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Wohnrechtliche Judikatur des OGH Newsletter August 2018

Ihre Experten für Miet- und Wohnrecht


Dr. Iris Mutz

Mag. Michael Achleitner LL.M.

Mag. Martin Mutz LL.M.

Streitiges Recht

5 Ob 236/17t – Kein Miteigentümer darf gemäß § 828 ABGB gegen den Willen der übrigen Miteigentümer oder ohne Zustimmung des Außerstreitrichters an der gemeinschaftlichen Sache Veränderungen vornehmen

Der beklagte Wohnungseigentümer hatte auf der Terrasse der seinen Miteigentumsanteilen zugeordneten Wohnung ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer – aber mit baurechtlicher Bewilligung – einen Wintergarten errichtet. Der klagende Wohnungseigentumsorganisator, welchem nach der Begründung von Wohnungseigentum nur mehr mit seinen Miteigentumsanteilen Wohnungseigentum an einem KFZ-Abstellplatz verblieben war, begehrte die Entfernung des Wintergartens aufgrund der fehlenden Zustimmung der anderen Miteigentümer der Liegenschaft.

Die fehlende Zustimmung der Miteigentümer wird nicht durch die baurechtliche Bewilligung ersetzt. Kein Miteigentümer darf gemäß § 828 ABGB gegen den Willen der übrigen Miteigentümer an der gemeinschaftlichen Sache Veränderungen vornehmen, wodurch über den Anteil der anderen verfügt werden würde (RIS-Justiz RS0013205 [T10]). Substanzveränderungen sind auch dann unzulässig, wenn sie einen zur ausschließlichen Benutzung durch einen Teilhaber zugewiesenen Teil des Gemeinschaftsgutes betreffen, sofern dadurch in die Rechtssphäre der übrigen Miteigentümer eingegriffen wird und wichtige Interessen berührt werden (RIS-Justiz RS0013205 [T3]). Dabei ist schon die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen ausreichend, die Pflicht des änderungswilligen Wohnungseigentümers zu begründen, die Zustimmung aller anderen Mit- und Wohnungseigentümer oder die Genehmigung des Außerstreitrichters einzuholen. Tut er dies nicht, handelt er in unerlaubter Eigenmacht und kann im streitigen Rechtsweg petitorisch mit Klage nach § 523 ABGB zur Beseitigung der Änderung und Wiederherstellung des früheren Zustandes sowie gegebenenfalls auf Unterlassung künftiger Änderungen verhalten werden (RIS-Justiz RS0083156; RS0005944; RS0012137). Da die Genehmigungsfähigkeit einer eigenmächtigen Änderung nicht als Vorfrage für die Berechtigung des Unterlassungs- und Beseitigungsbegehrens in einem streitigen Verfahren zu prüfen ist, bleibt für den Einwand der Schikane und der damit verbundenen Interessenabwägung, kein Raum (5 Ob 5/15v; 5 Ob 40/12m).

1 Ob 42/18k – Der Masseverwalter hat bei zweiseitigen Verträgen dann ein Rücktrittsrecht, wenn der Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von beiden Seiten noch nicht (vollständig) erfüllt worden ist

Über das Vermögen der Gattin der beklagten Partei war das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Schuldnerin war grundbücherliche Eigentümerin von Liegenschaftsanteilen, mit denen Wohnungseigentum an einer Wohnung verbunden war. Der klagende Masseverwalter begehrte von dem beklagten Gatten die Räumung der Wohnung und Nutzungsentgelt, da er nicht Eigentümer sei und keinen Anspruch auf die Einverleibung seines Eigentums ob dieser Anteile habe. Ein Kaufvertrag sei nicht gültig zustande gekommen. Im Übrigen sei er als Masseverwalter davon zurückgetreten. Der Gatte behauptete auf Grund des mit seiner Frau abgeschlossenen Kaufvertrags „außerbücherlicher Eigentümer“ der Miteigentumsanteile geworden zu sein. Der Rücktritt des Masseverwalters von dem Kaufvertrag sei „nicht rechtsgültig“.

Gemäß § 21 IO Abs 1 hat der Masseverwalter bei zweiseitigen Verträgen dann ein Rücktrittsrecht, wenn der Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von beiden Seiten noch nicht (vollständig) erfüllt worden ist. Ein Kaufvertrag ist vor der Verschaffung des Eigentums an dem Kaufgegenstand noch nicht von dem Verkäufer (vollständig) erfüllt worden (§§ 1061, 1047 ABGB; 5 Ob 200/77 = RIS-Justiz RS0011232, 1 Ob 140/97p). Für die Eigentumsübertragung bei einer Liegenschaft ist außer einem Erwerbstitel (idF Kaufvertrag) auch die Eintragung ins Grundbuch erforderlich (§ 431 ABGB). Die Aushändigung einer einverleibungsfähigen Urkunde und die Übergabe bzw. Übernahme der Liegenschaft für sich bewirken noch nicht den Übergang des Eigentums. Der Vertrag alleine verschafft für den Fall der Übertragung des Besitzes, solange das Erwerbsgeschäft noch nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist, nicht das dingliche Recht selbst. Bis zur Eintragung des Erwerbers verbleibt das Eigentum beim bisherigen Eigentümer (8 Ob 109/03t = SZ 2003/141 = ecolex 2004, 258 [Bollenberger]; 10 Ob 14/07t je mwN; Rassi in Konecny, Insolvenzgesetze § 13 IO Rz 32 mwN; Wildhalm-Budak in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze §§ 21, 22 KO Rz 126). Ein Rücktrittsrecht des Masseverwalters gemäß § 21 IO im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Verkäuferin wäre nur dann nicht gegeben gewesen, wenn der Gatte außer den einverleibungsfähigen Urkunden über einen gültigen Rangordnungsbeschluss verfügt hätte und in der Folge auch im Grundbuch als Eigentümer eingetragen worden wäre (8 Ob 109/03t = RIS-Justiz RS0118210).

