen. Andernfalls ist die Unzulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz festzustellen. Das Gebäude ist nicht auf einem am 31. 12. 1993 als Sonderfläche für Appartementhäuser gewidmeten Grundstück errichtet.

Verwaltungsrechtlich können mangels Widmung als Appartementanlage in dem verfahrensgegenständlichen Haus nach dem TROG nicht mehr als drei Wohnungen als Freizeitwohnsitze verwendet werden. Mit der Zustimmung zur Verwendung der W17 der Klägerin als Freizeitwohnung würde die Zahl der für die übrigen Eigentümer zur Verfügung stehenden Wohnungen zur Freizeitnutzung verringert. Weitere Wohnungseigentümer haben dann bei Stattgeben des Klagebegehrens keine rechtliche Möglichkeit mehr, selbst einen entsprechenden Feststellungsbescheid zu erlangen. Damit ist die gewünschte Zustimmung im Sinn der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0013205) jedenfalls als Veränderung im Sinn des § 828 ABGB zu werten, wodurch (auch) über den Anteil der Anderen verfügt wird.

Die fehlende Zustimmung eines Teilhabers im Fall von Veränderungen tatsächlicher oder rechtlicher Natur, die § 828 ABGB zu unterstellen sind, kann jedoch nicht durch einen Beschluss des Außerstreitrichters ersetzt werden (RIS-Justiz RS0117159). Auch die von einem Minderheitseigentümer verweigerte Zustimmung durch das Gericht unter sinngemäßer Anwendung der Kriterien der §§ 834 ff ABGB ersetzen zu lassen, scheitert daran, dass dafür ein Mehrheitswillen Voraussetzung ist. Dass die Mehrheit der Wohnungseigentümer hier bereits eine Entscheidung getroffen hätte, welche drei Wohnungen zukünftig zu Freizeitzwecken verwendet werden dürften und demgemäß die in § 17 TROG 2011, wörtlich übernommen in § 17 TROG 2016 vorgesehene wohnungseigentumsrechtliche Zustimmung zu erteilen sei, hatte die Klägerin nicht behauptet. Nach ihrem eigenen Vorbringen bezogen sich die im Zuge des Verfahrens von einigen Beklagten abgegebenen Zustimmungserklärungen nur auf die Wohnung W17 der Klägerin und waren im Übrigen damit begründet, dass diese Beklagten kein rechtliches Interesse am Obsiegen oder Unterliegen der klagenden Partei hätten. Von einer Mehrheitsentscheidung oder auch nur einem Mehrheitswillen, welche drei der insgesamt noch acht in Betracht kommenden Wohnungen zu Freizeitwohnzwecken verwendet werden dürften, konnte somit keine Rede sein. Schon aus diesem Grund schied eine analoge Anwendung der Kriterien der §§ 834 ff ABGB auf die hier zu fällende Entscheidung, die die Klägerin als Minderheitseigentümerin verlangt, aus.   Nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0120725) ist für die Frage der Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts ausschließlich auf die privatrechtliche Einigung der Wohnungseigentümer (in der Regel im Wohnungseigentumsvertrag) abzustellen, während baurechtliche oder raumordnungsrechtliche „Widmungen“ die privatrechtlichen Rechtsverhältnisse der Wohnungseigentümer untereinander nicht definieren. Eine privatrechtliche Einigung der Wohnungseigentümer im Vertrag – oder allenfalls auch später konkludent (RIS-Justiz RS0120725 [T9]) – welche drei Wohnungen im Haus nun für Freizeitzwecke genutzt werden dürfen, liegt hier nach den Feststellungen nicht vor. Hinweise darauf ergaben sich weder aus dem Wohnungseigentumsvertrag noch aus dem Nutzwertfestsetzungsverfahren oder der langjährigen Praxis danach, die dadurch gekennzeichnet war, dass jeweils mehr als drei Wohnungen faktisch – wenn auch allenfalls mit Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer – zu Freizeitzwecken genutzt wurden. Da auf baurechtliche oder raumordnungsrechtliche Kriterien nicht abzustellen ist, kommt es auch nicht darauf an, ob die ihre Zustimmung verweigernden Beklagten ihrerseits ihre Wohnungen nach § 17 Abs 1 TROG 2011 bzw 2016 als Freizeitwohnsitze verwenden dürfen.