3 Ob 93/18z – Aus der Gestattung der Untervermietung für sich alleine ergibt sich noch nicht das Recht des Mieters aus der Untervermietung einen unverhältnismäßig hohen Vorteil ziehen zu dürfen

Aus der Gestattung der Untervermietung durch den Vermieter für sich alleine, ohne weitergehende Abmachung (welche aber auch schlüssig erfolgen kann), ergibt sich noch nicht, das Recht des Mieters aus der Untervermietung einen unverhältnismäßig hohen Vorteil zu ziehen (RIS-Justiz RS0070583 [T1]). Auch aus der ausdrücklichen Gestattung der Untervermietung an bestimmte näher bezeichnete Unternehmen durch den Vermieter, kann nicht der stillschweigende Verzicht auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG geschlossen werden.

5 Ob 64/18z – Bindungswirkung von Vorentscheidungen

Bindungswirkung im Sinne der Präjudizialität der rechtskräftigen Entscheidung im Vorprozess liegt dann vor, wenn der als Hauptfrage rechtskräftig entschieden Anspruch eine Vorfrage für den Anspruch im zweiten Prozess bildet. Die bloße Lösung als Vorfrage in den Entscheidungsgründen des Vorprozesses löst aber keine Bindungswirkung aus und erwächst ebenso wenig in Rechtskraft wie die Tatsachenfeststellungen des Gerichts (RIS-Justiz RS0042554; RS0041180; RS0041342). Die Entscheidungsgründe sind nur zur Auslegung und Individualisierung des rechtskräftigen Anspruches heranzuziehen (RIS-Justiz RS0043259; RS0041357).

1 Ob 55/18x – Zur Verlängerung von befristet abgeschlossenen Mietverträgen

Die Parteien hatten zunächst am 10.10.2008 auf die Dauer von fünf Jahren einen schriftlichen Mietvertrag abgeschlossen. Nachfolgend wurde ab dem 15.9.2012 eine vierjährige Befristungsvereinbarung abgeschlossen. Der beklagte Mieter argumentierte, dass dadurch, dass die Verlängerung des Bestandvertrages ca. ein Jahr und drei Monate vor Ablauf der fünfjährigen Befristung erfolgte, diese offene Bestandzeit vom Ausmaß der Befristung von vier Jahren abzuziehen ist, so dass die Dauer der Verlängerung das in § 29 MRG vorgesehene Mindestausmaß von drei Jahren unterschreite und nur eine Verlängerung von zwei Jahren und neun Monaten vorliegt.

Diese Rechtsansicht teilte der Oberste Gerichtshof nicht. Gemäß § 29 Abs 1 Z 3 lit a und b MRG kann der Mietvertrag durch Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer aufgelöst werden. Dies gilt allerdings nur dann, wenn bei Wohnungen die ursprünglich (schriftlich) vereinbarte Vertragsdauer oder die Verlängerung der Vertragsdauer (§ 29 Abs 4 MRG) jeweils mindestens drei Jahre beträgt. Nach § 29 Abs 4 MRG können Mietverträge, die nach § 29 Abs 1 Z 3 MRG befristet sind, schriftlich beliebig oft um jede – bei Wohnungen jedoch drei Jahre jeweils nicht unterschreitende – Vertragsdauer erneuert werden. Wenn die Mindestdauer im ersten Vertrag oder in der Verlängerung unterschritten wird, ist die Befristung nicht durchsetzbar und liegt ein unbefristeter Mietvertrag vor (§ 29 Abs 3 lit a MRG).

Nach der Rechtsprechung ist die Befristung durchsetzbar, wenn im (schriftlichen) Vertrag von vornherein durch Datum oder Fristablauf ein Endtermin bestimmt ist (RIS-Justiz RS0090569 [T1]). Dabei genügt es, wenn sich der Mieter von vornherein auf eine bestimmte Mietdauer einstellen kann. Dies ist dann der Fall, wenn entweder der Endtermin datumsmäßig angegeben oder durch Angabe des Anfangszeitpunkts und der Mietdauer eindeutig festgelegt ist (RIS-Justiz RS0070201). Der unbedingte Endtermin muss aus dem Vertrag selbst hervorgehen (RIS-Justiz RS0070201 [T3]; 2 Ob 196/11d = RS0112243 [T3]). Selbst eine Falschbezeichnung in der Urkunde schadet nicht, wenn die Parteien ein übereinstimmendes Verständnis vom Ende der Frist hatten (10 Ob 43/17x mwN = immolex 2018/4, 19 [Gottardis], dazu Kothbauer, Zur Mindestdauer für befristete Wohnungsmietverträge, immolex 2018, 32). Die geschlossene Vereinbarung stellt daher eine wirksame Verlängerung des befristeten Mietvertrages im Sinne des § 29 Abs 4 MRG dar.

1 Ob 53/18b – Ein bloß obligatorisches Gebrauchsrecht kann gegenüber dem Einzelrechtsnachfolger nur im Wege der Vertragsübernahme wirksam werden

Die Klägerin und ihre Eltern waren bei Abschluss eines Übergabsvertrags mit ihren Eltern der Überzeugung, dass der beklagte Bruder der Klägerin keine Rechte an der Wohnung hatte und sie ein allenfalls bestehendes obligatorisches Wohnungsrecht nicht übernommen hätte. Bloß obligatorische Gebrauchsrechte können gegenüber dem Einzelrechtsnachfolger nur dann bindend werden, wenn es zu einer Vertragsübernahme gekommen ist. Eine solche ist in diesem Fall aber nicht erfolgt.

6 Ob 59/18x – Bei einer Eigenbedarfskündigung durch Bund, Bundesland oder Gemeinde muss ein Ersatzobjekt, welches nach Lage und Beschaffenheit (und Höhe des Mietzinses) einen angemessenen Ersatz bietet, beschafft werden

Die vermietende Stadtgemeinde hatte an die Mieterin mit Mietverträgen vom 1.2.1928, 16.10.1933 und Vereinbarung vom 1. Jänner 2001 ein Geschäftslokal, dass sich rechts vom Haupteingang des Rathauses, befindet, um einen nach dem Verbraucherpreisindex wertgesicherten Hauptmietzins in der Höhe von EUR 691,34 zuzüglich Mehrwertsteuer und Betriebskosten mit einer Nutzfläche von 72,5 m² vermietet (dies sind EUR 9,53/ m²). Der Mieterin war das uneingeschränkte branchenfreie Untermiet- und Weitergaberecht eingeräumt worden. Die Mieterin hatte das Geschäftslokal um EUR 1.450,– zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten untervermietet. Die Stadtgemeinde beabsichtigte nunmehr das ca. 200 m vom Rathaus entfernte Bürgerservicecenter in diesen Räumlichkeiten unterzubringen. Das Bürgerservicecenter und die Einlaufstelle des Rathauses sollten dadurch eine räumliche Einheit bilden. Zu diesem Zweck wurde der Mietvertrag gemäß § 30 Abs 2 Z 11 MRG aufgekündigt und die Räumung des Geschäftslokals begehrt. Als Ersatzlokal wurde ein Geschäftslokal mit einer Nutzfläche von 62,33 m² um einen Mietzins von EUR 15,–/m², somit EUR 935,– zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten angeboten. Ein Vergleich des Mietzinses für das vermietete Objekt mit dem Ersatzobjekt ergab eine Mietzinssteigerung von 57,4%.

Die Aufkündigung des Mietvertrages ist dann gemäß § 30 Abs 2 Z 11 MRG (Eigenbedarfskündigung durch Bund, Bundesland oder Gemeinde wegen zukünftiger Verwendung, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Nutzung) zulässig, wenn gemäß § 32 Abs 1 MRG ein Ersatzobjekt beschafft wird, welches „nach Lage und Beschaffenheit einen angemessenen Ersatz“ bietet. Darunter ist im Wesentlichen ein gleichwertiges Objekt zu verstehen, dass dem Mieter eine Fortsetzung der Betriebstätigkeit unter etwa den gleichen Bedingungen ermöglicht und für das kein wesentlich höherer Mietzins zu entrichten ist (MietSl 7373; 23.371; 6 Ob 556/87; zuletzt 6 Ob 188/13 k; vgl auch MietSlg 1912; 4012; 5867; 8182; 8941). Da in dem vorliegenden Fall der Mietzins für das Ersatzlokal wesentlich höher war, und zwar unabhängig von der Größe des aufgekündigten Objekts und den absoluten Nettomietzins-Beträgen, liege diese Angemessenheit angesichts des deutlich höheren Mietzinses für das Ersatzlokal nicht vor. Eine Eigenbedarfskündigung bei unverhältnismäßig niedrigem Mietzins ist aber keineswegs ausgeschlossen. Der Vermieter muss dem Mieter ein Ersatzobjekt für einen ähnlich günstigen Mietzins anbieten.

5 Ob 52/18k – Eine Feststellungsklage ist dann unzulässig, wenn der Kläger seinen Anspruch bereits zur Gänze mit Leistungsklage geltend machen kann

Die Klägerin hatte Wohnungseigentum an einer Wohnung samt Kfz-Abstellplatz von der beklagten Bauträgerin erworben. Sie begehrte nunmehr gegenüber der beklagten Partei die Feststellung von Mängeln am Parkettboden und einem Türschloss.