Außerstreitiges Recht

5 Ob 133/18x – Ist die Abrechnungsperiode – mangels einer diesbezüglich abweichenden Vereinbarung oder Festsetzung durch das Gericht – nach § 34 Abs 2 WEG das Kalenderjahr, wird die Verjährungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach Ende des Kalenderjahrs in Gang gesetzt

Die Antragsgegnerin war Verwalter der Liegenschaft. Das Verwalterverhältnis war zwischenzeitlich beendet. Die Antragsteller begehrten die Antragsgegnerin unter Androhung einer Geldstrafe zur Legung einer Abrechnung für den Zeitraum 1. 1. bis 3. 10. 2011 zu verpflichten. Die Antragsgegnerin wendete Verjährung des Anspruchs ein.

Aus dem Recht der Geschäftsbesorgung (Bevollmächtigungsvertrag gemäß §§ 1002 ff ABGB) folgt, dass durch die Auflösung des Verwaltervertrags nicht alle Rechtsbeziehungen zwischen Verwalter und Wohnungseigentümern beendet sind, sondern nach dem Wesen des Verwaltungsvertrags als Dauerschuldverhältnis gegenseitige Rechte und Pflichten weiter bestehen (vgl 5 Ob 149/10p mwN). Verpflichtungen iSd § 20 Abs 2 bis 7 WEG, die schon im Zeitpunkt der Beendigung der Verwaltung bestanden haben, aber nicht erfüllt wurden, können von den Wohnungseigentümern auch nach Auflösung des Verwaltervertrags noch eingefordert werden (5 Ob 32/14p). Die Rechnungslegungspflicht gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer bei Beendigung des Verwaltervertrags besteht unabhängig davon, ob die Abrechnungsperiode verstrichen ist; ist dies nicht der Fall, hat der Verwalter Rechnung über den Zeitraum zu legen, in dem die Stellung als Verwalter aufrecht war (RIS-Justiz RS0083562 [T7] = 5 Ob 212/07y; E. MHausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 34 WEG Rz 34 mwN). Die Antragstellerin bestritt nicht, dass sie in diesem Sinn grundsätzlich eine Pflicht zur Rechnungslegung für den Zeitraum 1. 1. bis 3. 10. 2011 trifft, meinte aber, dass die Abrechnungsfrist am 3. 4. 2012 geendet habe, und knüpft den Beginn der Verjährung an diesen Zeitpunkt, sodass die Verjährungsfrist des § 34 Abs 1 letzter Satz WEG mit 3. 4. 2015 abgelaufen und der Anspruch auf Rechnungslegung verjährt sei. Nach § 34 Abs 1 letzter Satz WEG 2002 verjährt der Abrechnungsanspruch der Wohnungseigentümer in drei Jahren ab dem Ende der Abrechnungsfrist. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt mit der Fälligkeit der Abrechnung, also sechs Monate nach Ablauf der Abrechnungsperiode (5 Ob 30/15w; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht²³ § 34 WEG Rz 3). Ist die Abrechnungsperiode – mangels einer diesbezüglich abweichenden Vereinbarung oder Festsetzung durch das Gericht – nach § 34 Abs 2 WEG das Kalenderjahr, folgt schon aus dem klaren Gesetzeswortlaut, dass die Verjährungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach Ende des Kalenderjahrs in Gang gesetzt wird. Die von der Antragstellerin erkennbar vertretene Ansicht, dass die Beschränkung ihrer Abrechnungspflicht mit 3. 10. 2011 auch die Abrechnungsfrist des § 34 Abs 1 WEG in Gang setzte, findet im Wortlaut des Gesetzes keine Deckung.

5 Ob 146/18h – Mietzinsanhebung im Fall eines ex lege Eintritts

Die Antrag stellenden Mieter begehrten festzustellen, dass „die Anhebung des Hauptmietzinses […] gemäß § 46a Abs 2 bzw in eventu gemäß § 12a Abs 4 MRG nach dem Tod ihrer Mutter dem Grunde nach unstatthaft sei“. In dem Mietobjekt betrieb bereits die Mutter der Antragsteller Mutter einen Beherbergungsbetrieb. Sie verfügte letztwillig, dass diesen dieser Betrieb samt allen Rechten und Pflichten je zur Hälfte zukommen soll. Nach deren Tod schlossen die Antragsteller (der Zweitantragsteller als Legatar) und ein weiterer Erbe ein Erbteilungs- und Legatsübereinkommen, nachdem sie den Beherbergungsbetrieb samt allen Aktiven und Passiven sowie allen Mietrechten je zur Hälfte in ihr Eigentum übernehmen. Ein (hinsichtlich einzelner Bestandobjekte) vertraglich eingeräumtes Weitergaberecht wurde nicht ausgeübt.