Voraussetzung für das Bestehen eines Feststellungsanspruchs ist das Bestehen eines rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung im Sinne des § 228 ZPO. Eine Feststellungsklage ist dann unzulässig, wenn der Kläger seinen Anspruch bereits zur Gänze mit Leistungsklage geltend machen kann, was insbesondere dann der Fall ist, wenn durch den Leistungsanspruch auch der Feststellungsanspruch ausgeschöpft wird, somit weitere als die durch das Leistungsbegehren gezogenen Rechtsfolgen aus der Feststellung des fraglichen Rechtsverhältnisses oder -anspruchs nicht in Betracht kommen (RIS-Justiz RS0038817, RS0039021). In Fällen, in denen noch nicht feststeht, welche einklagbare Rechtswirkung (Wandlung, Preisminderung oder Verbesserung bzw. Schadenersatz in Folge Verzugs des Gewährleistungspflichtigen mit der Verbesserung) der Leistungsstörung entspringt, ist dem Gewährleistungsberechtigten das Feststellungsinteresse zuzuerkennen. Voraussetzung dafür aber ist, dass die klagende Partei mangels Kenntnis der Ursachen des Mangels bzw. der Möglichkeit der Mängelbehebung noch nicht in der Lage ist, ihre daraus abzuleitenden Ansprüche mit Leistungsklage geltend zu machen (8 Ob 66/13h mwN; 6 Ob 81/15b). Sind Art und Umfang der Mängel bekannt und fehlen nur Angaben über die Höhe von Verbesserungskosten, besteht kein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines konkreten Gewährleistungsanspruchs (7 Ob 211/97y) [Ausnahme: wenn ein ganz konkretes Verbesserungsbegehren erhoben wird und die durchzuführenden Arbeiten zur Behebung des Mangels im Einzelnen bis ins Detail aufgelistet werden, um bei Misslingen der konkret begehrten Verbesserung einen anderen Gewährleistungsanspruch zu wahren (6 OB 28/02i, 3 Ob 227/05m) oder wenn die Durchführbarkeit einer den vertragsgemäßen Zustand des Kaufobjekts herstellende Verbesserung ungewiss ist oder der Kläger nach erfolglosen Verbesserungsversuchen allenfalls noch andere Gewährleistungsansprüche geltend machen kann (1 Ob 166/98b)]. Da in diesem Fall Schadensursache, dessen Umfang und Behebungsmöglichkeit bekannt war, war das Feststellungsinteresse nicht gegeben. Die Höhe der Verbesserungskosten oder einer allfälligen Preisminderung kann durch zweckmäßige Maßnahmen wie zum Beispiel ein Sachverständigengutachten ermittelt werden (RIS-Justiz RS0118968).

Außerstreitiges Recht

5 Ob 42/18i – Die Abänderung des Aufteilungsschlüssels für die Kosten eines Aufzuges setzt voraus, dass die objektiver Nutzungsmöglichkeit für einen Wohnungseigentümer erheblich hinter der Nutzungsmöglichkeit anderer Miteigentümer zurückbleibt

Die antragstellende Partei ist Wohnungseigentümer einer im Erdgeschoss gelegenen Wohnung, welche über das Treppenhaus mit fünf Stufen zu erreichen ist. Weiters ist sie Wohnungseigentümer eines Tiefgaragen-Abstellplatzes. Die Tiefgarage ist auch durch einen separaten Eingang zugänglich. Im Keller des Hauses befindet sich ein Technikraum, eine Waschküche mit Vorrichtungen zum Abstellen von Schiern sowie ein Kinderwagenraum, welcher auch zum Abstellen von Fahrrädern genutzt wird. Sowohl die Wohnung als auch die Tiefgarage und die Kellerräumlichkeiten waren über den Liftzugang erschlossen. Der Wohnungseigentümer beantragte die Neufestsetzung des Verteilungsschlüssels, wonach er zu 4/5 von der Tragung der mit der Liftanlage der Wohnungseigentumsanlage zusammenhängenden Gesamtkosten ab der Abrechnungsperiode 2017 zu befreien sei.

Gemäß § 32 Abs 5 WEG 2002 kann ein Wohnungseigentümer, bei erheblich unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten eine rechtsgestaltende Neufestsetzung des Aufteilungsschlüssels durch gerichtliche Entscheidung erlangen. Die Abänderung des Aufteilungsschlüssels für die Kosten eines Aufzuges setzt voraus, dass die objektive Nutzungsmöglichkeit für einen Wohnungseigentümer erheblich hinter der Nutzungsmöglichkeit anderer Miteigentümer zurückbleibt (RIS-Justiz RS0083087). Ob eine Befreiung von Liftkosten gerechtfertigt ist, ist eine Ermessensentscheidung im Einzelfall (RIS-Justiz RS0107157 [T3]). Wohnungseigentümer von im Erdgeschoss liegenden Objekten werden in der Regel um 4/5 von der Tragung der Liftkosten befreit, wenn sie den Aufzug im Wesentlichen nur zum Erreichen von Gemeinschaftsräumlichkeiten im Keller nutzen können (5 Ob 129/14b = wobl 2015/74 mwN). In diesem Fall ist die objektive Nutzungsmöglichkeit des Aufzugs für die Antragsteller nicht erheblich hinter der der übrigen Miteigentümer zurückgeblieben. Ein Tiefgaragen-Abstellplatz stellt keine nach objektiven Kriterien selten aufgesuchte Gemeinschaftsräumlichkeit dar. Überdies hätten die Antragsteller über den Zugang zum Tiefgaragenabstellplatz die Möglichkeit, den Lift vom  Kellergeschoss aus – ebenso wie die Wohnungseigentümer der darüber liegenden Geschosse – dazu zu verwenden, schwere Lasten direkt in das Erdgeschoss auf die Ebene ihrer Wohnung zu transportieren, ohne die Stufen vom Haupteingang zur Wohnungstür zurücklegen zu müssen.

5 Ob 228/17s – Die Verrechnung von Aufwendungen hat streng liegenschaftsbezogen zu erfolgen. Die Einbeziehung von Aufwendungen, die andere Liegenschaften betreffen, ist grundsätzlich unzulässig

Die Errichtung einer Parkplatzanlage samt Stützmauer war Voraussetzung für die Benutzungsbewilligung für die von der Erstantragsgegnerin ebenfalls auf der Nachbarliegenschaft errichteten und verwalteten Wohnungseigentumsanlage. Dieser Parkplatz wurde auch seit jeher unter anderem von den Wohnungseigentümern der Liegenschaft verwendet. Eine ausdrückliche Vereinbarung über die Benutzung des Parkplatzes gab es nicht.

Die Antragsteller begehrten die Überprüfung der von der Erstantragsgegnerin für das Jahr 2014 erstellten Rücklagen– und Betriebskostenabrechnung. Es wurden die verrechneten Kosten für die Sanierung der Stützmauer der Parkplatzanlage bekämpft, da sie sich zur Gänze auf der Liegenschaft der Erstantragsgegnerin befinde. Eine Vereinbarung mit der Eigentümergemeinschaft oder den einzelnen Wohnungseigentümern, die Aufwendungen bzw. die Instandhaltungskosten für die Parkplatzanlage zwischen den benachbarten Liegenschaften aufzuteilen, gäbe es nicht. Da der Parkplatz keine Gemeinschaftsanlage der Wohnungseigentumsanlage sei und von jedermann benutzt werden könne, sei die Verrechnung der Aufwendungen zu Unrecht erfolgt. Dagegen wendete sich die Verwalterin. Die Parkplatzanlage sei Vorbedingung für die Erteilung der Benutzungsbewilligung für die Wohnhausanlage gewesen. Die Parkplatzanlage käme nur den Wohnungseigentümern zugute. Schon aufgrund der faktischen Nutzung der Parkplatzanlage seien die Wohnungseigentümer dazu verpflichtet die damit verbundenen Kosten zu tragen. Es bestehe zu Gunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft an der Nachbarliegenschaft als dienendes Gut eine nicht verbücherte Servitut.

Gemäß § 34 WEG hat der Verwalter den Wohnungseigentümern eine ordentliche und richtige Abrechnung zu legen (§ 20 Abs 3 WEG). Aufwendungen für die Liegenschaft im Sinne des § 32 Abs 1 WEG sind alle liegenschafts- und verwaltungsbezogenen Auslagen, die der Eigentümergemeinschaft erwachsen (5 Ob 10/13a; E. M. Hausmann in Hausmann/ Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 32 WEG Rz 13, 14). Sie umfassen alle Kosten, die mit der Bewirtschaftung, Erhaltung und Verbesserung der Liegenschaft im Zusammenhang stehen (Würth/Zingher/Kovanyi II23 § 32 WEG Rz 2). Die Verrechnung der Aufwendungen hat streng liegenschaftsbezogen zu erfolgen; die Einbeziehung von Aufwendungen, die andere Liegenschaften betreffen, ist grundsätzlich unzulässig (5 Ob 62/04K; E. M. Hausmann aaO § 32 WEG Rz 15 und § 34 WEG Rz 16; Würth/Zingher/Kovanyi II23 § 34 WEG Rz 5). In Fällen, in denen eine auf der Nachbarliegenschaft befindliche Anlage auch der im Wohnungseigentum stehenden Liegenschaft zugutekommt, wird dieser Grundsatz durchbrochen (5 Ob 83/85 = RIS-Justiz RS0083168; 5 Ob 40/94; 5 Ob 41/94). Voraussetzung dafür ist aber eine Vereinbarung zwischen den Eigentümern der betreffenden Liegenschaften über die Tragung der Aufwendungen (5 Ob 62/04k; Würth/Zingher/Kovanyi II23 § 32 WEG Rz 3; Würth in Rummel ABGB3 § 32 WEG 2002 Rz 2). Eine entsprechende Vereinbarung der Wohnungseigentümer oder der Eigentümergemeinschaft mit der Verwalterin lag in diesem Fall nicht vor. Das Vorliegen einer Servitut war in dem Verfahren nicht ausreichend konkret und schlüssig behauptet worden. Der bloße Umstand, dass Voraussetzung für die Benützungsbewilligung der Wohnhausanlage die Errichtung der Parkplatzanlage war, hat für sich alleine keine privativrechtliche Grundlage dafür geschaffen, nach der späteren Veräußerung der Wohneinheiten und Begründung von Wohnungseigentum die damit verbundenen (liegenschaftsfremden) Aufwendungen als Liegenschaftsaufwendungen zu qualifizieren. Auch die faktische Nutzung schaffte keine Rechtsgrundlage dafür. Darüber hinaus wurde in diesem Fall die Parkplatzanlage nicht nur von den Wohnungseigentümern der Liegenschaft verwendet.

5 Ob 43/18m – Die Änderung der Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts von Geschäftsraum auf Wohnung für welches nach dem WEG 1948 ein Jahresmietwert festgesetzt wurde, berechtigt zu keiner Neuparifizierung

Die Antragstellerin ist Miteigentümerin einer Liegenschaft, mit deren Anteilen Wohnungseigentum an einer Geschäftsräumlichkeit verbunden ist und welche rechtskräftig in eine Wohnung umgewidmet worden war. Für die Liegenschaft war mit Beschluss des Bezirksgerichtes Dornbirn aus dem Jahr 1965 der ortsübliche Jahresmietwert des gesamten Objekts und aller Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten gemäß § 2 WEG 1948 festgelegt worden. Die Antragstellerin begehrte die Neufestsetzung der Nutzwerte/Jahresmietwerte im Sinne des § 9 Abs 2 WEG 2002.