Das Weitergaberecht berechtigt den Mieter, seine Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis durch bloße Erklärung an den Vermieter auf einen Dritten zu übertragen (RIS-Justiz RS0032747; RS0032700; Lovrek in Rummel/Lukas4 § 1098 Rz 58 mwN). Nach der Rechtsprechung schließt die Ausübung eines vertraglich vereinbarten Weitergaberechts das Recht des Vermieters zur Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 1 oder Abs 3 MRG aus (RIS-Justiz RS0104322, RS0070331). Maßgeblich ist danach, dass der Eintritt des neuen Mieters nicht ex lege, sondern auf vertraglicher Basis erfolgt (ausführlich zur Problematik eines bestehenden, tatsächlich aber nicht ausgeübten Weitergaberechts: 5 Ob 188/04i). Der Mietzinsanhebungstatbestand des § 46a Abs 2 MRG knüpft an den Tod des bisherigen Hauptmieters an, ihm liegt damit ein ex lege-Übergang des Mietverhältnisses auf dessen Rechtsnachfolger zugrunde (vgl Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 46a MRG Rz 13a mwN). Nach herrschender Meinung kann die Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 2 MRG nur gegenüber dem Universalsukzessor des verstorbenen Mieters begehrt werden (RIS-Justiz RS0105708 [T3]; Hausmann aaO § 46a Rz 13 mwN). Gegenüber dem Einzelrechtsnachfolger (Legatar) kommt § 12a Abs 1 iVm Abs 2 und § 12 Abs 4 MRG zur Anwendung, wenn er im Zeitpunkt des Todes des bisherigen Hauptmieters – wie der Zweitantragsteller – gesetzlicher Erbe gewesen wäre (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht²³ § 46a MRG Rz 8). Die Anhebung des Mietzinses erfolgt in beiden Fällen nach den Regeln des § 46a Abs 2 MRG. Gegenstand des Erbteilungs- und Legatsübereinkommens ist das in den Bestandsräumlichkeiten geführte Unternehmen insgesamt. In dem vorliegenden Fall ist für den Eintritt in die Mietrechte und damit das Anhebungsrecht der Vermieterin im Ergebnis ohne Bedeutung, ob dieser im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge erfolgte. Das Feststellungsbegehren war daher abzuweisen.

5 Ob 164/18f – Das Anhebungsrecht nach § 12a Abs 3 MRG besteht nur bei tatsächlicher Änderung der Machtverhältnisse

Die Vermieterin stützte ihr (neuerliches) Begehren auf Anhebung des Hauptmietzinses auf die Übertragung der Unternehmensanteile in den Jahren 2003 und 2005. Die Mehrheitsaktionärin hatte bereits im Jahr 2000 einer österreichischen Privatstiftung das Fruchtgenussrecht an ihren Aktien und die Berechtigung zur Verfügung über den Bilanzgewinn und die Stimmrechtsausübung eingeräumt. Dieser erst ab 20. 12. 2010 kündbare Fruchtgenussbestellungsvertrag war unverändert aufrecht. Den Fruchtgenussberechtigten kam daher nach wie vor der entscheidende Einfluss auf die Gesellschaft zu.

Ein Kippen der Mehrheitsverhältnisse indiziert den Machtwechsel zwar, dennoch sind die konkreten Auswirkungen aber jeweils im Einzelfall zu prüfen. Ergibt eine solche Prüfung, dass trotz Änderung der rechtlichen Verhältnisse keine wirtschaftliche Änderung eintritt, weil am Ende eines Vorgangs unveränderte Machtverhältnisse bestehen, ist kein Anhebungsrecht nach dem § 12a Abs 3 MRG bewirkt (RIS-Justiz RS0125715). Mit der Einräumung eines (unwiderruflichen) Fruchtgenusses samt Stimmrechtsübertragung kommen dem Fruchtnießer die gesamten wesentlichen gesellschaftsrechtlichen Herrschafts- und Vermögensrechte eines Aktionärs zu (5 Ob 262/02v). Das Stimmrecht hat entscheidende Bedeutung für den Machtwechsel, weil dieses die Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft vermittelt (Auer/Böhm in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht [2018], § 12a MRG Rz 110). Die hypothetische Möglichkeit, den Fruchtgenussvertrag zu kündigen und damit die Einflussmöglichkeit der Fruchtgenussberechtigten zu beenden, bewirkt aber keine Änderung der Machtverhältnisse. Maßgeblich ist eine tatsächliche Änderung der Machtverhältnisse. Dafür, dass der Fruchtgenussbestellungsvertrag mit dem Ziel abgeschlossen worden war, dass Anhebungsrecht der Vermieterin zu verhindern, gab es in diesem Fall keine Anhaltspunkte. Auch ein rechtsmissbräuchliches Unterlassen der Auflösung dieses Vertrags zum Nachteil der Vermieterin konnte nicht erblickt werden.

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, Dezember 2018

WMWP Rechtsanwälte GmbH