Das Wohnungseigentum war nach dem WEG 1948 begründet worden. Eine Neufestsetzung der Jahresmietwerte für Wohnungseigentumsobjekt nach § 2 WEG 1948 hat in sinngemäßer Anwendung des § 3 Abs 2 WEG 1975 (nunmehr § 9 Abs 2 WEG 2002) zu erfolgen (5 Ob 2010/11k mwN). Die Fälle der Neufestsetzung der Nutzwerte sind weder in § 3 Abs 2 WEG 1975 noch in § 9 Abs 2 WEG 2002 taxativ aufgezählt (RIS-Justiz RS0083159). Dies gilt auch für Fälle der Wohnungseigentumsbegründung noch vor Inkrafttreten des WEG 1975. Eine Neufestsetzung der Jahresmietwerte wird dann zugelassen, wenn Sachverhaltsänderungen nach den zwingenden Parifizierungsvorschriften eine Neuparifizierung erfordern. Diese liegen dann vor, wenn die Änderung der Widmung von allgemeinen Teilen in Wohnungen und Geschäftsräume oder Zubehör in allgemeine Teile, erfolgt, nicht aber die bloße Änderung der Benützungsart oder der Zweckbestimmung von Wohn– oder Geschäftsräumen, für die bereits ein Mietwert festgesetzt wurde (5 Ob 210/11k).

5 Ob 39/18y – Will der Wärmeabnehmer die Legung der Abrechnung oder die Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung gegenüber dem Verwalter nach dem HeizKG bewirken, bedarf es auch in Gemeinden mit eingerichteter Schlichtungsstelle nicht deren vorheriger Anrufung

Die Antragsteller begehrten vom Erstgericht die Feststellung der Unrichtigkeit der für 2013-2016 gelegten Heizkostenabrechnung, da die Verwalterin ihrer Verpflichtung zur Abrechnung der Heizkosten nach Verbrauch unter Verwendung von Wärmemessern seit Jahren nicht nachgekommen sei.

Seit dem Inkrafttreten des WEG 2002 hat der Verwalter den Wohnungseigentümern nach den Regelungen des § 34 WEG eine formal vollständige, ordentliche und (inhaltlich) richtige Abrechnung sowie gegebenenfalls nach den Regeln des Heizkostenabrechnungsgesetzes (HeizKG) die Abrechnung über die Heiz- und Warmwasserkosten zu legen (§ 20 Abs 3 WEG 2002). Es war strittig, ob der Verweis auf die „Regelung des HeizKG“ des § 20 Abs 3 WEG sich nur auf die Bestimmungen über den Inhalt der Rechnungslegungspflicht (§§ 17 bis 19 HeizKG) oder auch diejenigen zu deren formellen Durchsetzung (wie § 25 HeizKG) bezieht. Je nachdem wäre in Gemeinden mit eingerichteter Schlichtungsstelle diese zwingend vor der Befassung des Gerichts anzurufen.

Der Verweis auf die „Regelungen des Heizkostenabrechnungsgesetzes“ in § 20 Abs 3 WEG 2002 betreffend die Abrechnungspflicht des Verwalters für Heiz– und Warmwasserkosten erfasst nach seinem Wortlaut und nach Sinn und Zweck des Gesetzes nicht § 25 Abs 2 HeizKG. Will der Wärmeabnehmer unmittelbar vom Verwalter die Legung der Abrechnung nach § 25 Abs 1 Z 8 HeizKG oder die Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung nach § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG bewirken, bedarf es auch in Gemeinden mit eingerichteter Schlichtungsstelle nicht deren vorheriger Anrufung.

5 Ob 235/17w – Eine Widmungsänderung ist nur dann zu versagen, wenn sie wesentlichen Interessen anderer Wohnungseigentümer widerspricht

Eine Widmungsänderung kann nur abgewehrt werden, wenn Sie mit wesentlichen Interessen anderer Wohnungseigentümer kollidiert (5 Ob 150/16v; RIS-Justiz RS0101801 [T1]; RS0083309 [T8]). Nur wesentlichen Beeinträchtigungen, die die Interessen der anderen Wohnungseigentümer am Unterbleiben der Änderung schutzwürdiger erscheinen lassen, stehen einer Widmungsänderung entgegen (RIS-Justiz RS0083236; RS0083271). Dabei kommt es auf das vom Einzelfall abhängige konkrete Ausmaß der Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der übrigen Mit– und Wohnungseigentümer an, dass – bei objektiver Betrachtung (5 Ob 93/92 = RIS-Justiz RS0083378 [T1]) – mit der in Zukunft typischerweise zu erwartenden Entwicklung und ihren Begleiterscheinungen verbunden ist (5 Ob 150/16v). Eine Änderung ist nicht auch schon allein deshalb ein empfindlicher Eingriff in die Rechtssphäre der übrigen Miteigentümer und damit eine Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen im Interessen im Sinne des § 16 Abs 2 Z 1 WEG, weil sie eine Veränderung der Nutzwerte nach sich zieht (5 Ob 275/05k [Baumaßnahmen]; RIS-Justiz RS0083271 [T1], RS0109643 [T1]). Nur die Verminderung des Verkehrswerts anderer Wohnungseigentumsobjekte bildet einen Verweigerungsgrund (RIS-Justiz RS0109643 [T8]).

5 Ob 58/18t – Auslegung einer mietrechtlichen Vereinbarung

Die Antragsteller sind Erben des Mieters eines Geschäftslokals. Gegenstand des Verfahrens war die Auslegung eines 1992 geschlossenen Übereinkommens, in dessen Zug der Mieter auf seine Mit– und Nutzungsrechte an Dachboden– und Kellerabteilen verzichtete und dafür ein gänzliches Untermietrecht eingeräumt bekam.

Diese Vereinbarung wurde dahingehend ausgelegt, dass der Mieter ein gänzliches Untervermietrecht an wen auch immer ohne Rücksicht auf die Höhe des Untermietzinses für sich und seine Rechtsnachfolger gegen Aufgabe des Rechts an den Dachbodenabteilen oder einem Kellerabteil erhalten sollte, wobei es ungeachtet der Verminderung der Bestandflächen zu keiner Reduktion des Mietzinses, wegen der Einräumung des Untervermietrechts aber auch zu keinem Mietzinsanhebungsrecht des Vermieters kommen sollte. Eine Notwendigkeit zu einer Vertragsergänzung bestehe nicht.

5 Ob 44/18h – Die Pflichten des Verwalters gemäß § 20 Abs 7 WEG können nicht als Minderheitsrechte einzelner Wohnungseigentümer diesem gegenüber geltend gemacht werden

Die Antrag stellenden Minderheitseigentümer einer Liegenschaft begehrten der Antragsgegnerin als Verwalterin der Liegenschaft aufzutragen, Ihnen ua umfassende Auskunft über die Verwaltung der auf den Allgemeinflächen gelegenen KFZ-Abstellplätze zu erteilen, Einsicht in die Unterlagen zu geben und Kopien aller Mietverträge zu übermitteln. Die Antragsgegnerin sei auf Aufforderung diesem Begehren bisher nicht nachgekommen. Gemäß § 20 Abs 7 Satz 1 WEG sei der Verwalter verpflichtet, Ihnen die gewünschten Auskünfte zu erteilen. Nach § 30 Abs 1 Z 5 WEG könne jeder Wohnungseigentümer mit einem gegen den Verwalter zu richtenden Antrag dem Verwalter den Auftrag zur Einhaltung dieser Pflichten gerichtlich auferlegen.

Es war zu prüfen, ob der Verweis in § 30 Abs 1 Z 5 WEG den Wohnungseigentümern ein im Verfahren außer Streitsachen durchsetzbares Individualrecht auf Information in dem von den Antragstellern begehrten Umfang gibt, oder ob die in einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 3 WEG durchsetzbaren Auskunftspflichten des Verwalters auf die in § 20 Abs 7 Satz 2 WEG ausdrücklich geregelten Tatbestände beschränkt sind.

Nach der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0110934) und Lehre (E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 19 WEG Rz 26; Schauer in Illedits/Reichwig-Rohrwig, Wohnrecht² § 20 WEG Rz 13; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 § 19 WEG Rz 5) sind Vertragspartner des Verwalters nicht die einzelnen Wohnungseigentümer, sondern die Eigentümergemeinschaft (§ 18 WEG). Die Bestimmungen über den Bevollmächtigungsvertrag (§§ 1002ff ABGB) sind gemäß § 20 Abs 7 Satz 2 WEG 2002 zugunsten der Eigentümergemeinschaft zwingend (5 Ob 98/12s; 5 Ob 110/12f; Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 20 WEG Rz 44; Schauer aaO § 20 WEG Rz 34). Demgegenüber steht der Verwalter zu den einzelnen Wohnungseigentümern in keinem direkten Rechtsverhältnis (5 Ob 238/09z; 6 Ob 3/14f), sodass sich aus Treuepflichten des Verwalters als Gewalthaber keine unmittelbaren Ansprüche zu deren Gunsten und damit auch keine nach § 52 Abs 1 Z 3 WEG im Verfahren außer Streitsachen durchsetzbaren Minderheitsansprüche ableiten lassen. Der Verweis in § 30 Abs 1 Z 5 WEG erfasst nur die in § 20 Abs 7 Satz 2 WEG ausdrücklich genannten Pflichten des Verwalters zur Auskunftserteilung. Demgemäß können die gemäß § 20 Abs 7 WEG angeführten Pflichten des Verwalters nicht als Minderheitsrechte von jedem einzelnen Wohnungseigentümer im Verfahren außer Streitsachen geltend gemacht werden.

5 Ob 16/18s – Die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft ist außer in den Fällen der Abtretung (§ 18 Abs 2 WEG) auf Angelegenheiten der Verwaltung beschränkt

Die Eigentümergemeinschaft einer Liegenschaft beschloss mit Umlaufbeschluss der Verwaltung aufzutragen eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen aus einer mangelhaften Bauführung und mit der Durchsetzung der Schadensersatzansprüche bzw den Anspruch auf Rückbau aufgrund des nicht konsensgemäßen Ausbaus des Dachgeschosses zu beauftragen. Die Antragstellerin beantragte diese Beschlüsse wegen Kompetenzüberschreitung als nichtig oder wegen formaler Mängel als rechtsunwirksam aufzuheben.

Die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft ist – außer in den Fällen des § 18 Abs 2 WEG – auf Angelegenheiten der Verwaltung beschränkt. Ein allfälliger, ihre Kompetenz überschreitender Beschluss der Eigentümergemeinschaft kann unbefristet bekämpft und zur Klarstellung der Rechtslage beseitigt werden (5 Ob 161/17p; 5 Ob 44/17g; 5 Ob 216/15y; RIS-Justiz RS0130070; RS0109840 [T3, T4]; RS0108763 [T2, T3]; RS0083156 [T17]). Der Auftrag zur Durchsetzung des Anspruchs auf Rückbau aufgrund des nicht konsensgemäßen Ausbaus des Dachgeschosses durch einen Wohnungseigentümer stellt die Verfolgung eines petitorischen Anspruchs und damit keine Maßnahme der Verwaltung dar. Der diesbezügliche, ihre Kompetenz überschreitender Beschluss der Eigentümergemeinschaft war daher zur Klarstellung der Rechtslage zu beseitigen. Für den damit verbundenen Schadensersatzanspruch kommt es auf die vertragliche Grundlage an, aufgrund welcher die Ansprüche erhoben werden sollen. Vertragliche Schadensersatzansprüche sind von dem jeweiligen Vertragspartner geltend zu machen, auch wenn die Mängel allgemeine Teile des Hauses betreffen (RIS-Justiz RS0013430; RS0108157). Schadensersatzansprüche der Eigentümergemeinschaft aus einem eigenen Vertrag oder der Eigentümergemeinschaft nach § 18 Abs 2 WEG abgetretene vertragliche Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer wurden in diesem Fall nicht behauptet. Die Geltendmachung deliktischer Schadensersatzansprüche fällt – abgesehen für den Fall der Abtretung gemäß § 18 Abs 2 WEG – nicht in die Rechtszuständigkeit der Eigentümergemeinschaft. Seit der WRN 2006 gilt, dass die Eigentümergemeinschaft für Forderungen aus dem Titel des Schadenersatzes zwar rechtsfähig ist, die Klagelegitimation aber erst durch die Abtretung der Forderung seitens der Wohnungseigentümer erwirbt (§ 18 Abs 2 WEG).

5 Ob 221/17m – Die Übergangsregelung zur WRN 2000 in § 49c Abs 5 MRG ist auch auf Hausbesorger-Dienstverträge zu beziehen, die zwar bereits vor dem 30.6.2000 bestanden haben aber nicht das selbe Objekt betroffen haben müssen

Die den Antrag stellenden Mieter begehrten die Prüfung der Angemessenheit des in der Betriebskostenabrechnung für das Jahre 2012 unter der Position „Lohnkosten“ verrechneten Betrags für die von der Vermieterin beauftragte Hausbesorgerin. Das Dienstverhältnis mit der Hausbesorgerin beruhte auf einem am 18.5.1998 abgeschlossenen Hausbesorger-Dienstvertrag und begann mit 1.6.1998. Im Dezember 2011 hatten die Vermieterin und die Hausbesorgerin diesen Hausbesorger-Dienstvertrag in Bezug auf die zu betreuenden Objekte (ursprüngliche betreute die Hausbesorgerin andere Wohnhäuser) und den Umfang der Tätigkeit der Hausbesorgerin abgeändert. In allen sonstigen Vertragspunkten sollte der Hausbesorger-Dienstvertrag vom 1.7.1998 nach dem übereinstimmenden Parteiwillen unverändert bleiben. Ab 2012 betreute die Hausbesorgerin die Häuser der Antrag stellenden Mieter.

§ 21 MRG stellt einen taxativen Katalog von Kosten auf, die von dem Vermieter als Betriebskosten auf die Mieter überwälzt werden dürfen (RIS-Justiz RS0069690). Dazu gehören auch die in § 23 MRG angeführten angemessenen Aufwendungen für die Hausbetreuung (§ 21 Abs 1 Z 8 MRG). Seit der Wohnrechtsnovelle 2000 (WRN 2000) ist die Anwendbarkeit des Hausbesorgergesetzes (HbG) auf „Alt-Hausbesorger-Dienstverhältnisse“, Dienstverhältnisse die vor dem 1.7.2000 abgeschlossen wurden und weiter aufrecht sind, beschränkt. In diesen Fällen gilt der § 23 Abs 1 MRG idF vor der WRN 2000 (betreffend die als Betriebskosten überwälzbaren Aufwendungen für die Hausbesorgerarbeiten) und die Entgeltregelung des Hausbesorgergesetzes. Nur für nach dem 30.6.2000 abgeschlossene Dienstverhältnisse mit Hausbesorgern gilt der § 23 MRG idF der WRN 2000.

Der einvernehmliche Wechsel des Betreuungsobjekts und damit verbundene Einschränkung des Leistungsumfangs wurde nicht als Novation (Neuabschluss des Vertrages), sondern als ein Schuldwechsel gewertet. Der Hauptgegenstand des Hausbesorger-Dienstvertrages blieb im Kern unverändert. Darauf, dass dabei immer das gleiche Haus betreut worden sein muss – also auch schon vor dem 1.7.2000 – könne es nicht ankommen. Die Übertragung des Hausbesorger-Dienstverhältnisses auf ein anderes Haus hatte somit die Anwendbarkeit des Hausbesorgergesetzes und des § 21 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 23 Abs 1 MRG idF vor der WRN 2000 zur Folge, wonach eine betriebskostenfreundlichere Abrechnung für den Vermieter möglich ist.

Dr. Iris Mutz

Wien/Klagenfurt, August 2018

WMWP Rechtsanwälte GmbH